TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/28 94/04/0127

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Veröffentlicht am 28.02.1995
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §26;
GewO 1994 §87;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch den als Verfahrenshelfer beigegebenen Rechtsanwalt Dr. M in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. April 1994, Zl. 315.378/1-III/5a/94, betreffend Konzessionsentziehung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. April 1994 wurden dem Beschwerdeführer die Konzessionen für das Zimmermeistergewerbe und das Steinmetzmeistergewerbe, jeweils im Standort Wien, sowie für das Baumeistergewerbe im Standort Wien, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 leg. cit. entzogen. Zur Begründung wurde nach Darstellung der maßgeblichen Gesetzeslage ausgeführt, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 16. Oktober 1989 sei ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Die im Zuge des Berufungsverfahrens durchgeführten Erhebungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers hätten ergeben, daß das Exekutionsgericht Wien in den Jahren 1988 bis 1992

21 Exekutionen gegen den Beschwerdeführer wegen Forderungen zwischen S 300,-- und S 1,779.978,-- bewilligt habe. Neben letzterer Forderung hätten die größten Forderungen

S 740.365,--, S 600.000,-- und S 514.205,-- betragen. Im Jahre 1993 sei vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien wegen einer Forderung in Höhe von S 2,625.349,-- gegen den Beschwerdeführer Exekution bewilligt worden. Dem Beschwerdeführer sei von der belangten Behörde die Möglichkeit eingeräumt worden, Beweismittel dafür anzubieten, daß die Forderungen, derentwegen gegen ihn Exekution geführt worden ist, bezahlt seien oder daß auf diese Forderungen verzichtet worden sei. Weiters sei dem Beschwerdeführer anheimgestellt worden, Beweismittel dafür anzubieten, daß aufgrund seiner nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden könne, daß er den mit der Ausübung der gegenständlichen Gewerbe verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde. Hiezu habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. Februar 1994 ausgeführt, daß nach "Zahlung" seiner Honorarnote vom 27. Dezember 1993 durch die Bundesbaudirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland die wirtschaftliche Lage stabilisiert sei und er den mit der Ausübung der gegenständlichen Gewerbe verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde. Als Beweismittel hiefür habe der Beschwerdeführer eine an die Bundesbaudirektion gerichtete Schlußrechnung vom 27. Dezember 1993 über S 21,337.973,-- für eine Prüftätigkeit bei einem Bauvorhaben vorgelegt. Ein Nachweis dafür, daß diese Schlußrechnung bei der Bundesbaudirektion eingegangen sei, fehle jedoch. Frühere für diese Prüftätigkeit bei der Bundesbaudirektion eingegangene Schlußrechnungen des Beschwerdeführers seien von der Bundesbaudirektion nicht anerkannt worden. Die ersten Schlußrechnungen in dieser Angelegenheit seien bereits in den Jahren 1988 und 1990 gelegt worden. Einen Nachweis dafür, daß er über liquide Mittel verfüge und die von seinen Gläubigern gegen ihn geltend gemachten Forderungen beglichen worden seien, habe der Beschwerdeführer nicht vorgelegt. Aufgrund der ungünstigen wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers, die aus der Tatsache erhelle, daß gegen ihn nach der Aktenlage eine Vielzahl von Forderungen unberichtigt aushafte und selbst Forderungen in der Höhe von S 300,-- und S 550,-- nicht zum Zeitpunkt der Fälligkeit beglichen werden könnten, könne zweifellos nicht davon gesprochen werden, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, der derzeit offensichtlich über keine ausreichenden liquiden Mittel zur Ausübung der gegenständlichen Gewerbe verfüge, geordnet seien und zu erwarten sei, daß ein Tätigwerden des Beschwerdeführers als selbständiger Gewerbetreibender den Gläubigern insgesamt nützlich sein könnte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die dem Verwaltungsgerichtshof vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, das Zimmermeistergewerbe, das Steinmetzmeistergewerbe und das Baumeistergewerbe weiter auszuüben. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer nach Darstellung des Verfahrensganges vor, die belangte Behörde habe sich zum Richter darüber erhoben, ob seine Forderung von S 21,337.973,-- gegenüber der Bundesbaudirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland zu Recht bestehe bzw. die von ihm diesbezüglich vorgelegten Urkunden nicht für ausreichend befunden, habe es aber unterlassen, ihn gesondert dazu in mündlicher Verhandlung zu hören. Dabei hätte seine Forderung aus seiner Prüftätigkeit als erwiesen angenommen und das Interesse richtig beurteilt werden müssen. In seinem Fall könne es ja nur um eine Überbrückung der Zeit gehen, bis zu der seine Forderung aus seiner Prüftätigkeit beglichen sei. Da die Prüftätigkeit als solche grundsätzlich erwiesen und es denkunmöglich sei, daß er hiefür nichts bekomme, könne es ja nurmehr um die Höhe gegen. Selbst wenn man seine Zinsenforderung wegstreichen und auch noch der Höhe nach Abstriche machen würde, käme immer noch ein Betrag heraus, der höher als die Forderungen seiner Gläubiger sei. Es entspreche weiters den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß man in seiner Branche mit den streitgegenständlichen Konzessionen ohne hohe Fixkosten durch denkintensive Tätigkeit Geld ins Verdienen bringen könne, welches den Gläubigern zugute komme. Bei richtiger Würdigung der offenen Forderung einerseits und der Interessen der Gläubiger andererseits hätte die belangte Behörde auf alle Fälle zur Erkenntnis kommen müssen, daß ein Entzug der Konzessionen gegen Gläubigerinteressen, die vorwiegend seien, verstoße, womit § 87 Abs. 2 GewO 1994 unrichtig angewendet worden und die "Nachsichtsvoraussetzungen" des § 26 Abs. 2 GewO 1994 unrichtig verneint worden seien.

