TE Vwgh Beschluss 1994/12/15 94/06/0201

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Veröffentlicht am 15.12.1994
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82006 Bauordnung Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

BauO Stmk 1968 §2;
BauO Stmk 1968 §4;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, in der Beschwerdesache 1. der EZ und 2. des WZ in I, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 26. Juli 1994, Zl. 3 12.10 I 1 - 94/1, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Widmungsverfahren, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr beigeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Grundnachbar der Beschwerdeführer errichtete - dem Beschwerdevorbringen zufolge - im Herbst 1993 "in geringster Nähe zur Grenze der Beschwerdeführer eine Holzhütte mit Betonfundament im Ausmaß von 8,2 m x 2,3 m, einer Traufenhöhe von 2,3 m und mit der Dachneigung zum Grundstück der Beschwerdeführer". In weiterer Folge habe der Bürgermeister der Gemeinde Irdning am 3. November 1993 einen Bescheid auf Beseitigung des widerrechtlich errichteten Gebäudes erlassen. Dieser Bescheid sei rechtskräftig.

Nach der - insoweit nicht bekämpften - Begründung des angefochtenen Bescheides, wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Irdning vom 4. Jänner 1994 dem Nachbarn der Beschwerdeführer die Widmungsänderungsbewilligung für die Errichtung dieser Geräte- und Holzhütte unter Auflagen erteilt. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung; während des Berufungsverfahrens wurde das Ansuchen um Erteilung der Widmungsbewilligung durch den Konsenswerber zurückgezogen.

Daraufhin wurde mit Bescheid des Gemeinderates vom 17. Juni 1994 dahin entschieden, daß der Widmungsbescheid vom 4. Jänner 1994 aufgehoben und dem - bezogen auf die Berufung der Beschwerdeführer - der Satz beigefügt:

"Ihre Berufung wird daher ebenfalls gemäß § 66 Abs. 4 zurückgewiesen, da kein Bescheid zugrunde liegt".

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, in der sie die meritorische Erledigung ihrer Berufung begehrten. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Nach Darstellung des Sachverhaltes werden in dieser Beschwerde "die Beschwerdepunkte" wie folgt bezeichnet:

"Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften

Rechtswidrigkeit des Inhaltes

Unrichtige Rechtsanwendung"

Begründend wird dazu ausgeführt, daß es den Verfahrensvorschriften entsprochen hätte, wenn die belangte Behörde in ihrem Bescheid "auf den gesamten Akteninhalt eingegangen wäre und den Ablauf der Geschehnisse chronologisch dargestellt hätte". In diesem Fall "wäre die irrtümliche Anführung unterblieben, weil in weiterer Folge das Ansuchen um Erteilung der Widmungsbewilligung durch den Konsenswerber zurückgezogen worden sei. Vielmehr wäre darzustellen gewesen, daß bei weiter bestehender Rechtskraft des Abbruchbescheides (der Nachbar) ein Widmungsänderungsansuchen eingebracht hatte, worüber eine örtliche Erhebung durchgeführt und der Bewilligungsbescheid (mit Auflagen) erlassen wurde."

Daraus ziehen die Beschwerdeführer den Schluß, daß der Gemeinderat "meritorisch über die Berufung zu entscheiden gehabt" und nicht berechtigt gewesen wäre, die Berufung zurückzuweisen, da kein Bescheid zugrunde liege. Auch habe sich die belangte Behörde "nicht formgerecht und meritorisch richtig in überzeugender Weise damit auseinandergesetzt, wie vorzugehen gewesen wäre, wenn aus Anlaß der Berufung der Gemeinderat zur (unrichtigen) Rechtsansicht kommt, es wäre überhaupt keine Widmungsänderung erforderlich. Im übrigen wurde mit keinem Wort erwähnt, wann den Beschwerdeführern und auf welche Weise die angebliche Zurückziehung des Widmungsansuchens des Nachbarn zur Kenntnis gebracht worden sein soll". Die weiteren Ausführungen der Beschwerde versuchen darzutun, daß der von den Beschwerdeführern behauptete Grenzabstand des von ihnen bekämpften Bauwerkes zu gering sei und die belangte Behörde "bei richtiger rechtlicher Beurteilung" den Bescheid des Gemeinderates hätte aufheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung "zurückweisen" müssen. Die Beschwerdeführer beantragen schließlich, den angefochtenen Bescheid infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes zu beheben sowie "zu erkennen, daß desgleichen der Bescheid des Gemeinderates wegen Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit aufgehoben wird. Es wolle auch ausgesprochen werden, daß sich die Baubehörde erster Instanz an den rechtskräftigen Beseitigungsbescheid zu halten hat und dem Gesetz gemäß vorzugehen ist. Allenfalls wolle der angefochtene Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben und der belangten Behörde neuerlich zur Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen werden".

