TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/31 94/05/0197

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Veröffentlicht am 31.01.1995
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Index

L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Kärnten;
L82000 Bauordnung;
L82002 Bauordnung Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §40 Abs1;
AVG §42 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §8;
BauO Krnt 1992 §21 Abs4;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des R in T, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 13. Juni 1994, Zl. 8 BauR1-244/1/1994, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. E, 2. H, beide in K, 3. Gemeinde P, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. März 1994 wurde den mitbeteiligten Bauwerbern die baubehördliche Bewilligung für die "Errichtung eines Wohnhauses mit Pkw-Unterstellplatz" auf dem Grundstück Nr. 87/7 des Grundbuches über die Kat. Gem. X erteilt.

Nach der Zustellung dieses Bescheides an den Beschwerdeführer, welcher an der vorausgegangenen Bauverhandlung mangels Ladung nicht teilgenommen hatte, erhob dieser dagegen Berufung, in welcher er geltend machte, als übergangene Partei das Recht auf nachträgliche Durchführung eines zusätzlichen, auf ihn und "die Hauptpartei beschränkten Verfahrens" zu besitzen.

Dieses Rechtsmittel wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 19. April 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß die Berufungsbehörde Bescheide der Behörde erster Instanz nur dann aufheben dürfe, wenn der Nachbar in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werde. Das habe der Beschwerdeführer aber in keiner Weise behauptet. Der übergangene Nachbar dürfe sich in seiner Berufung nicht darauf beschränken, die nicht erfolgte Ladung zur Bauverhandlung zu rügen, sondern müsse konkrete Einwendungen gegen das Bauvorhaben erheben.

Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 13. Juni 1994 wurde die gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachte Vorstellung des Beschwerdeführers gemäß § 95 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993 als unbegründet abgewiesen.

Die Aufsichtsbehörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß dem Beschwerdeführer der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid zugestellt und ihm die Möglichkeit eröffnet worden sei, alle Einwendungen nachzutragen, die er bei der mündlichen Bauverhandlung hätte vorbringen können. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertige das Auftreten der übergangenen Partei allein noch nicht die Aufhebung des Bewilligungsbescheides und die Anordnung der Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung, auch nicht zur Durchführung eines Lokalaugenscheines. Der übergangene Nachbar habe nämlich kein Recht auf Durchführung einer neuerlichen Verhandlung. Da der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keine Rechte geltend gemacht habe, die als subjektiv-öffentliche anzusehen seien, sei auf die Frage allfälliger Verfahrensmängel vor den Verwaltungsbehörden nicht einzugehen. Der Beschwerdeführer habe nicht einmal in der Vorstellung eine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes, also eines ihm durch die baurechtlichen Vorschriften eingeräumten Rechtes, geltend gemacht.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Gemeinde erwogen:

Da der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der im Gegenstande abgehaltenen Bauverhandlung im Wege der Einantwortung bereits (außerbücherlicher) Eigentümer der Nachbarliegenschaft war, hätte er als Anrainer zu dieser Bauverhandlung geladen werden müssen. Da dies jedoch nicht geschehen ist und der Beschwerdeführer an dieser Bauverhandlung auch nicht teilgenommen hat, war er als sogenannter übergangener Nachbar einerseits berechtigt, gegen den ihm in der Folge zugestellten erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid zu berufen, und andererseits verpflichtet, im Berufungsverfahren konkrete Einwendungen gegen das bewilligte Bauvorhaben zu erheben. Er durfte sich jedenfalls nicht darauf beschränken, die nicht erfolgte Ladung zur Bauverhandlung zu rügen, und hatte keinen Rechtsanspruch auf Durchführung einer neuerlichen Bauverhandlung. Im übrigen bedeutete sein Auftreten als übergangener Nachbar nicht, daß sich das durchgeführte Baubewilligungsverfahren als rechtswidrig erweist (vgl. dazu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 3. Aufl., S. 241).

Da der Beschwerdeführer in seiner Berufung, wie schon ausgeführt worden ist, lediglich geltend gemacht hatte, ein "Recht auf nachträgliche Durchführung eines zusätzlichen, auf den Berufungswerber und die Hauptpartei beschränkten Verfahrens" zu besitzen, und beantragt hatte, den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid ersatzlos aufzuheben und "die mündliche Bauverhandlung hinsichtlich des Berufungswerbers neuerlich durchzuführen", wurde sein Rechtsmittel von der Berufungsbehörde mangels Geltendmachung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes mit Recht als "unbegründet abgewiesen".

Den der Präklusion gewidmeten Beschwerdeausführungen ist zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer entsprechend den vorstehenden Ausführungen nicht daran gehindert gewesen wäre, mangels Ladung und Teilnahme an der Bauverhandlung als übergangener Nachbar wie eine an der Bauverhandlung teilnehmende Partei im Berufungsverfahren gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen zu erheben, daß er durch das Bauvorhaben in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werde, die im öffentlichen Recht begründet sind (siehe § 21 Abs. 4 der Kärntner Bauordnung 1992), weshalb der Beschwerdeführer keineswegs präkludiert war. Die Berufungsbehörde hat den Beschwerdeführer auch nicht als präkludiert angesehen, sondern seine Berufung im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß er "in keiner Weise behauptet" habe, durch das Bauvorhaben der Mitbeteiligten in seinen subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt zu sein.

Im übrigen war dem Beschwerdeführer auf Grund des ihm zugestellten erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides immerhin bekannt, daß den Mitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung für die "Errichtung eines Wohnhauses mit Pkw-Unterstellplatz" erteilt worden ist, wobei es ihm unbenommen geblieben und ungeachtet seines "entfernten Wohnsitzes" durchaus möglich gewesen wäre, innerhalb der Berufungsfrist bei der Baubehörde Akteneinsicht zu nehmen, um sich jene Informationen zu verschaffen, die erforderlich gewesen wären, um zu beurteilen, ob durch das bewilligte Bauvorhaben seine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte verletzt werden. Gegebenenfalls hätte der Beschwerdeführer sodann eine den Erfordernissen des § 63 Abs. 3 AVG entsprechende Berufung rechtzeitig einbringen und weitere detaillierte Ausführungen aus Zeitgründen allenfalls einem ergänzenden Schriftsatz vorbehalten können. Von dieser Möglichkeit hat der Beschwerdeführer jedoch keinen Gebrauch gemacht und im übrigen weder in der Vorstellung gegen den Berufungsbescheid noch in der vorliegenden Beschwerde auch nur andeutungsweise erkennen lassen, inwiefern er durch das Bauvorhaben der Mitbeteiligten in seinen subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt wird, und welche Einwendungen er daher im Falle einer Ladung zur Bauverhandlung bei dieser vorgebracht hätte. Im übrigen soll nicht unerwähnt bleiben, daß dem Beschwerdeführer auch im Falle seiner Ladung zur Bauverhandlung weniger als die zweiwöchige Berufungsfrist zur Einholung von Informationen sowie zur allfälligen Erhebung von Einwendungen zur Verfügung gestanden wäre, weil die Ladung zur Bauverhandlung mit 2. März 1994 datiert war und die Bauverhandlung am 14. März 1994 abgehalten worden ist.

Der Beschwerdeführer ist daher durch die Abweisung seiner Vorstellung nicht in seinen Rechten verletzt worden, weshalb die sohin unbegründete Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Baurecht Nachbar übergangener Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungsrecht und Präklusion (AVG §42 Abs1)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994050197.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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