TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/14 94/01/0530

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Veröffentlicht am 14.12.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnB;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Mai 1994, Zl. 4.332.244/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Mai 1994 wurde in Erledigung der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 19. Februar 1992 ausgesprochen, daß Österreich der beschwerdeführenden Partei - einem Staatsangehörigen der "Jugosl. Föderation", der am 28. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 6. Dezember 1991 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat der beschwerdeführenden Partei, ohne sich mit ihrer Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei der beschwerdeführenden Partei der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben der beschwerdeführenden Partei bei ihrer niederschriftlichen Vernehmung am 10. Dezember 1991, daß diese sich vor ihrer Einreise nach Österreich in Kroatien und Slowenien aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Die beschwerdeführende Partei macht in diesem Zusammenhang insbesondere geltend, daß ein Asylantrag in Kroatien und Slowenien zum damaligen Zeitpunkt sowohl aus rechtlichen als auch aus tatsächlichen Gründen nicht möglich gewesen sei. Mangels internationaler Anerkennung seien diese Staaten damals "noch kein völkerrechtliches Rechtssubjekt" gewesen und hätten "nicht einmal ihren eigenen Volksangehörigen Schutz vor den serbischen Machthabern" bieten können, geschweige denn der beschwerdeführenden Partei als "Angehörigen der serbischen Republik".

Soweit die beschwerdeführende Partei behauptet, daß Kroatien und Slowenien mangels internationaler Anerkennung zum Zeitpunkt ihres Aufenthaltes in diesen Ländern "noch kein völkerrechtliches Rechtssubjekt" gewesen seien, wird auf das hg. Erkenntnis vom 16. November 1994, Zl. 94/01/0264, verwiesen, wonach es auf die Anerkennung dieses Staates durch Österreich ankommt, da es sich ansonsten nicht um einen "anderen Staat" im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 handeln würde. Daß sich die belangte Behörde mit dieser Problematik in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auseinandergesetzt hat, ohne daß daraus hervorgeht, ob dies allenfalls auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung beruht, stellt bereits für sich allein einen wesentlichen Verfahrensmangel dar (vgl. das vorgenannte hg. Erkenntnis vom 16. November 1994).

Würden ferner die weiteren Behauptungen der beschwerdeführenden Partei zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - davon auszugehen sei, daß in einem Staat, dessen Rechts- und Verfassungsordnung im großen und ganzen effektiv sei, wie dies für Kroatien und Slowenien gelte, "auch größere Teilbereiche des Rechtsbestandes, wie eben das Nonrefoulementrecht, ebenfalls effektiv in Geltung" stünden, dies jeweils bezogen auf den hiebei allein maßgebenden Zeitpunkt des Aufenthaltes der beschwerdeführenden Partei in diesen Ländern (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/1522).

Die beschwerdeführende Partei hat zwar diese Behauptungen erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihr im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt. Damit hat die beschwerdeführende Partei aber die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.

Da sohin Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Rahmen des gestellten Begehrens gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da der Ersatz für Stempelgebühren nur für jene Beilagen, die zur zweckdienlichen Rechtsverfolgung notwendig sind (im Beschwerdefall für die Beschwerde S 240,-- und für die Kopie des angefochtenen Bescheides S 60,--), zugesprochen werden kann.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994010530.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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