TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/25 93/15/0101

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Veröffentlicht am 25.01.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
21/03 GesmbH-Recht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §56;
BAO §115 Abs2;
B-VG Art139 Abs6;
B-VG Art140 Abs7;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art49 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs4;
GmbHG §34;
LiebhabereiV Art2;
LiebhabereiV;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des EG und der HG, beide in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 15. April 1993, Zl. 6/4 - 4200/92-04, betreffend Feststellung von Einkünften für die Jahre 1986 bis 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer von Liegenschaften in S. und A. Sie sind Gesellschafter der G. Warenhandelsgesellschaft m. b.H. (im folgenden GmbH). Die genannten Liegenschaften haben sie seit 1979 der GmbH in Bestand gegeben; diese hat die Objekte an die B-AG vermietet.

In ihren Abgabenerklärungen für die Jahre 1986 bis 1988 wiesen die Beschwerdeführer betreffend die Vermietung der Liegenschaft in S. Verluste von jeweils S 416.346,25 (1986 und 1987) und S 324.120,75 (1988) und betreffend die Vermietung der Liegenschaft in A. Verluste von S 1.500,-- (1986 und 1987) bzw. S 1.125,-- (1988) aus.

Das Finanzamt forderte die Beschwerdeführer auf, bekanntzugeben, auf welche Umstände das Absinken der Mieteinnahmen unter die vereinbarten Entgelte (betreffend die Liegenschaft in S. S 20.000,-- monatlich, betreffend die Liegenschaft in A. S 5.000,-- monatlich) zurückzuführen sei.

Die Beschwerdeführer teilten mit, sie hätten - im Zuge einer Vereinbarung zwischen der GmbH und der G-Bank - eine Verzichtserklärung abgegeben, wonach sie auf Mietzahlungen betreffend die Objekte in S. und A. bis 30. Oktober 1999 verzichtet hätten. Am 7. August 1985 sei ein Beschluß der Gesellschafter der GmbH gefaßt worden, wonach diese bis auf weiteres auf die vertraglich vereinbarten Mietzahlungen der GmbH verzichteten.

Die Beschwerdeführer legten ein Protokoll über eine "Gesellschafterbesprechung der GmbH" am 27. Juni 1985 vor, das (auszugsweise) wie folgt lautet:

"...

2) Zur Sanierung des Bilanzverlustes werden folgende Punkte beschlossen:

a)

Die Gesellschafter, die an die GmbH Vermietungen welcher Art immer haben, verzichten bis auf weiteres auf die vertraglich vereinbarten Mietzahlungen. Die Bezahlung der Betriebskosten bleibt jedoch wie vereinbart aufrecht.

b)

Die zukünftigen Einnahmen aus der Vermietung an die Firma B. sollen an die Firma B. oder an eine Bank verkauft werden.

..."

Sie legten weiters eine als "Verzichtserklärung" überschriebene, von den Beschwerdeführern gefertigte Urkunde vom 21. August 1986 mit folgendem Wortlaut vor:

"Die Unterzeichneten ... erklären sich hiemit verbindlich, daß

sie im Falle des Verkaufes der zukünftigen Forderungen der GmbH gegenüber der B-AG ihrerseits auf Mietzahlungen seitens der GmbH betreffend der ihnen gehörigen Mietobjekte in S. und A. bis 31. Oktober 1999 verzichten."

Bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte der Beschwerdeführer für die Jahre 1986 bis 1988 sah das Finanzamt die Vermietung der Liegenschaften in S. und A. nicht als Einkunftsquelle an. Es vertrat die Auffassung, auch in Zukunft werde sich kein Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten ergeben.

