TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/16 94/17/0438

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Veröffentlicht am 16.12.1994
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Index

L36056 Kriegsopferabgabe Behindertenabgabe Steiermark;
L37036 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Steiermark;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
LustbarkeitsabgabeG Stmk §14a;
LustbarkeitsabgabeO Graz 1987 §19;
LustbarkeitsabgabezuschlagsG Stmk;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):94/17/0439 E 16. Dezember 1994 94/17/0440 E 16. Dezember 1994 94/17/0441 E 16. Dezember 1994 94/17/0459 E 16. Dezember 1994 94/17/0443 E 16. Dezember 1994 94/17/0444 E 16. Dezember 1994 94/17/0442 E 16. Dezember 1994

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des Vereins "XY" in Graz, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 9. April 1992, Zl. A 8-K-500/1991-1, betreffend Lustbarkeitsabgabe und Kriegsopferzuschlag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 23. Mai 1991 setzte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz gegenüber dem beschwerdeführenden Verein die Lustbarkeitsabgabe inklusive 20 % Kriegsopferzuschlag für die am Standort Graz, G-Gasse 26, aufgestellten Geldspielapparate betreffend den Zeitraum Februar bis September 1990 mit insgesamt S 120.000,-- zuzüglich 2 % Säumniszuschlag in Höhe von S 2.400,-- fest. In der Begründung dieses Bescheides bezieht sich die Abgabenbehörde

1. Instanz unter anderem auf § 19 Abs. 1 und 2 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen sinngemäß vor, die Apparate seien nur für Vereinsmitglieder, also für eine beschränkte Zahl von Personen, zugänglich. Der Zugang zum Vereinslokal, in welchem die Automaten aufgestellt gewesen seien, sei der Öffentlichkeit daher nicht offengestanden; es handle sich dabei nicht um "öffentliche Räume" im Sinne des § 2 lit. f des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetzes, LGBl. Nr. 37/1950 i. d.F. der Lustbarkeitsabgabegesetz-Novelle 1986, LGBl. Nr. 34.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies der Gemeinderat die Berufung als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, das Steiermärkische Veranstaltungsgesetz LGBl. Nr. 192/1969 finde auf alle öffentlichen Veranstaltungen Anwendung. "Öffentlich" im Sinne des Gesetzes seien alle Veranstaltungen, zu denen auch Personen Zutritt hätten, die nicht vom Veranstalter persönlich geladen und ihm nicht schon vor dem Zeitpunkt der Veranstaltung bekannt seien. Auf Vereine treffe nun zum einen dieses Kriterium der "Öffentlichkeit" nicht zu, zum anderen seien von der Anwendung des Veranstaltungsgesetzes solche Veranstaltungen, "die auf" (gemeint offenbar: auf die) andere Rechtsvorschriften Anwendung fänden, ausgenommen. Gemäß § 5 Abs. 1 des Lustbarkeitsabgabegesetzes treffe die Abgabepflicht den Unternehmer der "Veranstaltung". Der Begriff der "Veranstaltung" nach dem Lustbarkeitsabgabegesetz sei jedoch nicht mit dem Begriff der Veranstaltung nach dem Veranstaltungsgesetz gleichzusetzen. Insbesondere sei dem Begriff der Veranstaltung nach dem Lustbarkeitsabgabegesetz nicht das Kriterium der "Öffentlichkeit" im Sinne des Veranstaltungsgesetzes immanent. Für das Halten von Geldspielapparaten im Vereinslokal des Beschwerdeführers entstehe daher die Abgabepflicht und es sei die Lustbarkeitsabgabe zu Recht vorgeschrieben worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtentrichtung der vorgeschriebenen Abgabe verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Mit Beschluß vom 26. November 1993, A 34/93, stellte der Verwaltungsgerichtshof an den Verfassungsgerichtshof unter anderem den Antrag, § 19 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 10. Dezember 1986, mit der die Lustbarkeitsabgabeordnung der Landeshauptstadt Graz vom 23. März und 21. September 1950, GZ. A 8-143/1-1950 und

A 8-143/2-1950, i.d.F. des GRB vom 22. Mai 1986,

A 8-K 85/1984 - 9, neu gefaßt wird (Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987), Zl. A 8-K 85/1984 - 11, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz 1986, Seite 302 ff, in eventu nur Abs. 1 des § 19, als gesetzwidrig aufzuheben. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß die Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 keine dem § 2 lit. f Lustbarkeitsabgabegesetz entsprechende Einschränkung der Abgabepflicht auf den Betrieb von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten IN ÖFFENTLICHEN RÄUMEN enthalte.

