TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/7 94/02/0519

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Veröffentlicht am 07.04.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §15 Abs1;
StVO 1960 §46 Abs4 litd;
VStG §22 Abs1;
VStG §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der D in F, vertreten durch Mag. G, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 20. Oktober 1994, Zl. 1-0338/94/E1, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.546,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Datum 7. März 1994 erließ die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch gegen die Beschwerdeführerin ein Straferkenntnis, dessen Spruch wie folgt lautete:

"1. Sie haben am 24.8.1993 um 15.25 Uhr als Lenkerin des PKW W-413 xx in Altach auf der Rheintalautobahn A 14 in Fahrtrichtung BRD auf Höhe km 26,0 auf dem Pannenstreifen vorschriftswidrig rechts überholt und

2. mit einem Fahrzeug den Pannenstreifen befahren.

Dadurch übertretene Verwaltungsvorschrift, verhängte Strafe und entstandene Verfahrenskosten:

Übertretung gemäß

1. §§ 15 Abs. 1 + 99 Abs. 3 lit. a StVO

2. §§ 46 Abs. 4 lit. d + 99/3 lit. a StVO

Geldstrafe gemäß

1. § 99 Abs. 3 lit. a StVO                S 2.000,--

2. § 99 Abs. 3 lit. a StVO                S 1.000,--

Ersatzfreiheitsstrafe:

1. 4 Tage

2. 2 Tage

Verfahrenskosten gemäß § 64 Abs. 2

des Verwaltungsstrafgesetzes (10% der

verhängten Strafe)                        S   300,--

                                          S 3.000,--

                                          ==========

Sind diese Geldstrafen uneinbringlich, so treten an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafen."

Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 20. Oktober 1994 mit der Maßgabe keine Folge, daß im Tatvorwurf die Spruchbezeichnung "1." statt vor dem Wort "Sie" nach den Worten "auf Höhe km 26,0" zu stehen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Zunächst ist zu einem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen klarzustellen, daß der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (abgesehen davon, daß dieser nur insoweit Anfechtungsgegenstand vor dem Verwaltungsgerichtshof sein kann, als er von der Berufungsbehörde übernommen wird) auch hinsichtlich Spruchpunkt 2. in Ansehung von Tatzeit, Tatort und Fahrzeug dem Gebot des § 44a Z. 1 VStG entsprochen hat. Aus dem Spruchzusammenhang läßt sich nämlich unschwer entnehmen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 12. August 1994, Zl. 94/02/0182), daß diese zu Spruchpunkt 1. angeführten Angaben auch für den Spruchpunkt 2. zu gelten haben. Die belangte Behörde wäre daher gar nicht verpflichtet gewesen, die oben dargestellte Präzisierung des Spruches vorzunehmen.

Gemäß § 15 Abs. 1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges außer in den Fällen des Abs. 2 und 2a nur links überholen.

Nach § 46 Abs. 4 lit. d StVO ist es auf der Autobahn verboten, den Pannenstreifen zu befahren, ausgenommen mit Fahrzeugen des Straßendienstes, der Straßenaufsicht oder des Pannendienstes und sofern sich nicht aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen etwas anderes ergibt.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin war es rechtsrichtig, die ihr angelasteten Gesetzesverstöße gegen § 15 Abs. 1 und § 46 Abs. 4 lit. d StVO - da jeweils unterschiedliche gesetzliche Tatbestände verwirklichend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1993, Zl. 93/18/0025) - kumulativ zu ahnden (§ 22 Abs. 1 VStG). Weshalb die "Übertretung gemäß Spruchpunkt 2. jedenfalls in Spruchpunkt 1. enthalten" sein sollte, ist nicht erkennbar.

Zu Unrecht hat sich die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren auf Notstand im Sinne des § 6 VStG berufen. In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 7. Juli 1994 hatte die Beschwerdeführerin ausgeführt, sie sei am Tattag von ihrer Wohnung in F "losgefahren", weil sie zu einem Arzt in W fahren hätte wollen, welcher ihr früherer Hausarzt gewesen sei. Es sei ihr damals "nicht gut" gewesen, sie habe insbesondere auch Kopfweh gehabt. Weil sie schon öfters mit dem Magen-Darm-Bereich Probleme gehabt habe, habe sie damals einen Arzt aufsuchen wollen. Es sei richtig, daß sie damals vor dem 24. August 1993 schon seit einigen Tagen entsprechende gesundheitliche Probleme (insbesondere Durchfall, Bauchschmerzen) gehabt habe. Derart schlecht, daß sie sich übergeben hätte müssen, sei ihr dann aber erst auf der gegenständlichen Fahrt geworden. Sie führe diesen besonders schlechten Zustand im Zusammenhang mit der gegenständlichen Fahrt auf die damalige Hitze zurück. Als sie sich auf der Autobahn in der Kolonne befunden habe, habe sie unbedingt die Autobahn verlassen wollen. Sie sei daher nicht nach rechts auf den Pannenstreifen gefahren und dort stehengeblieben, sondern habe die Warnblinkanlage eingeschaltet und dann versucht, die Autobahn (durch Rechtsüberholen und Befahren des Pannenstreifens) zu verlassen.

Aus diesem Vorbringen durfte die belangte Behörde unter anderem den Schluß ziehen, daß die Beschwerdeführerin schon bei Antritt ihrer Fahrt mit einer Verschlechterung ihres Befindens und mit dem Auftreten von Beschwerden rechnen mußte. Wenn sich die Beschwerdeführerin dennoch darauf eingelassen hat, das Fahrzeug zu lenken, so hat sie sich selbst in die gefährliche Situation begeben, die nach ihren Behauptungen dazu führen mußte, daß sie die ihr vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen begehen mußte; Umstände, die eine Abstandnahme vom Lenken des Fahrzeuges unmöglich oder unzumutbar erscheinen ließen, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 28. März 1990, Zl. 89/03/0307).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994020519.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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