TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/7 94/13/0154

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Veröffentlicht am 07.12.1994
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §18 Abs1 Z5;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Fellner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Mag. M in Wien, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 13. Mai 1994, Zl GA 5-1684/3/94, betreffend Jahresausgleich für 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist evangelischer Pfarrer und Religionslehrer und bezieht aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Anläßlich eines Antrages auf Durchführung des Jahresausgleiches für 1990 beantragte der Beschwerdeführer, die von ihm geleisteten Kirchenbeiträge als Sonderausgaben und den die Sonderausgaben übersteigenden Betrag als Werbungskosten anzuerkennen.

Das Finanzamt anerkannte S 1.000,-- als Sonderausgaben, lehnte aber die Anerkennung des darüber hinaus entrichteten Betrages als Werbungskosten ab.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen eingebrachte Berufung, worin der Beschwerdeführer ausgeführt hatte, daß der Kirchenbeitrag für ihn eine notwendige und berufstypische Ausgabe sei, deren Nichtleistung den sofortigen Berufsverlust zur Folge habe, ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, der Kirchenbeitrag werde auf Grund der freiwilligen Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur evangelischen Kirche erhoben. Er sei daher durch diesen persönlichen, privaten Umstand und nicht durch die Einkunftserzielung veranlaßt und stelle daher wegen des fehlenden unmittelbaren Zusammenhanges mit der Einnahmenerzielung keine Werbungskosten dar.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung der im Jahr 1990 von ihm geleisteten Kirchenbeiträge als Werbungskosten bzw erhöhte Werbungskosten beschwert und beantragt dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Die Formulierung "Aufwendungen zur ..." bringt deutlich zum Ausdruck, daß der Aufwand dem Zweck der Einnahmenerzielung dienen muß. Es muß sich um Aufwendungen handeln, die ebenso im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit stehen, wie das Tätigwerden des Erwerbstätigen selbst. Der Zusammenhang muß sich aus der Sicht der Erwerbstätigkeit ergeben und ist daher sachlicher Natur. Aufwendungen, die ihre Ursache in den persönlichen Lebensverhältnissen des Steuerpflichtigen haben, stellen keine Werbungskosten dar, auch wenn sie Voraussetzung dafür sein mögen, daß der Steuerpflichtige überhaupt erwerbstätig werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1988, 85/13/0121).

Der Beschwerdeführer stellt außer Streit, daß Gläubige, welche nicht Amtsträger sind, freiwillig Mitglieder der Religionsgemeinschaft sind und für sie die Bezahlung des Kirchenbeitrages auf diesen persönlichen, privaten Umstand zurückzuführen ist. Der Beschwerdeführer vertritt jedoch die Ansicht, daß diese Grundsätze nicht auf ihn als geistlichen Amtsträger zuträfen, weil ihm für den Fall, daß er sich der Kirchenbeitragszahlungspflicht entziehen wolle, die Disziplinarstrafe des Amtsverlustes als eine der in der Disziplinarordnung vorgesehenen Sanktionsmöglichkeiten drohe, und er auch nicht mehr als Religionslehrer eingesetzt werden könne. Die Entrichtung des Kirchenbeitrages sei somit zur Erhaltung des Berufes unabwendbar.

