TE Lvwg Erkenntnis 2024/10/21 LVwG-1-863/2023-R13

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.2024
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

21.10.2024

Index

10/11 Vereinsrecht Versammlungsrecht
19/05 Menschenrechte
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VersammlungsG 1953 §7
VStG §1 Abs1
MRK Art7 Abs1

Anmerkung

Gegenteilige Rechtsansicht wird vom LVwG Vorarlberg im Erkenntnis vom 10.06.2024, Zl LVwG-1-915/2023-R10, vertreten.

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch die Richterin Dr. Isabel Vonbank, LL.M. über die Beschwerde der A S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 16.11.2023, Zl X, betreffend Übertretungen des Versammlungsgesetzes (VersammlungsG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch die Richterin Dr. Isabel Vonbank, LL.M. über die Beschwerde der A S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 16.11.2023, Zl römisch zehn, betreffend Übertretungen des Versammlungsgesetzes (VersammlungsG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde gegenGemäß Paragraph 50, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde gegen

●     Spruchpunkt 1. Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt;

●     Spruchpunkt 2. keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 20 % der über sie zu Spruchpunkt 2. verhängten Geldstrafe, mindestens jedoch 10 Euro zu bezahlen. Daher ergibt sich ein Kostenbeitrag von 20 Euro. Dieser Betrag ist zusammen mit der Geldstrafe und dem Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens an die Bezirkshauptmannschaft B zu entrichten.Gemäß Paragraph 52, Absatz eins und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 20 % der über sie zu Spruchpunkt 2. verhängten Geldstrafe, mindestens jedoch 10 Euro zu bezahlen. Daher ergibt sich ein Kostenbeitrag von 20 Euro. Dieser Betrag ist zusammen mit der Geldstrafe und dem Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens an die Bezirkshauptmannschaft B zu entrichten.

Hinweis: Sie müssen somit einen Gesamtbetrag von 130 Euro binnen 14 Tagen an die Bezirkshauptmannschaft B bezahlen. Betreffend die Bezahlung der Strafe beachten Sie bitte die Anlage.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.              Im angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschuldigten vorgeworfen:

„Spruch

1.   

Datum/Zeit:                  06.07.2023, 08:25 Uhr – 08:45 Uhr

Ort:                           xxxx B, R x, Vorplatz des Landhauses

 

Sie haben unter freiem Himmel im Umkreis von 300 m vom Sitz des Landtages entfernt, an einer allgemein zugänglichen Versammlung mit dem Thema "S" teilgenommen, obwohl sich der Landtag ab 09.00 Uhr im Landhaus versammelte und während der Landtag versammelt ist im Umkreis von 300 m von ihrem Sitze keine Versammlung unter freiem Himmel stattfinden darf.

2.   

Datum/Zeit:                  06.07.2023, 08:45 Uhr – 08:51 Uhr

Ort:                           xxxx B, R x, Vorplatz des Landhauses

 

Sie haben es als Teilnehmerin der Versammlung zum Thema "S" unterlassen, die Versammlung sogleich zu verlassen und auseinanderzugehen, nachdem die Versammlung vom Behördenvertreter um 08:45 Uhr für aufgelöst erklärt worden war, da Sie bis zumindest 08:51 Uhr am Versammlungsort verblieben sind.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.   

§ 7 Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953, idF BGBl. Nr. 392/1968Paragraph 7, Versammlungsgesetz 1953, Bundesgesetzblatt Nr. 98 aus 1953,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Nr. 392 aus 1968,

2.   

§ 14 Abs. 1 Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953Paragraph 14, Absatz eins, Versammlungsgesetz 1953, Bundesgesetzblatt Nr. 98 aus 1953,

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

1. € 100,00

5 Tage(n) 20 Stunde(n) 0 Minute(n)

§ 19 Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953, idF BGBl. I Nr. 50/2012Paragraph 19, Versammlungsgesetz 1953, Bundesgesetzblatt Nr. 98 aus 1953,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 50 aus 2012,

2. € 100,00

5 Tage(n) 20 Stunde(n) 0 Minute(n)

§ 19 Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953, idF BGBl. I Nr. 50/2012Paragraph 19, Versammlungsgesetz 1953, Bundesgesetzblatt Nr. 98 aus 1953,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 50 aus 2012,

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:Ferner haben Sie gemäß Paragraph 64, des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 20,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 220,00“

2.              Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt sie im Wesentlichen vor, ihre Zusammenkunft sei dem Umstand geschuldet gewesen, dass der Vorarlberger Landtag bzw. die gewählten Volksvertreter ihre Pflichten, die in der Landesverfassung in Art 7 festgeschrieben seien, seit Jahren missachten würden. Keine der anwesenden Personen, ebenso wie sie, habe die Arbeit der Abgeordneten zum Landtag stören wollen, im Gegenteil hätten sie die gewählten Volksvertreter nachdrücklich an den laut Landesverfassung festgeschriebenen Schutz des Lebens und den dort ebenfalls festgehaltenen Klimaschutz erinnern wollen. Die Bundesregierung habe zudem bereits am 26.09.2019 den climate emergency ausgerufen. Trotzdem würden die Bundesregierung und die Vorarlberger Landesregierung bzw. die gewählten Vertreter im Landtag § 3 des Bundesverfassungsgesetzes über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung nachhaltig nicht einhalten. Die Republik Österreich bekenne sich zum umfassenden Umweltschutz. Umfassender Umweltschutz sei die Bewahrung der natürlichen Umwelt als Lebensgrundlage des Menschen vor schädlichen Einwirkungen. 2.              Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt sie im Wesentlichen vor, ihre Zusammenkunft sei dem Umstand geschuldet gewesen, dass der Vorarlberger Landtag bzw. die gewählten Volksvertreter ihre Pflichten, die in der Landesverfassung in Artikel 7, festgeschrieben seien, seit Jahren missachten würden. Keine der anwesenden Personen, ebenso wie sie, habe die Arbeit der Abgeordneten zum Landtag stören wollen, im Gegenteil hätten sie die gewählten Volksvertreter nachdrücklich an den laut Landesverfassung festgeschriebenen Schutz des Lebens und den dort ebenfalls festgehaltenen Klimaschutz erinnern wollen. Die Bundesregierung habe zudem bereits am 26.09.2019 den climate emergency ausgerufen. Trotzdem würden die Bundesregierung und die Vorarlberger Landesregierung bzw. die gewählten Vertreter im Landtag Paragraph 3, des Bundesverfassungsgesetzes über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung nachhaltig nicht einhalten. Die Republik Österreich bekenne sich zum umfassenden Umweltschutz. Umfassender Umweltschutz sei die Bewahrung der natürlichen Umwelt als Lebensgrundlage des Menschen vor schädlichen Einwirkungen.

