TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/16 94/06/0251

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Veröffentlicht am 16.03.1995
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Index

L81705 Baulärm Salzburg;
L82000 Bauordnung;
L82005 Bauordnung Salzburg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;
AVG §8;
BauPolG Slbg 1973 §9 Abs1 litg;
BauRallg;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §12 Abs1;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §12 Abs4;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §12;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der FG und des AS in M, beide vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 3. Oktober 1994, Zl. 1/02-32.366/27-1994, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: G und IL in M, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- und den Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 16. Juni 1989 hat der Bürgermeister der Marktgemeinde M den Mitbeteiligten die "Bebauungsgenehmigung" zur Errichtung einer Fremdenpension mit Garage für die Liegenschaft Nr. 673/2 und 673/3, KG M, erteilt (Bauplatzerklärung). Aufgrund dieses Bescheides hat die Bezirkshauptmannschaft Tamsweg den Mitbeteiligten mit Bescheid vom 22. Juli 1991 die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Frühstückspension erteilt. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung der nunmehrigen Beschwerdeführer und anderer Anrainer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 10. August 1992 Folge gegeben, den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft aufgehoben und die Baubewilligung versagt. Dies wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Behörde erster Instanz rechtsirrtümlich davon ausgegangen sei, daß für die zulässige Gebäudehöhe ausschließlich das Straßenniveau maßgebend sei und sie deshalb die Bestimmungen des § 11 Abs. 6 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes über die Höhenberechnung bei Hangverbauungen außer Acht gelassen habe. Gegen diesen Bescheid haben die mitbeteiligten Parteien des gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die zur hg. Zl. 92/06/0195 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, dieses Verfahren wurde mit hg. Beschluß vom 23. Februar 1995 aufgrund einer diesbezüglichen Erklärung der damaligen Beschwerdeführer als gegenstandslos erklärt.

Mit Ansuchen vom 25. Februar 1993 haben die Mitbeteiligten die Änderung des Bescheides des Bürgermeisters vom 16. Juni 1989 beantragt. Mit Bescheid vom 30. Juli 1993 hat der Bürgermeister der Marktgemeinde M den Bauplatzerklärungsbescheid insofern abgeändert, als die höchsten Traufenhöhen und höchsten Punkte der Firste sowie die Erdgeschoßfußbodenoberkante auf bestimmte Höhenkoten bezogen wurden. Die Baufluchtlinien wurden für das Hauptgebäude mit 6 m und für die Garage mit 5,5 m, gemessen parallel zur straßenseitigen Grundgrenze im Norden, festgelegt. Die Baufluchtlinie an der Westseite, gemessen zur westseitigen Grundgrenze, wurde mit 1,65 m festgelegt. Die eingereichten Planbeilagen A bis C wurden zu einem wesentlichen Bescheidbestandteil erklärt. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführer hat die Gemeindevertretung der Marktgemeinde M mit Bescheid vom 18. Jänner 1994 als unzulässig zurückgewiesen, die dagegen eingebrachte Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde mit Bescheid vom 30. September 1994 ebenfalls zurückgewiesen.

Mit Ansuchen vom 30. September 1993 beantragten die Mitbeteiligten bei der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg die Erteilung der Baubewilligung für eine Frühstückspension samt Garage und KFZ-Abstellplätze, Ölfeuerung, Sauna und Dampfbad aufgrund der Bauplatzerklärung laut Bescheid vom 30. Juli 1993. Über dieses Ansuchen beraumte die Bezirkshauptmannschaft eine mündliche Verhandlung für 9. November 1993 an, zu der auch die Beschwerdeführer als Anrainer unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen wurden. In der Verhandlung erhoben die Beschwerdeführer Einwendungen gegen das Bauvorhaben, insbesondere gegen die Gebäudegröße und -höhe, die Abstände des Bauwerkes von den Grundstücksgrenzen und rügten den Mangel der erforderlichen Anzahl und Größe von Abstellplätzen.

