TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/15 94/18/0966

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Veröffentlicht am 15.12.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
68/02 Sonstiges Sozialrecht;

Norm

AMSBegleitG 1994 Art20 Z1;
AuslBG;
AVG §17 Abs1;
AVG §45 Abs3;
FrG 1993 §18 Abs2 Z8 idF 1994/314;
FrG 1993 §18 Abs2 Z8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. Oktober 1994, Zl. SD 720/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 6. Oktober 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen polnischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Z. 8 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Nachdem die belangte Behörde einleitend zu dem Ergebnis kam, daß die in der Berufung behaupteten Verfahrensmängel (Verstoß gegen das Recht auf Parteiengehör, Verletzung des Rechtes auf Akteneinsicht) nicht vorlägen, hielt sie fest, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG eine rechtskräftige Bestrafung des Arbeitgebers nicht voraussetze, die Verwirklichung dieses Tatbestandes vielmehr schon dann gegeben sei, wenn der Fremde von Organen des Arbeitsamtes bei einer Beschäftigung betreten werde, die er nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht hätte ausüben dürfen. Für die belangte Behörde bestünden ebenso wie für die Erstbehörde aufgrund der vorliegenden Beweismittel keine Zweifel, daß beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG vorlägen. Danach sei der Beschwerdeführer, der am 16. Jänner 1994 als "Tourist" nach Österreich eingereist sei und weder über einen Sichtvermerk noch über eine Arbeitsbewilligung verfüge, von Organen des Arbeitsamtes (nach den Angaben in der Beschwerde: am 2. März 1994) auf einer Baustelle einer bestimmt bezeichneten Gesellschaft in schmutziger Arbeitskleidung angetroffen worden. Laut den eigenen zu Protokoll gegebenen Angaben des Beschwerdeführers sei er vor sechs Wochen nach Österreich gekommen und habe vor ungefähr drei Wochen auf der Baustelle zu arbeiten begonnen; er habe dort täglich von 8.30 bis 15.00 bzw. 15.30 Uhr gearbeitet.

Angesichts des Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers, der nur zu dem Zweck der Arbeitsaufnahme ohne Sichtvermerk und daher illegal nach Österreich gekommen sei, sei die Annahme gerechtfertigt, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung (konkret: die Ordnung des Fremdenwesens und der Arbeitsmarktverwaltung) gefährde. Damit seien auch die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 FrG gegeben.

Da ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers offensichtlich nicht vorliege, erübrige sich sowohl eine Prüfung, ob diese Maßnahme dringend geboten sei (§ 19 FrG), als auch eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, sie habe "weder behauptet noch bewiesen, daß aus Anlaß des behaupteten Vorfalles vom 2. März 1994 gegen einen "verantwortlichen Geschäftsführer" ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Tatvorwurfes des Verstoßes gegen Bestimmungen des AuslBG eingeleitet und mit verurteilendem Bescheid rechtskräftig abgeschlossen worden sei". Der "Tatvorwurf", daß Dritte den Beschwerdeführer bei der "Schwarzarbeit" betreten hätten, sei kein solcher, welcher als Entscheidungsgrundlage im gegenständlichen Verfahren herangezogen werden könne.

1.2. Zur Unhaltbarkeit dieses Vorbringens wird die Beschwerde auf den insoweit eindeutigen Wortlaut des von der belangten Behörde als verwirklicht angesehenen Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG verwiesen, wonach Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung das Betretenwerden des Fremden bei einer Beschäftigung, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen, durch die dort bezeichneten Organe ist, nicht hingegen die rechtskräftige Bestrafung des betreffenden Arbeitgebers bzw. des strafrechtlich Veranwortlichen.

