TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/21 92/05/0229

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Veröffentlicht am 21.02.1995
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
BauO NÖ 1976 §13 Abs1;
BauRallg;
VVG §5 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wr. Neustadt vom 22. Juli 1992, Zl. 14R/14/92/Dr.Ko/R, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Stadt Wr. Neustadt hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Magistrat der Stadt Wr. Neustadt (im folgenden Magistrat) erteilte mit Bescheid vom 3. September 1990 über Antrag des Beschwerdeführers die Baubewilligung, auf dem auf den Grundstücken Nr. n1/3 und n2/3 errichteten Betriebsgebäude ein Obergeschoß zuzubauen. Dem Bauwerber wurde aufgetragen, den Teilbebauungsplan des Dipl. Ing. H.G. vom 17. April 1990 der Baubehörde zur Bewilligung vorzulegen und grundbücherlich durchzuführen. Die grundbücherliche Durchführung sei der Baubehörde bis zur Endbeschau nachzuweisen. Die im Lageplan gelb angelegten Flächen (nördlicher Teil ohne Kostenersatz, südlicher Teil gegen Entschädigung) seien an die Gemeinde abzutreten. Die grundbücherliche Durchführung sei der Baubehörde bis zur Endbeschau nachzuweisen. Der diesem Bescheid zugrundeliegende Lageplan enthält sowohl an der Südseite der Baugrundstücke (F-Gasse) als auch an der Nordseite derart gelb gefärbelte Flächen. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Eine grundbücherliche Durchführung der vorgeschriebenen Grundabtretungen ist nicht aktenkundig; aus dem Akt ergibt sich weiters, daß das Bauvorhaben zwar ausgeführt wurde, aber noch keine Benützungsbewilligung vorliegt.

Mit Bescheid vom 14. Mai 1992 erteilte der Magistrat über Ansuchen des Beschwerdeführers die Baubewilligung für den Neubau einer Produktionshalle und eines Spänesilos auf den Grundstücken Nr. n2/3 und n1/3. Es wurde aufgetragen, die im Lageplan gelb angelegten Teile der Grundstücke n2/3 und n1/3 gegen Entschädigung abzutreten und die grundbücherliche Durchführung der Baubehörde bis zur Endbeschau nachzuweisen. Der mit diesem Bescheid bewilligte Lageplan enthält dieselben gelb gefärbelten Flächen, wie jener Lageplan, der der Bewilligung vom 3. September 1990 zugrundelag.

U.a. gegen den im Bescheid vom 14. Mai 1992 enthaltenen Auftrag zur Grundabtretung richtete sich die Berufung des Beschwerdeführers. Mit dem angefochtenem Bescheid wurde der erstinstanzliche Bescheid insoferne abgeändert, als festgestellt wurde, daß die Abtretung hinsichtlich des nördlichen Teiles ohne Kostenersatz, hinsichtlich des südlichen Teiles gegen Entschädigung zu erfolgen habe. Gemäß § 13 Abs. 1 Nö Bauordnung treffe den Grundeigentümer die Verpflichtung, aus Anlaß der Ausführung eines Vorhabens gemäß § 92 Abs. 1 BauO die nach den Straßenfluchtlinien zu den öffentlichen Verkehrsflächen gehörigen Grundstücksteile ohne Kostenersatz an die Gemeinde abzutreten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde; der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, daß keine Grundabtretungen vorgeschrieben werden bzw., daß nicht entschädigungslos eine Grundabtretung vorgeschrieben werde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach Lehre und Rechtsprechung ist ein Bescheid, der in einer schon entschiedenen Sache nochmals eine Sachentscheidung trifft, inhaltlich rechtswidrig (siehe Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, RZ 462, sowie die Nachweise aus der hg. Judikatur bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, E 41a zu § 68 Abs. 1 AVG). Wie oben dargestellt, trug die belangte Behörde dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid dieselbe Abtretungsverpflichtung auf, wie sie schon im Bescheid vom 3. September 1990 (rechtskräftig) auferlegt worden war.

Dem in der Beschwerde erhobenen Einwand der res iudicata erwiderte die belangte Behörde in der Gegenschrift, damals sei die grundbücherliche Durchführung der Baubehörde bis zur Endbeschau nachzuweisen gewesen; bis heute hätte der Beschwerdeführer es jedoch unterlassen, die Vollendung der Ausführung des Vorhabens anzuzeigen und einen Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung zu stellen, wobei er das errichtete Obergeschoß ohne Benützungsbewilligung benütze. Insbesondere habe er die im Bescheid vom 3. September 1990 angeführten Grundstücksteile bis heute nicht an die Stadtgemeinde Wr. Neustadt abgetreten und sei, wie er selber ausführe, nach wie vor Eigentümer dieser Grundstücksteile.

Die belangte Behörde sah sich also veranlaßt, wegen Nichteinhaltung der erteilten Verpflichtung (trotz konsumierter Baubewilligung) mit einer neuerlichen Abtretungsverpflichtung vorzugehen. Damit verkannte sie aber, daß die am 3. September 1990 ausgesprochene Abtretungsverpflichtung bereits einen Vollstreckungstitel bildete, zumal das bewilligte Bauvorhaben auch tatsächlich ausgeführt wurde (siehe § 13 Abs. 1 zweiter Satz BauO). Die Einhaltung dieser Verpflichtung durch Abgabe der erforderlichen Erklärungen kann als unvertretbare Leistung gemäß § 5 Abs. 1 VVG erzwungen werden (siehe das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1991, Zl. 2902/80).

Indem die belangte Behörde eine schon einmal rechtskräftig auferlegte Verpflichtung neuerlich aussprach, ohne daß der frühere Bescheid beseitigt worden wäre (§ 68 Abs. 2 bis 4 AVG; §§ 69 und 71 AVG), belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, sodaß auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht einzugehen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Zurückweisung wegen entschiedener SacheRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeBaupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992050229.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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