Der bautechnische und der gewerbetechnische Sachverständige erstatteten jeweils ein Gutachten; dazu führten die Beschwerdeführer lediglich aus, daß der Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde M vom 30. Juli 1993 nicht auf der Grundlage der geltenden Gesetzeslage und ohne Berücksichtigung der Anrainerinteressen, wie diese im Bescheid der belangten Behörde vom 10. August 1992 ihren Niederschlag gefunden hätten, erlassen worden sei. Dies insbesondere hinsichtlich der im zitierten Bescheid der Marktgemeinde M normierten und zur Vorschreibung gelangten Höhenangaben.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 5. Mai 1994 wurde den Erstmitbeteiligten die beantragte baubehördliche Bewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer und anderer Nachbarn wurden zum Teil als unbegründet abgewiesen, zum Teil als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, aufgrund der durchgeführten Ermittlungen könne festgestellt werden, daß für die Nachbarschaft keine erhebliche Belästigung durch Lärm zu erwarten sei. Durch die Errichtung einer Pension im erweiterten Wohngebiet werde kein Verkehrsaufkommen hervorgerufen, das als übermäßig zu bezeichnen sei. Die in der Bauplatzerklärung vom 30. Juli 1993 festgelegten Baufluchtlinien und höchsten Traufsowie Firsthöhen würden eingehalten. Gegenüber der ostseitigen Grundgrenze zur Erstbeschwerdeführerin würden die erforderlichen Mindestabstände gemessen an der Nord- und Südseite der ostseitigen Giebelfront nicht unterschritten. An der Nordseite werde eine höchste Traufenhöhe über dem Urgelände von 7,54 m entstehen, es wäre hier ein gesetzlicher Mindestabstand von 5,655 m erforderlich. Im Lageplan sei ein Abstand von 7,0 m eingetragen. An der Südseite werde eine höchste Traufhöhe von 8,63 m entstehen, es sei hier ein gesetzlicher Mindestnachbarabstand von 6,473 m erforderlich. Hier sei ein Nachbarabstand von 6,75 m einkotiert. Der Mindestnachbarabstand berechne sich mit 3/4 der Traufhöhe. Die Mindestabstände zur Erstbeschwerdeführerin würden somit eingehalten.

Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung der Beschwerdeführer und anderer Anrainer gab die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die Mitbeteiligten haben in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Mitspracherecht der Nachbarn ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zweifacher Hinsicht beschränkt. Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen geltend gemacht hat (vgl. u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A).

Nach dem ausgeführten Beschwerdepunkt erachten sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über die Höhe und Lage der Bauten im Bauplan verletzt (§ 9 Abs. 1 lit. g des Baupolizeigesetzes vom 11. Juli 1973, LGBl. Nr. 117 i.d.g.F.) und weiters im Recht auf Gewährleistung nachbarschützenden Immissionsschutzes (§ 17 Abs. 1 Z. 2 des Salzburger Raumordnungsgesetzes).

Partei im Bauplatzerklärungsverfahren ist nur der Eigentümer des in Betracht kommenden Grundstückes, nicht aber der Nachbar; es entfaltet ein im Rahmen eines die Bauplatzerklärung betreffenden Verfahrens ergehender Bescheid gegenüber den am Verfahren unbeteiligten Nachbarn keine Rechtswirkungen. Deren subjektiv-öffentliche Einwendungen im Baubewilligungsverfahren sind dadurch nicht eingeschränkt und sie haben Anspruch, mit ihren Einwendungen, wenn sie inhaltlich zu Recht bestehen, auch hinsichtlich der im Bauplatzerklärungsverfahren getroffenen Feststellungen durchzudringen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Mai 1977, Zl. 865/77 und vom 6. Juli 1981, Slg. 10513/A, u.v.a.). Grundsätzlich ist der Nachbar auch berechtigt, res iudicata geltend zu machen. Entschiedene Sache im Hinblick auf die Bauplatzerklärung vom 16. Juni 1989 liegt aber insofern nicht vor, als der Sachverhalt aufgrund der neuen Einreichpläne, die dem Bauplatzerklärungsänderungsansuchen vom 25. Februar 1993 zugrundelagen, geändert war. So war u.a. eine Veränderung der Lage des Bauvorhabens im Bauplatz vorgesehen (ursprüngliche Baufluchtlinie 5 m parallel zum öffentlichen Verkehrsweg, nunmehr 6 m für das Hauptgebäude und 5,50 m für die Garage) und die Höhe der baulichen Anlagen war auf eine absolute Höhenkote bezogen, während sie ursprünglich auf das Straßenniveau bezogen waren. Schon wegen der Änderung der Lage des Bauvorhabens im Bauplatz lag dem neuerlichen Ansuchen ein geänderter Sachverhalt zugrunde, sodaß nicht davon ausgegangen werden kann, es sei zu Unrecht eine bereits entschiedene Sache neu aufgerollt worden.

