TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/15 94/01/0488

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Veröffentlicht am 15.03.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Mag. Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1994, Zl. 4.333.873/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1994 wurde in Erledigung der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 17. Februar 1992 ausgesprochen, daß Österreich der beschwerdeführenden Partei - einem Staatsangehörigen der "jugosl. Föderation", der am 13. Jänner 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 14. Jänner 1992 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat der beschwerdeführenden Partei, ohne sich mit ihrer Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei der beschwerdeführenden Partei der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben der beschwerdeführenden Partei bei ihrer niederschriftlichen Vernehmung am 3. Februar 1992, daß sich die beschwerdeführende Partei vor ihrer Einreise nach Österreich in Slowenien aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Die beschwerdeführende Partei bringt aber in tatsächlicher Hinsicht unter anderem vor, daß die belangte Behörde, hätte sie ein ordungsgemäßes Ermittlungsverfahren hinsichtlich des Geltungsbereiches und der Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention in Slowenien zum Fluchtzeitpunkt (und zum jetzigen Zeitpunkt) geführt, zu dem Ergebnis gekommen wäre, "daß eine Sicherheit" der beschwerdeführenden Partei in Slowenien jedenfalls nicht gegeben gewesen sei (und auch keine Rückkehrmöglichkeit bestehe).

Soweit die beschwerdeführende Partei auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde verweist, ist ihr diesbezüglich die vorzitierte, diesen Standpunkt nicht teilende hg. Judikatur entgegenzuhalten.

Im übrigen macht die beschwerdeführende Partei zutreffend geltend, daß keine ausreichenden Ermittlungen gepflogen worden seien, die die Annahme der belangten Behörde rechtfertigen könnten, es spreche nichts dafür, daß Slowenien die sich aus seiner Mitgliedschaft zur Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Verpflichtungen, insbesondere das in deren Art. 33 verankerte "Refoulement-Verbot .... etwa vernachlässige"; die beschwerdeführende Partei habe "daselbst Verfolgungssicherheit" erlangt. Die beschwerdeführende Partei hat auf diese Weise nach Maßgabe der sie im Verwaltungsverfahren treffenden Mitwirkungspflicht, ohne daß es demnach noch einer weiteren Konkretisierung ihres Vorbringens bedurft hätte, auch die Wesentlichkeit der der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmängel aufgezeigt (vgl. dazu des näheren das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413). Im Hinblick darauf, daß der beschwerdeführenden Partei im Berufungsverfahren kein Parteiengehör gewährt wurde, obwohl die belangte Behörde, anders als die Erstbehörde, nunmehr aufgrund des von ihr gemäß dessen § 25 Abs. 2 anzuwendenden AsylG 1991 von diesem Ausschließungsgrund Gebrauch gemacht hat, verstößt ihr (erstmals in der Beschwerde erstattetes) Vorbringen diesbezüglich auch nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG.

Wenn die beschwerdeführende Partei rügt, daß auch darin ein Verfahrensmangel gelegen sei, daß sich die belangte Behörde "mit dem von amtswegen gebotenen, im Ermessensweg zu erteilenden Aufenthaltsrecht nach § 8 AsylG 1991 überhaupt nicht beschäftigt" habe, ist ihr entgegenzuhalten, daß diese Frage nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides war und daher auch nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffend die Prüfung der Rechtswidrigkeit dieses Bescheides sein kann. Im übrigen wird in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach das Fehlen eines Abspruches betreffend § 8 AsylG 1991 diesen nicht mit Rechtswidrigkeit belastet und daher auch keinen Eingriff in die Rechte der beschwerdeführenden Partei darstellt (vgl. dazu des näheren das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zl. 93/01/0545).

Da sohin Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994010488.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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