Im Übrigen werde von der Bezirksverwaltungsbehörde mit zweierlei Maß gemessen. Bei der Landtagssitzung am 11. April 2015 habe ab ca 18:30 Uhr ein Protestkonzert des Blasmusikverbandes für die Beibehaltung der Militärmusik stattgefunden, obwohl gleichzeitig noch der Landtag bis 18:52 Uhr getagt habe. Der Protest der über 1.000 Menschen sei bis in den Sitzungssaal hörbar gewesen, dieser Protest sei, obwohl er innerhalb der aufrechten Bannmeile stattgefunden habe, nicht behördlich aufgelöst worden, im Gegenteil, laut Foto hätten der Landtagspräsident S, die damaligen Landesräte S und R sowie der Landeshauptmann W eine Petition von W B vom Blasmusikverein entgegengenommen.

Der Bau weiterer Straßen ziehe neben der während der Bauphase entstehenden Klimaschäden und nachhaltiger Zerstörung weiteren Verkehr nach sich. Seit Jahrzehnten liefere die Wissenschaft den Beweis, dass neue Straßen keine Mittel gegen Staus seien und keinesfalls den Verkehr eindämmen würden. Im Gegenteil, Schnellstraßen und Untertunnelungen würden den Komfort beim Autofahren erhöhen. Es gehe schneller und bequemer. Aber nicht lange, denn neue Straßen würden neue Autos/neuen Schwerverkehr anziehen. Es handle sich dabei um wenige Wochen oder höchstens Monate, dann würden dort, wo neu gebaut worden sei, dieselben Staus und das gleiche Verkehrsaufkommen wie vor dem Ausbau entstehen. Werde die Tunnelspinne in Feldkirch gebaut, gebe es innerhalb kürzester Zeit dieselben Staus, noch mehr Emissionen, noch mehr CO²-Belastung, noch mehr Naturvernichtung. Auf diesen Umstand hätten sie die verantwortlichen Politiker nochmals und nachdrücklich hinweisen wollen. Sie dürften keine Zeit mehr verlieren, die Klimakatastrophe sei bereits eingetreten. Die Extremwetterereignisse der letzten Monate, zurzeit Somalia – hier seien Hunderttausende Menschen aktuell auf der Flucht – würden dies mehr als deutlich zeigen.

Ob die Auflösung der Versammlung rechtmäßig gewesen sei, sei mangels Angabe der belangten Behörde zur Begründung der Auflösung nicht nachvollziehbar und keiner konkreten Argumentation zugänglich. An dieser Stelle werde auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verwiesen. Nicht jeder Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, andere Gesetze und auch nicht jede Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung, würden eine Auflösung rechtfertigen, vielmehr sei sie als einschneidender Eingriff in die Versammlungsfreiheit nur zulässig, wenn sie zur Wahrung eines der in Art 11 Abs 2 EMRK aufgezählten Schutzgüter unerlässlich sei. Die Ausübung dieser Rechte dürfe keiner anderen Einschränkung unterworfen werden als den vom Gesetz vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der äußeren und inneren Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutze der Rechte und Freiheiten anderer notwendig seien. In seiner Rechtsprechung zur Untersagung von Versammlungen habe der Verfassungsgerichtshof weiters ausgesprochen, dass beispielsweise nicht unbeträchtliche Verkehrsbehinderungen im Interesse der Versammlungsfreiheit in Kauf zu nehmen seien. Ein friedliches Erinnern der gewählten Landesmandatare an die dringlichste und existenziell wichtigste Aufgabe - den Schutz der Lebensgrundlagen - endlich zu veranlassen, gefährde weder die innere noch die äußere Sicherheit oder die Aufrechterhaltung der Ordnung. Vielmehr gefährde die Untätigkeit der Politik ihrer aller Lebensgrundlagen nachhaltig. Die Versammlung sei überdies ruhig und friedfertig verlaufen, alle Personen hätten ungehindert passieren können. Im Lichte dessen und vor dem Hintergrund der oben zitierten Rechtsprechung sei hier nicht nachvollziehbar, inwiefern die Versammlung, an der teilgenommen worden sei, eine so schwerwiegende Gefahr oder Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit oder des öffentlichen Wohles hervorgerufen hätte, dass die Auflösung gemäß § 11 Abs 2 EMRK berechtigt gewesen wäre. Ob die Auflösung der Versammlung rechtmäßig gewesen sei, sei mangels Angabe der belangten Behörde zur Begründung der Auflösung nicht nachvollziehbar und keiner konkreten Argumentation zugänglich. An dieser Stelle werde auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verwiesen. Nicht jeder Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, andere Gesetze und auch nicht jede Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung, würden eine Auflösung rechtfertigen, vielmehr sei sie als einschneidender Eingriff in die Versammlungsfreiheit nur zulässig, wenn sie zur Wahrung eines der in Artikel 11, Absatz 2, EMRK aufgezählten Schutzgüter unerlässlich sei. Die Ausübung dieser Rechte dürfe keiner anderen Einschränkung unterworfen werden als den vom Gesetz vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der äußeren und inneren Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutze der Rechte und Freiheiten anderer notwendig seien. In seiner Rechtsprechung zur Untersagung von Versammlungen habe der Verfassungsgerichtshof weiters ausgesprochen, dass beispielsweise nicht unbeträchtliche Verkehrsbehinderungen im Interesse der Versammlungsfreiheit in Kauf zu nehmen seien. Ein friedliches Erinnern der gewählten Landesmandatare an die dringlichste und existenziell wichtigste Aufgabe - den Schutz der Lebensgrundlagen - endlich zu veranlassen, gefährde weder die innere noch die äußere Sicherheit oder die Aufrechterhaltung der Ordnung. Vielmehr gefährde die Untätigkeit der Politik ihrer aller Lebensgrundlagen nachhaltig. Die Versammlung sei überdies ruhig und friedfertig verlaufen, alle Personen hätten ungehindert passieren können. Im Lichte dessen und vor dem Hintergrund der oben zitierten Rechtsprechung sei hier nicht nachvollziehbar, inwiefern die Versammlung, an der teilgenommen worden sei, eine so schwerwiegende Gefahr oder Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit oder des öffentlichen Wohles hervorgerufen hätte, dass die Auflösung gemäß Paragraph 11, Absatz 2, EMRK berechtigt gewesen wäre.

