TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/21 93/13/0047

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Veröffentlicht am 21.12.1994
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

EStG 1972 §20 Abs1 Z2;
UStG 1972 §12 Abs2 Z2 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des K in H, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat V, vom 26. Jänner 1993, Zl. 6/3 - 3309/90-10, betreffend Umsatzsteuer für 1986, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist ein international bekannter Bühnen-, Film- und Fernsehschauspieler, der bis zum Ablauf des Streitjahres in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig war und Umsätze erzielte.

Im Ergebnis einer auch das Streitjahr betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung schied der Prüfer den vom Beschwerdeführer in Höhe eines Betrages von S 71.343,36 geltend gemachten Vorsteuerabzug für Zahnarztleistungen an den Beschwerdeführer mit der Begründung aus, daß Vorsteuern gemäß § 12 Abs. 2 UStG 1972 nur insoweit abgezogen werden könnten, als sie mit Lieferungen oder sonstigen Leistungen im Zusammenhang stünden, die für das Unternehmen ausgeführt worden sind, während Lieferungen oder sonstige Leistungen, die überwiegend für die Person des Unternehmers ausgeführt werden, den Vorsteuerabzug nicht erlaubten.

Gegen den, nach Wiederaufnahme des Verfahrens der Rechtsansicht des Prüfers folgend erlassenen Bescheid über Umsatzsteuer des Jahres 1986 erhob der Beschwerdeführer Berufung mit dem Vorbringen, daß als Unternehmen eines Schauspielers seine Person anzusehen sei. Der Beschwerdeführer sei zur Behandlung seiner Zähne aus beruflichen Gründen gezwungen gewesen, weil er als Schauspieler, dessen Porträt in Film- und Fernsehaufnahmen laufend in Großformat aufgenommen und gezeigt werde, über tadellos aussehende und gepflegte Zähne verfügen müsse. Wie ein Schraubenzieher zum Handwerkszeug eines Elektrikers gehöre, so gehöre ein gutes und gepflegt aussehendes Gebiß zum Handwerkszeug eines Schauspielers. Da die für die Zahnbehandlung aufgewendeten Ausgaben damit solche aus der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers darstellten, sei die darin enthaltene Vorsteuer zu berücksichtigen.

In Erwiderung auf eine an der eingenommenen Rechtsauffassung festhaltende Stellungnahme des Prüfers wiederholte der Beschwerdeführer seinen Standpunkt, wonach Lieferungen oder sonstige Leistungen, welche an ihn zur Erbringung seiner selbständigen und nachhaltigen Tätigkeit als Schauspieler ausgeführt worden seien, als solche Lieferungen oder sonstige Leistungen zu betrachten seien, welche für sein Unternehmen ausgeführt wurden. Der Beschwerdeführer habe als Schauspieler immer großen Wert auf sein äußeres Erscheinungsbild zu legen; Kosten für die Anschaffung eines Zahnersatzes seien in einem solchen Fall nicht Aufwendungen für die Lebensführung, sondern Ausgaben zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Ein Bühnen-, Film- und insbesondere Fernsehschauspieler mit einem unordentlichen Gebiß sei undenkbar und würde mit Sicherheit keine Engagements mehr vermittelt erhalten, wie sie der Beschwerdeführer laufend bekomme. Ein hoher Einnahmenausfall wäre die Folge. Insbesondere bei den vielen Film- und Fernsehsendungen des Beschwerdeführers trete dieser Aspekt in den Vordergrund, da hierbei sein Kopf und sein Gesicht laufend in Großaufnahme gezeigt werde. Der Schauspieler verdiene seine Gagen mit seinem Aussehen, seiner Sprache und dem guten Gesamteindruck, den er beim Publikum hinterlasse.