Mit ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung beantragten die Beschwerdeführer, die Einkünfte erklärungsgemäß festzustellen. Sie führten aus, sie hätten im Hinblick auf die schlechten wirtschaftlichen Ergebnisse der GmbH in den Jahren 1983 und 1984 "einer vorübergehenden Stundung der Mieten bis zur wirtschaftlichen Stabilisierung der GmbH unter der Bedingung zugestimmt, daß die gestundeten Mieten zu einem späteren Zeitpunkt nachgezahlt werden." Im Jahr 1989 hätten die Mieteinnahmen betreffend die Liegenschaft in S. bereits wieder S 264.000,-- betragen, wodurch sich ein Überschuß von S 7.382,87 ergeben habe. Die wirtschaftliche Lage der GmbH habe sich stabilisiert. Für die kommenden Jahre sei - so wie für 1989 - im Hinblick auf steigende Mieteinnahmen mit Überschüssen zu rechnen. Die Beschwerdeführer legten eine Prognoserechnung betreffend die Jahre bis 2012 vor, der sie betreffend die Liegenschaft in S. Einnahmen von jährlich S 264.000,-- in den Jahren 1989 bis 1999 und S 720.000,-- ab dem Jahr 2000 zugrunde legten. Davon ausgehend gelangten sie zu Einnahmenüberschüssen von je S 7.000,-- in den Jahren 1989 und 1990, je S 40.000,-- in den Jahren 1991 bis 1999 und je S 220.000,-- in den Jahren ab 2000. Dies erläuterten sie wie folgt: "Die Werte der Jahre 1980 bis 1984 wurden dem Betriebsprüfungsbericht des Finanzamtes entnommen, die Werte für die Jahre 1985 bis 1990 entsprechen jenen der eingereichten Abgabenerklärungen für diese Jahre. Die Vorschau für die Periode von 1991 bis 2012 basiert für die Jahre 1991 bis 1999 grundsätzlich auf dem Ergebnis für das Jahr 1990; die Werbungskosten liegen geringfügig unter jenen des Jahres 1990, weil die Absetzungen für Abnutzungen infolge der Abschreibung einzelner Wirtschaftsgüter auf den Erinnerungswert geringfügig unter jenen des Jahres 1990 liegen, wodurch ein um etwa S 33.000,-- höherer Überschuß für diese Jahr gegenüber dem Jahre 1990 anfallen sollte. Den Ansätzen für die Jahre 2000 bis 2012 liegen die Annahmen zugrunde, daß es möglich sein sollte, S 60.000,-- pro Monat an Mieteinkünften für das Objekt in S. infolge der Nachverrechnung der Mieten für die Jahre 1986 bis 1999 bzw. der Indexanpassungen erzielen zu können."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage vertrat die belangte Behörde die Auffassung, die Beschwerdeführer hätten für die Jahre 1986 bis 1999 auf Mietzahlungen verzichtet. Für diesen Zeitraum sei von geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen, die sich deutlich von den Verhältnissen vor und nach diesem Zeitraum abheben. Beobachtungszeitraum sei somit jener Zeitraum, der vom Verzicht auf Mietzinszahlungen betroffen sei. Der Behauptung, daß bloß eine Stundung vereinbart worden sei, könne nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführer hätten eine ausdrückliche Erklärung über einen Verzicht auf Mietzahlungen abgegeben; es finde sich kein Hinweis auf eine Stundung bzw. deren Dauer. Es könne daher auch der Prognoserechnung der Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, weil diese auf der Annahme beruhe, daß eine Nachverrechnung von Mieten für die Jahre 1986 bis 1999 möglich sein sollte; dem lägen nur Annahmen und nicht vertragliche Nachforderungsansprüche zugrunde. Selbst wenn dieser Prgonose gefolgt werden könnte, dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, daß nach dieser Kalkulation erst nach Ablauf von 17 Jahren nach der Änderung der Bewirtschaftung mit der Erzielung eines Gesamtüberschusses der Einnahmen über die Werbungskosten gerechnet werden könnte.

Die Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit die Beschwerde Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides unter Berufung auf Vorschriften der "Liebhabereiverordnung vom 17. Dezember 1992" geltend macht, ist zunächst auf folgendes hinzuweisen:

Die Liebhabereiverordnung wurde vom Bundesminister für Finanzen am 18. Mai 1990, BGBl. Nr. 322/1990, erlassen. Art. II dieser Verordnung bestimmte, daß deren Art. I auf alle noch nicht rechtskräftig veranlagten Fälle anzuwenden sei. Mit Erkenntnis vom 12. Dezember 1991, V 53/91, hob der Verfassungsgerichtshof u.a. den Art. II der genannten Verordnung auf. Ab der Kundmachung dieses Erkenntnisses am 21. Februar 1992, BGBl. Nr. 106/1992, waren die in Geltung gebliebenen Teile der Liebhabereiverordnung erst ab der Veranlagung für das Jahr 1990 anzuwenden.