Damit zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, daß nicht auch er freiwillig und auf Grund seiner persönlichen, ausschließlich in der Privatsphäre verursachten Überzeugung, Mitglied der Glaubensgemeinschaft ist und nur als Ausfluß dessen Kirchenbeitrag zu leisten hat. Zwangsläufig und unabwendbar ist der Kirchenbeitrag grundsätzlich für jedes Mitglied der Glaubensgemeinschaft, welches dieser Glaubensgemeinschaft auf Grund privater (persönlicher) Gründe angehören will, nicht nur für einen geistlichen Amtsträger. Auch bei einem geistlichen Amtsträger muß davon ausgegangen werden, daß er der Glaubensgemeinschaft aus persönlicher Überzeugung angehören will und seinen Beruf auf Grund zumindest der gleichen oder sogar noch größerer persönlicher Überzeugung ausübt. Ein geistlicher Amtsträger, der mangels persönlicher Überzeugung der Glaubensgemeinschaft eigentlich gar nicht angehören will und dieser nur beitritt oder seine mit der Taufe erworbene Mitgliedschaft nur deswegen aufrecht erhält, um der innerkirchlichen Berufsvoraussetzung der Angehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft zu genügen, und den damit verbundenen Kirchenbeitrag entrichtet, um allfällige Disziplinarmaßnahmen zu vermeiden, ist nur schwer vorstellbar. Daß solches auf den Beschwerdeführer zuträfe, hat dieser auch nicht vorgebracht. Der - wie der Beschwerdeführer einräumt - nur im Extremfall und überdies nur als eine Sanktionsmöglichkeit drohende Berufsverlust für den Fall der Nichtentrichtung des Kirchenbeitrages vermag somit nichts daran zu ändern, daß der Aufwand (an Kirchenbeiträgen) so gesehen jedenfalls nicht dem Zweck der Einnahmenerzielung dient, sondern seine Ursache in den persönlichen Lebensverhältnissen des Beschwerdeführers hat.

Der Beschwerdeführer bringt auch vor, daß in der Praxis der Kirchenbeitragsbehörde die Beiträge der "einfachen" Kirchenmitglieder häufig mangels Vorlage der Einkommensunterlagen recht niedrig eingeschätzt würden, auch um einen möglichen Kirchenaustritt des betreffenden Mitgliedes zu vermeiden. Diese Möglichkeit stehe dem Beschwerdeführer aber nicht zur Verfügung, weil sein Einkommen für die Kirche offenliege und deswegen § 18 Abs 1 Z 5 EStG 1988 keinen angemessenen Ausgleich herstelle. Es kann dahingestellt bleiben, ob und warum die Kirchenbeitragsbehörden die Kirchenbeiträge der "einfachen" Kirchenmitglieder "häufig recht niedrig einschätzen" und ob § 18 Abs 1 Z 5 EStG 1988 im Zusammenhang damit einen "angemessenen Ausgleich darstellen". Das Argument des Beschwerdeführers überzeugt schon deshalb nicht, weil der Zwang zur Ehrlichkeit an der steurrechtlichen Qualität der erzwungenen Aufwendungen nichts ändert.

Die Frage, ob die in Österreich tätigen evangelischen Pfarrer in der überwiegenden Mehrzahl schon kirchenbeitragspflichtig waren, bevor sie das geistliche Amt antraten, oder ob dies nicht der Fall ist, weil sie allenfalls aus Ländern stammen, die keine solche Kirchenbeitragspflicht haben, wie sie in Österreich besteht, ist im Beschwerdefall schon deswegen nicht entscheidungsrelevant, weil Aufwendungen an Kirchenbeiträgen jedenfalls der Privatsphäre zugehören.

Es ist richtig, daß die belangte Behörde zu Unrecht angenommen hat, mit der Nichtentrichtung des Kirchenbeitrages sei auch der Verlust der Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft verbunden. Die diesbezügliche Annahme der belangten Behörde ist für den angefochtenen Bescheid jedoch ebensowenig von tragender Bedeutung, wie die Ansicht, daß ein Mitglied der Religionsgemeinschaft durch Nichtentrichtung des Kirchenbeitrages zum Ausdruck bringe, daß es der Gemeinschaft nicht mehr angehören wolle.

Aus den angeführten Erwägungen war es nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer entrichteten Kirchenbeitrag nicht als Werbungskosten anerkannt hat.

Bei dieser Beurteilung kommt der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte ihn zu einem Schreiben des Oberkirchenrates kein Parteiengehör gewährt, keine Bedeutung mehr zu, weil dieses Schreiben zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt nichts beiträgt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994130154.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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