TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/16 94/16/0300

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Veröffentlicht am 16.03.1995
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §23 Abs2;
FinStrG §29 Abs1;
StGB §34 Z17;
StGB §34 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des D in B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 28. Oktober 1994, Zl. 1-0597/94/K3, betreffend Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer der U. GmbH, die an mehreren Standorten innerhalb von Bregenz gastgewerbliche Betriebe führt.

Bei einer hinsichtlich des Zeitraumes 1. Jänner 1990 bis 31. Dezember 1992 durchgeführten Getränkesteuerprüfung wurde festgestellt, daß Getränkesteuer in Höhe von S 285.720,-- nicht entrichtet worden war.

Im Prüfungsbericht wurde dazu ausgeführt, die Eisumsätze hinsichtlich der Betriebsstätte im Strandbad seien für 1991 und 1992 nicht versteuert worden. Die auf diese Umsätze entfallende Getränkesteuer machte nach dem Prüfungsbericht S 79.875,-- aus. Die restliche Differenz sei nicht aufklärbar, da die monatlichen Berechnungen nicht vorgelegt worden seien.

In dem gegen den Beschwerdeführer durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren gab das Prüfungsorgan als Zeuge vor der Bezirkshauptmannschaft Bregenz an, der Beschwerdeführer habe ihn zu Beginn der Prüfung gefragt, ob das paketierte Eis ebenfalls getränkesteuerpflichtig sei. Als der Zeuge dies bejahte, habe der Beschwerdeführer erklärt, er habe die Getränkesteuer für das paketierte Eis nicht entrichtet. Der steuerliche Vertreter der vom Beschwerdeführer vertretenen GmbH habe dem Zeugen mitgeteilt, daß der Beschwerdeführer die Getränkesteuer auch nach dem Ergebnis der Vorprüfung - die nach einem Prüfungsbericht vom 8. März 1991 zu einer Nachzahlung von S 75.777,-- an Getränkesteuer geführt hatte - weiterhin selbst ermittelt habe, während alle übrigen Selbstbemessungsabgaben vom steuerlichen Vertreter ermittelt würden. Während der Prüfung habe der Beschwerdeführer die Berechnungen über die Getränkesteuer trotz entsprechender Aufforderung nicht vorgelegt.

Mit Straferkenntnis vom 5. Juli 1994 wurde der Beschwerdeführer der fahrlässigen Verkürzung von Getränkesteuer in Höhe von S 285.720,-- gemäß § 133 Abs. 1 Abgabenverfahrensgesetz, LGBl. Nr. 23/1984, für schuldig erkannt und mit einer Geldstrafe von S 50.000,-- bestraft. Bei der Strafbemessung wurden als mildernd die Unbescholtenheit und das Geständnis des Beschuldigten berücksichtigt. Als erschwerend wurde gewertet, daß der Beschwerdeführer "aufgrund des nicht entrichteten Betrages der hinterzogenen Getränkesteuer Zinseinnahmen zu verbuchen hatte". Auch sei als erschwerend der lange Tatzeitraum zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Einkommen-, Vermögens- und Familienverhältnisse stellte die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz die Sorgepflicht für zwei Kinder fest. Der Beschwerdeführer besitze ein Reihenhaus mit Schulden in Höhe von S 2,000.000,--. Er habe als Geschäftsführer ein Nettoeinkommen von S 20.000,-- bis S 25.000,--. Die Interessen, deren Schutz die übertretene Norm dient, seien erheblich gefährdet worden, zumal eine weitere Säumnis nur durch die Tätigkeit der Abgabenbehörde hintangehalten worden sei.