Das Verfahren zur Änderung der Bauplatzerklärung vom 16. Juni 1989 wurde mit dem Einlangen des Ansuchens der Mitbeteiligten vom 25. Februar 1993, nämlich am 26. Februar 1993, bei der Behörde anhängig gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war das Bebauungsgrundlagengesetz, LGBl. Nr. 69/1968 i. d.F. LGBl. Nr. 34/1991, in Geltung. Das Bebauungsgrundlagengesetz - Novelle 1992, LGBl. Nr. 99/1992, trat gemäß seinem Art. II Abs. 1 gleichzeitig mit dem Salzburger Raumordnungsgesetz in Kraft, nämlich am 1. März 1993. Nach § 45 Abs. 11 des Raumordnungsgesetzes 1992, LGBl. Nr. 98/1992, sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängige Verfahren zur Erteilung einer Bauplatzerklärung, einer Baubewilligung oder sonstigen Bewilligung gemäß § 19 Abs. 1 ROG 1977 nach den bisherigen Rechtsvorschriften weiterzuführen.

Daraus ergibt sich für das gegenständliche Verfahren, daß für das Bauplatzänderungsverfahren das Bebauungsgrundlagengesetz in der Fassung vor der Novelle 1992 anzuwenden war, für das Baubewilligungsverfahren, das mit Ansuchen vom 30. September 1993 anhängig wurde und auch an diesem Tag bei der Baubehörde einlangte, war das Bebauungsgrundlagengesetz in der Fassung der Novelle 1992 und das Raumordnungsgesetz 1992 anzuwenden.

Zutreffend hat die belangte Behörde (auf Seite 11 des angefochtenen Bescheides) ausgeführt, daß die "Bauplatzbehörde", wie dem Bescheid vom 30. Juli 1993 entnommen werden könne, richtigerweise die (alte) Rechtslage des § 11 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes ihrer Entscheidung zugrundegelegt hat.

Die Absätze 5 und 6 des § 11 des Bebauungsgrundlagengesetzes in der Fassung vor der Novelle 1992 lauteten:

"(5) Die Höhen sind auf das verglichene Niveau jenes Bereiches der Verkehrsfläche, die entlang des für die Bebauung in Betracht kommenden Grundstückes gelegen ist, zu beziehen. Erstreckt sich dieser Bereich über mehr als eine Länge von 20 m, so ist das verglichene Niveau abschnittsweise für je begonnene 20 m zu ermitteln.

(6) Bei von der Verkehrsfläche aus ansteigenden oder abfallenden Grundstücken (Hangverbauung) verschiebt sich der Bezugspunkt für die Höhenbegrenzung entsprechend der natürlichen Hangneigung."

Unter Berücksichtigung dieser beiden Bestimmungen vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, inwiefern durch die Festsetzungen im Bauplatzänderungsbescheid vom 30. Juli 1993 Rechte der Beschwerdeführer verletzt worden sein sollten. Auch die Beschwerdeführer behaupten nicht, daß die Höhenpunkte ausgehend vom Meeresniveau, unrichtig ermittelt worden seien (§ 11 Abs. 5) oder daß die Verschiebung nicht entsprechend der natürlichen Hangneigung angenommen worden sei (Abs. 6). In dem im angefochtenen Bescheid bewilligten Bauvorhaben werden die Höhen eingehalten, die in der Bauplatzerklärung vom 30. Juli 1993 festgesetzt worden sind. Die Mindestabstände gegenüber den Beschwerdeführern im Sinne des § 25 Abs. 3 des Bebauungsgrundlagengesetzes werden eingehalten; teilweise sind sogar größere als die erforderlichen Mindestabstände vorgesehen.

Mit ihrem Berufungsvorbringen betreffend die Überschreitung der zulässigen Immissionen nach dem Flächenwidmungsplan (erweitertes Wohngebiet) sind die Beschwerdeführer präkludiert, da sie diesbezüglich nichts in der Verhandlung vom 9. November 1993, zu der sie nachweislich unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen wurden, vorgebracht haben. Entgegen dem Beschwerdevorbringen haben die Beschwerdeführer in der Bauverhandlung vom 9. November 1993 nicht behauptet, daß das Gutachten des Amtssachverständigen Ing. E. von Lärmmessungen ausgehe, die das ausreichende Vorhandensein von Abstellplätzen voraussetzten. Auf die weitwendigen Ausführungen betreffend Lärm- und/oder Geruchsbelästigungen war daher nicht einzugehen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, für die Mitbeteiligten im Rahmen ihres Kostenbegehrens.

Schlagworte

Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994060251.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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