TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/21 94/05/0355

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Veröffentlicht am 21.02.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §67a Abs1 Z2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des M in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 9. Juni 1994, Zl. UVS 20.7-4/94-18, betreffend die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Am 20. Jänner 1994 fand eine Vollversammlung des Abfallwirtschaftsverbandes Murau statt. Aus diesem Anlaß wollte der Beschwerdeführer als Obmannstellvertreter des Vereins "Bürgerinitiative N" einen Videomitschnitt anfertigen. Dies wurde dem Beschwerdeführer mit Beschluß der Vollversammlung untersagt. Der Beschwerdeführer weigerte sich in der Folge, die Videoaufnahmen abzubrechen. Darauf forderte der Obmann des Abfallwirtschaftsverbandes Exekutivorgane an, die den Beschwerdeführer aufforderten, einen Nebenraum aufzusuchen. Nach den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde vor dem unabhängigen Verwaltungssenat erfolgte diese Aufforderung der Gendarmeriebeamten, ohne mit der Anordnung eines Haftbefehles zu drohen. Nach der Beschwerde beim unabhängigen Verwaltungssenat sei ihm von seiten des Bezirkshauptmannes von Murau die Verhaftung angedroht worden, wobei dies in keiner Weise näher begründet wird. Nach Auffassung der belangten Behörde sei der Beschwerdeführer auf Ersuchen der Exekutivorgane freiwillig in das Nebenzimmer gegangen. Es sei beim Untersagen des Filmens keinerlei physische Gewalt angewendet oder angedroht worden. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der vorliegenden Beschwerde hätten die amtshandelnden Beamten dabei von der Ausstellung eines Haftbefehles gesprochen. Unbestritten ist, daß die Videokamera, nachdem der Beschwerdeführer die Vollversammlung verlassen hatte, weiterlief. Die Vollversammlung wurde unmittelbar nach Verlassen des Raumes durch den Beschwerdeführer auf Antrag vertagt.

In der beim Unabhängigen Verwaltungssenat für das Land Steiermark erhobenen Beschwerde bezeichnete der Beschwerdeführer den angefochtenen Verwaltungsakt gemäß § 67c Abs. 2 Z. 1 AVG 1991 in der Weise, daß ihm die Verbandsversammlung des Abfallwirtschaftsverbandes Murau am 20. Jänner 1994 über Antrag eines Verbandsmitgliedes "mehrheitlich den Video-Mitschnitt der Verbandsversammlung untersagt" hat. In der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat stellte der Beschwerdeführer den weiteren Antrag, "wonach als Verwaltungsakt angefochten wurde, daß der Beschwerdeführer durch den Abfallwirtschaftsverband Murau mit Hilfe der Exekutivorgane am Videomitschnitt gehindert" wurde.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat die Beschwerde "wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Nichtgewährung eines Video-Mitschnittes der Vollversammlung des Abfallwirtschaftsverbandes Murau am 20.1.1994" gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG 1991 zurückgewiesen. Wie der Beschwerdeführer selbst in der mündlichen Verhandlung dargestellt habe, sei ihm zwar mit Beschluß der Vollversammlung das Filmen untersagt worden und sei der Beschwerdeführer durch Gendarmeriebeamte aufgefordert worden, die Angelegenheit außerhalb des Sitzungszimmers zu klären, doch sei während dieser Zeit die Videokamera weitergelaufen. Der Beschwerdeführer sei daher am Filmen der Vollversammlung de facto nicht gehindert und es sei beim Untersagen des Filmens keinerlei physische Gewalt angewendet noch ihm gegenüber angedroht worden. Dem Ersuchen der Exekutivorgane sei der Beschwerdeführer ohne weiteres nachgekommen. Das Ersuchen der Exekutivorgane habe vom Beschwerdeführer nicht als Befehl gedeutet werden können, bei dessen Nichtbefolgen die Exekutivorgane Zwang ausgeübt hätten, es liege somit keine unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt vor. Der in der Verhandlung gestellte Antrag, wonach als Verwaltungsakt angefochten wurde, daß der Beschwerdeführer durch den Abfallwirtschaftsverband Murau mit Hilfe der Exekutivorgane am Video-Mitschnitt gehindert worden sein soll, sei - abgesehen davon, daß er nach Ablauf der für Maßnahmenbeschwerden geltenden Beschwerdefrist von sechs Wochen ab Kenntnis der Amtshandlung zu spät eingelangt sei - deshalb zurückzuweisen, weil de facto eine Hinderung nicht erfolgt sei.