2.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, daß die belangte Behörde ohne Durchführung eines (ergänzenden) Ermittlungsverfahrens den angefochtenen Bescheid erlassen habe. In dieser Vorgangsweise liege ein Verstoß gegen fundamentale Verfahrensgrundsätze, "da die belangte Behörde ihren Standpunkt vor Bescheiderlassung dem Beschwerdeführer nicht vollständig zur Kenntnis gebracht hat". Die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer trotz eines ausdrücklichen diesbezüglichen Antrages in der Berufung keine Akteneinsicht gewährt. Erstmals im angefochtenen Bescheid werde dem Beschwerdeführer vorgehalten, daß er "in Verbindung mit" einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. "vor ungefähr 3 Wochen auf der Baustelle zu arbeiten begonnen habe". Dieser Sachverhalt sei dem Beschwerdeführer nie zur Kenntnis gebracht worden. Wäre dies vor Bescheiderlassung geschehen, so hätte der Beschwerdeführer behaupten und beweisen können, daß er als geschäftsführender Gesellschafter eines im Firmenbuch protokollierten Unternehmens als Subunternehmer tätig gewesen sei, er somit keine Schwarzarbeit habe ausüben können. Aufgrund der Vorgangsweise der belangten Behörde sei ihm ein solcher Beweis nicht möglich gewesen.

2.2. Diese Verfahrensrügen sind zur Gänze ungerechtfertigt. Zunächst verkennt die Beschwerde, daß die in der Begründung des bekämpften Bescheides enthaltene Passage, wonach der Beschwerdeführer "vor ungefähr drei Wochen auf der Baustelle zu arbeiten begonnen habe", nicht zum maßgeblichen Sachverhalt gehört. Dieser besteht vielmehr ausschließlich darin, daß der Beschwerdeführer an einem bestimmten Tag von Organen des Landesarbeitsamtes auf einer bestimmten Baustelle bei einer Beschäftigung betreten wurde, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen. Weshalb der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sein soll, in bezug auf diese maßgebliche Annahme alles zur Entkräftung derselben Zweckdienliche im Verfahren vorzubringen, wird in der Beschwerde nicht dargetan und ist auch nicht erkennbar, zumal die besagte maßgebliche Sachverhaltsannahme bereits dem erstinstanzlichen Bescheid zugrundegelegen war. Daß die belangte Behörde von einer Ergänzung des Ermittlungsverfahrens abgesehen habe, begründet für sich gesehen keine Rechtswidrigkeit; daß aber eine solche Ergänzung im vorliegenden Fall erforderlich gewesen wäre und in welche Richtung diese hätte vorgenommen werden müssen, um zu einem anderen Ergebnis zu gelangen, wird in der Beschwerde nicht aufgezeigt. Im übrigen ist eine Bekanntgabe des "Standpunktes" der Behörde nicht vom Recht der Partei auf Gewährung des Parteiengehörs umfaßt, da sich dieses nur auf den festgestellten maßgeblichen Sachverhalt, nicht aber auf daraus gezogene rechtliche Schlüsse bezieht. Was schließlich die Rüge anlangt, die belangte Behörde habe trotz eines darauf zielenden Antrages dem Beschwerdeführer keine Akteneinsicht gewährt, so ist er darauf hinzuweisen, daß es ihm unbenommen war, im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde Einsicht in die Verwaltungsakten zu nehmen; einer ausdrücklichen Einladung hiezu seitens der belangten Behörde an den Beschwerdeführer bedurfte es nicht. Daß aber die belangte Behörde Akteneinsicht verweigert habe, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Abgesehen davon verabsäumt es die Beschwerde, die Relevanz dieses angeblichen Verfahrensmangels darzutun.

3. Der Gerichtshof sieht sich noch zu dem Hinweis veranlaßt, daß die belangte Behörde den § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG in der im Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltenden Fassung, somit schon i. d.F. des Art. 20 Z. 1 BGBl. Nr. 314/1994 anzuwenden hatte. Die Nichtbedachtnahme auf diese mit 1. Juli 1994 in Kraft getretene Änderung des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG bewirkte indes keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers, da die Neufassung dieser Norm keine inhaltliche Änderung brachte, sondern sich in einer Änderung der Behördenbezeichnung erschöpft.

4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

AkteneinsichtParteiengehör Rechtliche Würdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180966.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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