In der mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde ergänzte der Beschwerdeführer, daß unter der Sanierung seines Gebisses auch die komplette Emaillierung seiner Zähne verstanden werden müsse, welche gerade für einen Film- und Fernsehschauspieler angesichts der beim Fernsehen erforderlichen Naheinstellungen unumgänglich notwendig sei. Da § 12 Abs. 2 UStG 1972 den Ausdruck des "Überwiegens" verwende, wäre nach Sicht des Beschwerdeführers gegen einen behördlichen Standpunkt des Inhalts, daß etwa ein Drittel der geltendgemachten Kosten als normale Zahnsanierung anzusehen sei, nichts einzuwenden. Es seien die dem Beschwerdeführer aufgelaufenen Kosten auch mit solchen von Maske oder Kostüm zu vergleichen. Die entrichteten Vorsteuern seien deshalb zur Gänze in Österreich abzugsfähig, weil der Beschwerdeführer im Streitjahr noch in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sei und auch Inlandsumsätze - wenngleich im Verhältnis zu den Auslandsumsätzen in geringer Höhe - getätigt habe. Der Beschwerdeführer legte in der mündlichen Berufungsverhandlung drei Zahnarztrechnungen in Ablichtung vor.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Ärztliche Behandlungen, führte die belangte Behörde begründend aus, gehörten nach herrschender Lehre und ständiger Judikatur zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung. Für die Kosten einer zahnärztlichen Behandlung und der Herstellung eines Zahnersatzes könne nichts anderes gelten. Solche Kosten könnten nicht objektiv in einen beruflich-betrieblich bedingten und in einen privat bedingten Anteil zerlegt werden, weil das Gebiß als solches unteilbar sei. Ebensowenig könne die Rede davon sein, daß der private Mitveranlassungsgrund der Körper- und Gesundheitspflege eine vernachlässigbar untergeordnete Bedeutung habe. Krankheitskosten, zu welchen auch die Kosten einer zahnärztlichen Behandlung und der zahnärztlichen Herstellung von Zahnersätzen zu zählen seien, seien als Werbungskosten oder Betriebsausgaben nach höchstgerichtlicher Judikatur nur dann anzusehen, wenn sie als Folge einer typischen oder nachgewiesenen Berufskrankheit erkannt werden könnten. Einen objektiv feststellbaren Zusammenhang seines Zahnerkrankungsbildes mit seiner beruflichen Tätigkeit als Schauspieler habe der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt; er habe vielmehr darauf hingewiesen, daß insbesondere die komplette Emaillierung seines Gebisses für ihn als Schauspieler unerläßlich sei, weshalb zumindest in diesem Teilbereich die Zahnbehandlung zu rein beruflichen Zwecken erfolgt sei. Nun müsse der Beschwerdeführer aber als natürliche Unternehmerperson vom Gegenstand seines Unternehmens unterschieden werden. Der Umstand, daß ein breites Publikum die Person des Beschwerdeführers mit den von ihm in Film und Fernsehen verkörperten Rollen positiv identifiziere, könne nicht zur Folge habe, daß die natürlichen Attribute des Beschwerdeführers zu einem selbständig im Betriebsvermögen seines Unternehmens bewertbaren Wirtschaftsgut würden, das als Sache zum Unterschied von seiner Person dem Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens zugerechnet werden könnte. Müßten im Zuge von Film- und Fernsehproduktionen bestimmte Körpermerkmale eines Schauspielers in maskenbildnerischer Absicht künstlich verändert werden, wie dies etwa bei der Angleichung des Äußeren eines Schauspielers an die von ihm darzustellende historische Persönlichkeit zu geschehen pflege, dann ließe ein solcher Sachverhalt eine abweichende Beurteilung zu. Es liege diese Fallkonstellation allerdings nicht vor. Daß die Zahnbehandlungskosten des Beschwerdeführers ausschließlich oder weitaus überwiegend berufsbedingt höher gewesen wären, als dies für private Zwecke erforderlich oder üblich gewesen wäre, habe der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar dargestellt. Schon die von ihm in der mündlichen Berufungsverhandlung vorgeschlagene Trennung lasse die Annahme eines Privatanteiles von bloß untergeordneter Bedeutung nicht zu; werde doch das Gebiß in seiner Gesamtheit einschließlich der vorgenommenen Emaillierung objektiv dauernd auch privat verwendet. Im übrigen ließen die vergleichsweise geringfügigen Inlandsumsätze vermuten, daß es an einem ausreichenden Zusammenhang der Zahnarztvorsteuer mit Inlandsumsätzen fehle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die aus dem Grunde inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie solcher infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Antrag auf Bescheidaufhebung; es erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Geltendmachung des Vorsteuerabzuges für die Anfertigung von Zahnersätzen als verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 kann der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt oder im Inland seinen Sitz oder eine Betriebsstätte hat, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Lieferungen oder sonstige Leistungen gelten nach § 12 Abs. 2 UStG 1972 als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie überwiegend für Zwecke des Unternehmens erfolgen. Nach § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1972 gelten Lieferungen oder sonstige Leistungen nicht als für das Unternehmen ausgeführt, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes 1972 oder der §§ 8 Abs. 1 und 16 Z. 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes 1966 sind. § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 bestimmt, daß die Aufwendungen für die Lebensführung, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch dann weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden dürfen, wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Auf dem Boden dieser Rechtslage ist eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen. Der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe, ausgehend von einer verfehlten Beurteilung der dem Beschwerdeführer erbrachten Leistungen als Heilbehandlung, das im Sinne des § 12 Abs. 2 UStG 1972 vorgelegene Überwiegen des kosmetischen Zweckes der erbrachten Leistungen nicht erkannt, ist aus folgenden Gründen nicht geeignet, seiner Beschwerde zu einem Erfolg zu verhelfen:

Die auf der Ebene der Sachverhaltsfeststellung angesiedelte behördliche Beurteilung, daß den dem Beschwerdeführer erbrachten zahnärztlichen Leistungen ein Anteil von Heilbehandlung im Sinne der Reparatur krankheitsartiger Veränderungen in einem Ausmaß zugrundegelegen sein müsse, welcher es nicht erlaube, von einem Überwiegen heilbehandlungsfremder Leistungselemente zu sprechen, ist zunächst schon kein Ergebnis einer unschlüssigen Beweiswürdigung. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, daß die - nach seiner Auffassung ganz überwiegende - kosmetische Veränderung seines Äußeren zur Aufrechterhaltung seines Einzelunternehmens als seiner nicht wegzudenkenden Voraussetzung unabdingbar erforderlich gewesen sei, dann läßt er mit diesem Vorbringen nämlich die als notorisch anzusehende Tatsache außer acht, daß er nicht erst infolge der in Rede stehenden zahnärztlichen Maßnahmen zu dem viel beschäftigten und prominenten Schauspieler wurde, der er ist, sondern daß er ein solcher auch schon lange Zeit vor dieser "Veränderung seines Aussehens" war. Schon dieser Umstand verbietet es, den Heilbehandlungsanteil der dem Beschwerdeführer erbrachten zahnärztlichen Leistungen in einem als vernachlässigbar zu betrachtenden Ausmaß anzusetzen. War nämlich der Beschwerdeführer durch die Gestalt seines Gebisses bis zum Jahre 1986 nicht daran gehindert, seinen Beruf als Schauspieler in der notorisch erfolgreichen Weise auszuüben, dann muß die Erforderlichkeit der im Jahre 1986 gesetzten Maßnahmen zwangsläufig auf Veränderungen zurückzuführen sein, die eine Behandlung nunmehr angezeigt erscheinen ließen. Diese Veränderungen können aber vernünftigerweise nur in krankheitsartigen Erscheinungen bestanden haben; daß in den beruflichen Anforderungen an sein Äußeres gegenüber zuvor Veränderungen eingetreten wären, welche den Beschwerdeführer zu den von ihm in Angriff genommenen kosmetischen Veränderungen gezwungen hätten, hat er zu keiner Zeit behauptet. Vorgelegene Erkrankungserscheinungen im Zahnbereich als schauspielerische Berufskrankheit darzustellen, hat der Beschwerdeführer vernünftigerweise nicht unternommen.

Es hätte schließlich selbst ein vollständig überwiegend kosmetischer Zweck der dem Beschwerdeführer erbrachten zahnärztlichen Leistungen den begehrten Vorsteuerabzug rechtlich nicht tragen können. Daß dem äußeren Erscheinungsbild der Person für den beruflichen Erfolg eines Schauspielers mehr Bedeutung zukommt, als dies in anderen Berufen der Fall zu sein pflegt, mag sein, wiewohl es der Respekt vor der darstellenden Kunst gewiß verbieten muß, der Zufälligkeit des äußeren Erscheinungsbildes des Künstlers einen zu hohen Stellenwert einzuräumen. Die zugestandene Bedeutsamkeit des äußeren Erscheinungsbildes eines darstellenden Künstlers für seinen Erfolg rechtfertigt es aber nicht, kosmetische Leistungen bloß zur Verschönerung seines Äußeren schlechthin schon als für sein Unternehmen erbracht anzusehen. Mit einem solchen Aufwand wird nämlich der durch die Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 beschriebene Bereich der Kosten der Lebensführung noch nicht verlassen, zu dem das Gesetz ausdrücklich auch solche Aufwendungen zählt, die der Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen dienen. Ob eine andere Betrachtungsweise für einen Fall zu gelten hätte, in dem konkrete, spezifische Rollenanforderungen den Schauspieler zu kosmetischen Maßnahmen zwingen würden, braucht nicht untersucht zu werden, weil eine solche Sachlage dem Beschwerdefall nicht zugrundeliegt. Eine - gegebenenfalls selbst auschließlich zu Verschönerungszwecken vorgenommene - Zahnsanierung des Beschwerdeführers aber war als Maßnahme zu beurteilen, die im Rahmen der von der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 betroffenen Aufwendungen verblieb; das dafür entrichtete Entgelt unterlag in jedem Fall dem Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1972.

Da dem Beschwerdeführer die Berechtigung zum Vorsteuerabzug für die ihm geleisteten Zahnbehandlungen schon aus diesem Grunde abzusprechen war, erübrigte sich ein Eingehen auf das zusätzliche Argument des angefochtenen Bescheides über den von der belangten Behörde geäußerten Zweifel am Vorliegen von Inlandsumsätzen nach § 12 Abs. 1 UStG 1972.

Der vom Beschwerdeführer hilfsweise ausgeführten Verfahrensrüge, mit welcher er der belangten Behörde eine Unzulänglichkeit ihres Ermittlungsverfahrens über das Überwiegen eines kosmetischen Anlasses der vorgenommenen Zahnbehandlungen vorwirft, fehlt es nach den oben getroffenen Ausführungen an der Relevanz.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993130047.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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