Unprofessionelle und nichthörbare Auflösung der Versammlung:

Die Auflösung der Versammlung sei für den Großteil der Anwesenden, wie auch für sie nicht wahrnehmbar (hörbar) gewesen, es sei kein Megafon zum Einsatz gekommen. Die Auflösung der Versammlung sei unprofessionell gewesen und habe den Anwesenden nicht die Chance gegeben, sich zu entfernen.

Rechtfertigender Notstand:

Abgesehen davon, dass die Versammlung unrechtmäßig aufgelöst worden sei, mangle es den Handlungen auch deswegen an der Rechtswidrigkeit, weil diese durch rechtfertigenden Notstand gerechtfertigt seien. Das Europäische Parlament habe explizit den Klimanotstand ausgerufen und damit, wie zahlreiche weitere Institutionen weltweit, signalisiert, dass es die eindringlichen Warnungen seitens der Wissenschaft bemerkt habe. In der Schweiz habe ein Bezirksgericht Klimaaktivisten wegen rechtfertigenden Notstandes freigesprochen, nachdem sie sich trotz Aufforderung nicht aus einer Bankfiliale entfernt hätten, wo sie auf klimaschädliche Investitionen aufmerksam gemacht hätten. Am 05.04.2023 hätten sich Österreichs Universitäten hinter die Klimabewegung gestellt. Warnungen der Wissenschaft und Anliegen friedlicher Formen des zivilen Protests müssten ernstgenommen werden. In der Aussendung habe es geheißen, als PionierInnen einer nachhaltigen Entwicklung stellen sich die österreichischen Universitäten angesichts der geringen Ambitionen der österreichischen Regierung bei der Umsetzung der Klimaziele bzw Ignoranz wissenschaftlicher Evidenz solidarisch hinter die große Gruppe führender Wissenschaftler, die disziplinen- und universitätsübergreifend nicht müde werde, auf die dramatische Folge der Klima- und Biodiversitätskrise hinzuweisen. Die österreichische Universitätskonferenz richte daher erneut einen dringenden Appell an die Bundesregierung. Am Freitag, den 21.04.2023 hätten sich 1.400 Fachleute hinter die Klimaproteste gestellt und bestätigt, dass der Protest als letztes Mittel legitim sei. Der Appell an die Behörden und die Regierung laute: „Handeln statt Kriminalisierung“. Die Behörde und das Verwaltungsgericht würden ersucht, dass man auf die Universitäten und 1.400 Fachleute höre. Durch die eskalierende Klimakatastrophe, die sie jetzt gerade beobachten könnten, würden unmittelbar drohenden Nachteile und eine existenzielle Gefahr für das menschliche Leben entstehen. Das sei nicht die Meinung von „fehlgeleiteten Klimaaktivisten“, diese Feststellung basiere auf wissenschaftlich erhobenen Messtatsachen. Vielfach durchgeführte Studien würden dies belegen. Klimaschutz sei kein Hobby, es sei Menschenschutz. Auch die EU habe diese Tatsache bereits 2019 anerkannt. In einem Zukunftsbericht heiße es in der Einleitung: „An increase of 1.5 degrees is the maximum the planet can tolerate; should temperatures increase further beyond 2030, we will face even more droughts, floods, extreme heat an poverty for hundreds of millions of people. The likely demise of the most vulnerable populations – and at worst, the extinction of humandkind altogether.“