Mit Erkenntnis vom 13. Oktober 1994, V 3/94-10 u.a., dem Verwaltungsgerichtshof zugestellt am 2. Dezember 1994, gab der Verfassungsgerichtshof diesem Antrag keine Folge; und zwar im wesentlichen deshalb, weil durch die Einfügung des § 14a Lustbarkeitsabgabegesetz mit der Novelle LGBl. Nr. 34/1986 ein spezieller Abgabentatbestand für das HALTEN von GELDspielapparaten geschaffen worden und das Kriterium des Betriebs "in öffentlichen Räumen" daher für GELDspielapparate nicht mehr von Bedeutung sei. Der Gemeindeverordnungsgeber sei daher nicht gehalten gewesen, bezüglich der Besteuerung von Geldspielapparaten den Inhalt des § 2 lit. f Lustbarkeitsabgabegesetz in die Lustbarkeitsabgabeordnung zu übernehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetzes lauten:

"§ 1.

Abgabeberechtigung.

(1) Die steirischen Gemeinden sind ermächtigt, anläßlich von Lustbarkeitsveranstaltungen eine Abgabe (Lustbarkeitsabgabe) einzuheben. Die Abgabe ist vom Gemeinderat ordnungsgemäß zu beschließen. Der Beschluß ist öffentlich kundzumachen und durch 14 Tage zur Einsicht im Gemeindeamt aufzulegen.

(2) Unter Lustbarkeiten (Vergnügungen) sind Veranstaltungen zu verstehen, welche überwiegend geeignet sind, die Teilnehmer zu unterhalten oder zu ergötzen.

§ 2.

Abgabepflichtige Veranstaltungen.

Als Lustbarkeiten (Vergnügungen) im Sinne des § 1 Abs. 2

gelten insbesondere folgende Veranstaltungen:

...

f) mechanische Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen sowie der Betrieb von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten in öffentlichen Räumen;

...

§ 14a

Abgabe für das Halten von Geldspielapparaten

Für das Halten von Geldspielapparaten nach § 5a Abs. 3 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 192/1969, in der am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes geltenden Fassung der Steiermärkischen Veranstaltungsgesetznovelle 1986 (Spielapparatenovelle), beträgt die Lustbarkeitsabgabe höchstens 4000 S je Apparat und begonnenem Kalendermonat."

Das Steiermärkische Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950, LGBl. Nr. 38, normierte die Einhebung eines Zuschlages von 20 v.H. zur Lustbarkeitsabgabe der Gemeinden zur Deckung der Ausgaben des Landes für die Unterstützung von Kriegsopfern.

Mit Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 10. Dezember 1986, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 22/1986, Seite 302 ff, wurde die Lustbarkeitsabgabeordnung der Landeshauptstadt Graz vom 23. März und 21. September 1950 neu gefaßt (Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987). Ihre im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen lauten:

"Auf Grund des freien Beschlußrechtes nach den Bestimmungen der §§ 7 und 8 F.-VG. 1948, BGBl. Nr. 45/1948, und § 15 FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984 i.d.F. BGBl. Nr. 384/1986, wird in Verbindung mit dem Gesetz vom 20. Juli 1950 über die Einhebung einer Lustbarkeitsabgabe (Lustbarkeitsabgabegesetz), LGBl. Nr. 37, i.d.F. LGBl. Nr. 34/1986, gemäß § 45 (2) Z. 13 des Statutes der Landeshauptstadt Graz, LGBl. Nr. 130/1967, i.d.F.

LGBl. Nr. 11/1985, verordnet:

Artikel I

I. Abschnitt

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

§ 1

Gegenstand der Abgabe

(1) Der Abgabepflicht unterliegen grundsätzlich alle Veranstaltungen im Gebiet der Stadt Graz, welche überwiegend geeignet sind, die Teilnehmer zu unterhalten und zu ergötzen.

