TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/22 91/03/0089

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Veröffentlicht am 22.03.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/01 Verwaltungsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
56/04 Sonstige öffentliche Wirtschaft;
92 Luftverkehr;

Norm

Austro ControlG 1993 §2 Abs1;
AVG §1;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §67a Abs1 Z2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art130 Abs1 lita;
B-VG Art131a;
LuftfahrtG 1958 §139;
LuftfahrtG 1958 §146 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §17;
LVR 1967 §2 Z17;
LVR 1967 §25 Abs1;
LVR 1967 §36 Abs1;
LVR 1967 §36 Abs6;
LVR 1967 §69;
VwGG §34 Abs1;
ZLLV §2 Abs2;
ZLLV §2 Abs3 Z1;
ZLLV §27 Abs1;
ZLLV §31 Abs1;
ZLLV §40;
ZLLV §41 Abs1;
ZLLV §41 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Bumberger und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des S in N, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in O, gegen die "Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung" (Austro Control GmbH), wegen Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die Flugsicherungsstelle Graz am 10. September 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In seiner zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung durch Beschluß vom 13. März 1991, B 1197/90-4, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretenen Beschwerde, in der das Bundesamt für Zivilluftfahrt als belangte Behörde bezeichnet ist, bringt der Beschwerdeführer vor, er habe am 10. September 1990 den der Beschwerde in Ablichtung beigelegten Flugplan der Flugsicherungsstelle Graz, Betriebsdienst, welche Organ des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZ) sei, vorgelegt, um mit dem in diesem Flugplan bezeichneten Flugzeug OE-KSH, welches gemäß dem Bescheid des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. Dezember 1985 und entsprechend dem Lufttüchtigkeitszeugnis des BAZ vom 10. August 1990 für die gewerbsmäßige Vermietung zugelassen sei, einen Flug durchführen zu können. Dieser Flugplan sei mit der Begründung, das gegenständliche Luftfahrzeug sei nicht lufttüchtig, nicht angenommen worden. Das Luftfahrzeug sei aber gemäß § 40 der Zivilluftfahrzeug- und Luftfahrtgerät-Verordnung, BGBl. Nr. 415/1983 (ZLLV 1983) einer Nachprüfung unterzogen worden, wobei am 10. August 1990 vom BAZ festgestellt worden sei, daß das Luftfahrzeug lufttüchtig sei. Seit dem 10. August 1990 sei am Zustand des Luftfahrzeuges keine Veränderung eingetreten. Auch im Zeitraum zwischen dem 10. August 1990 und dem 10. September 1990 sei durch das BAZ keine Nachprüfung des Luftfahrzeuges erfolgt, sodaß die Nichtannahme des Flugplanes ohne Rechtsgrundlage erfolgt sei.

Nach den Bestimmungen der Luftverkehrsregeln 1967, BGBl. Nr. 56/1967 (LVR 1967), insbesondere der §§ 24, 66 und 69 Abs. 5, dürfe ein Luftfahrzeug auf dem Flugplatz Graz nur dann in Betrieb genommen werden, wenn ein Flugplan bei der dem BAZ zugehörigen Meldestelle für Flugverkehrsdienste, welche sich am Flugplatz Graz befinde, abgegeben werde. Auf Grund der Nichtannahme des Flugplanes habe der Beschwerdeführer keine Freigabe im Sinne des § 2 Z. 17 LVR 1967 - das sei im gegenständlichen Fall die Zustimmung zur Führung des Luftfahrzeuges - erhalten können. Dadurch sei er in seinem Recht auf Erlangung der Freigabe beschnitten worden.

Das BAZ bestritt in der Gegenschrift die Lufttüchtigkeit des Luftfahrzeuges des Beschwerdeführers zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt. Bei der Nachprüfung am 10. August 1990 sei eine Reihe von Mängeln festgestellt und deren Behebung vorgeschrieben worden. Diese Mängel seien nicht beseitigt worden. Die Flugsicherungsstelle Graz habe daher keine Abfertigung durchgeführt. Die im "Tagesbericht" der Flugsicherungsstelle Graz vom 10. September 1990 enthaltene und auf der Flugplankopie angebrachte Formulierung ("Keine Abfertigung, da Lufttüchtigkeit gem. PFLVG vom 10.9.90 nicht gegeben ist") bedeute, daß gemäß § 70 Abs. 2 LVR 1967 ein "vorläufiges Abflugverbot zwecks Verhinderung der Verletzung von Rechtsvorschriften" erlassen worden sei. Gemäß § 2 Abs. 2 ZLLV 1983 dürften Zivilluftfahrzeuge für im Lufttüchtigkeitszeugnis eingetragene Verwendungsarten, Einsatzarten und Navigationsarten nicht verwendet werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, daß die Lufttüchtigkeit für diese Verwendungen nicht oder nicht mehr gegeben sei. Da gemäß Feststellung der Prüfstelle Süd die Lufttüchtigkeit des Luftfahrzeuges des Beschwerdeführers nicht gegeben gewesen sei, habe die Einreichung des Flugplanes einen unzulässigen Versuch der rechtswidrigen Verwendung dieses Luftfahrzeuges bedeutet, sodaß die Flugsicherungsstelle Graz berechtigt gewesen sei, den Abflug des Luftfahrzeuges durch geeignete Maßnahmen zu verhindern. Diese Maßnahmen seien im konkreten Fall die Nichtannahme des Flugplanes und damit in weiterer Folge die Nichterteilung einer Freigabe für diesen Flug, womit das Abflugverbot gemäß § 70 Abs. 2 LVR 1967 konkretisiert worden sei.

In seiner Äußerung zu dieser Gegenschrift brachte der Beschwerdeführer vor, die Lufttüchtigkeit des in Rede stehenden Fluggerätes OE-KSH sei seitens des BAZ im Lufttüchtigkeitszeugnis, dem Bescheidcharakter zukomme, bestätigt worden. Da die Lufttüchtigkeit im Sinne des Antrages des Beschwerdeführers vom 10. August 1990 bestätigt worden sei, habe für den Beschwerdeführer in Ansehung des Prüfberichtes vom 10. August 1990 kein Rechtsschutz bestanden und stelle dieser Prüfbericht darüberhinaus auch keinen rechtserzeugenden Akt dar. Der Beschwerdeführer habe daher keine Möglichkeit gehabt, in einem ordnungsgemäßen Verfahren die Beanstandungsliste des BAZ zu bestreiten.

Zu Punkt 1 der Beanstandungsliste führte der Beschwerdeführer aus, die IFR-Eignungsprüfung der Luftfunkstelle sei seitens des Beschwerdeführers gemäß § 40 Abs. 1 Z. 6 ZLLV 1983 beantragt worden. Die Behörde habe diesbezüglich in der Beanstandungsliste angeführt "Eignung der Luftfunkstelle für IFR Flüge nachprüfen", was nichts anderes heiße als daß anläßlich der Prüfung vom 10. August 1990 seitens der belangten Behörde die ihr obliegende Prüfung nicht durchgeführt worden sei.

Am 9. August 1990 sei von der Firma X, einem luftfahrtbehördlich zugelassenen gewerbsmäßigen Luftfahrzeugwartungsunternehmen anläßlich einer vom Luftfahrzeughersteller vorgeschriebenen 100-Stundenkontrolle die Flugklarheit mittels der Wartungsbescheinigung im Sinne des § 53 Abs. 8 ZLLV 1983 bestätigt worden. Laut dem luftfahrtbehördlich genehmigten Pilot operation handbook des Flugzeugherstellers sei eine 100-Stundenkontrolle eine komplette Überprüfung des Flugzeuges und seiner Systeme. Aufgrund dieser kompletten Überprüfung sei das Flugzeug von dem verantwortlichen Wartungsbetrieb als flugklar bestätigt worden. Eine solche Wartungsbescheinigung hätte nicht erteilt werden dürfen, wenn Bedenken gegen den Weiterbestand der Lufttüchtigkeit bzw. der Betriebstüchtigkeit bestanden hätten (§ 53 Abs. 7 ZLLV 1983).

Zum Mangel Nr. 2 (Overboostvalve) führt der Beschwerdeführer aus, dieser Mangel betreffe weder die Flugklarheit noch die Lufttüchtigkeit. Eine Überprüfung sei im luftfahrtbehördlich vorgeschriebenen periodischen Wartungsprogramm des Flugzeugherstellers nicht vorgesehen, weshalb ungeachtet dessen auch die Bestätigung der Flugklarheit erfolgt sei und keine Bedenken gegen den Weiterbestand der Lufttüchtigkeit bzw. Betriebstüchtigkeit durch das Wartungsunternehmen bestanden hätten. Für den Fall, daß die belangte Behörde eine Überprüfung dieses Überdruckventiles als Voraussetzung für die Flugklarheit, Lufttüchtigkeit oder Betriebstüchtigkeit ansehe, wäre sie verpflichtet, eine entsprechende Lufttüchtigkeitsanweisung (§ 50 Abs. 3 ZLLV 1983) vorzuschreiben. Dies sei allerdings nicht geschehen, sodaß keinerlei Grundlage und Handhabe dafür gegeben sei, aufgrund dieses Mangels die Lufttüchtigkeit, Flugklarheit oder Betriebstüchtigkeit in Frage zu stellen. Eine Überprüfung des Überdruckventiles sei vom Hersteller nur im Rahmen von sogenannten "Engine set up procedures" vorgesehen, wie bei Motorinstandsetzungen oder Motorumbauten. Im übrigen diene dieses Überdruckventil nur als Schutz für den Motor, falls dieser jenseits der vorgeschriebenen Betriebsgrenzen verbotener Weise betrieben werden sollte. Es verhindere nicht die Überschreitung des zulässigen Ladedrucks, sondern begrenze diese Überschreitung auf einen Wert, der, da eben schon eine Überschreitung vorliege, nicht zulässig sei. Hiezu sei aber zu bemerken, daß jedes Flugzeug eine ganze Reihe von Betriebsgrenzen aufweise, die alle unerlaubter Weise überschritten werden könnten und wogegen es keine technischen Vorrichtungen gebe (z.B. Überschreitung der maximalen Geschwindigkeit etc.).

Schließlich bringt der Beschwerdeführer vor, sogar die amtsinterne Dienstanweisung der belangten Behörde laufe darauf hinaus, daß ein vorläufiges Abflugverbot erst nach Kontaktaufnahme und ausdrücklicher Feststellung der Luftuntüchtigkeit durch ein autorisiertes Prüforgan auszusprechen sei. Daß dies im vorliegenden Fall geschehen sei, behaupte nicht einmal die belangte Behörde. Gemäß der amtsinternen Dienstanweisung sei sofortiges Handeln nur bei Gefahr in Verzug vorgesehen. Halte man sich vor Augen, daß die belangte Behörde ausdrücklich und bescheidmäßig die Lufttüchtigkeit festgehalten und anerkannt habe, so könne die Argumentation der Behörde jedenfalls nicht zutreffen, daß das Flugzeug nicht lufttüchtig gewesen sei und schon gar nicht, daß Gefahr in Verzug bestanden habe. Die belangte Behörde lasse sich nicht auf eine sachliche Diskussion ein, ob die angeblichen Mängel tatsächlich die Lufttüchtigkeit beeinträchtigt hätten, sondern stelle sich allein auf den formalen Standpunkt, der nur durch den Prüfbericht gestützt werde. Im Rahmen einer Beanstandungsliste bei Überprüfung eines Fluggerätes werde alles, was der Behörde auffalle, aufgenommen, auch wenn keinerlei Beeinträchtigungen der Lufttüchtigkeit vorlägen. Hätte die belangte Behörde am 10. September 1990 tatsächlich festgestellt, daß das in Rede stehende Flugzeug trotz eines gültigen Lufttüchtigkeitszeugnisses nicht lufttüchtig gewesen sei, dann wären die entsprechenden Verfahren einzuleiten gewesen (§ 43 Abs. 1 ZLLV 1983).

In der Beanstandungsliste auf Blatt 3 des Prüfberichtes sei zu den Mängeln 3-5 angemerkt: "erledigt 12.9.1990 gemäß Arbeitsbericht". Das Datum 12. September 1990 sei aber nicht das Datum der Behebung der Mängel, sondern das Datum, an dem das Prüforgan die Mängelbehebung festgestellt habe. Der Beschwerdeführer habe sich bei der Werft die Originalbeanstandungsliste besorgt. Aus dieser gehe hervor, daß die zu 3., 4. und 5. in der Beanstandungsliste angeführten Mängel bereits am 20. August 1990 behoben worden seien. Daraus ergebe sich, daß zum Zeitpunkt der inkriminierten faktischen Amtshandlung nur mehr die Mängel 1 und 2 offen waren, wobei zum Mangel 1 nochmals darauf hingewiesen werde, daß dieser keinen Mangel im eigentlichen Sinn, sondern lediglich eine nicht vollständige Überprüfung durch die belangte Behörde selbst darstelle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum Zeitpunkt der Verweigerung der Annahme des Flugplanes stand das Luftfahrtgesetz (LFG) idF vor der Novelle BGBl. Nr. 452/1992 in Kraft. Das LFG in dieser Fassung berief in § 120 Abs. 1 zur Wahrnehmung der Flugsicherung, zu der u.a. die Luftverkehrsregelung einschließlich der Bewegungslenkung auf Flugplätzen, die Überwachung der Einhaltung der für Luftfahrzeuge geltenden Sicherheitsvorschriften und die luftfahrtbehördliche Abfertigung der Luftfahrzeuge einschließlich ihrer Besatzung gehört (§ 119 lit. a, e und f LFG), das durch § 139 LFG eingerichtete BAZ.

Die vom Beschwerdeführer bekämpfte Maßnahme zählt zur Flugsicherung; sie war daher dem BAZ zuzurechnen. Zu Recht wurde daher in der Beschwerde diese Behörde als belangte Behörde benannt.

Durch das Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr geändert werden, BGBl. Nr. 898/1993, wurde das BAZ durch die Austro Control GmbH ersetzt (§ 139 LFG).

Nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes BGBl. Nr. 898/1993 hat die Austro Control GmbH sämtliche dem BAZ im LFG sowie in den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen bisher übertragenen Aufgaben, ausgenommen jene, welche durch Verordnung gemäß § 140b LFG übertragen sind, wahrzunehmen. Die Austro Control GmbH ist demnach an die Stelle des BAZ getreten und übernimmt somit im vorliegenden Verfahren auch deren Stellung als belangte Behörde.

Der Beschwerdeführer bekämpft die Verweigerung der Annahme eines Flugplanes als Maßnahme unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.

Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde vorgebracht, es habe sich bei dem von ihm geplanten Flug um einen Flug gehandelt, der nur nach Abgabe eines Flugplanes durchgeführt werden durfte, und hat dabei insbesondere auf § 36 LVR 1967 verwiesen. Demnach handelte es sich bei diesem geplanten Flug um einen kontrollierten Flug. Das BAZ hat dem in der Gegenschrift nicht widersprochen. Da auch sonst kein Grund für Zweifel an dieser Behauptung hervorgekommen ist, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß es sich bei dem in Rede stehenden geplanten Flug um einen kontrollierten Flug handelte.

Kontrollierte Flüge bedürfen nach § 36 Abs. 1 LVR 1967 einer Freigabe. Darunter sind nach § 2 Z. 17 LVR 1967 dem verantwortlichen Piloten von einer Flugverkehrskontrollstelle erteilte Zustimmungen oder Anordnungen, sein Luftfahrzeug unter den von der Flugverkehrskontrollstelle mit Rücksicht auf die Sicherheit der Luftfahrt festgelegten Bedingungen, Auflagen und Befristungen zu führen, zu verstehen. Die Freigabe ist durch Übermittlung eines Flugplanes (§ 25 Abs. 1 ) an die in Betracht kommende Flugverkehrskontrollstelle (§ 69) zu beantragen (§ 36 Abs. 1 LVR 1967). Darf ein Flug aber nur nach einer von der Übermittlung eines Flugplanes abhängigen Freigabe durchgeführt werden, so nimmt die Verweigerung der Annahme des Flugplanes dem Betroffenen die Möglichkeit zur Durchführung dieses Fluges. Eine solche Verweigerung impliziert damit das Verbot der Durchführung des Fluges. Die Nichteinhaltung dieses Verbotes steht unter Strafsanktion (§ 146 Abs. 1 LFG). Die Maßnahme, die den Gegenstand der Beschwerde bildet, stellt daher die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1982, Slg. N.F. 10.768/A).

Die Beschwerde ist daher zulässig.

Nach § 36 Abs. 6 LVR 1967 sind Freigaben ausschließlich entsprechend den Bestimmungen über die Aufgaben des Flugverkehrskontrolldienstes (§ 68 Abs. 1, § 69 Abs. 6 und § 72) zu erteilen.

Nach § 69 Abs. 6 LVR 1967 haben die Flugverkehrskontrollstellen die Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung und der sonstigen Luftfahrtrechtsvorschriften zu überwachen.

Zu den sonstigen Luftfahrtrechtsvorschriften gehört auch die ZLLV 1983.

Nach § 2 Abs. 2 erster Satz ZLLV 1983 dürfen Zivilluftfahrzeuge für im Lufttüchtigkeitszeugnis eingetragene Verwendungsarten, Einsatzarten und Navigationsarten nicht verwendet werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Lufttüchtigkeit für diese Verwendungen nicht oder nicht mehr gegeben ist.

§ 2 Abs. 3 Z. 1 ZLLV 1983 bestimmt, daß, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt wird, die Verwendung von Zivilluftfahrzeugen und zulassungspflichtigem Zivilluftfahrtgerät außerdem unzulässig ist, wenn eine nach den Bestimmungen des § 40 erforderliche Nachprüfung trotz amtlicher Terminsetzung nicht durchgeführt oder der Bestand der Lufttüchtigkeit bzw. Betriebstüchtigkeit nicht beurkundet worden ist.

Nach § 27 Abs. 1 ZLLV 1983 hat das BAZ für Zivilluftfahrzeuge auf Antrag Lufttüchtigkeitszeugnisse nach dem Muster 2 der Anlage A auszustellen, sofern aufgrund einer Prüfung gemäß den §§ 31 bis 42 keine Bedenken gegen die Lufttüchtigkeit (§ 17 des Luftfahrtgesetzes) bestehen.

§ 31 Abs. 1 ZLLV 1983 bestimmt, daß das BAZ zur Feststellung der Lufttüchtigkeit von Zivilluftfahrzeugen Musterprüfungen (§ 32), Stückprüfungen (§ 37) und Nachprüfungen (§ 40) durchzuführen und über diese Prüfungen Prüfberichte zu erstellen, den Antragstellern bzw. Haltern Einsicht zu gewähren und sie über die Ergebnisse des Verfahrens und allfällige weitere Verfahrenserfordernisse in Kenntnis zu setzen hat.

Im Beschwerdefall handelt es sich bei der von einer Organisationseinheit des BAZ am 10. August 1990 durchgeführten Überprüfung des in Rede stehenden Luftfahrzeuges um eine Nachprüfung im Sinne des § 40 ZLLV 1983.

Dem Lufttüchtigkeitszeugnis für das Flugzeug OE-KSH ist zu entnehmen, daß dieses Luftfahrzeug dann als lufttüchtig anzusehen ist, wenn es entsprechend den Vorschriften des Abkommens über die internationale Zivilluftfahrt, der ZLLV 1983 sowie dem Flughandbuch und dem Wartungshandbuch betrieben und gewartet wird.

Zur Feststellung des Weiterbestandes der Lufttüchtigkeit von Zivilluftfahrzeugen sind diese gemäß § 40 ZLLV 1983 einer Nachprüfung zu unterziehen. Über Nachprüfungen sind nach § 41 Abs. 1 ZLLV 1983 Prüfberichte zu erstellen; einen Teil dieser Nachprüfberichte bilden der Befundbericht und die Beanstandungsliste (§ 41 Abs. 2), in denen alle festgestellten Mängel zu verzeichnen und für deren Behebung Fristen vorzuschreiben sind.