Bereits 2021 habe der renommierte Klimaforscher Professor Hans-Joachim Schellenhuber gesagt: „Ich sage Ihnen, dass wir unsere Kinder in einen globalen Schulbus hineinschieben, der mit 98 % Wahrscheinlichkeit tödlich verunglückt“. Er versuche alles Friedliche in seiner Macht Stehende zu tun, um die Regierung an ihre Verantwortung für den Schutz der Menschen in Österreich zu erinnern. Dieser Protest sei Teil davon. Die Güterabwägung sei klar. Für die Annahme eines rechtfertigenden Notstandes sei es erforderlich, dass das zu rettende Gut höherwertiger sei als das verletzte Gut. Die voranschreitende Klimakrise gefährde die Lebensbedingungen nachhaltig und stelle eine Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Menschen dar. Durch die Handlungen solle bewirkt werden, dass politische Entscheidungsträger endlich die notwendigen Schritte setzen würden, um einem weiteren Voranschreiten der Erderhitzung entgegenzuwirken, sodass schwerwiegende Schäden an Menschen und Umwelt noch verhindert werden können. Die Rechtsgüter Leib und Leben sowie das Allgemeinrechtsgut Umwelt seien jedenfalls höherwertig als die Nachteile, die aus einer vermeintlichen Beeinträchtigung durch 15 Minuten Sitzungsverzögerung entstehen würden. Sofortige Systemübergänge seien notwendig. Erst kürzlich sei der neueste Synthesebericht des Weltklimarates vorgestellt worden. Die Wissenschaftler hätten betont, dass es jetzt dramatische Änderungen in den bestehenden ökonomischen Strukturen brauche. Jede weitere Verzögerung berge brachiale Risiken. Antonio Guterres, der UN Präsident, kommentiere den Bericht mit „Verzögerung bedeutet Tod“. Trotzdem handle unsere Regierung nicht. Sie hätten kein Klimaschutzgesetz in Österreich. Nicht einmal einfachste Schutzmaßnahmen, wie zB eine Temporeduktion, würden umgesetzt. Der Bau neuer Straßen, wie das Großprojekt Tunnelspinne, befeuere den CO²Ausstoß noch einmal maßlos. Die Notstandshandlung müsse des Weiteren das angemessenste Mittel darstellen, um die Gefahr von dem bedrohten Rechtsgut abzuwenden, bzw. dürfe kein anderer schonenderer Weg zur Rettung des höherwertigen Guts zur Verfügung stehen. Ziviler Ungehorsam sei in dieser Notsituation ein angemessenes Mittel. Alle Klimaschutzaktivitäten und jeder Klimaaktivismus inklusive zivilem friedlichen Ungehorsams seien unabdingbar zur Abwehr der Klimakatastrophe. Friedlicher ziviler Ungehorsam als erfolgreichste Protestform der Geschichte sei geeignet, um auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen und die Regierung zum Handeln zu bewegen. Die Forschung von Erica Chenoweth, Professorin an der Stanford University, belege das. Die Angemessenheit könnte verneint werden, wenn politische Entscheidungsträger bereits hinreichende Maßnahmen setzen würden, um schwerwiegende Schäden, die aus der Erderhitzung resultieren, abzuwenden. Dies sei jedoch nicht der Fall. Vielmehr sei die Klimakatastrophe durch die aktuellen Maßnahmen gefördert, in dem Steuergeld zur Finanzierung der Verbrennung fossiler Brennstoffe zur Verfügung gestellt worden sei und werde. Zuletzt sei gar das Erdgasbevorratungsgesetz verabschiedet worden und die Landesregierung in Vorarlberg wolle weiterhin fossile Megaprojekte wie die Tunnelspinne oder die S18 bauen. So warnte der Weltklimarat im März 2023, dass sich das Fenster schließe und man dringend globale Maßnahmen brauche, um den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Die Emissionen würden weiter steigen. Mit der aktuellen Politik werde der Temperaturanstieg bis zum Ende des Jahrhunderts auf 2,8 Grad Celsius festgesetzt. Sie müssten mehr tun, um Emissionen zu reduzieren und sich an ein geändertes Klima anzupassen. Alle anderen friedlichen Mittel seien bereits in den letzten 30 Jahren ausgeschöpft worden: Petitionen, angemeldete Massendemonstrationen oder symbolisierter Aktionismus. Keine der Aktionen habe Wirkung gezeigt, es seien keine bzw. nur völlig unzureichende Klimaschutzmaßnahmen getroffen worden, obwohl sie diese zur Vermeidung fortführender Umweltschäden dringend benötigen würden, aber auch, um den sozialen Frieden und ihre Demokratie zu erhalten. Die Politiker, die Regierung in Österreich, auch die Politiker in Vorarlberg, hätten ihre Versuche weitestgehend ignoriert. Die Beteiligung an diesen Protesten erfolge aus purer Verzweiflung. Es gehe um das mittelfristige Überleben der Menschheit. Das Gericht werde sehr eindringlich gebeten, festzustellen, dass der Protest legitim und notwendig gewesen sei. Ihnen würde keine Zeit mehr bleiben. Alle Institutionen des Staates müssten ihr Überleben ebenso wie ihre demokratische Grundordnung schützen. Ihre Handlungen seien in Anbetracht der geschilderten Umstände und der Zwecklosigkeit anderer Maßnahmen somit das einzig verbliebene Mittel, um eine notwendige Auseinandersetzung der Landesregierung mit dem drohenden Klimakollaps herbeizuführen, sodass weiterführende Schäden verhindert bzw. zumindest verzögert werden könnten. Selbst wenn das Vorliegen eines rechtfertigenden Notstandes verneint würde, wäre zumindest ein entschuldigender Notstand anzunehmen, da aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse und dem daraus resultierenden dringenden Handlungsbedarf ein angeblich rechtmäßiges Verhalten - unnötiges Abwarten bis zum unumkehrbaren Klimakollaps - nicht mehr zugemutet werden könne. Sollte das Gericht davon ausgehen, dass weder rechtfertigender noch entschuldigender Notstand vorgelegen habe, so liege jedenfalls ein entschuldigender Verbotsirrtum im Sinne des Irrtums über das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes vor. Aufgrund des Klimanotstandsbeschlusses des Nationalrates sowie auch des Klimanotstandsbeschlusses des Landtages Vorarlberg vom 04.07.2019 könne man zu Recht davon ausgehen, dass eine Notsituation vorliege.

Da diesen Beschlüssen jedoch keine entsprechenden Gesetze und Verordnungen zur Eindämmung der Klimakatastrophe gefolgt seien, sondern im Gegenteil Steuergeld zur Finanzierung der Verbrennung fossiler Brennstoffe zur Verfügung gestellt worden sei und fossile Megaprojekte wie die Tunnelspinne und die S18 weiterverfolgt würden, bestehe Handlungsbedarf und man gehe begründet davon aus, aufgrund der Notsituation gerechtfertigt zu handeln. Im Falle eines Irrtums, wäre dieser Irrtum vom österreichischen Nationalrat und vom Land Vorarlberg veranlasst und daher nicht vorwerfbar.

