TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/19 94/09/0027

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Veröffentlicht am 19.01.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
66/03 Sonstiges Sozialversicherungsrecht;
67 Versorgungsrecht;

Norm

BPGG 1993;
B-VG Art130 Abs2;
KOVG 1957 §10;
KOVG 1957 §13 Abs1;
KOVG 1957 §18 Abs1;
KOVG 1957 §32;
KOVG 1957 §6;
KOVG 1957 §7;
KOVG 1957 §76 idF 1984/212;
KOVG 1957 §76;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des N in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 23. November 1993, Zl. 945.099/2-2a/93, betreffend Pflegezulage im Wege eines Härteausgleiches, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezieht auf Grund des Bescheides der belangten Behörde vom 7. Februar 1991, der infolge des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1990, Zl. 90/09/0048, ergangen ist (Hinweis im Sinne des § 43 Abs. 2 VwGG), in Verbindung mit dem Bescheid des Landesinvalidenamtes für Kärnten vom 31. Mai 1991 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 v.H. im Wege des Härteausgleiches für die Gesundheitsschädigung "Teilverlust des rechten Oberschenkels nach chronischer Osteomyelitis im Bereich des Kniegelenkes". Die für diese Zuerkennung entscheidende "besondere Härte" wurde in der Nichterfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der Kausalität erblickt, und zwar insofern, als im Hinblick auf die außergewöhnliche Lagerung des Einzelfalles des Beschwerdeführers die Kausalität der anerkannten Schädigung nicht mehr eindeutig geklärt werden konnte.

Mit Schreiben vom 17. Februar 1992 beantragte der Beschwerdeführer - soweit dem für das vorliegende Verfahren Bedeutung zukommt - die Gewährung von Pflegezulage gemäß § 18 KOVG 1957 im Wege des Härteausgleiches nach § 76 KOVG 1957.

Über diesen Antrag wird mit dem angefochtenen Bescheid wie

folgt abgesprochen:

"Ihr beim Landesinvalidenamt für Kärnten am 19.2.1992 eingelangter Antrag auf Erhöhung Ihres bisher im Ausmaß der Beschädigtengrundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70 v.H. gewährten Härteausgleiches um den sich jeweils unter analoger Anwendung des § 18 des Kriegsopferversorgungsgesetzes (KOVG) 1957 ergebenden Betrages an Pflegezulage wird gemäß § 76 KOVG 1957 abgewiesen."

Zur Begründung führt die belangte Behörde nach kurzer Wiedergabe des bereits Dargestellten weiter aus, der Beschwerdeführer habe die Gewährung der Pflegezulage im Wege des Härteausgleiches beantragt. Nach den durchgeführten Ermittlungen, insbesondere dem ärztlichen Gesamtgutachten der Fachberaterin der belangten Behörde vom 22. Juli 1993, bedürfe der Beschwerdeführer wegen seines Gesamtleidenszustandes für lebenswichtige Verrichtungen fremder Hilfe, vor allem beim An- und Auskleiden, bei der täglichen Körperreinigung und bei den Stoffwechselverrichtungen. Da das als Dienstbeschädigung zu wertende Leiden am Zustand der Hilflosigkeit wesentlich, d.h. annähernd gleichwertig, beteiligt sei, sei der Beschwerdeführer als hilflos im Sinne des § 18 Abs. 1 KOVG 1957 anzusehen.

Im Falle des Bezuges der Beschädigtengrundrente im Rechtsanspruch wären somit die Voraussetzungen für die Gewährung einer Pflegegeldzulage gemäß § 18 Abs. 1 KOVG 1957 in Höhe der Stufe I erfüllt. Da der Beschwerdeführer die Beschädigtenrente jedoch lediglich im Wege eines Härteausgleiches beziehe, liege die Prüfung, ob dieser um die Höhe des Betrages an Pflegezulage zu erhöhen sei, neuerlich im Ermessen der zuständigen Bundesminister. Ein subjektiv-öffentlicher Rechtsanspruch ergebe sich nämlich erst auf Grund einer positiven Ermessensentscheidung, für die ein wesentliches Kriterium zweifellos das Vorliegen eines Bedarfes sei. Im Falle der Abgeltung von behinderungsbedingten Mehraufwendungen sei Bedürftigkeit nach Auffassung der belangten Behörde nur dann anzunehmen, wenn nicht bereits auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften ein Rechtsanspruch auf gleichartige Leistungen bestehe. Der Beschwerdeführer beziehe von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten als Abgeltung seiner pflegebedingten Mehraufwendungen einen Hilflosenzuschuß und ab 1. Juli 1993 ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 2. Da demnach gesetzlicherseits bereits hinreichend für den zweifellos beim Beschwerdeführer vorliegenden Zustand der Hilflosigkeit vorgesorgt sei, könne die Gewährung eines Härteausgleiches gemäß § 76 KOVG 1957 aus demselben Titel nicht vertreten werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 76 Abs. 1 KOVG 1957, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 212/1984, kann, sofern sich aus den Vorschriften dieses Bundesgesetzes besondere Härten ergeben, der Bundesminister für soziale Verwaltung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen auf Antrag oder von Amts wegen einen Ausgleich gewähren.

Auf die Gewährung eines Härteausgleiches nach § 76 Abs. 1 KOVG 1957 besteht demnach kein Rechtsanspruch, die Gewährung des Ausgleiches liegt vielmehr im Ermessen der zuständigen Bundesminister (belangte Behörde im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen). Dies folgt auch aus § 6 KOVG 1957, ferner aus den §§ 7 und 32 dieses Bundesgesetzes, in denen Rechtsansprüche auf Versorgungsleistungen festgelegt sind. Für die Überprüfung von Bescheiden nach § 76 KOVG 1957 durch den Verwaltungsgerichtshof folgt daraus, daß Rechtswidrigkeit des Bescheides dann nicht gegeben ist, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten freien Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 130 Abs. 2 B-VG - zitiert nach Erkenntnis vom 10. April 1985, Zl. 85/09/0062).

Die vom Gesetz geforderte besondere Härte muß durch Tatsachen und Umstände des Einzelfalles gegeben sein. Die Frage nach dem Vorliegen einer besonderen Härte ist zunächst von der Behörde im Bereich rechtlicher Gebundenheit zu lösen. Erst danach ist das der Behörde eingeräumte Ermessen zu üben, wobei nach dem Sinn des Gesetzes die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Antragstellers zu berücksichtigen ist (vgl. Erkenntnis vom 20. Oktober 1988, Zl. 85/09/0160).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem von der Sachlage vergleichbaren Fall (- der damalige Beschwerdeführer hatte die Grundrente ebenfalls im Wege eines Härteausgleiches zuerkannt erhalten und begehrte weiters die Pflegezulage -) mit Erkenntnis vom 10. Dezember 1986, Zl. 85/09/0211, ausgesagt:

"Wenn die belangte Behörde bei den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers zur Ansicht gelangte, es sei von der Möglichkeit einer positiven Ermessensübung kein Gebrauch zu machen, kann das nicht als Verstoß gegen den Sinn des Gesetzes (Ermessensmißbrauch) angesehen werden. Die Höhe des Einkommens stellt zwar kein Kriterium für eine auf § 18 KOVG 1957 gestützte Pflegezulage dar; dies trifft aber dann nicht zu, wenn Pflegezulage mangels eines Anspruches nach § 18 in Verbindung mit § 1 im Wege eines Härteausgleiches nach § 76 KOVG 1957 begehrt wird."

Bereits daraus zeigt sich, daß die Rechtsprechung nicht die Auffassung des Beschwerdeführers teilt, daß aus der Zuerkennung der Grundrente im Wege des Härteausgleiches zwingend ein Recht auf positive Ermessensübung für alle übrigen Annexleistungen folgt. Zwar ist nicht mehr die bereits bindend entschiedene Frage der besonderen Härte im Hinblick auf die Kausalität neuerlich zu beurteilen, es sind aber die sonstigen Voraussetzungen insbesondere auch die für die Ermessensübung maßgebende Frage der Bedürftigkeit zu prüfen.

Wenn die belangte Behörde bei der Prüfung der Bedürftigkeit des Beschwerdeführers im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer die ihm erwachsenden pflegebedingten Mehraufwendungen durch das Bundespflegegeldgesetz pauschaliert abgegolten erhält, im Ermessensbereich keine für den Beschwerdeführer positive Entscheidung gefällt hat, kann das jedenfalls unter Mitberücksichtigung der aus den Akten ersichtlichen Einkommenssituation des Beschwerdeführers (ohne KOVG-Leistungen und Pflegegeld 1992 monatlich etwa S 14.000,--) schon nicht als Verstoß gegen den Sinn der Regelung über den Härteausgleich (Ermessensmißbrauch) gesehen werden. Daran ändert weder der Umstand der teilweise positiven Erledigung des Antrages des Beschwerdeführers auf Kleider- und Wäschepauschale noch die betragsmäßig günstigere Regelung der Pflegezulage nach dem KOVG 1957 im Verhältnis zum Bundespflegegeldgesetz etwas.

Da diese Überlegungen auf unbedenklichen Verfahrensergebnissen beruhen, erweist sich die Beschwerde bereits damit als unbegründet und mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994090027.X00

Im RIS seit

27.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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