TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/28 95/05/0022

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Veröffentlicht am 28.03.1995
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Index

L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §7;
AVG §1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
ROG OÖ 1972 §25 Abs2;
ROG OÖ 1994 §38 Abs4;
ROG OÖ 1994 §38;
ROG OÖ 1994 §39 Abs2;
ROG OÖ 1994 §39 Abs6;
ROG OÖ 1994 §40;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der U in N, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. Juni 1994, Zl. BauR-020233/1-1994 Stö/Lan, betreffend Entschädigung gemäß § 25 Abs. 2 O.ö. ROG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr beigelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde vom 17. August 1993 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung einer Entschädigung gemäß § 25 des O.ö. ROG 1972, LGBl. Nr. 18 in der damals geltenden Fassung, für die Wertminderung der Grundstücke Nr. 2006/2 und 2008, KG Linz, wegen der Ausweisung der Widmung "Grünland - Grünzug" in dem seit 10. Mai 1988 rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung wurde im wesentlichen auf § 25 Abs. 3 O.ö. ROG 1972 gestützt, wonach der Antrag auf Entschädigung bei sonstigem Anspruchsverlust innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten des den Anspruch begründenden Flächenwidmungsplanes bei der Bezirksverwaltungsbehörde einzubringen ist.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. Juni 1994 als unzulässig zurückgewiesen. Begründet wurde dies nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens damit, daß in dem mit 1. Jänner 1994 in Kraft getretenen O.ö. ROG 1994, LGBl. Nr. 114/1993, die Entschädigungsbestimmungen des bis dahin in Geltung gestandenen O.ö. ROG 1972 geändert worden seien. Demnach sei gemäß § 38 Abs. 4 O.ö. ROG 1994 gegen eine Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde keine Berufung zulässig. Jede Partei könne jedoch innerhalb von 6 Monaten nach Zustellung des Bescheides der Bezirksverwaltungsbehörde die Entscheidung im Verfahren außer Streitsachen bei jenem Bezirksgericht begehren, in dessen Sprengel sich das Grundstück befinde. Aufgrund dieser Bestimmung sei die Oberösterreichische Landesregierung seit dem 1. Jänner 1994 zur Entscheidung über Berufungen im Entschädigungsverfahren gemäß § 25 O.ö. ROG 1972 nicht mehr zuständig.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 29. November 1994, Zl. B 1.459/94-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Entscheidung in der Sache bei Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen der Berufung und auf Gewährung der Entschädigung gemäß § 25 ROG verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Zeitpunkt der Einbringung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde vom 17. August 1993 war auf Grund der damals in Geltung stehenden Bestimmungen des § 25 des O.ö. ROG 1972 gegen eine Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde eine Berufung zulässig. Über diese Berufung wurde bis zum 31. Dezember 1993 nicht entschieden.

Das O.ö. ROG 1994, LGBl. Nr. 114/1993, das am 1. Jänner 1994 in Kraft getreten ist, enthält keine Übergangsbestimmungen für anhängige Entschädigungsverfahren. Dieses Gesetz war daher entsprechend seinem § 38 mit 1. Jänner 1994 auf anhängige Entschädigungsverfahren in der Form anzuwenden, daß nach der Bestimmung des § 38 Abs. 4 O.ö. ROG 1994 gegen Entscheidungen der Bezirksverwaltungsbehörde keine Berufung mehr zulässig war.