Aus diesen Gründen werde der Antrag gestellt, das Straferkenntnis der BH als nichtig aufzuheben, in eventu das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B als rechtswidrig ersatzlos aufzuheben, in eventu die Strafe tat- und schuldangemessen auf 20 Euro herabzusetzen, wobei die finanzielle Lage und die tristen Vermögensverhältnisse sowie das Motiv der Handlungen zu berücksichtigen sei. Aufgrund des äußerst geringen Schuldgehalts der Tat und den unbedeutenden Folgen wäre mehr als die Verhängung einer bloß symbolischen Strafe unangemessen. Es seien ausschließlich selbstlose, ehrenhafte und dringende Beweggründe Anlass für das Verhalten gewesen, im Weiteren werde der Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 3 StGB (achtenswerte Beweggründe) geltend gemacht.Aus diesen Gründen werde der Antrag gestellt, das Straferkenntnis der BH als nichtig aufzuheben, in eventu das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B als rechtswidrig ersatzlos aufzuheben, in eventu die Strafe tat- und schuldangemessen auf 20 Euro herabzusetzen, wobei die finanzielle Lage und die tristen Vermögensverhältnisse sowie das Motiv der Handlungen zu berücksichtigen sei. Aufgrund des äußerst geringen Schuldgehalts der Tat und den unbedeutenden Folgen wäre mehr als die Verhängung einer bloß symbolischen Strafe unangemessen. Es seien ausschließlich selbstlose, ehrenhafte und dringende Beweggründe Anlass für das Verhalten gewesen, im Weiteren werde der Milderungsgrund des Paragraph 34, Absatz eins, Ziffer 3, StGB (achtenswerte Beweggründe) geltend gemacht.

In der mündlichen Verhandlung legte der Vertreter der Beschuldigten noch einmal ausführlich die Beweggründe der Beschuldigten dar, legte Lohnzettel vor und verwies auf ihre Unbescholtenheit und brachte vor, dass das Berechnungsverhältnis für die Ersatzfreiheitsstrafe unrechtmäßig sei.

3.              Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Behördenakt, Einholung einer Stellungnahme der Landtagsdirektorin, Einsichtnahme in das im Internet abrufbare Videoarchiv des Vorarlberger Landtages sowie Einvernahme des Zeugen Hofrat Mag. A D.

4.              Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens wird folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Die Beschuldigte hat am 06.07.2023 in der Zeit von 08.25 Uhr bis 08.45 Uhr in xxxx B, R x, Vorplatz des Landhauses, unter freiem Himmel im Umkreis von 300 m vom Sitz des Landtages (Landhaus in xxxx B, R x) entfernt, an einer allgemein zugänglichen Versammlung zum Thema „S“ teilgenommen. Sie war Teil einer Sitzkette bestehend aus 10 bis 12 Personen, welche sich an den Händen hielten (einige waren an den Händen zusammengeklebt) vor dem Eingang des Landhauses. Vor der Sitzkette lag ein Plakat mit der Aufschrift „TUNNELSPINNE NEIN!“.

Um 08.45 Uhr wurde die Versammlung vom Behördenvertreter für aufgelöst erklärt. Der Behördenvertreter stellte sich in einem Abstand von wenigen Metern vor die Versammlungsteilnehmer und erklärte sinngemäß, dass er Behördenvertreter sei, dass sie an einer verbotenen Versammlung teilnehmen würden, die Versammlung hiermit durch ihn aufgelöst werde und sie den Versammlungsort zu verlassen und auseinanderzugehen hätten. Die Auflösung war für die Versammlungsteilnehmer hörbar. Trotz Auflösung der Versammlung hat sich die Beschuldigte bis zumindest 08.51 Uhr am Versammlungsort (xxxx B, R x, Vorplatz des Landhauses) aufgehalten.

Um 09.01 Uhr wurde die Sitzung des Vorarlberger Landtages im Landtagssaal des Landhauses, R x in xxxx B durch den Landtagspräsidenten eröffnet.

5.              Der festgestellte Sachverhalt fußt auf den unter Punkt 3. aufgezählten Beweismitteln und ist – bis auf die Hörbarkeit der Auflösung – unstrittig.

Die Beschuldigte bringt vor, dass die Auflösung der Versammlung für den Großteil der Teilnehmenden wie auch für sie nicht wahrnehmbar (hörbar) gewesen. Es sei kein Megafon zum Einsatz gekommen.

Zu diesem Beweisthema wurde der Behördenvertreter Hofrat Mag. A D als Zeuge einvernommen. Dieser hat angegeben, dass ca 10 bis 12 Personen vor Ort gewesen seien. Aufgrund der Größe der Gruppe habe er beschlossen, kein Megaphon zu verwenden. Es wäre ihm überschießend vorgekommen. Er habe sich ca in drei Meter Abstand zu den Versammlungsteilnehmen befunden. Seines Wissens habe er gesagt: „Können Sie mich verstehen?“. Seitens der Versammlungsteilnehmer sei genickt worden. Der Zeuge machte einen glaubwürdigen Eindruck und hat überdies ein Lichtbild von der Situation vorgelegt (Anlage B der Verhandlungsschrift), welches in Einklang mit seinen Angaben steht.

Dass die Auflösung der Versammlung für die Beschuldigte nicht wahrnehmbar (hörbar) war, war für das Verwaltungsgericht aufgrund des geringen Abstandes zwischen Behördenvertreter und Versammlungsteilnehmern und der Situation (der Behördenvertreter stellt sich vor die Teilnehmer, fragt ob er verstanden wird und verkündet nach Bejahung die Auflösung) nicht glaubwürdig.

6.              Spruchpunkt 1.:

6.1. Gemäß § 7 VersammlungsG 1953, BGBl Nr 98/1953, idF BGBl Nr 392/1968, darf während der Nationalrat, der Bundesrat, die Bundesversammlung oder ein Landtag versammelt ist, im Umkreis von 300 m von ihrem Sitze keine Versammlung unter freiem Himmel stattfinden.6.1. Gemäß Paragraph 7, VersammlungsG 1953, Bundesgesetzblatt Nr 98 aus 1953,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Nr 392 aus 1968,, darf während der Nationalrat, der Bundesrat, die Bundesversammlung oder ein Landtag versammelt ist, im Umkreis von 300 m von ihrem Sitze keine Versammlung unter freiem Himmel stattfinden.

Gemäß § 19 VersammlungsG, BGBl Nr 98/1953, idF BGBl I Nr 50/2012, sind Übertretungen dieses Gesetzes, sofern darauf das allgemeine Strafgesetz keine Anwendung findet, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, aber von der Landespolizeidirektion, mit Arrest bis zu sechs Wochen oder mit einer Geldstrafe bis zu 720 Euro zu ahnden.Gemäß Paragraph 19, VersammlungsG, Bundesgesetzblatt Nr 98 aus 1953,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 50 aus 2012,, sind Übertretungen dieses Gesetzes, sofern darauf das allgemeine Strafgesetz keine Anwendung findet, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, aber von der Landespolizeidirektion, mit Arrest bis zu sechs Wochen oder mit einer Geldstrafe bis zu 720 Euro zu ahnden.

6.2. Die belangte Behörde wirft der Beschuldigten vor, dass sie am 06.07.2023 in der Zeit von 08.25 Uhr bis 08.45 Uhr an einer Versammlung in der Verbotszone („Bannmeile“) teilgenommen hat, obwohl sich der Landtag ab 09.00 Uhr im Landhaus versammelte.

6.3. Zur Strafbarkeit der Beschuldigten nach § 7 VersammlungsG (Verwirklichung des Tatbestandes in objektiver Hinsicht) führt die belangte Behörde Folgendes aus:6.3. Zur Strafbarkeit der Beschuldigten nach Paragraph 7, VersammlungsG (Verwirklichung des Tatbestandes in objektiver Hinsicht) führt die belangte Behörde Folgendes aus:

Zweck dieser Bestimmung ist, dass die Sitzungen eines gesetzgebenden Organs durch eine Versammlung unter freiem Himmel nicht beeinträchtigt werden sollen (Fessler/Keller, Vereins- und Versammlungsrecht, 20133, Kommentar zu § 7 des Versammlungsgesetzes).„Zweck dieser Bestimmung ist, dass die Sitzungen eines gesetzgebenden Organs durch eine Versammlung unter freiem Himmel nicht beeinträchtigt werden sollen (Fessler/Keller, Vereins- und Versammlungsrecht, 20133, Kommentar zu Paragraph 7, des Versammlungsgesetzes).

Eigner/Keplinger (Versammlungsrecht, 2012, Anmerkung 1.2. ,zu § 7 des Versammlungsgesetzes) führen dazu aus, dass § 7 des Versammlungsgesetzes die Sitzung eines gesetzgebenden Organs vor Beeinträchtigungen durch eine Versammlung unter freiem Himmel bewahren insbesondere einen durch die Versammlung ausgeübten Druck auf die Abgeordneten verhindern soll; dabei soll nicht nur die Funktionsfähigkeit der gesetzgebenden Körperschaft geschützt, sondern auch der Zugang zu den Tagungsgebäuden gewährleistet werden. Dieser Auffassung hat sich auch die Parlamentsdirektion in einer Stellungnahme zu einem beim Landesverwaltungsgericht Wien im Jahr 2020 anhängigen Verfahren, Zahl V WG -001/042/129/2020 - 5) angeschlossen.Eigner/Keplinger (Versammlungsrecht, 2012, Anmerkung 1.2. ,zu Paragraph 7, des Versammlungsgesetzes) führen dazu aus, dass Paragraph 7, des Versammlungsgesetzes die Sitzung eines gesetzgebenden Organs vor Beeinträchtigungen durch eine Versammlung unter freiem Himmel bewahren insbesondere einen durch die Versammlung ausgeübten Druck auf die Abgeordneten verhindern soll; dabei soll nicht nur die Funktionsfähigkeit der gesetzgebenden Körperschaft geschützt, sondern auch der Zugang zu den Tagungsgebäuden gewährleistet werden. Dieser Auffassung hat sich auch die Parlamentsdirektion in einer Stellungnahme zu einem beim Landesverwaltungsgericht Wien im Jahr 2020 anhängigen Verfahren, Zahl römisch fünf WG -001/042/129/2020 - 5) angeschlossen.

Auch wenn in § 7 des Versammlungsgesetzes davon die Rede ist, dass während einer Versammlung des Landtages im Umkreis von 300 m keine Versammlung unter freiem Himmel stattfinden darf, ist aufgrund des Zwecks der Bestimmung, dass eine Sitzung des Landtages nicht beeinträchtigt werden soll und daher auch der Zugang zum Landtag gewährleistet sein muss, davon auszugehen, dass das gesetzliche Versammlungsverbot nicht erst ab Beginn der Landtagssitzung gilt, sondern bereits davor, da ansonsten das Zusammentreten des Landtages durch eine Versammlung unter Umständen überhaupt verhindert werden könnte. Auch wenn in Paragraph 7, des Versammlungsgesetzes davon die Rede ist, dass während einer Versammlung des Landtages im Umkreis von 300 m keine Versammlung unter freiem Himmel stattfinden darf, ist aufgrund des Zwecks der Bestimmung, dass eine Sitzung des Landtages nicht beeinträchtigt werden soll und daher auch der Zugang zum Landtag gewährleistet sein muss, davon auszugehen, dass das gesetzliche Versammlungsverbot nicht erst ab Beginn der Landtagssitzung gilt, sondern bereits davor, da ansonsten das Zusammentreten des Landtages durch eine Versammlung unter Umständen überhaupt verhindert werden könnte.

