TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/25 94/03/0283

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Veröffentlicht am 25.01.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14 Organisationsrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §67a Abs1 Z1;
GBefG 1952 §15b Abs3 idF 1992/452;
GBefG 1952 §15b Abs5 idF 1992/453;
GBefG 1952 §15b Abs5 idF 1994/222 ;
KompetenzbereinigungsG 1992 Art16;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 8. September 1994, Zl. 410.027/3-I/9/94, betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 29. Jänner 1986 entzog der Landeshauptmann von Wien dem Beschwerdeführer die ihm zustehende Güterfernverkehrskonzession im Grunde der §§ 89 Abs. 1 und 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 8. September 1994 gab der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge, änderte den angefochtenen Bescheid jedoch gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahingehend ab, daß dem Beschwerdeführer die Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Fernverkehr, beschränkt auf die Verwendung von acht Lastkraftwagen im Standort W, gemäß § 5 Abs. 1 und 2 Z. 1 Güterbeförderungsgesetz, BGBl. Nr. 43/1952, in der Fassung BGBl. Nr. 222/1994, entzogen werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Art. VII Z. 2 des zufolge seines Art. XIII Abs. 1 in diesem Punkt am 1. August 1992 in Kraft getretenen Bundesgesetzes BGBl. Nr. 452/1992 wurde dem § 15b des Güterbeförderungsgesetzes folgender Abs. 3 angefügt:

"(3) In den Fällen, in denen gegen den Bescheid des Landeshauptmannes eine Berufung zulässig ist, entscheiden über die Berufungen in Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern."

Nach der Übergangsbestimmung des Art. XII Abs. 1 dieses Bundesgesetzes waren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verwaltungsverfahren nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz und dem Güterbeförderungsgesetz nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes weiterzuführen.

Mit dem (gleichzeitig mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 452/1992, nämlich am 31. Juli 1992 kundgemachten) Bundesgesetz BGBl. Nr. 453/1992 (Art. I Z. 8) wurde u.a. § 15b des Güterbeförderungsgesetzes dergestalt neu gefaßt, daß die oben wiedergegebene Bestimmung des Abs. 3 des § 15b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 452/1992 nunmehr als fünfter Absatz des § 15b aufscheint. Nach seinem Art. III Abs. 1 tritt dieses Bundesgesetz mit Inkrafttreten des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Österreich über den Güterverkehr im Transit auf der Schiene und der Straße in Kraft (1. Jänner 1993).

Mit dem mit Ablauf des Tages seiner Kundmachung (20. April 1993) am 21. April 1993 in Kraft getretenen Kompetenzbereinigungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 256/1993 (Art. 16), wurde Art. XII Abs. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 452/1992 dahingehend geändert, daß er folgenden Wortlaut erhielt:

"(1) Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verwaltungsverfahren nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz und dem Güterbeförderungsgesetz, welche nach Ablauf des 31. Dezember 1990 in erster Instanz anhängig gemacht wurden, sind nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes weiterzuführen."

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1993 wurde § 15b Abs. 5 des Güterbeförderungsgesetzes i. d.F. BGBl. Nr. 453/1992 mit Wirksamkeit ab 1. Juli 1994 als verfassungswidrig aufgehoben.

Mit am 24. März 1994 kundgemachten Bundesgesetz BGBl. Nr. 222/1994 wurde § 15b Abs. 5 des Güterbeförderungsgesetzes dahingehend geändert, daß dieser Absatz (neuerlich) den (eingangs wörtlich wiedergegebenen) Wortlaut erhielt, wie er bereits mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 452/1992 als § 15b Abs. 3 normiert wurde. Nach dem mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 222/1994 ebenfalls neu geschaffenen § 19 Abs. 3b des Güterbeförderungsgesetzes trat § 15b Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 222/1994 mit 1. Juli 1993 in Kraft. Eine Übergangsregelung für bereits anhängige Verfahren enthält dieses Bundesgesetz, das mangels abweichender Bestimmung mit Ablauf des Tages seiner Kundmachung, also am 25. März 1994 in Kraft trat, nicht.

Aus dieser Entstehungsgeschichte der derzeit geltenden Fassung des § 15b Abs. 5 des Güterbeförderungsgesetzes ergibt sich, daß die mit dem Kompetenzbereinigungsgesetz 1992 geschaffene Übergangsregelung, wonach über Berufungen in Verfahren nach dem Güterbeförderungsgesetz, welche bis zum 31. Dezember 1990 in erster Instanz anhängig gemacht wurden, weiterhin der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr zu entscheiden hatte, spätestens mit Erlassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 222/1994, nicht mehr anwendbar ist. Denn die Übergangsbestimmung des Art. 16 des Kompetenzbereinigungsgesetzes 1992 ist als eine Novelle zum Bundesgesetz BGBl. Nr. 452/1992 konzipiert, sodaß sie nur für jene Fälle von Bedeutung war, auf die § 15b Abs. 3 in der Fassung dieses Bundesgesetzes anzuwenden war. Auf den vorliegenden Fall ist nach dem Grundsatz, daß mangels anders lautender Übergangsbestimmungen die Berufungsbehörde - von hier nicht in Betracht kommenden Sonderfällen abgesehen - das im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides geltende Recht anzuwenden hat (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. N.F. Nr. 9315/A), das Güterbeförderungsgesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 222/1994 anzuwenden.

Wie oben dargelegt haben gemäß § 15b Abs. 5 leg. cit. in Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes die unabhängigen Verwaltungssenate - mangels anders lautender Übergangsbestimmungen ohne jede Einschränkung - zu entscheiden.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 des Güterbeförderungsgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 222/1994 darf eine Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen u.a. nur dann erteilt werden, wenn die Zuverlässigkeit des Bewerbers vorliegt. Nach dem vorletzten Satz des § 5 Abs. 1 leg. cit. ist, wenn diese Voraussetzungen vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt werden, die Konzession unbeschadet der Bestimmungen der §§ 87 bis 91 der GewO 1973 von der zur Erteilung der Konzession zuständigen Behörde zu entziehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gestützt auf diese Bestimmung seine Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen. Es handelt sich somit bei der von der belangten Behörde als Berufungsbehörde entschiedenen Sache um eine Angelegenheit des Güterbeförderungsgesetzes. In einer solchen Angelegenheit mangelte es ihr aber entsprechend der oben dargelegten Rechtslage nach dem im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Recht - da die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben war - an der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das Beschwerdevorbringen einzugehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994030283.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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