Nach der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zum Wegfall eines Rechtsmittels nach erfolgter Gesetzesänderung und zur Erlassung von Übergangsbestimmungen für anhängige Verfahren hat die Berufungsbehörde mangels einer ausdrücklichen Übergangsbestimmung das im Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltende Verfahrensrecht anzuwenden. Falls sie infolge der neugeregelten Abkürzung des Instanzenzuges unzuständig geworden ist, hat sie dies auch im anhängigen Berufungsverfahren wahrzunehmen. Die Berufung ist daher von der in der Sache unzuständig gewordenen Berufungsbehörde als unzulässig zurückzuweisen (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 529, E 1a zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie die schon im Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 1994 zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg. Nr. 8.355/1978 und 9.428/1982). Der Verfassungsgerichtshof hat sich im genannten Erkenntnis VfSlg. 8.355/1978 auch mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit durch die dort angewendete, hier vergleichbare Regelung Rechtsschutzmöglichkeiten verschlechtert werden. Unter Hinweis auf ein Vorerkenntnis führte er aus, mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens jenes Gesetzes, welches die Berufungsmöglichkeit nahm, beginne die Beschwerdefrist an den Verfassungsgerichtshof. Gleiches muß für die im § 38 Abs. 4 O.ö. ROG vorgesehene Anrufung des Bezirksgerichtes gelten. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von seiner Judikatur abzugehen.

Der Auffassung der Beschwerdeführerin, e contrario ergebe sich aus § 39 Abs. 2 O.ö. ROG 1994, daß für ANDERE Verfahren die Altrechtslage weiter bestehe, ist entgegenzuhalten: Weder aus dem Gesetzeswortlaut, noch aus den Materialien läßt sich entnehmen, daß mit dieser Bestimmung eine besondere, nur die dort genannten Verfahren treffende Übergangsbestimmung geschaffen werden sollte, zumal § 40 O.ö. ROG die unverzügliche Wirksamkeit des neuen Rechts gebietet. Der Umkehrschluß, der analoger Ausdehnung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung entgegensteht, ist allein dann begründet, wenn Zweck und Wert des Gesetzes NUR auf den ausdrücklich vom Gesetz erfaßten Tatbestand zutreffen; ist kein Grund für eine verschiedene Behandlung erfindlich, so ist Analogie und nicht Umkehrschluß geboten (Bydlinski in Rummel2, Rz 3 zu § 7 ABGB). Hingegen schuf der Gesetzgeber durch § 39 Abs. 6 O.ö. ROG eine ausdrückliche Ausnahme zu § 40 O.ö. ROG, "um sachlich nicht gerechtfertigte Mehrbelastungen von Grundstückseigentümern zu vermeiden, die vor Inkrafttreten dieses Landesgesetzes Anschlußgebühren oder -beiträge bereits entrichtet haben" (Beilage 340/1993 zum kurzschriftlichen Bericht des O.ö. Landtages, XXIV. Gesetzgebungsperiode). Dies läßt ohne weiteres den Schluß zu, daß hinsichtlich der Verfahrensbestimmungen im § 38 O.ö. ROG keine Lücke vorliegt, sondern der Gesetzgeber auch dort § 40 O.ö. ROG angewendet wissen will.

Das von der Beschwerdeführerin zitierte hg. Erkenntnis vom 20. September 1978, Zl. 1634/78, Slg. Nr. 9.638/A, bezieht sich nicht auf einen Fall, in dem der Instanzenzug durch Änderung der Rechtslage verkürzt wurde. Im übrigen wurde das Erkenntnis unvollständig zitiert; der entscheidende Rechtssatz lautet:

"Eine darnach unzulässige und daher von der Berufungsbehörde zwingend zurückzuweisende Berufung kann nicht nach Ablauf der Rechtsmittelfrist in eine zulässige Berufung umgewandelt werden".

Von der in dem hg. Beschluß vom 3. Mai 1966, Zl. 595/66, geäußerten Rechtsansicht, auf die sich die Beschwerdeführerin bezieht, ist der Verwaltungsgerichtshof im seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. Juni 1968, Slg. Nr. 7.370/A, abgegangen. Er vertritt seither die oben angeführte Judikatur.

Durch die Zurückweisung der Berufung gegen den Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde ist daher die Beschwerdeführerin in keinem Recht verletzt worden.

Da somit bereits die vorliegende Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise Änderung der Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995050022.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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