TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/25 94/03/0287

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Veröffentlicht am 25.01.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art132;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde der D-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 19. September 1994, Zl. Pr. Zl. 52.057/13-7/94, betreffend Verweigerung einer Bewilligung nach dem LFG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 4. Mai 1993 stellte die Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Zivilluftfahrt einen Antrag auf Erteilung der Ausbildungsbewilligung und zugleich auf Erteilung der Betriebsaufnahmebewilligung zum Betrieb einer Zivilluftfahrerschule gemäß § 42 LFG.

Mit am 18. Oktober 1993 beim Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr eingelangtem Schriftsatz stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über diesen Antrag, da die Erstbehörde innerhalb der Frist des § 73 AVG keine Entscheidung getroffen habe.

Am 18. Mai 1994 schließlich brachte die Beschwerdeführerin gegen den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr als belangte Behörde die zur hg. Zl. 94/03/0115 protokollierte Säumnisbeschwerde gemäß § 132 B-VG ein. Mit hg. Verfügung vom 31. Mai 1994 wurde diese Beschwerde der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG mit der Aufforderung zugestellt, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Diese Verfügung wurde dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr am 20. Juni 1994 zugestellt.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 19. September 1994 gab der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr als oberste Zivilluftfahrtbehörde dem Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 73 Abs. 2 AVG Folge und wies gleichzeitig ihren eingangs genannten Antrag im Grunde der §§ 42 und 43 LFG ab. Dieser Bescheid wurde, wie sich aus dem im Verwaltungsakt der belangten Behörde erliegenden Rückschein ergibt, der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsanwaltes am 21. September 1994 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde vor, diese habe den angefochtenen Bescheid erst nach Ablauf der ihr vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen des Verfahrens über die Säumnisbeschwerde der Beschwerdeführerin gesetzten Frist von drei Monaten erlassen. Zu diesem Zeitpunkt sei sie zur Erlassung eines solchen Bescheides nicht mehr zuständig gewesen.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht.

Gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG der belangten Behörde vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen des Vorverfahrens aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. September 1969, Slg. N.F. Nr. 3958/F, ausgesprochen hat, bleibt bei der Säumnisbeschwerde die belangte Behörde zur Nachholung des versäumten Bescheides nur bis zum Ablauf der Frist des § 36 Abs. 2 VwGG zuständig. Nach Ablauf der Frist ist sie nicht mehr zuständig, den versäumten Bescheid nachzuholen.

Wie sich aus der oben wiedergegebenen Darstellung des Verfahrensablaufes ergibt, wurde der belangten Behörde im Rahmen des Verfahrens über die Säumnisbeschwerde der Beschwerdeführerin vom Verwaltungsgerichtshof eine Frist von drei Monaten gesetzt. Diese Frist begann mit Zustellung der entsprechenden Verfügung an die belangte Behörde am 20. Juni 1994. Sie endete daher am 20. September 1994. Der angefochtene Bescheid wurde erst am 21. September 1994 durch Zustellung an die Beschwerdeführerin erlassen. Zu diesem, nach Ablauf der dreimonatigen Frist gelegenen Zeitpunkt war die belangte Behörde entsprechend der dargestellten Rechtslage zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr zuständig.

Der angefochtene Bescheid war daher, da die Beschwerdeführerin diese Unzuständigkeit der belangten Behörde ausdrücklich als Beschwerdepunkt geltend machte (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. März 1977, Slg. N.F. Nr. 9274/A), gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war und die Vorlage von Ablichtungen aus den Verwaltungsakten nicht erforderlich war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994030287.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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