TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/21 94/20/0015

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.02.1995
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §69 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/20/0016

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Blaschek und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerden

1. des G K in R, und 2. X K in G, beide vertreten durch Dr. E, Rechtsanwältin in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom 25. Oktober 1993,

Zlen. 4.288.733/10-III/13/91, beide betreffend Wiederaufnahme eines Asylverfahrens zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer, ein Brüderpaar iranischer Staatsangehörigkeit, reisten gemeinsam am 27. Oktober 1989 in das Bundesgebiet ein und stellten noch am selben Tag jeweils einen Asylantrag. Nach ihrer niederschriftlichen Einvernahme zu ihren Fluchtgründen am 11. Dezember 1989 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundeland Steiermark mit Bescheiden jeweils vom 22. März 1990 fest, daß die Beschwerdeführer nicht Flüchtlinge im Sinne des Asylgesetzes seien. Gegen diese Bescheide erhoben beide Beschwerdeführer inhaltsgleiche Berufungen, die von der belangten Behörde mit Bescheiden jeweils vom 28. Mai 1990 im wesentlichen mit der Begründung, diese enthielten keine begründeten Berufungsanträge, zurückgewiesen wurden. Beide Beschwerdeführer erhoben dagegen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 21. November 1990, Zlen. 90/01/0126 und 0127 die erwähnten Bescheide des Bundesministers für Inneres wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufhob. Mit Schriftsatz vom 8. August 1990 hatten beide Beschwerdeführer bereits einen Antrag auf Wiederaufnahme ihres Asylverfahrens gestellt, die mit Bescheiden der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark jeweils vom 21. Oktober 1990 abgewiesen wurden. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden jeweils vom 25. Oktober 1993 wies die belangte Behörde in Abänderung der angefochtenen Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark jeweils vom 31. Oktober 1990 gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 69 Abs. 1 AVG 1950 die Anträge auf Wiederaufnahme der (Asyl-)Verfahren zurück. Begründend führte die belangte Behörde - in beiden angefochtenen Bescheiden wortgleich - aus, gemäß § 69 Abs. 1 AVG (1950) sei Voraussetzung für die Wiederaufnahme eines Verfahrens, daß es durch Bescheid abgeschlossen und ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig sei. Da mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 1990,

Zlen. 90/01/0126, 0127 die Berufungsbescheide des Bundesministers für Inneres aufgehoben und "bis dato keine neue Entscheidung ergangen" sei, liege in Ansehung des jeweiligen Beschwerdeführers kein rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren vor, weshalb der Antrag auf Wiederaufnahme in Abänderung des Bescheides erster Instanz bereits als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei. Dies gelte insbesondere auch in Anbetracht der ex-tunc-Wirkung von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes, woraus sich ergebe, daß - rückwirkend betrachtet - die Asylverfahren der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide (der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 31. Oktober 1990) noch offen gewesen seien.

Gegen diese Bescheide richten sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten, von diesem nach Ablehnung an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretenen Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Verbindung beider Verfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung infolge ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges erwogen hat:

Gemäß § 69 Abs. 1 AVG 1950 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und einer der in den lit. a bis c genannten weiteren Voraussetzungen vorliegen. Voraussetzung für die Stattgabe eines Antrages auf Wiederaufnahme ist daher zunächst das Vorliegen eines zumindest formell rechtskräftigen Bescheides. Liegt Rechtskraft nicht vor, so können die vom Betroffenen geltend gemachten Umstände im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens vorgebracht werden. Da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof die Berufungsbehörde bei ihrer Feststellung von der Sach- und Rechtslage auszugehen hat, wie diese sich im Zeitpunkt ihrer Entscheidung darstellt, war die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung der bekämpften Bescheide (27. bzw. 29. Oktober 1993) verpflichtet, auch auf das aufhebende Erkenntnis vom 21. November 1990 Bedacht zu nehmen. Daß die am 8. August 1990 gestellten Wiederaufnahmsanträge im Zeitpunkt ihrer Einbringung berechtigt hätten sein können, kann daran nichts ändern.

Damit aber erweist sich auch die Begründung der belangten Behörde für die Zurückweisung der hier vorliegenden Wiederaufnahmsanträge als mit der Rechtslage in Einklang stehend.

Da sich die Beschwerden daher als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994200015.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten