TE Vfgh Beschluss 2007/3/14 B290/07

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Veröffentlicht am 14.03.2007
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §85 Abs2 / Grundverkehrsrecht

Spruch

Dem Antrag wird Folge gegeben.

Begründung

Begründung:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 3. Jänner 2007 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung zu dem im Rahmen einer gerichtlichen Zwangsversteigerung an den Beschwerdeführer in Bezug auf eine bestimmte Liegenschaft erteilten Zuschlag als unbegründet abgewiesen.

2. In der gegen diesen Bescheid gemäß Art144 B-VG beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird ua. der Antrag gestellt, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend führt der Beschwerdeführer aus, dass das Exekutionsgericht aufgrund des angefochtenen Bescheides bereits die Wiederversteigerung des Grundstücks beschlossen und die diesbezügliche Tagsatzung für 14. Juni 2007 anberaumt habe; im selben Exekutionsverfahren sei der Beschwerdeführer - der die Liegenschaft seit Zuschlagserteilung bewirtschafte - zum einstweiligen Verwalter ernannt worden.

Zwingende öffentliche Interessen stünden der Zuerkennung der begehrten Maßnahme nicht entgegen. Bei Verweigerung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde dem Beschwerdeführer zufolge erheblicher Investitionen im Rahmen der laufenden Bewirtschaftung ein unverhältnismäßiger Nachteil erwachsen. Zudem wäre er im Falle der Durchführung der erneuten Versteigerung an einer Teilnahme gehindert. Damit würde er die konkrete Möglichkeit zur Vergrößerung seines florierenden landwirtschaftlichen Betriebes verlieren und blieben seine umfangreichen maschinellen und personellen Kapazitäten unausgelastet, wodurch ihm ein Schaden von "einigen € 100.000,--" zu gewärtigen sei. Der zu befürchtende Schaden wäre bei Zuschlagserteilung an einen anderen Bieter - selbst im Falle der Stattgabe der Beschwerde - nicht wieder gutzumachen.

3. Die belangte Behörde verneint das Vorliegen von - der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehenden - zwingenden öffentlichen Interessen. Sie führt gegen diese Maßnahme aber ins Treffen, dass mit Bewilligung der aufschiebenden Wirkung der "unerwünschte" Zustand der (Weiter)Bewirtschaftung des Grundstückes durch den "nicht geeigneten" Beschwerdeführer verlängert würde und im Falle einer Abberaumung des Termins der erneuten Versteigerung sowohl das rechtliche Interesse der betreibenden Partei des Exekutionsverfahrens (an einer zeitnahen Hereinbringung ihrer Geldforderung) als auch die wirtschaftlichen Interessen der verpflichteten Partei (aufgrund der Erhöhung der Zinsenlast) berührt wären. Zudem habe der Beschwerdeführer gegen den Beschluss über die Anberaumung des neuen Versteigerungstermins Rekurs erhoben, über den noch nicht entschieden worden sei.

4. Die beteiligte Partei (verpflichtete Partei des Exekutionsverfahrens) spricht sich in ihrer Äußerung ebenfalls gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus, weil die vom Beschwerdeführer angeführten Gründe nicht geeignet seien, die Befürchtung eines für ihn unverhältnismäßigen Nachteils darzutun. Die ins Treffen geführten Investitionen seien bereits vor Einräumung der einstweiligen Verwaltung - die nicht der Schaffung einer vorzeitigen Bewirtschaftungsmöglichkeit, sondern der Erzielung von Einkünften zur Tilgung der Gläubigeransprüche diene - getätigt worden und zudem aus den Erträgen zu befriedigen. Der Beschwerdeführer habe das Meistbot aufgrund eines der Versteigerung vorangegangenen - nicht offen gelegten - Erwerbes der Forderung des betreibenden Gläubigers zu einem weit über dem Schätzwert des Grundstücks gelegenen Betrag zum Nachteil des mitsteigernden Sohnes der beteiligten Partei "in die Höhe getrieben". Im Falle der Zuerkennung aufschiebender Wirkung wäre die Ersteigerung der Liegenschaft zum anberaumten Versteigerungstermin durch Familienmitglieder oder Vertraute der beteiligten Partei "endgültig unterbunden" und drohe ihr die Räumung der Liegenschaft.

5. Gemäß §85 Abs2 VfGG kann einer Beschwerde auf Antrag die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Zwingende öffentliche Interessen am sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides bestehen nicht. Im Übrigen sind zwar die vom Beschwerdeführer dargelegten finanziellen Aufwendungen nicht geeignet, den möglichen Eintritt eines unverhältnismäßigen Nachteils wahrscheinlich zu machen. Allerdings droht ihm - als Ersteher und einstweiligen Verwalter der Liegenschaft - insofern ein unwiederbringlicher und damit unverhältnismäßiger Nachteil, als er bei Zuschlagserteilung an einen anderen Bieter in der bereits anberaumten (erneuten) Versteigerung selbst bei Erfolg seiner Beschwerde nicht mehr das Eigentum an der Liegenschaft erlangen könnte (vgl. zB VfGH 28.11.2006, B1819/06). Die von der beteiligten Partei erörterten Aspekte beziehen sich teils auf hier nicht relevante Modalitäten des Zustandekommens des Meistbotes in der ersten Versteigerung, teils auf für den Verpflichteten mit einer (Zwangs)Versteigerung regelmäßig verbundene Nachteile.

Dem - vom Beschwerdeführer zu besorgenden - Nachteil ist daher nach Abwägung aller berührten Interessen (und zwar auch im Verhältnis zu dem der betreibenden Partei des Exekutionsverfahrens drohenden Nachteil der Verzögerung der Hereinbringung der Forderung) das größere - die Qualität der "Unverhältnismäßigkeit" erreichende - Gewicht beizumessen.

6. Dies konnte gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Wirkung aufschiebende

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:B290.2007

Dokumentnummer

JFT_09929686_07B00290_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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