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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel über die Beschwerde der L.M., mit den mj. Kindern Z.M. und G.M., alle in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Februar 1994, Zl. 4.325.877/13-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 9. Februar 1994 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen Albaniens, die am 5. September 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 9. September 1991 den Asylantrag gestellt hat, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. Oktober 1991, mit dem festgestellt worden war, daß sie die Voraussetzungen für die Feststellung ihrer Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle, ab.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung und damit die Versagung von Asyl unter anderem auch darauf gestützt, daß die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Aufenthaltes in Ungarn bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher gewesen sei, weshalb gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 die Gewährung von Asyl ausgeschlossen sei. Dem hat die Beschwerdeführerin in der Beschwerde insbesonders entgegengehalten, die Feststellung der belangten Behörde, wonach sie sich vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet einige Tage in Ungarn "aufgehalten" habe, sei aktenwidrig, da Ungarn allenfalls Transitland gewesen sei. Sie habe sich in einem LKW versteckt und sei so über die Grenze von Albanien in das damals noch bestehende Jugoslawien gelangt. Sie habe sich ganz kurze Zeit in Ungarn aufgehalten, "als sie von einem albanischen in einen türkischen LKW umgestiegen" sei. Dies habe sich "in den Nachtstunden auf einem Parkplatz möglicherweise in Budapest" zugetragen, sodaß es ihr weder möglich noch zumutbar gewesen sei, in Ungarn einen Asylantrag zu stellen.
Die Beschwerdeführerin hat diese Behauptungen zwar erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihr im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit geboten, zur Frage der Verfolgungssicherheit Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen (vgl. insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), daß von "Verfolgungssicherheit" im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 nicht erst dann gesprochen werden kann, wenn der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von ihnen geduldet oder gebilligt wurde. Vielmehr genügt für die Annahme der Verfolgungssicherheit, daß der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte. Unter diesem Gesichtspunkt kommt es auch nicht auf den Ort der tatsächlichen "Fluchtbeendigung", sondern darauf an, daß der Flüchtende unter Bedachtnahme auf das (auf die Vermeidung weiterer Verfolgung ausgerichtete) Sicherheitsbedürfnis seinen "Fluchtweg" schon vor der Einreise nach Österreich hätte abbrechen können, was auch dann der Fall ist, wenn die Verweildauer im Drittland nur kurz bemessen war und dort kein stationärer Aufenthalt genommen wurde.
Wenn die Beschwerdeführerin meint, es sei ihr nicht möglich und zumutbar gewesen, in Ungarn einen Asylantrag zu stellen, da sie sich nur kurz dort aufgehalten habe, "als sie von einem albanischen in einen türkischen LKW umgestiegen" sei, was sich bei Nacht auf einem Parkplatz - wahrscheinlich in Budapest - zugetragen habe, ist ihr entgegenzuhalten, daß sie mangels weiterer Behauptungen keinen Anhaltspunkt dafür geliefert hat, daß sie objektiv daran gehindert gewesen wäre, bereits in Ungarn ihr jeweiliges Beförderungsmittel - allenfalls aufgrund ihrer Initiative an einem anderen Ort als den zum Umsteigen vorgesehenen Parkplatz - zu verlassen und bereits in Ungarn um Asyl anzusuchen (siehe u.a. die hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 1994, Zl. 94/01/0418, und vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/1083). Es ist daher nicht davon auszugehen, daß es der Beschwerdeführerin unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, bereits in Ungarn einen Asylantrag zu stellen.
Die Beschwerdeführerin stellt im übrigen die Auffassung der belangten Behörde, Ungarn halte die sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Verpflichtungen, insbesondere jene des Art. 33 der Konvention ein, nicht in Frage. Konnte aber die belangte Behörde ihre Entscheidung zu Recht auf § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 stützen, dann kommt dem Umstand, daß sie im Rahmen der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 (in der Fassung vor der Aufhebung des Wortes "offenkundig" durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94) angewendet hat, keine Bedeutung zu.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994010539.X00Im RIS seit
20.11.2000