Mit der am 15. Jänner 1993 kundgemachten Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. Nr. 33/1993, wurde die Liebhabereiverordnung neu gefaßt. Gemäß Abschnitt IV Abs. 1 ist diese Verordnung ab der Veranlagung für das Jahr 1993 (Einkommen- und Körperschaftsteuer) bzw. ab 1. Jänner 1993 (Umsatzsteuer) anzuwenden. Gemäß Abschnitt IV Abs. 2 der soeben zitierten Verordnung tritt die Verordnung vom 18. Mai 1990, BGBl. Nr. 322/1990, mit 31. Dezember 1992 außer Kraft. Die letztgenannte Verordnung ist somit nur für die Veranlagungen der Jahre 1990, 1991 und 1992 anzuwenden.

Im Abgabenrecht besteht betreffend zeitbezogene materiell-rechtliche Vorschriften der Grundsatz, daß das zur Zeit der Verwirklichung des Abgabentatbestandes geltende Recht anzuwenden ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. August 1994, Zl. 93/15/0236, und die dort zitierte Vorjudikatur). Im Beschwerdefall ist die Verwirklichung von Abgabentatbeständen in den Veranlagungsjahren 1986 bis 1988 zu beurteilen. Die Liebhabereiverordnung findet daher nach dem oben Gesagten keine Anwendung; vielmehr ist im Beschwerdefall anhand der vor dem Inkrafttreten der Liebhabereiverordnung geltenden Rechtslage zu prüfen, ob die belangte Behörde die Einkunftsquelleneigenschaft der strittigen Vermietungen zu Recht verneint hat.

Gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1972 ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 bezeichneten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben. Aus der Umschreibung der Begriffe "Einkommen" und "Einkünfte" haben Schrifttum und Rechtsprechung abgeleitet, daß nur Tätigkeiten, die auf Dauer gesehen Gewinn erwarten lassen, als Einkunftsquelle in Betracht kommen und mit ihrem Ergebnis bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens zu berücksichtigen sind. Fehlt dagegen bei einer Tätigkeit objektiv gesehen die Möglichkeit, Gewinne zu erzielen, oder mangelt es einem Abgabepflichtigen an der entsprechenden Absicht, so liegt keine Einkunftsquelle, sondern Liebhaberei im steuerrechtlichen Sinn vor. Dabei ist zu beachten, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung des jeweiligen Falles in erster Linie auf die objektiven Merkmale (Gewinnerzielungsmöglichkeit) Bedacht genommen werden muß, während den subjektiven Merkmalen (Absicht des Steuerpflichtigen) nur untergeordnete Bedeutung zukommt (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 18. März 1992, Zl. 92/14/0019, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die Beantwortung der Frage, ob eine steuerrechtlich relevante Tätigkeit oder Liebhaberei vorliegt, ist somit von der Feststellung abhängig, ob mit der Deckung der Ausgaben und - da bloße Kostendeckung nicht genügt - mit einem wenn auch nur bescheidenen Nutzen ernstlich gerechnet werden kann, mag sich dieser Nutzen auch erst in späterer Zeit, nach einer angemessenen Anlaufphase, einstellen. Dabei ist zunächst ein objektiver Maßstab anzulegen und festzustellen, ob die zu beurteilende Tätigkeit überhaupt Aussicht hat, sich jemals lohnend zu gestalten. Ist diese Frage zu verneinen, kommt es auf die persönliche Auffassung des Steuerpflichtigen nicht mehr an; seiner subjektiven Einstellung kann nur in Grenzfällen Bedeutung beigemessen werden. Entscheidend ist daher die Überschußerzielungsmöglichkeit, wie sie sich aus der Beobachtung der Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben während eines angemessenen Beobachtungszeitraumes ergibt. Bei Vermietung und Verpachtung genügt grundsätzlich ein Beobachtungszeitraum von fünf bis acht Jahren (vgl. das Erkenntnis vom 9. Dezember 1992, Zl. 92/13/0077, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der Liebhabereibetrachtung sind jeweils nur Zeiträume gleicher Bewirtschaftungsart zugrunde zu legen. Ändert sich die Art des wirtschaftlichen Engagements grundlegend und sind deshalb für die Zukunft positive wirtschaftliche Ergebnisse zu erwarten, so können die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mit der Folge in die Vergangenheit projiziert werden, daß eine bisher notwendigerweise ertragslose Tätigkeit bereits für die Vergangenheit als Einkunftsquelle beurteilt wird. In der Abänderung von mit Mietern abgeschlossenen Verträgen, die eine wesentliche Erhöhung der Mietzinse gegenüber früher vereinbarten Mietzinsen zum Gegenstand haben, liegt eine wesentliche, die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Ergebnisse der Folgejahre bei der Beurteilung der objektiven Ertragsfähigkeit der Tätigkeit ausschließende Änderung der Bewirtschaftungsart (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 23. November 1992, Zl. 91/15/0066, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Feststellung zugrunde, daß die Beschwerdeführer gegenüber dem Mieter der strittigen Liegenschaft für den Zeitraum von 1986 bis 1999 auf die Zahlung von Mietzins verzichtet hätten. Auf der Grundlage dieser Feststellung stellte sich die Überlassung der "Mietobjekte" im erwähnten Zeitraum als unentgeltliche Gebrauchsüberlassung dar. Bei dieser Sachlage könnte vom Vorliegen einer Einkunftsquelle im genannten Zeitraum nicht die Rede sein. Ebensowenig ist zweifelhaft, daß bei der Beurteilung, ob eine Einkunftsquelle vorliegt, im Hinblick auf - im Verzicht auf Mietzins bzw. der Beendigung dieses Verzichtes gelegene - Änderungen der Bewirtschaftungsart eine getrennte Betrachtung der "einnahmenlosen" Perioden und jener, in denen Mietzinse erlöst werden, geboten ist. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hängt somit davon ab, ob die oben wiedergegebene Feststellung im Einklang mit der materiellen Rechtslage und auf der Grundlage eines mängelfreien Verfahrens getroffen wurde.

Gegen diese Feststellung wendet sich die Beschwerde mit folgender Begründung:

Die Beschwerdeführer hätten niemals "eine verbindliche Erklärung auf endgültigen Verzicht auf die Mietzahlungen für die Jahre 1986 bis 1988 abgegeben". Vielmehr hätten sie lediglich einer "vorübergehenden Stundung der Mieteinnahmen" zugestimmt. Dem Gesellschafterbeschluß vom 27. Juni 1985 sei zu entnehmen, daß die Beschwerdeführer "bis auf weiteres" auf die vertraglich vereinbarten Mietzahlungen der GmbH verzichten. Die "Verzichtserklärung" vom 21. August 1986 gehe dahin, daß die Beschwerdeführer bis 31. Oktober 1999 auf die Mietzahlungen verzichten für den Fall, daß zukünftige Forderungen der GmbH gegenüber der B-AG "verkauft" würden. Die Verzichtserklärung sei somit unter der Bedingung des "Forderungsverkaufes" durch die GmbH abgegeben worden. Es sei aus der Erklärung nicht ableitbar, ob die Beschwerdeführer auf die Mietforderungen bis zum Jahr 1999 verzichtet oder diese lediglich "vorübergehend gestundet" hätten. Bei Auslegung der Verzichtserklärung unter Bedachtnahme auf den Gesellschafterbeschluß und dessen Zweck - die wirtschaftliche Sanierung der GmbH - ergebe sich, daß es sich lediglich um eine Stundung für die Dauer der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GmbH gehandelt habe. Die Beschwerdeführer hätten damit gerechnet, daß diese wirtschaftlichen Schwierigkeiten ab dem Jahr 1989 überwunden sein würden und es anschließend zu einer "Rückverrechnung" der gestundeten Mietzahlungen kommen werde. Dies ergebe sich auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise, weil ein vernünftig und wirtschaftlich denkender Mensch der GmbH die Mietzinse zwar für die Dauer ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten gestundet, keinesfalls jedoch auf Mietzinse von S 25.000,-- monatlich auf die Dauer von 13 Jahren verzichtet hätte. Es liege somit lediglich eine Stundung der Mietzinse für die Jahre 1986 bis 1989 vor, die keine Änderung der Bewirtschaftungsart nach sich gezogen hätte.