In der gegen das Straferkenntnis erhobenen Berufung wandte sich der Beschwerdeführer ausschließlich gegen die Höhe der über ihn verhängten Strafe. Er brachte insbesondere vor, er sei lediglich Geschäftsführer der U. GmbH und habe daher persönlich keine "Zinseinnahmen" verbuchen können. Unberücksichtigt sei der Umstand geblieben, daß der Beschwerdeführer die Nachzahlung der verkürzten Abgabe unverzüglich veranlaßt habe. Die Geldstrafe stehe auch in keinem Verhältnis zum Einkommen des Beschuldigten.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben. Dem Beschwerdeführer sei zwar beizupflichten, daß "eine allfällige Verringerung der Zinsbelastung der ohnedies verschuldeten Gesellschaft" nicht als erschwerend gewertet werden könne. Weiters sei ihm zugute zu halten, daß er unverzüglich nach der Vorschreibung die Nachzahlung der verkürzten Abgabe veranlaßt habe. Eine Herabsetzung der Geldstrafe sei dennoch im Hinblick darauf, daß dem Beschwerdeführer entgegen der Annahme der Erstbehörde die Milderungsgründe des Geständnisses und der Unbescholtenheit nicht zukommen, nicht möglich. Die verhängte Geldstrafe entspreche auch den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, er habe bei Beginn der Getränkesteuerprüfung eine "Selbstanzeige" erstattet, welchen Umstand die belangte Behörde als mildernd berücksichtigen hätte müssen. Dem Beschwerdeführer ist zwar einzuräumen, daß gemäß § 34 Z. 17 StGB - welche Bestimmung zufolge § 19 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren sinngemäß anzuwenden ist - ein Milderungsgrund vorliegt, wenn der Täter ein reumütiges Geständnis ablegt oder durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat. Ein reumütiges Geständnis umfaßt jedoch sowohl das Zugeben der gegen den Täter erhobenen und in der Verurteilung für richtig befundenen Anschuldigung als auch ein diesbezügliches Schuldbekenntnis, verbunden mit einer nicht bloß intellektuellen, sondern gesinnungsmäßigen Mißbilligung der Tat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 25. Juni 1992, 91/16/0054). Die bloße bei Beginn der Prüfung gestellte Frage, ob paketiertes Eis der Getränkesteuer unterliegt, kann nicht als ein reumütiges Geständnis einer Abgabenverkürzung angesehen werden. Auch hat der Beschwerdeführer dadurch nicht wesentlich zur Aufdeckung der ihm angelasteten Tat beigetragen, zumal durch die Unterlassung der Besteuerung paketierter Eisportionen nur ein verhältnismäßig geringer Teil der Abgabenverkürzung verursacht wurde. Überdies hat der Beschwerdeführer auch deswegen zur Wahrheitsfindung nicht wesentlich beigetragen, weil er seine Aufzeichnungen über die Ermittlung der Getränkesteuer dem Prüfer nicht vorgelegt hat.

Soweit der Beschwerdeführer eine Analogie zu den Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes zieht, ist er darauf hinzweisen, daß eine Selbstanzeige im Sinne des § 29 FinStrG die DARLEGUNG der Verfehlung und die OFFENLEGUNG der für die Feststellung der Verkürzung bedeutsamen Umstände erfordert. Davon konnte aber im Beschwerdefall, wie ausgeführt, keine Rede sein.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers bei der Bemessung der Geldstrafe, die bei einem Strafrahmen bis ca. S 285.000,-- durchaus schuldangemessen ist, ausreichend berücksichtigt. Im übrigen ist die Geldstrafe für die in Rede stehende Abgabenverkürzung - anders als Geldstrafen nach dem im Bereich etwa des Strafgesetzbuches geltenden Tagessatzsystem - nicht unmittelbar nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters auszumessen, sondern von einem bestimmten Wertbetrag abhängig. Zu Recht haben die Strafbehörden überdies präventive Überlegungen angestellt.

Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung davon ausgegangen, daß dem Beschwerdeführer entgegen der Annahme der Erstbehörde unter anderem der Milderungsgrund der "Unbescholtenheit" nicht zukomme. Gemäß § 34 Z. 2 StGB ist als Milderungsgrund zu werten, wenn der Täter bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht. Beide Umstände ergeben erst zusammen einen (einzigen) Milderungsgrund. Die Unbescholtenheit allein stellt somit einen Milderungsgrund nicht her (vgl. insbesondere Kunst im Wiener Kommentar, § 34 Z. 2 StGB). Die Strafbehörden haben zur Beurteilung des in Rede stehenden Milderungsgrundes keinerlei Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Insbesondere hat die belangte Behörde ihre Auffassung, der von der Erstbehörde zugebilligte Milderungsgrund der "Unbescholtenheit" komme dem Beschwerdeführer nicht zu, unbegründet belassen, sodaß der angefochtene Bescheid insoweit einer Überprüfung entzogen ist. Die belangte Behörde hätte bei Vermeidung dieses Begründungsmangels zu einem anderen Bescheid gelangen können, sodaß der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994160300.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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