TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/8 94/03/0272

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Veröffentlicht am 08.02.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §39 Abs2;
AVG §46;
VStG §25 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des M in H, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 9. August 1994, Zl. UVS-3/2096/3-1994, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 9. August 1994 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, zum Tatzeitpunkt einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw an einem näher bezeichneten Ort auf der Tauernautobahn gelenkt und dabei die durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 35 km/h überschritten zu haben. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 begangen, weshalb gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. eine Geldstrafe von S 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestritt im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben, mit dem Vorbringen, er sei zum Tatzeitpunkt nicht in Österreich gewesen. Er unterließ es jedoch, trotz entsprechender behördlicher Aufforderung, bekanntzugeben, wer das in Rede stehende Fahrzeug zur Tatzeit am Tatort gelenkt hat. Im Rahmen des Berufungsverfahrens konkretisierte er sein Vorbringen dahin, er habe sich zum Tatzeitpunkt in Dresden aufgehalten. Zum Beweis dieses Vorbringens beantragte er die Vernehmung eines mit Namen und Anschrift bezeichneten Zeugen.

Dieses Vorbringen erledigte die belangte Behörde mit dem Hinweis, den Lenker eines Kraftfahrzeuges treffe in einem Fall wie dem vorliegenden eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Es sei der Schluß zulässig, ein über ein Fahrzeug Verfügungsberechtigter sei selbst der Lenker des Fahrzeuges gewesen, solange er jegliche Auskunft darüber verweigere, wer sein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt habe. Da der Beschwerdeführer "jegliche seine für ihn bestehenden Mitwirkungspflichten versagt" habe, habe daher ohne weitere amtswegige Ermittlungen bezüglich der seinerzeitigen Lenkerperson davon ausgegangen werden können, der Beschwerdeführer habe die in Rede stehende Tat selbst begangen.

Mit diesen Ausführungen verkennt die belangte Behörde die Rechtslage. In dem von ihr zitierten hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 1985, Zl. 85/18/0051, geht der Verwaltungsgerichtshof keineswegs, wie offenbar die belangte Behörde meint, vom Vorliegen einer Rechtsvermutung aus, wonach ein die Benennung des wahren Lenkers zur Tatzeit verweigernder Verfügungsberechtigter über ein Fahrzeug jedenfalls selbst als Täter anzusehen sei. In diesem Erkenntnis wird vielmehr lediglich die im Rahmen der Beweiswürdigung getroffene Feststellung der belangten Behörde als nicht unschlüssig gebilligt, da der Beschwerdeführer es unterlassen habe, die Person, die seiner Behauptung nach das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt habe, namentlich zu bezeichnen, sei er selbst als Täter anzusehen. Ein solcher Schluß setzt aber jedenfalls voraus, daß die Beweiswürdigung als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens getroffen wird, in dem insbesondere dem Gebot des § 25 Abs. 2 VStG entsprechend auch die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände berücksichtigt wurden.

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall deshalb nicht gegeben, weil es die belangte Behörde - offenbar in Verkennung der Rechtslage - unterlassen hat, den vom Beschwerdeführer zum Beweis dafür, daß er sich zum Tatzeitpunkt nicht in Österreich, sondern in Dresden aufgehalten habe, angeführten Zeugen zu vernehmen. Erst nach Aufnahme dieses Beweises wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren im Rahmen ihrer Beweiswürdigung - wohl auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Beschwerdeführer einerseits dieses Beweismittel erst in einem weit fortgeschrittenen Verfahrensstadium bekannt gab, und andererseits es auch weiterhin unterließ, den Namen jener Person zu benennen, welche zum Tatzeitpunkt über das in Rede stehende Fahrzeug verfügungsberechtigt war - endgültig beurteilen können, ob sie dem Vorbringen des Beschwerdeführers Glauben schenken kann oder neuerlich zu dem Ergebnis der Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt gelangen muß.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Schlagworte

Beweismittel Zeugen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994030272.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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