TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/28 95/04/0023

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Veröffentlicht am 28.02.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des H in K, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 6. Dezember 1994, Zl. 04-19 Scha 52-1994/2, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Festsetzung der Sperrstunde (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde K), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies der Landeshauptmann von Steiermark die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde K vom 16. Dezember 1992 als unbegründet ab.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, der Bescheid des Bürgermeisters der Stadt K vom 3. Dezember 1990 sei am 4. Dezember 1990 den Bestimmungen des Zustellgesetzes entsprechend zugestellt worden. In diesem Sperrstundenverfahren sei der Beschwerdeführer nicht durch einen Anwalt vertreten gewesen. Der Schriftsatz, mit dem das Rechtsmittel (der Berufung) gegen diesen Bescheid ergriffen worden sei, hätte spätestens am 17. Dezember 1990 der Post übergeben werden müssen, um die Rechtsmittelfrist zu wahren. Der gleichzeitig mit der Berufung vom 15. Jänner 1991 gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei mit Bescheid des Bürgermeisters (der Stadtgemeinde K ) vom 14. März 1991 abgewiesen worden, weil der geltend gemachte Wiedereinsetzungsgrund nicht vorgelegen sei. Dieser Bescheid sei mit 29. März 1991 in Rechtskraft erwachsen. Die als eine Berufung aufzufassenden Berufungsschriftsätze vom 15. Jänner 1993 und 21. Jänner 1993 seien somit verspätet eingebracht worden. Auf eine verspätet eingebrachte Berufung sei (in der Sache) nicht einzugehen. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen. In der nunmehr eingebrachten Vorstellung werde ausgeführt, daß im ursprünglich vereinigten und später getrennten Akt aufgrund der vorgelegten Vollmacht ersichtlich gewesen sei, daß der Beschwerdeführer durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, vertreten gewesen sei. Es sei in der Folge unterlassen worden, dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers den im Sperrstundenverfahren ergangenen Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde K vom 3. Dezember 1990, betreffend die Vorverlegung der Sperrstunde, zuzustellen. Hiezu werde festgestellt, daß die Stadtgemeinde K das Bauverfahren unter der Zl. 004-1/8-1990 durchgeführt habe, das Sperrstundenverfahren unter Zl. 151-2/Sche 1/92. Im gegenständlichen Sperrstundenverfahren erscheine erst in der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde K vom 3. Dezember 1990 Rechtsanwalt Dr. M als Bevollmächtigter auf. Aufgrund dieser Tatsache sei der Bescheid des Bürgermeisters vom 3. Dezember 1990 rechtswirksam an den Beschwerdeführer zugestellt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, daß seine Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Knittelfeld vom 3. Dezember 1990 zu unrecht als verspätet zurückgewiesen wurde. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes wird unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes vorgebracht, dem Beschwerdeführer sei bis nach Einsicht in den "gegenständlichen Bescheid" überhaupt nicht bekannt gewesen, daß ein Verfahren bezüglich der Vorverlegung der Sperrstunde nach § 198 Abs. 5 GewO 1973 eingeleitet worden sei. Der einzige Verwaltungsakt in diesem Verfahren sei die Erlassung des Bescheides. Zwar treffe es zu, daß der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30. August 1990 zur Stellungnahme zum Lärmgutachten bzw. zur Erklärung des Distriktsarztes Dr. B aufgefordert worden sei. Es sei für den Beschwerdeführer aber nicht ersichtlich gewesen, daß sich die Stellungnahme nicht auf das laufende Bauverfahren bezogen habe, weil dem diesbezüglichen Schreiben kein Hinweis auf das gegenständliche Verfahren zu entnehmen gewesen sei. Da der Beschwerdeführer aber anwaltlich vertreten gewesen sei, habe er sich darauf verlassen können, daß die Behörde allfällige Schriftstücke bzw. Beweisergebnisse zur Äußerung auch direkt seinem Rechtsvertreter übermittle. Er habe daher davon ausgehen können, daß diese Aufforderung zur Stellungnahme seinem Rechtsvertreter ebenfalls zugestellt werde, der die entsprechenden Verfahrenshandlungen zu setzen bzw. zu wahren hätte. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Der Beschwerdeführer sei vielmehr im Bauverfahren, wo er anwaltlich vertreten gewesen sei, direkt zur Stellungnahme aufgefordert worden. Daher sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Parteiengehör nicht ordnungsgemäß gewährt worden, weil der namhaft gemachte Parteienvertreter von der Behörde übergangen worden sei. Dadurch sei der Beschwerdeführer in krasser Weise um sein Recht auf Parteiengehör gemäß § 45 Abs. 3 AVG gebracht worden, zumal evident sei, daß die Erlassung des gegenständlichen Bescheides in einem anderen Verfahren erfolgt sei, als die Erlassung des baurechtlichen Bescheides. Soweit für den Rechtsvertreter erkennbar gewesen sei, bestehe der gegenständliche Verwaltungsakt lediglich aus dem Bescheid und dem Gutachten des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, "Fachabteilung 1a Emissionsschutzreferat" vom 18. Juni 1990. Dieses Gutachten sei von der Gewerbebehörde in einem Verfahren gemäß § 74 GewO 1973 eingeholt worden. Es lägen also gewichtige Gründe vor, daß der Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 6. Dezember 1994, der sowohl die Entscheidung des Bürgermeisters der Stadt K als auch die Entscheidung des Gemeinderates "bestätige", seinem gesamten Inhalt nach rechtswidrig sei.

Gemäß § 7 Abs. 1 des Bundes-Gemeindeaufsichtsgesetzes kann, wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen nach Erlassung des Bescheides dagegen Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde erheben.

Nach Abs. 5 dieser Gesetzesstelle hat die Aufsichtsbehörde, sofern die Vorstellung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, den Bescheid, wenn durch ihn Rechte des Einschreiters verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.

Nach übereinstimmender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. April 1955, VwSlg. N.F. Nr. 3726/A) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa VfSlg. Nr. 6474/1971) ist die Behörde nicht berechtigt auf Grund der Vorlage einer Vollmacht in einem bestimmten Verfahren davon auszugehen, daß die Partei auch in anderen, bereits anhängigen oder später anhängig werdenden Verfahren vertreten sein will, es sei denn, daß die Partei ihren Willen, sich auch in allen weiteren Rechtssachen eben dieses Vertreters zu bedienen, UNMIßVERSTÄNDLICH zu erkennen gegeben hat. Auch die Tatsache (allein), daß in der einen Rechtssache eine Vollmacht vorgelegt worden ist, die eine Bevollmächtigung zur Vertretung in allen Angelegenheiten beurkundet, reicht hiezu nicht aus (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. September 1982, Zl. 82/03/0018). Selbst in der Beschwerde wird nicht behauptet, daß der Beschwerdeführer seinen Willen im vordargestellten Sinne zu erkennen gegeben habe.

Soweit aber in der Beschwerde die Verletzung des Parteiengehörs im erstinstanzlichen (gemeindebehördlichen) Verfahren gerügt wird, geht dieses Vorbringen ins Leere:

Gegenstand des mit Vorstellung bekämpften Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 16. Dezember 1992 war allein die Zurückweisung der Berufung als verspätet. Nur die Frage, ob durch diese Zurückweisung der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt wurde, war Prozeßgegenstand des angefochtenen Vorstellungsbescheides.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995040023.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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