Dieser Auffassung der Beschwerde kann nicht gefolgt werden. Soweit sich diese auf den Inhalt des "Gesellschafterbeschlusses" bezieht, wonach die Gesellschafter "bis auf weiteres" auf Mietzahlungen der GmbH verzichten, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß der offenbar auf Willensübereinstimmung der Gesellschafter beruhende "Gesellschafterbeschluß" nicht geeignet war, die bestandvertraglichen Beziehungen zwischen den Beschwerdeführern (den Bestandgebern) und der GmbH (der Bestandnehmerin) unmittelbar zu gestalten. Nach dem Vortrag der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren und den vorgelegten Beweismitteln handelte es sich beim "Gesellschafterbeschluß" ausschließlich um einen Akt der inneren Willensbildung der GmbH (und somit - nur - einer der Vertragsparteien des Bestandvertrages). Ein rechtsgeschäftliches Handeln beider Parteien des Bestandvertrages ist im Zusammenhang mit dem Gesellschafterbeschluß nicht ersichtlich; die Rechtslage zwischen den Parteien des Bestandvertrages konnte durch den "Gesellschafterbeschluß" somit nicht unmittelbar gestaltet werden. Dabei kann im vorliegenden Zusammenhang unerörtert bleiben, ob der "Gesellschafterbeschluß" nach Form und Inhalt als Vorgang im Sinne der §§ 34 ff GmbHG zu qualifizieren ist.

Maßgebend ist im vorliegenden Zusammenhang das rechtsgeschäftliche Handeln der Beschwerdeführer (als Bestandgeber) und der durch ihre Organe vertretenen GmbH (als Bestandnehmer). Es ist nicht strittig, daß die "Verzichtserklärung" der Beschwerdeführer vom 21. August 1986 an die GmbH gerichtet war; die dem angefochtenen Bescheid, der vom wirksamen Zustandekommen des darin ausdrücklich erklärten Verzichtes ausgeht, erkennbar zugrundeliegenden Annahmen, daß der Schuldner zugestimmt und die dem Verzicht beigesetzte aufschiebende Bedingung eingetreten wäre, sind nicht rechtswidrig, weil die Beschwerdeführerin, die sich auf die Verzichtserklärung berufen und diese selbst vorgelegt hatte, Gegenteiliges nicht behauptet hat. Die Beschwerde verweist zwar auf die der Erklärung beigesetzte Bedingung, behauptet aber ebenfalls nicht, daß diese nicht eingetreten wäre; sie zeigt somit insoweit keine Rechtswidrigkeit auf.

Maßgebend ist daher, ob der "Verzichtserklärung" die Bedeutung eines Verzichtes oder - wie die Beschwerde meint - einer Stundung zukommt. Bei dem hiefür maßgeblichen objektiven Verständnis ist nicht ersichtlich, inwiefern ein Zweifel daran

entstehen könnte, daß die Worte "... verbindlich ... auf

Mietzahlungen seitens der GmbH ... bis 31.10.1999 verzichten"

nichts anderes als die unentgeltliche Überlassung des Bestandobjektes an die GmbH bis zum genannten Zeitpunkt bedeuten. Selbst bei - von der Beschwerde vermißter - Bedachtnahme auf den zeitlich vorgelagerten "Gesellschafterbeschluß" bei der Auslegung der "Verzichtserklärung" wäre kein anderes Ergebnis geboten gewesen, weil auch darin ausdrücklich von "Verzicht" und nicht von "Stundung" die Rede ist, wobei zu unterstellen ist, daß im Wirtschaftsleben Tätigen die unterschiedliche Bedeutung der Begriffe "Verzicht" und "Stundung" geläufig ist. Daß im "Gesellschafterbeschluß" von einem Verzicht "bis auf weiteres" die Rede ist, bietet keinen Anhaltspunkt für die von der Beschwerde angestrebte Auslegung, wonach die Wirkungen der Vereinbarung nicht zum ausdrücklich genannten Zeitpunkt (31.10.1999), sondern 1989 enden sollten.