Diese Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Zunächst ist festzuhalten, daß das Vorliegen der Voraussetzung für die Entziehung der Gewerbeberechtigungen des Beschwerdeführers gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 in der Beschwerde nicht bestritten wird und sich auch aus der Aktenlage kein Anhaltspunkt für die Annahme ergibt, daß dies nicht der Fall wäre. Dem Beschwerdeführer geht es im vorliegenden Beschwerdefall ausschließlich darum, daß die belangte Behörde - bei Durchführung eines mängelfreien Verwaltungsverfahrens - die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 anzunehmen gehabt hätte.

Gemäß § 87 Abs. 2 leg. cit. kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung kann die Gewerbeausübung - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat - nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen" sein, wenn aufgrund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, daß der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen. Bei der Beurteilung, ob das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist, geht es nämlich ausschließlich darum, daß die Zahlungspflichten gegenüber ALLEN Gläubigern GLEICHERMAßEN bei Fälligkeit erfüllt werden. Solange daher nicht die Erwartung der pünktlichen Zahlung aller Verbindlichkeiten bei Fälligkeit besteht, kommt auch einer den Abbau von Schulden in sich schließenden Unternehmensentwicklung keine Relevanz zu (vgl. zum Ganzen jüngst das hg. Erkenntnis vom 22. November 1994, Zl. 94/04/0165).

Im Lichte dieser Rechtsprechung war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde aufgrund der auch in der Beschwerde unwidersprochen gebliebenen Sachverhaltsannahmen davon ausging, daß zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung der Beschwerdeführer über die erforderlichen liquiden Mittel nicht verfüge, zumal auch die vom Beschwerdeführer angeführte, ihm gegenüber der Republik Österreich angeblich zustehende Forderung in der Höhe von S 21,337.973,-- jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde dem Beschwerdeführer auch seinem eigenen Vorbringen nach noch nicht als liquides Mittel zur Verfügung gestanden ist.

Insoweit in der Beschwerde auf "die Nachsichtsvoraussetzung des § 26 Abs. 2 GewO 1994" Bezug genommen wird, genügt es, darauf zu verweisen, daß die Bestimmungen des § 26 GewO 1994 im Entziehungsverfahren gemäß § 87 leg. cit. nicht anzuwenden sind (vgl. die bei Kobzina/Hrdlicka, GewO 1994, Seite 313 angegebene hg. Rechtsprechung).

Die Beschwerde erweist sich daher als inhaltlich zur Gänze unbegründet. Damit aber kann auch in dem Umstand, daß die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung durchgeführt hat, ein Verfahrensmangel keinesfalls erblickt werden. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994040127.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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