TE Vfgh Beschluss 1992/10/14 V81/92, V82/92

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Veröffentlicht am 14.10.1992
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §57 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung von Verordnungsprüfungsanträgen eines Gerichtes wegen zu ungenauer und widersprüchlicher Bezeichnung der bekämpften Normen und mangels Darlegung der Bedenken im einzelnen

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Das Kreisgericht Wels stellte unter Berufung auf Art89 Abs2 B-VG den (zu V81/92 protokollierten) Antrag, "die auf Grund des Geflügelwirtschaftsgesetzes 1988, BGBl. 579/1987 ergangenen Importausgleichsverordnungen, welche seit 1984 ergangen sind, aufzuheben." Zur Darlegung der gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnungen sprechenden Bedenken wird im Antrag ausgeführt:

"Hinsichtlich der Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit wird auf die Ausführungen in ON. 20" (damit ist ein im Gerichtsakt erliegender Schriftsatz gemeint) "verwiesen." Die Legitimation zur Antragstellung wird mit folgendem Satz begründet: "Die Gesetzmäßigkeit der Verordnungen ist eine Vorfrage für die Entscheidung der bei diesem Gericht anhängigen Rechtssache."

2. Das Kreisgericht Wels stellte ferner unter Berufung auf Art89 Abs2 B-VG einen (zu V82/92 protokollierten)

gleichlautenden Antrag, der sich von dem zu V81/92 protokollierten Prüfungsantrag nur dadurch unterscheidet, daß zur Darlegung der Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der bekämpften Verordnungen auf einen in einem anderen Akt des antragstellenden Gerichtes erliegenden, durch Angabe der Ordnungsnummer bezeichneten Schriftsatz verwiesen wird.

3. Der Verfassungsgerichtshof hat beide Verfahren gemäß §187 ZPO iVm §35 VerfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

II. Die Anträge sind unzulässig.

1. Gemäß Art139 Abs1 zweiter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen ua. auf Antrag eines Gerichtes. Nach Art89 Abs2 erster Satz B-VG hat ein Gericht, wenn es gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit Bedenken hat, den Antrag auf Aufhebung dieser Verordnung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, muß begehren, daß entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalte nach oder daß bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden (§57 Abs1 erster Satz VerfGG). Der Antrag hat die gegen die Gesetzwidrigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im einzelnen darzulegen (§57 Abs1 zweiter Satz VerfGG).

2.a) Um das strenge Erfordernis des §57 Abs1 erster Satz VerfGG zu erfüllen, müssen die bekämpften Verordnungen bzw. Verordnungsstellen genau und eindeutig bezeichnet sein (vgl. etwa die Erkenntnisse VfSlg. 7593/1975, 8550/1979, 9619/1983, 9850/1983, 9880/1983, 11150/1986, 11722/1988, 11888/1988, denen zwar jeweils ein Gesetzesprüfungsantrag iS des Art140 Abs1 B-VG zugrundelag, deren Ausführungen aber auch auf Verordnungsprüfungsanträge zutreffen (s. etwa VfSlg. 8594/1979, 499)).

b) Keiner der beiden Prüfungsanträge erfüllt dieses Erfordernis. Nicht nur sind in diesen Anträgen die bekämpften Verordnungen nicht bezeichnet, sondern es sind auch die Anträge insofern in sich widersprüchlich, als darin einerseits von "Importausgleichsverordnungen auf Grund des Geflügelwirtschaftsgesetzes 1988, BGBl. 579/1987" die Rede ist, andererseits aber von derartigen Verordnungen, "welche seit 1984 ergangen sind": Gemäß §12 Abs3 des Geflügelwirtschaftsgesetzes 1988 konnten Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes erst von dem seiner Kundmachung folgenden Tag (somit vom 5. Dezember 1987) an erlassen werden, keinesfalls (aber vor diesem Zeitpunkt) also "seit 1984" ergehen. Es gibt daher keine (Importausgleichs-)Verordnungen auf Grund des Geflügelwirtschaftsgesetzes 1988, die (vor dem 5. Dezember 1987) "seit 1984 ergangen" sind.

3. Keiner der Prüfungsanträge entspricht ferner dem Erfordernis des §57 Abs1 zweiter Satz VerfGG, wonach ein Antrag nach Art139 Abs1 B-VG die gegen die Gesetzmäßigkeit der bekämpften Verordnung sprechenden Bedenken im einzelnen darzulegen hat.

Die in beiden Prüfungsanträgen enthaltene Verweisung auf im gerichtlichen Anlaßverfahren erstattete Eingaben ist nämlich keine dem Gesetz entsprechende Darlegung der Bedenken, weil derartige Verweisungen - als unstatthaft - unbeachtet bleiben müssen (so der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 9911/1983, 675, unter Hinweis auf §506 Abs1 Z2 ZPO iVm §35 VerfGG und mit Hinweisen auf Judikatur).

Das Fehlen einer solchen Darlegung ist kein behebbares Formgebrechen, sondern ein Prozeßhindernis (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 9716/1983; VfGH 30.9.1985 V34,35/85; 3.12.1990 V204-209/90 ua. Zlen.).

4. Die somit an inhaltlichen, keiner Verbesserung zugänglichen Mängeln leidenden Anträge waren daher als unzulässig zurückzuweisen, ohne daß zu prüfen war, ob ihrer meritorischen Erledigung noch weitere Prozeßhindernisse entgegenstehen.

5. Dieser Beschluß konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 litc VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Bedenken, Verweisung auf anderen Schriftsatz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:V81.1992

Dokumentnummer

JFT_10078986_92V00081_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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