Ebensowenig bietet die von der Beschwerde angestrebte "wirtschaftliche Betrachtungsweise" im vorliegenden Zusammenhang eine Grundlage dafür, die Erklärung entgegen ihrem insofern keinen Zweifel offenlassenden Inhalt als Stundung aufzufassen.

Auf der Grundlage des von ihr somit mängelfrei festgestellten Sachverhaltes konnte die belangte Behörde davon ausgehen, daß den Beschwerdeführern aus den strittigen Vermietungen bis zum 31. Oktober 1999 keine Einnahmen zufließen würden. Bei dieser Sachlage erweist sich die Beurteilung, daß keine Einkunftsquellen vorlägen, als rechtmäßig.

Die Darlegungen der Beschwerde, der von der belangten Behörde herangezogene Beobachtungszeitraum sei nicht ausreichend, verkennen, daß die belangte Behörde - ausgehend von der nach dem Gesagten nicht rechtswidrigen Annahme einer unentgeltlichen Überlassung der Mietobjekte von 1986 bis 1999 - ihre Prognose auf diesen im Hinblick auf die im Verzicht auf Mietzinszahlungen bzw. dessen Beendigung jeweils gelegene Änderung der Bewirtschaftungsart abgeschlossenen Zeitraum zu beziehen hatte.

Soweit die Beschwerde davon ausgeht, daß in den auf den Streitzeitraum (1986 bis 1988) folgenden Jahren mit Einnahmen zu rechnen wäre, ist sie darauf zu verweisen, daß es sich dabei angesichts des vorliegenden Inhaltes der "Verzichtserklärung" um eine bloße Annahme handelt, die in den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht Deckung findet. Die Beschwerdeführer haben auch nicht behauptet, daß die Parteien des Bestandvertrages vom Verzicht der Bestandgeber auf die Zinsforderungen in der Folge einvernehmlich abgegangen wären oder sonstige Gründe vorlägen, aus denen die Beschwerdeführer - ungeachtet des vereinbarten Verzichtes - vor dessen Ablauf im Jahr 1999 ernstlich mit Einnahmen aus den Mietverhältnissen hätten rechnen können. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, daß diesfalls (wiederum) eine Änderung der Bewirtschaftungsart vorgelegen wäre, die nach Abschluß des vorangegangenen, durch den Verzicht auf Mietzins gekennzeichneten Beobachtungszeitraumes eine neuerliche Beurteilung der Vermietungstätigkeit auf ihre Einkunftsquelleneigenschaft geboten hätte.

Auch die Auffassung der Beschwerde, es wäre die Beurteilung der Einkunftsquelleneigenschaft auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Tätigkeit in der Zeit von 1980 bis 2002 bzw. 1986 bis 2002 geboten gewesen, kann - unbeschadet der Frage, ob eine solche Gesamtbeurteilung ausgehend von der Feststellung eines Verzichtes auf Mietzinse für die Zeit von 1986 bis 1999 zu einem anderen Ergebnis geführt hätte - nicht geteilt werden, weil Zeiten entgeltlicher und (langfristig) unentgeltlicher Überlassung von Wirtschaftsgütern im Hinblick auf die jeweils andere Art der Bewirtschaftung nicht zu einheitlichen Beobachtungszeiträumen zusammenzufassen sind.

Die Beschwerde macht schließlich geltend, die belangte Behörde habe es unterlassen, zu ihrer Rechtsauffassung, in dem von ihr angenommenen Verzicht auf Mietzinsforderungen liege eine Änderung der Bewirtschaftungsart, das Parteiengehör zu gewähren. Dazu genügt der Hinweis, daß das Recht auf Parteiengehör sich nicht auf die Rechtsansicht und die rechtlichen Schlußfolgerungen bezieht, die die Behörde ihrem Bescheid zugrunde zu legen gedenkt (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, § 115, Tz 16, mwN).

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7ParteiengehörParteiengehör Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993150101.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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