In der dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich dadurch beschwert, daß ihm eine ordnungsgemäße Videoaufnahme zur Dokumentation des Verlaufes der Verbandsversammlung vom 20. Jänner 1994 de facto nicht möglich gewesen sei. Weiters habe er durch die Androhung einer Verhaftung durch den "Bezirksinspektor H", falls er die Vollversammlung nicht verließe, unfreiwillig die Verbandsversammlung verlassen müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Der Beschwerdeführer hat, gestützt auf § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG, eine sogenannte Maßnahmenbeschwerde gegen den Beschluß der Verbandsversammlung des Abfallwirtschaftsverbandes Murau in seiner Sitzung vom 20. Jänner 1994, mit dem dem Beschwerdeführer mehrheitlich der Videomitschnitt der Verbandsversammlung untersagt wurde, erhoben. Erst in der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat wendete sich der Beschwerdeführer dagegen, daß ihm die Vollversammlung des Abfallwirtschaftsverbandes mit Hilfe von Exekutivbeamten das Filmen untersagt habe.

Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt vor (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 5. März 1970, Slg. Nr. 6140 und vom 28. Juni 1974, Slg. Nr. 7346), wenn es sich um ein behördliches Handeln im Rahmen der der Behörde zustehenden Befehls- und Zwangsgewalt handelt und dem in irgendeiner Form rechtsfeststellende oder rechtsgestaltende Wirkung beigemessen werden kann, das sich gegen eine individuell bestimmte Person richtet und unmittelbar in die Rechtssphäre des einzelnen eingreift. Der Beschluß der Vollversammlung des Abfallwirtschaftsverbandes Murau vom 20. Jänner 1994, mit dem dem Beschwerdeführer der Videomitschnitt der Vollversammlung untersagt wurde, stellt in diesem Sinne keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar, weil er nicht unmittelbar in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers eingriff. Er brachte dem Beschwerdeführer gegenüber zwar zum Ausdruck, daß er das Mitfilmen unterlassen solle, eine unmittelbare Durchsetzung der Untersagung mittels verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegenüber dem Beschwerdeführer erfolgte durch ihn nicht. Die Beschwerde wurde daher, soweit sie sich auf den angeführten Beschluß der Vollversammlung bezog, zu Recht wegen Nichtvorliegens einer sogenannten faktischen Amtshandlung zurückgewiesen.

Sofern sich der Beschwerdeführer darauf beruft, daß ihm von den Gendarmeriebeamten für den Fall des Nichtverlassens der Vollversammlung die Verhaftung angedroht worden sei, ist ihm entgegenzuhalten, daß er einen entsprechenden Antrag, der sich auch gegen das Handeln der Gendarmeriebeamten richtete, - von ihm selbst unbestritten - erst in der Verhandlung des unabhängigen Verwaltungssenates vom 9. Juni 1994 gestellt hat. Dieser Antrag ist - vom Beschwerdeführer ebenfalls unbestritten - nach Ablauf der für Maßnahmenbeschwerden geltenden Beschwerdefrist von sechs Wochen ab Kenntnis der Amtshandlung bei der Behörde eingelangt, weshalb auch dieser Antrag zu Recht zurückgewiesen wurde.

Soweit der Beschwerdeführer vor allem geltend macht, daß die Untersagung des Filmens ohne Rechtsgrundlage erfolgt sei, ist darauf zu verweisen, daß auf diese Frage nach der Feststellung, die belangte Behörde habe die Beschwerde zu Recht zurückgewiesen, nicht einzugehen war. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994050355.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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