TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/17 94/11/0317

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Veröffentlicht am 17.01.1995
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Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §66 Abs1 lita;
KFG 1967 §66 Abs1 litb;
KFG 1967 §66 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs2 litc;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §73 Abs2;
SGG §12 Abs1;
SGG §16 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des P in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 30. August 1994, Zl. 11-39 Ra 12-1994, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm vor Ablauf von zwei Jahren nach der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 20. Juli 1994 (somit vor dem 27. Juli 1996) keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf; eine in diese Zeit fallende Haft wird in diese Frist nicht eingerechnet.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Grund für die Verfügung der bekämpften Entziehungsmaßnahme war, daß der im Jahre 1972 geborene Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 8. Juni 1994 wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 des Suchtgiftgesetzes und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 leg. cit. verurteilt worden war. Er war mit diesem Urteil schuldig erkannt worden, im Jahre 1992 ca. 2 kg Haschisch an andere Personen weiterverkauft und vom Oktober 1991 bis Mitte Jänner 1993 Haschisch, Marihuana, LSD und Kokain zum Eigenkonsum bzw. gemeinsamen Konsum mit anderen erworben, besessen und anderen teils entgeltlich, teils unentgeltlich überlassen zu haben. Über ihn wurde eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt, verhängt.

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß mit dieser Verurteilung bindend feststeht, daß eine bestimmte, seine Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. c KFG 1967 vorliegt. Er verkennt aber, daß es in diesem Zusammenhang nicht primär darum geht, daß er niemals ein Kraftfahrzeug in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt und auf diese Weise die Verkehrssicherheit gefährdet habe. Eine bestimmte Tatsache der vorliegenden Art läßt vielmehr in erster Linie auf eine Sinnesart der betreffenden Person im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967 schließen, liegt es doch auf der Hand, daß das Inverkehrsetzen von Suchtgift durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen erheblich erleichtert wird (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1992, Zl. 91/11/0109, und vom 27. April 1993, Zl. 92/11/0280).

Der Beschwerdeführer ist aber damit im Recht, daß das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 und 2 KFG 1967 allein noch nicht besagt, die betreffende Person sei jedenfalls verkehrsunzuverlässig. Die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit setzt neben dem Vorliegen einer strafbaren Handlung auch deren Wertung anhand der Kriterien des § 66 Abs. 3 KFG 1967 voraus. Diese Kriterien sind die Verwerflichkeit der strafbaren Handlungen, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit. Mit diesen Kriterien setzte sich die belangte Behörde in der - ausnehmend knapp gehaltenen - Begründung des angefochtenen Bescheides nur in der Weise auseinander, daß das Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit seinen strafbaren Handlungen nichts an der aus diesen erschließbaren Charaktereigenschaft ändere. Mit den übrigen Wertungskriterien setzte sich die belangte Behörde nicht auseinander, und zwar weder zur Begründung der Annahme, der Beschwerdeführer sei verkehrsunzuverlässig, noch im Zusammenhang mit der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967.

Dieser Begründungsmangel führt indes nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Vor dem Hintergrund des sich aus dem Verwaltungsakt ergebenden Sachverhaltes entspricht die bekämpfte Entziehungsmaßnahme nämlich im Ergebnis nach Art und Ausmaß dem Gesetz. Der in Rede stehende, dem angefochtenen Bescheid anhaftende Verfahrensmangel ist daher nicht wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG. Der Beschwerdeführer hat nach dem Spruch des Strafurteiles während eines Zeitraumes von ungefähr einem Jahr Suchtgift in einer großen Menge einer Vielzahl von Personen, zum Teil gegen Entgelt, überlassen. Dieses Verhalten ist als außerordentlich verwerflich zu werten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Mai 1989, Zl. 89/11/0055). Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Wohlverhalten in der seit der Begehung des strafbaren Verhaltens verstrichenen Zeit kann - abgesehen davon, daß bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides nur etwa eineinhalb Jahre verstrichen sind - deswegen für den Beschwerdeführer nicht entscheidend ins Gewicht fallen, weil während dieser Zeit das gerichtliche Strafverfahren anhängig war und das Wohlverhalten des Beschwerdeführers daher zur Beurteilung seiner Sinnesart nur von geringem Gewicht ist (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 16. Mai 1989).

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten persönlichen Umstände betreffend seinen Bedarf an einer Lenkerberechtigung vermögen an dieser Beurteilung nichts zu ändern.

Daß das Strafgericht nur eine bedingte Strafe ausgesprochen hat, vermag ebenfalls für den Beschwerdeführer keine günstigere Betrachtungsweise zu bewirken, da die Kraftfahrbehörden bei der Beurteilung einer Person als verkehrsunzuverlässig und bei der Prognose hinsichtlich der Wiederherstellung ihrer Verkehrszuverlässigkeit von wesentlich anderen Kriterien auszugehen haben, als das Strafgericht bei der Bemessung der gerichtlichen Strafe (vgl. ebenfalls das zitierte Erkenntnis vom 16. Mai 1989).

Die Beschwerde erweist sich im Ergebnis als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den - zur hg. Zl. AW 94/11/0085 protokollierten - Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994110317.X00

Im RIS seit

19.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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