Im Punkt l des von der belangten Behörde vorgelegten Befundberichtes findet sich folgender Vermerk:

"Die Funktion und das Betriebsverhalten - am Boden und im Fluge - waren für die Feststellung der Lufttüchtigkeit ausreichend; das Luftfahrzeug ist - nach termingerechter Behebung der auf Blatt 3 angeführten Beanstandungen - für (es folgen die Verwendungs-, Einsatz- und Navigationsarten) als lufttüchtig anzusehen."

Das erwähnte Blatt 3 des Prüfberichtes ist mit "Beanstandungsliste" überschrieben und enthält in der Rubrik "Beanstandung" 5 Punkte. Punkt 1 enthält die Vorschreibung "Eignung der Luftfunkstelle für IFR Flüge nachprüfen (Prüfstelle BAZ-Zentrale)"; Punkt 2 betrifft die Overboostvalve. Unter der Rubrik "Frist" ist bei Beanstandung Nr. 1 der 10. September 1990 eingetragen, bei den Punkten 2 bis 5 findet sich der Vermerk "sofort".

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wurde demnach die Lufttüchtigkeit nicht uneingeschränkt beurkundet, sondern nur für den Fall, daß die Mängel Nr. 2 bis 5 der Beanstandungsliste sofort, der Mangel 1 bis 10. September 1990 behoben wurde.

Unbestritten ist, daß der nach der Beanstandungsliste sofort zu behebende Mangel Nr. 2 (Overboostvalve) am 10. September 1990 noch nicht behoben war. Daraus folgt, daß an diesem Tag die Bedingungen für die Beurkundung der Lufttüchtigkeit nicht erfüllt waren, die Lufttüchtigkeit daher nicht beurkundet war. Allein daran knüpft § 2 Abs. 3 ZLLV 1983 die Unzulässigkeit der Verwendung von Zivilluftfahrzeugen, ohne daß es darauf ankommt, ob die Lufttüchtigkeit zu Recht oder zu Unrecht nicht beurkundet wurde. Solange eine derartige - uneingeschränkte - Beurkundung nicht vorliegt, darf das Luftfahrzeug nicht verwendet werden.

Ob die Beurkundung der Lufttüchtigkeit zu Recht oder zu Unrecht verweigert wurde, wäre in einem eigenen Verfahren zu klären gewesen. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die - nur bedingt ausgesprochene - Beurkundung der Lufttüchtigkeit einen Bescheid darstellt, wie der Beschwerdeführer meint, oder nicht, da die Lösung dieser Frage für den Beschwerdefall ohne Belang ist. Sowohl bei Annahme eines Bescheides als auch bei Verneinung der Bescheidqualität des Lufttüchtigkeitszeugnisses hatte der Beschwerdeführer die Möglichkeit, die Frage der Lufttüchtigkeit des Luftfahrzeuges in einem eigenen Verfahren zu klären: Handelte es sich um einen Bescheid, dann waren dagegen die entsprechenden Rechtsmittel zu ergreifen; handelte es sich nicht um einen Bescheid, so hatte der Beschwerdeführer das Recht, die Erlassung eines Bescheides zu begehren.

Nach § 36 Abs. 6 LVR 1967 war bei der Freigabe des Fluges § 69 Abs. 6 LVR 1967 zu beachten. Nach dieser Bestimmung haben die Flugverkehrskontrollstellen die Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung und der sonstigen Luftfahrtrechtsvorschriften zu überwachen.

Da die Lufttüchtigkeit des Luftfahrzeuges des Beschwerdeführers am 10. September 1990 nicht beurkundet war, durfte das Luftfahrzeug gemäß § 2 Abs. 2 und 3 Z. 1 ZLLV 1983 nicht verwendet werden. Es erfolgte daher zu Recht keine Freigabe.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Faktische Amtshandlungen siehe Art 129a Abs1 Z2 ( früher Art 131a B-VG)Zurechnung von OrganhandlungenBescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete DiversesAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1991030089.X00

Im RIS seit

05.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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