TE Vfgh Beschluss 1992/10/7 G130/92

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Veröffentlicht am 07.10.1992
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Index

37 Geld-, Währungs-und Kreditrecht
37/02 Kreditwesen

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
KWG §14 Abs11

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags mangels Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerin wegen Neufassung der angefochtenen Bestimmung des KWG

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Mit ihrem Antrag vom 29. Juni 1992 begehrt die Antragstellerin unter Berufung auf Art140 Abs1, letzter Satz,

B-VG,

"der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, daß die Bestimmung des §14 Abs11 KWG mit dem Wortlaut: 'Banken, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, haben bei ihrem Zentralinstitut eine Liquiditätsreserve im Ausmaß von 10 vH der Spareinlagen und 20 vH der sonstigen Schillingeinlagen, höchstens jedoch 14 vH der gesamten Schillingeinlagen zu halten. Ihr Ausmaß ist jeweils zum Ende der Monate März, Juni, September und Dezember nach dem Stand der Einlagen zu ermitteln und für das jeweils folgende Vierteljahr anzupassen. Sinken die Einlagen um mehr als 20 vH unter den Stand der letzten maßgeblichen Berechnungsgrundlage, so kann die Bank eine Anpassung zum nächstfolgenden Monatsletzten verlangen. Diese Liquiditätsreserve zählt zu den flüssigen Mitteln ersten Grades. Sonstige Einlagen sind täglich fällige Gelder des Zahlungsverkehrs (Sichteinlagen), alle Kündigungs- und Festgelder sowie die Einlagen gegen Ausgabe von Kassenscheinen. Die Bestimmungen dieses Absatzes finden auf eine Bank, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes eine Bilanzsumme von mindestens 40 vH der Bilanzsumme des Zentralinstitutes (ohne das Bausparkassengeschäft) aufweist, keine Anwendung, wenn sie diesem erklärt, daß sie nach Ablauf von drei Jahren, gerechnet vom Zeitpunkt der Erklärung den Anschluß an das Zentralinstitut lösen wird.' verfassungswidrig ist und diese beheben."

1.2. Zur Antragslegitimation bringt die Antragstellerin vor, sie gehöre dem Raiffeisenverband Kärnten reg. Gen.m.b.H. als Revisionsverband an und sei dessen Mitglied. Sie sei demgemäß diesem Raiffeisenverband iSd. §14 Abs11 KWG "angeschlossen"; sie sei auf Grund dieser Bestimmung unmittelbar verpflichtet, die vorgeschriebene Liquiditätsreserve bei eben diesem Raiffeisenverband zu halten. Dadurch ergäben sich für sie erhebliche Zinsenverluste, die für die Jahre 1989 bis 1991 mit S 4,160.032,54 zu beziffern seien, wodurch sie in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtkeit des Eigentums und auf Freiheit der Erwerbsausübung verletzt sei. Überdies verstoße die angefochtene Bestimmung gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG.

2. Dem §14 Abs11 KWG in der von der Antragstellerin wörtlich wiedergegebenen Fassung des BG BGBl. 325/1986 wurden mit BG BGBl. 18/1992 folgende Sätze angefügt:

"Ab dem Tage des Einlangens der schriftlichen Erklärung, mit der eine solche Bank den Anschluß an das Zentralinstitut löst, erlischt die gesetzliche Verpflichtung dieser Bank, das Ausmaß der Liquiditätsreserve quartalsweise anzupassen. Ab diesem Zeitpunkt kann die Liquiditätsreserve stufenweise vermindert werden. Nach Ablauf der Dreijahresfrist kann der Anschluß an das Zentralinstitut aufrecht erhalten werden, indem bis zur Höhe der zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Liquiditätsreserve beim Zentralinstitut weiterhin Liquiditätsreserve gehalten werden kann, deren jeweiliges Ausmaß der Oesterreichischen Nationalbank vom Zentralinstitut monatlich zu melden ist."

3. Der Antrag ist nicht zulässig.

Aus dem Wortlaut des Art140 Abs1, letzter Satz, B-VG (arg. "verletzt zu sein behauptet" und nicht etwa "verletzt worden zu sein behauptet") ergibt sich, daß die bekämpfte Gesetzesstelle zumindest zum Zeitpunkt der Antragstellung (noch) eine behauptete und tatsächlich vorliegende (nachteilige) rechtliche Wirkung für den Antragsteller haben muß, mag auch das Gesetz inzwischen außer Kraft getreten sein (Art140 Abs4 B-VG).

Auch eine am Sinn dieser Verfassungsbestimmung orientierte Auslegung führt zum selben Ergebnis: Der Zweck des Individualantrages besteht darin, daß die behauptete Rechtsverletzung durch Aufhebung der bekämpften Gesetzesstelle beseitigt wird. Würde sich also trotz Aufhebung der angefochtenen Gesetzesbestimmung für die Rechtsposition des Antragstellers nichts ändern, kommt ihm die Antragstellung nicht zu (vgl. VfGH 24.2.1992, G13/92).

Wie bereits dargelegt, wurde die bekämpfte Gesetzesstelle mit BG BGBl. 18/1992 (in Kraft getreten gemäß Art49 Abs1 B-VG mit Ablauf des 10. Jänner 1992) ergänzt und dadurch in ihrem Sinngehalt verändert, sodaß sie seither in der bekämpften Fassung dem Rechtsbestand nicht mehr angehört.

Die von der Antragstellerin behaupteten Eingriffe in ihre Rechtssphäre durch §14 Abs11 KWG idF vor der Novelle BG BGBl. 18/1992 lagen daher schon zum Zeitpunkt der Antragstellung (29. Juni 1992) nicht (mehr) vor.

Würde also die Verfassungswidrigkeit des §14 Abs11 KWG in der angefochtenen Fassung vom Verfassungsgerichtshof festgestellt werden, träte für die Rechtsposition des Antragstellers keine Änderung ein.

Der Antrag war daher schon aus diesem Grund mangels Antragslegitimation zurückzuweisen.

4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Kreditwesen, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:G130.1992

Dokumentnummer

JFT_10078993_92G00130_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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