TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/19 91/12/0050

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Veröffentlicht am 19.04.1995
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Index

72/02 Studienrecht allgemein;

Norm

AHStG §21 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Studienkommission für die Studienrichtung der Romanistik an der Universität Wien vom 14. November 1990, Zl. 11/5-1989/90, betreffend Anrechnung von Studien gemäß § 21 des Allgemeinen Hochschulstudiengesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin begann im Studienjahr 1968/69 an der Universität Wien das Lehramtsstudium Französisch und Englisch nach der damals geltenden Studienordnung (im folgenden als alte Studienordnung bezeichnet). Sie legte im Jahr 1986 erfolgreich die Lehramtsprüfung für Französisch ab.

Im Wintersemester 1989/90 wechselte die Beschwerdeführerin von ihrem bisherigen Lehramtsstudium zur Studienrichtung Französisch (ohne Lehramt) nach der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 23. März 1976 über die Studienordnung für die Studienrichtungen der Romanistik, BGBl. Nr. 172 (in der Fassung der Novellen BGBl. Nr. 450/1977 und Nr. 405/1980).

Auf Grund eines Ansuchens (vom 28. September 1989) entschied der Vorsitzende der zuständigen Studienkommission mit Bescheid vom 20. Oktober 1989, daß die von der Beschwerdeführerin in der Zeit von 1968/69 bis 1988/89 an der Universität Wien abgelegten Studien gemäß §§ 20 und 21 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes (AHStG) in bestimmter Weise auf die Studienrichtung Französisch (BGBl. Nr. 172/1976) angerechnet werden.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie im wesentlichen vorbrachte, sie habe zum Zeitpunkt ihres Anrechnungsansuchens über keinen schriftlichen Nachweis über die von ihr abgelegte Lehramtsprüfung nach der alten Studienordnung verfügt. Da ein solcher schriftlicher Nachweis in der Zwischenzeit ausgestellt worden sei, ersuche sie, diesen in das Anrechnungsverfahren einzubeziehen.

Der daraufhin ergangene Bescheid des Vorsitzenden der zuständigen Studienkommission vom 17. Juli 1990 lautet:

"Auf Ihre Berufung vom 3. November 1989 hat die Studienkommission für die Studienrichtungen der Romanistik festgestellt, daß wegen Vorliegen neuen Beweismaterials Ihre Berufung an die 1. Instanz zurückgewiesen wird.

Der Vorsitzende der Studienkommission für die Studienrichtungen der Romanistik an der Universität Wien, DDr. L, hat wie folgt entschieden:

Die von der Antragstellerin abgelegte schriftliche und mündliche Lehramtsprüfung aus Französisch wird als Sprachübung 6 (Code-Nummer LF 530) anerkannt. Die von der Antragstellerin verfaßte Hausarbeit wird als Diplomarbeit für die Studienrichtung Französisch ohne Lehramt anerkannt. Alle übrigen noch nicht absolvierten Teilprüfungen müssen noch abgelegt werden, das sind nach dem derzeitigen Prüfungspaß von Frau M die Lehrveranstaltungen mit der Code-Nummer 230 und 330 (linguistische und literaturwissenschaftliche Vorlesung bzw. Proseminar II), die Lehrveranstaltung LF 621 (Literaturwissenschaftliches Seminar) und LF 631 (Wahlfach) sowie die Lehrveranstaltungen der zweiten romanischen Sprache (Code-Nummern L 810 und 820).

B E G R Ü N D U N G

Nach Vorliegen neuen Beweismaterials wurde der Bescheid der 1. Instanz vom 18. Oktober 1989 gem. § 66 (1) AVG aufgehoben. Von der Berufungsinstanz wurde das Ansuchen an die 1. Instanz zurückgewiesen, die nach Prüfung gem. § 21 AHStG. wie im Spruch entschieden hat.

Gem. AHStG. § 21 (1) sind ordentliche Studien einer anderen Studienrichtungen, die an einer inländischen Hochschule abgelegt wurden, oder Studien an einer ausländischen Hochschule sind für die Dauer eines ordentlichen Studiums anzurechnen, soweit sie den ordentlichen Studien dieser Studienrichtung auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind.