Mit Berichterverfügung vom 26. September 1994 wurden die Beschwerdeführer aufgefordert, das Recht, in dem sie verletzt zu sein behaupten (Beschwerdepunkte, § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) bestimmt zu bezeichnen. Die Beschwerdeführer teilten fristgerecht mit Schriftsatz vom 28. Oktober 1994 folgendes mit:

"Die Beschwerdeführer gestatten sich, im Sinne des am 25.10.1994 gestellten Auftrages vom 26.9.1994 fristgerecht die Beschwerdepunkte zu Punkt III. zu ergänzen:

Die beschwerdeführende Partei behauptet insbesondere, im Recht auf Sachentscheidung über die Mißachtung der Nachbarrechte verletzt zu sein. Das rechtswidrig errichtete und mit rechtskräftigem Beseitigungsbescheid belegte Bauwerk sei entgegen § 4 Stmk BO nur 74 und 73 cm von der Grundgrenze entfernt.

Wegen einer aus Anlaß eines Rechtsmittels (irrig) erfolgten Bescheidaufhebung könne das ordnungsgemäß gegen einen aufrechten Bescheid fristgerecht eingebrachte Rechtsmittel nicht zurückgewiesen werden.

Die belangte Behörde dürfe eine solche Entscheidung nicht bestätigen.

Über das rechtliche Schicksal des rechtskräftigen Beseitigungsbescheides hätte abgesprochen werden müssen.

Vor meritorischer Erledigung durch die Instanzen hätte eine quasi geänderte Vorgangsweise nicht erfolgen dürfen.

§ 70a Abs. 2 BO hätte Berücksichtigung finden müssen.

Es wäre auch auf Verwaltungsgerichtshof 1364/79 (Hauer, Stmk Baurecht ndST. 1.4. 1993, Seite 254) Bedacht zu nehmen gewesen."

Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:

Nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides (der insoweit von den Beschwerdeführern auch nicht in Zweifel gezogen wird) steht fest, daß in bezug auf das - nach den Behauptungen der Beschwerdeführer konsenslose - Bauwerk auf dem Nachbargrundstück zunächst eine Widmungsbewilligung erteilt und durch Berufung der Beschwerdeführer bekämpft wurde. Der nach Zurückziehung des Widmungsantrages ergangene Berufungsbescheid des Gemeinderates vom 17. Juni 1994, lautet - ebenfalls von den Beschwerdeführern unbestritten - dahin, daß der Widmungsbescheid vom 4. Jänner 1994 aufgehoben und die Berufung der Beschwerdeführer "gemäß § 66 Abs. 4 (ergänze: AVG) zurückgewiesen" wurde, da "kein Bescheid zugrunde liegt".

Der Spruch dieses Bescheides läßt sich zweifelsfrei nur so deuten, daß damit die Berufungsbehörde wegen der Rückziehung des Antrages auf Erteilung einer Widmungsbewilligung während des Berufungsverfahrens den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG (ersatzlos) behoben und auf diese Weise die Berufung der Beschwerdeführer (ungeachtet der mißverständlichen Verwendung des Wortes "zurückgewiesen") insoweit sachlich erledigt hat.

Selbst wenn man aber den Spruch des Berufungsbescheides dahin deuten würde, daß damit tatsächlich die Berufung der Beschwerdeführer nach (dann offenbar amtswegig zu deutender) Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides zurückgewiesen werden sollte, bliebe - insoweit in Übereinstimmung mit der Begründung des angefochtenen Bescheides - schlechthin unerfindlich, inwieweit die Beschwerdeführer durch diesen Ausspruch in ihren Rechten verletzt sein könnten.

In welchem Recht sich die Beschwerdeführer immer noch als verletzt erachten, ist ihren Ausführungen konkret nicht zu entnehmen: Es ist jedoch auszuschließen, daß den Beschwerdeführern auf Grund der von ihnen behaupteten Nachbarrechte ein weiterreichendes Recht zukäme, als die ersatzlose Beseitigung des von ihnen mit Berufung bekämpften erstinstanzlichen Bescheides. Gegenstand des Widmungsverfahrens war auch weder die Beseitigung des Bauwerkes (worauf die Beschwerdeführer in ihren Beschwerdeausführungen und in ihrem ergänzenden Schriftsatz mehrfach zurückkommen) noch "das rechtliche Schicksal des rechtskräftigen Beseitigungsbescheides".

Da den Beschwerdeführern als Nachbarn ein über die Geltendmachung von Nachbarrechten in einem Widmungsbewilligungs- oder Baubewilligungsverfahren hinausgehendes Recht auf "Sachentscheidung über die Mißachtung der Nachbarrechte" ebensowenig zusteht, wie ein Recht auf Entscheidung eines "fristgerecht eingebrachten Rechtsmittels" nach (wenn auch anderweitiger) Aufhebung des Bescheides, aber auch "über das rechtliche Schicksal des rechtskräftigen Beseitigungsbescheides" weder abgesprochen wurde, noch hätte abgesprochen hätte werden müssen, ist es ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im so bezeichneten Beschwerdepunkt verletzt worden sind. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994060201.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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