(2) Für die einzelnen Arten von Veranstaltungen erfolgt die Erhebung der Lustbarkeitsabgabe, unter Einschluß des gemäß dem Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz vom 20. Juli 1950, LGBl. Nr. 38, zur Deckung der Aufgaben des Landes für die Unterstützung von Kriegsopfern gleichzeitig einzuhebenden Zuschlages zur Lustbarkeitsabgabe (Kriegsopferzuschlag), dem Grunde und der Höhe nach gemäß den Bestimmungen des II., III. und IV. Abschnittes dieser Verordnung.

...

IV. Abschnitt

PAUSCHALABGABE

...

§ 18

Festsetzung nach dem Wert

Die Abgabe für Unterhaltungsspielapparate beträgt je angefangenem Betriebsmonat für den Betrieb

a) eines Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparates 0,6 v.H. des gemeinen Wertes (Verkaufswertes) des Apparates,

b) einer Vorrichtung zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen in öffentlichen Lokalen, insbesondere in Gast- und Schankwirtschaften, sowie an sonstigen öffentlichen Orten 0,3 v.H. des gemeinen Wertes (Verkaufswertes) der Vorrichtung,

einschließlich Kriegsopferzuschlag.

§ 19

Geldspielapparate

(1) Für das Halten von Geldspielapparaten nach § 5a Abs. 3 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 192/1969, i.d.F. LGBl. Nr. 29/1986, beträgt die Abgabe S 4000,- (das sind S 4800,- einschließlich Kriegsopferzuschlag) je Apparat und begonnenem Kalendermonat. Die Abgabe ist längstens bis Zehnten jeden Monats für den vorangegangenen Monat zu entrichten.

(2) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe endet erst mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Abmeldung des Apparates erfolgt oder das städtische Steueramt sonst davon Kenntnis erlangt, daß der Apparat vom Abgabepflichtigen nicht mehr gehalten wird. Bei Austausch eines angemeldeten Apparates gegen einen gleichartigen Apparat innerhalb eines Kalendermonats tritt bei gleichzeitiger Abmeldung des alten und der Anmeldung des neuen Apparates für den neu angemeldeten Apparat die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe erst ab dem auf den Anmeldemonat folgenden Kalendermonat ein.

(3) Zu Kontrollzwecken sind die Abgabepflichtigen (Bewilligungsinhaber, Veranstalter) verpflichtet, an jedem von der Bewilligung erfaßten Spielapparat die von der Bewilligungsbehörde ausgestellte Plakette deutlich sichtbar anzubringen.

Die Durchschrift der vom städtischen Steueramt über die Aufstellung der Geldspielapparate ausgestellten Bescheinigung ist am Aufstellungsort zur jederzeitigen Kontrolle bereitzuhalten."

Mit Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, G 230-232/93-8, hat der Verfassungsgerichtshof das Steiermärkische Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950, LGBl. Nr. 38, als verfassungswidrig aufgehoben. Er hat gleichzeitig ausgesprochen, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten und das aufgehobene Gesetz nicht mehr anzuwenden ist.

Da der zuletzt genannte Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes die Anwendung des aufgehobenen Gesetzes auch im vorliegenden Beschwerdefall ausschließt (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1979, Slg. Nr. 9994/A), erweist sich der angefochtene Bescheid schon deshalb als inhaltlich rechtswidrig, weil mit ihm im Instanzenzug die Lustbarkeitsabgabe INKLUSIVE 20 % KRIEGSOPFERZUSCHLAG festgesetzt wurde und der Ausspruch über die Festsetzung des Zuschlages von jenem über die Festsetzung der Abgabe nicht trennbar ist.

Die diesbezüglichen Bestimmungen der Verordnung haben jedoch durch die Aufhebung des Gesetzes jedenfalls ihre Anwendbarkeit verloren (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 20. März 1981, Slg. Nr. 10.400/A).

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Hingegen kam es - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht darauf an, daß nach seiner Behauptung die gegenständlichen Apparate nur für Vereinsmitglieder zugänglich seien und daher kein Betrieb der Apparate IN ÖFFENTLICHEN RÄUMEN vorliege. Die auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1994 jedenfalls anzuwendende Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 kennt nämlich eine solche Einschränkung nicht.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Stempelgebühren waren nur im erforderlichen Ausmaß zuzusprechen.

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994170438.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

08.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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