TE Vfgh Beschluss 1992/6/24 B1369/91

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Veröffentlicht am 24.06.1992
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
ZPO §146 Abs1

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags nach Versäumung eines Mängelbehebungsauftrags; Verbleiben der Eingabe in einem Aktentrog eines mit der Postaufgabe betrauten Bekannten kein minderer Grad des Versehens

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird keine Folge gegeben.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Antragstellerin erhob beim Verfassungsgerichtshof eine nicht von einem Rechtsanwalt unterfertigte, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 7. Jänner 1991, Z B167-6/90.

Mit Schreiben vom 12. April 1991 forderte der Verfassungsgerichtshof die Antragstellerin unter Hinweis auf §19 Abs3 VerfGG auf, ihre Beschwerde binnen vier Wochen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen; auf die Möglichkeit, unter Vorlage eines Vermögensbekenntnisses die Bewilligung der Verfahrenshilfe zu beantragen, wurde dabei besonders hingewiesen. Dieses Schriftstück wurde der Antragstellerin laut Übernahmsbestätigung am 18. April 1991 zugestellt. Die Antragstellerin kam dem Auftrag zur Behebung des Mangels jedoch nicht nach.

2. Mit Beschluß vom 7. Oktober 1991, B208/91-5, wies der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde wegen Versäumung der Frist zur Behebung des Mangels formeller Erfordernisse zurück.

3. Mit der am 28. November 1991 zur Post gegebenen Eingabe begehrt die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Mängelbehebung und bringt zur Begründung dieses Antrages vor, daß ihre Eingabe "bei einem Bekannten liegen geblieben ist".

Weiters bringt die Antragstellerin eine eidesstattliche Erklärung des Bekannten bei, in der die Übernahme des Schriftstückes zum Zweck der Postaufgabe am 16. Mai 1991 bestätigt wird. Der Bekannte gibt an, oftmals Schriftstücke von der Antragstellerin übernommen und verläßlich zur Post gebracht zu haben. Im vorliegenden Fall sei die Eingabe jedoch versehentlich in einem Aktentrog liegen geblieben.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht begründet.

1. Gemäß §33 VerfGG kann in Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VerfGG die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind gemäß §35 VerfGG die entsprechenden Bestimmungen (§§146 ff.) der ZPO (idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135) sinngemäß anzuwenden. Nach §146 Abs1 ZPO ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Hiebei hindert ein Verschulden der Partei an einer Versäumung die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Darunter ist, wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (zB VfSlg. 9817/1983, 10341/1985), leichte Fahrlässigkeit zu verstehen.

2. Schon nach dem Antragsvorbringen und der dem Antrag beigelegten eidesstattlichen Erklärung besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, daß die Fristversäumung auf nur leichter Fahrlässigkeit beruhen könnte. Es handelt sich nicht bloß um einen minderen Grad des Versehens, wenn die Eingabe, mit der die Antragstellerin dem Auftrag des Verfassungsgerichtshofes zur Behebung von Mängeln nachzukommen gedachte, ohne Vorliegen besonderer Umstände in einem "Aktentrog" eines Bekannten der Antragstellerin, den sie damit betraut hatte, diese Eingabe zur Post zu bringen, unentdeckt liegen blieb. Dabei ist das Verschulden desjenigen, den die Antragstellerin mit der Postaufgabe betraute, einem Verschulden der Antragstellerin gleichzuhalten.

Da somit im vorliegenden Fall die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erfüllt sind, war dem Antrag - mit in nichtöffentlicher Sitzung gefaßtem Beschluß (§33 VerfGG) - keine Folge zu geben (§149 Abs2 ZPO iVm §35 VerfGG).

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B1369.1991

Dokumentnummer

JFT_10079376_91B01369_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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