Würde dagegen die Auffassung vertreten, dass das in Rede stehende Verbot nur während der Landtagssitzung gilt, könnte durch eine Versammlung das Zusammentreten des Landtags verhindert werden, was zur Folge hätte, dass das Verbot überhaupt nicht zur Anwendung gelangt.“

6.4. Die von der Behörde vertretene Rechtsauffassung wird aus folgenden Überlegungen nicht geteilt:

6.4.1. Gemäß § 1 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), BGBl Nr 52/1991, idF BGBl I Nr 33/2013, kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.6.4.1. Gemäß Paragraph eins, Absatz eins, Verwaltungsstrafgesetz (VStG), Bundesgesetzblatt Nr 52 aus 1991,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 33 aus 2013,, kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

§ 1 Abs 1 VStG enthält die Verankerung des strafrechtlichen Legalitätsprinzips in Bezug auf „Strafen“, welches verfassungsrechtlich (Art 7 EMRK, Art 18 B-VG) abgesichert ist. Danach kann als Verwaltungsübertretung nur eine solche Tat bestraft werden, die bereits „vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war“ (nullum crimen sine lege – „kein Verbrechen ohne Gesetz“). Der Inhalt dieser Garantie ist mehrgliedrig und enthält ua ein Rückwirkungsverbot und ein Verbot einer nachträglichen Strafverschärfung („nulla poena sine lege“; siehe dazu näher Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3 § 1 [Stand 1.7.2023, rdb.at]), sowie ein Analogieverbot.Paragraph eins, Absatz eins, VStG enthält die Verankerung des strafrechtlichen Legalitätsprinzips in Bezug auf „Strafen“, welches verfassungsrechtlich (Artikel 7, EMRK, Artikel 18, B-VG) abgesichert ist. Danach kann als Verwaltungsübertretung nur eine solche Tat bestraft werden, die bereits „vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war“ (nullum crimen sine lege – „kein Verbrechen ohne Gesetz“). Der Inhalt dieser Garantie ist mehrgliedrig und enthält ua ein Rückwirkungsverbot und ein Verbot einer nachträglichen Strafverschärfung („nulla poena sine lege“; siehe dazu näher Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3 Paragraph eins, [Stand 1.7.2023, rdb.at]), sowie ein Analogieverbot.

Es besteht also das Erfordernis einer – die Tatbegehung als solche erfassenden – einschlägigen Strafvorschrift. Auch wenn § 1 Abs 1 VStG nicht davon spricht, dass die Tat „ausdrücklich“ mit Strafe bedroht sein muss, so ergibt sich dieses Erfordernis doch aus dem teleologischen Gesamtzusammenhang der Regelung (sog „Orientierungsfunktion der Strafgesetze“): Schon der Sprachkundige, nicht erst der Rechtskundige soll die Grenzen des strafrechtlich Verbotenen – und damit umgekehrt die Grenzen der bürgerlichen Freiheit – verlässlich bestimmen können (vgl schon VfSlg 3207/1957, 4037/1961, 9187/1981). Es besteht also das Erfordernis einer – die Tatbegehung als solche erfassenden – einschlägigen Strafvorschrift. Auch wenn Paragraph eins, Absatz eins, VStG nicht davon spricht, dass die Tat „ausdrücklich“ mit Strafe bedroht sein muss, so ergibt sich dieses Erfordernis doch aus dem teleologischen Gesamtzusammenhang der Regelung (sog „Orientierungsfunktion der Strafgesetze“): Schon der Sprachkundige, nicht erst der Rechtskundige soll die Grenzen des strafrechtlich Verbotenen – und damit umgekehrt die Grenzen der bürgerlichen Freiheit – verlässlich bestimmen können vergleiche schon VfSlg 3207/1957, 4037/1961, 9187/1981).

Auch im Verwaltungsstrafrecht bildet daher der äußerst mögliche Wortsinn die Grenze belastender Strafrechtsgewinnung („Analogieverbot“). Es gilt das Verbot der analogen Anwendung der Strafgesetze zum Nachteil des Täters (VfSlg 4280/1962; VwSlg 6956 A/1966; VwSlg 7181 A/1967). Genauso unzulässig ist jede sonstige (allenfalls methodisch nicht einmal als Analogie im technischen Sinn darstellbare) – den äußerst möglichen Wortsinn einer Strafnorm überschreitende – Auslegung zu Lasten des Täters (vgl zuletzt VwGH Ra 16.02.2023, 2021/02/0170 und 0236).Auch im Verwaltungsstrafrecht bildet daher der äußerst mögliche Wortsinn die Grenze belastender Strafrechtsgewinnung („Analogieverbot“). Es gilt das Verbot der analogen Anwendung der Strafgesetze zum Nachteil des Täters (VfSlg 4280/1962; VwSlg 6956 A/1966; VwSlg 7181 A/1967). Genauso unzulässig ist jede sonstige (allenfalls methodisch nicht einmal als Analogie im technischen Sinn darstellbare) – den äußerst möglichen Wortsinn einer Strafnorm überschreitende – Auslegung zu Lasten des Täters vergleiche zuletzt VwGH Ra 16.02.2023, 2021/02/0170 und 0236).

Strafrechtsquelle ist ausschließlich das geschriebene Gesetz; eine Ergänzung desselben durch Analogie oder jede andere Art von Lückenschließung (etwa durch Größenschluss) zum Nachteil des Täters ist untersagt. Dies schließt zwar eine Auslegung des Gesetzes nach Inhalt, Sinn und Tragweite nicht aus, doch muss die Auslegung jedenfalls ihre äußerste Grenze stets im möglichen Wortsinn der auszulegenden Norm haben; sie muss immer noch im Wortlaut des Gesetzes eine Stütze finden (VwGH 26.1.2023, Ro 2020/01/0002).

Die Bindung der Verwaltung an das Gesetz nach Art 18 B-VG bewirkt einen Vorrang des Gesetzeswortlautes aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Legitimation der Norm. Dies bedeutet bei Auslegung von Verwaltungsgesetzen einen Vorrang der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung sowie äußerste Zurückhaltung gegenüber der Anwendung sogenannter „korrigierender Auslegungsmethoden“ (vgl VwGH 23.2.2001, 98/06/0240). Die Bindung der Verwaltung an das Gesetz nach Artikel 18, B-VG bewirkt einen Vorrang des Gesetzeswortlautes aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Legitimation der Norm. Dies bedeutet bei Auslegung von Verwaltungsgesetzen einen Vorrang der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung sowie äußerste Zurückhaltung gegenüber der Anwendung sogenannter „korrigierender Auslegungsmethoden“ vergleiche VwGH 23.2.2001, 98/06/0240).

Erbringt bereits die objektive Auslegung nach dem Wortlaut (Wortsinn) ein klares und eindeutiges Ergebnis, besteht für eine weitergehende Interpretation nach anderen Methoden grundsätzlich kein Raum mehr (VwGH 20.12.2022, Ro 2018/08/0001).

6.4.2. Die in § 7 VersammlungsG genannte „Bannmeile“ besteht dem Wortlaut zufolge, „während […] ein Landtag [am Sitze] versammelt ist“. 6.4.2. Die in Paragraph 7, VersammlungsG genannte „Bannmeile“ besteht dem Wortlaut zufolge, „während […] ein Landtag [am Sitze] versammelt ist“.

Der Gesetzestext bezieht sich auf den Zeitraum, in dem das Organ Landtag am Sitz versammelt ist. Nach dem Duden (www.duden.de) ist eine Versammlung a) das Versammeln, Sichversammeln, Zusammenkommen, b) Zusammenkunft, Beisammensein mehrerer, meist einer größeren Anzahl von Personen zu einem bestimmten Zweck und c) mehrere, meist eine größere Anzahl von Personen, die sich zu einem bestimmten Zweck versammelt haben. Der Landtag ist begrifflich erst versammelt, wenn die Abgeordneten am Sitz des Landtages (Landhaus in xxxx B, R x) zur Landtagssitzung zusammenkommen (tagen), nicht jedoch, wenn die einzelnen Abgeordneten zum Sitz des Landtages anreisen.

Die Wort „während“ leitetet einen Gliedsatz ein, der die Gleichzeitigkeit mit dem im Hauptsatz beschriebenen Vorgang bezeichnet; in der Zeit, als… (www.duden.de). Durch die Verwendung des Begriffs „während“ ergibt sich, dass das Versammlungsverbot auf den tagenden Landtag abstellt und zeitlich nur für die Dauer der Sitzungen gilt (vgl. im Gegensatz dazu die Formulierung bei der konstituierenden Sitzung des Landtages in § 16 Abs 2 Vorarlberger Landesverfassung: Die Landtagsperiode beginnt mit dem Tag, an dem sich der neugewählte Landtag zu seiner ersten Sitzung versammelt.). Die Wort „während“ leitetet einen Gliedsatz ein, der die Gleichzeitigkeit mit dem im Hauptsatz beschriebenen Vorgang bezeichnet; in der Zeit, als… (www.duden.de). Durch die Verwendung des Begriffs „während“ ergibt sich, dass das Versammlungsverbot auf den tagenden Landtag abstellt und zeitlich nur für die Dauer der Sitzungen gilt vergleiche im Gegensatz dazu die Formulierung bei der konstituierenden Sitzung des Landtages in Paragraph 16, Absatz 2, Vorarlberger Landesverfassung: Die Landtagsperiode beginnt mit dem Tag, an dem sich der neugewählte Landtag zu seiner ersten Sitzung versammelt.).

Ebenso stehen die Materialien im Einklang mit der am eindeutigen Gesetzeswortlaut orientierten Interpretation. Die Erläuternden Bemerkungen zu der die VersammlungsG-Novelle 1968, BGBl 392, mit welcher die ursprünglich 38 km betragende sogenannte „Bannmeile“ auf 300 m herabgesetzt wurde, betreffenden Regierungsvorlage (874 BlgNR, 11. GP) führen hiezu aus:Ebenso stehen die Materialien im Einklang mit der am eindeutigen Gesetzeswortlaut orientierten Interpretation. Die Erläuternden Bemerkungen zu der die VersammlungsG-Novelle 1968, Bundesgesetzblatt 392, mit welcher die ursprünglich 38 km betragende sogenannte „Bannmeile“ auf 300 m herabgesetzt wurde, betreffenden Regierungsvorlage (874 BlgNR, 11. Gesetzgebungsperiode führen hiezu aus:

„...Es besteht aber keinerlei praktisches Bedürfnis, Versammlungen unter freiem Himmel in einem so weiten Umkreis (sc. 38 km) vom Sitz eines gesetzgebenden Organs zu verbieten. Der dem §7 leg. cit. zugrunde liegenden ratio, daß die Sitzungen eines gesetzgebenden Organs durch eine Versammlung unter freiem Himmel nicht beeinträchtigt werden sollen, wird vollauf Genüge getan, wenn derartige Versammlungen in einem Umkreis von 500 m (diese Grenze wurde durch die vom Verfassungsausschuß beschlossenen Abänderungen - s. 995 BlgNR, 11. GP - auf 300 m reduziert) vom Sitz des jeweils in Betracht kommenden gesetzgeben

Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten