TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/27 93/17/0184

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Veröffentlicht am 27.01.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §9 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde der J in Wien, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. M in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. Februar 1993, Zl. UVS-05/26/00026/92, betreffend Übertretung des Getränkesteuergesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 15. November 1991 legte der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin zur Last, sie habe es als Geschäftsführerin der S-Ges.m.b.H. bis zum 9. April 1991 unterlassen, die Getränkesteuer für die Zeit vom 1. April 1990 bis 31. Dezember 1990 für den Betrieb in Wien, L-Straße, im Betrag von S 35.469,-- einzubekennen und zu entrichten und dadurch die Getränkesteuer in Wien in der Zeit vom 12. Februar 1991 bis 9. April 1991 mit dem Betrag von S 35.469,-- verkürzt. Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 10 Abs. 1 Getränkesteuergesetz für Wien 1971 i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG verletzt. Über sie werde eine Geldstrafe in Höhe von S 43.000,-- (35 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Ferner habe sie gemäß § 64 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 % der Strafe im Betrag von S 4.300,-- zu bezahlen.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit Bescheid vom 16. Februar 1993 gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien dieser Berufung insoweit Folge, als die verhängte Geldstrafe von S 43.000,-- auf S 10.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Tagen auf 7 Tage herabgesetzt wurde. Dementsprechend wurde der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf S 1.000,-- (das sind 10 % der verhängten Geldstrafe) reduziert. Im übrigen wurde das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

In der Begründung des Bescheides führt die belangte Behörde u. a. aus, die rechtswirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG setze u.a. die nachweisliche Zustimmung desjenigen voraus, dem die Verantwortung auferlegt werde. Eine solche sei weder nach dem Inhalt der Aussage des Zeugen Dipl.-Ing. X von diesem erteilt worden, noch habe die Beschwerdeführerin einen anderen Nachweis über eine rechtswirksame Bestellung des Geschäftsführers Dipl.-Ing. X als verantwortlichen Beauftragten zur Einhaltung der Bestimmungen des Getränkesteuergesetzes erbringen können.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich die Beschwerdeführerin - ihrem gesamten Vorbringen zufolge - in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und nicht dafür bestraft zu werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und sah

von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist allein die Frage der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 VStG und damit das Fehlen der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung der Beschwerdeführerin strittig.

§ 9 Abs. 1, 2 und 4 VStG lauten:

"(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlich Beauftragten bestellt werden.

....

(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden, klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist."

Nach ständiger Rechtsprechung ist erst ab dem Zeitpunkt, zu dem den Behörden die Zustimmung der vom Unternehmer zum "verantwortlichen Beauftragten" bestellten Person nachgewiesen wird, diese Bestellung in dem Sinne wirksam, daß der namhaft gemachte "verantwortliche Beauftragte" in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle des sonst Verantwortlichen tritt.

Zur Frage, wie dieser Nachweis zu erbringen ist, vertritt der Verwaltungsgerichtshof weiters die Auffassung, daß es sich dabei um ein Beweismittel handeln muß, das schon VOR der Begehung der Tat vorhanden WAR. Es genügt daher nicht, wenn sich der Beschuldigte auf die erst im Verwaltungsstrafverfahren abzulegenden Aussagen des verantwortlichen Beauftragten beruft, mit welchen dessen Zustimmung zur Bestellung unter Beweis gestellt werden soll (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1991, Slg. N.F. Nr. 13.545/A).

Da es nach der dargestellten Rechtslage darauf ankommt, daß die Zustimmung zur Bestellung schon vor der Tat BELEGBAR (d.h. durch ein präsentes Beweismittel) ERTEILT und nicht bloß IM NACHHINEIN BEWIESEN werden muß (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1991), waren die von der Beschwerdeführerin beantragten Zeugeneinvernahmen zum Beweis dafür, daß nicht sie, sondern der weitere allein vertretungsbefugte Geschäftsführer Dipl.-Ing. X für die Erklärung und Entrichtung der Getränkesteuer verantwortlich gewesen sei, von vornherein nicht geeignet, die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 ABs. 4 VStG darzutun. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung kann daher kein (entscheidungswesentlicher) Verfahrensmangel im Umstand erblickt werden, daß die Behörde von der Durchführung der beantragten Zeugenbeweise Abstand nahm. Es kann daher auch auf sich beruhen, ob - entsprechend der Verantwortung der Beschwerdeführerin - eine bloße Mitteilung des Dipl.-Ing. X an die Beschwerdeführerin, es sei egal, ob die Strafe gegen ihn oder die Beschwerdeführerin verhängt werde, bereits als ausdrückliche Erklärung der Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten angesehen werden könnte.

Da die Beschwerdeführerin somit im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993170184.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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