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

Gegen diesen Bescheid steht Ihnen gem. § 7 Abs. 2 UOG, BGBl. 258/1975 in der derzeit gültigen Fassung das Rechtsmittel der Berufung bei der Studienkommission für die Studienrichtungen der Romanistik an der Universität Wien zu. Eine Berufung ist binnen zwei Wochen schriftlich oder telegraphisch am Dekanat der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien einzubringen."

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie im wesentlichen vorbrachte, ihre Berufung richte sich nicht gegen die Anforderungen bezüglich der zweiten romanischen Sprache, sondern gegen die Unterbewertung der schriftlichen und mündlichen Lehramtsprüfungen, die sie auf Grund der alten Studienordnung in der Studienrichtung Französisch abgelegt habe. Abgesehen davon, daß sie sich mit der im "jüngsten" Bescheid ausgedrückten Geringschätzung der ehemaligen Lehramtsprüfung nicht zufrieden gebe, weise sie darauf hin, daß von den von ihr ihrem Ansuchen am 28. September 1989 beigelegten sieben Proseminarzeugnissen nur fünf bei der Anrechnung berücksichtigt worden seien.

Unberücksichtigt seien geblieben: Französisches Proseminar IIb (3 St), Französisches Proseminar III (3 St).

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. November 1990 lehnte die belangte Behörde diese Berufung "einstimmig" ab. Begründend führte die belangte Behörde - soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist - aus, die Berufung sei weder juristisch noch im Sinne des Studienplanes begründet. Aus der Berufung der Beschwerdeführerin gehe nicht eindeutig hervor, worauf sich ihr Begehren stütze und richte. Sie gebe sich mit der "Geringschätzung der ehemaligen Lehramtsprüfungen nicht zufrieden", ohne deutlich einen Berufungsantrag zu formulieren. Darüber hinaus normiere sie die Nichtberücksichtigung zweier Zeugnisse über französische Sprachprüfungen. Tatsächlich seien der Beschwerdeführerin fünf Sprachübungen und die Lehramtsprüfung F als Sprachübung 6 angerechnet worden. Die Studienprüfung für die Studienrichtung Französisch sehe nur sechs Sprachübungen vor; die nichtangerechneten Zeugnisse könnten allenfalls als Freifächer, aber unter keinen Umständen als Ersatz für fehlende linguistische oder literaturwissenschaftliche Lehrveranstaltungen herangezogen werden. Wie im Bescheid vom 16. Juli 1990 ausgeführt, habe die Beschwerdeführerin noch bestimmte Lehrveranstaltungen (es folgt deren Aufzählung) zu absolvieren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 21 Abs. 5 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes, BGBl. Nr. 177/1966, (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 25/1991) sind die an einer inländischen Hochschule für das Studium einer anderen Studienrichtung oder die an einer ausländischen Hochschule abgelegten Prüfungen von der zuständigen Prüfungskommission oder der zuständigen akademischen Behörde anzuerkennen, soweit sie den nach der anzuwendenden Studienordnung vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind.

Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 des Universitäts-Organisationsgesetzes (UOG), BGBl. Nr. 258/1975, ist zur Entscheidung über Anträge Studierender in Studienangelegenheiten in erster Instanz der Vorsitzende der Studienkommission (§ 59 Abs. 4 und 5), in zweiter und letzter Instanz die Studienkommission (§ 58 lit. e) zuständig. Nach der abschließenden Aufzählung der Studienangelegenheiten in Abs. 3 zählen hiezu gemäß dessen lit. c auch die Anrechnung von Studien und Anerkennung von Prüfungen (§ 21 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes).

Die belangte Behörde hatte in dem der Beschwerde zugrundeliegenden Verfahren gemäß § 7 Abs. 4 UOG die Bestimmungen des AVG anzuwenden.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Vorsitzende der Studienkommission habe bei der Entscheidung der belangten Behörde mitgewirkt, obwohl er gemäß § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG befangen gewesen sei. Schon allein deshalb sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid habe die Berufung "abgelehnt". Nach seiner Begründung sei die belangte Behörde davon ausgegangen, die Berufung der Beschwerdeführerin erscheine weder juristisch noch im Sinne des Studienplanes als begründet. Danach sei es aber unklar, ob die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin zurückweisen oder abweisen wollte. Aus der Berufung der nicht rechtskundigen Beschwerdeführerin gehe klar hervor, daß sie die Anrechnung ihrer bisherigen Studien sowie die dort abgelegten Prüfungen in der Weise begehre, daß damit sämtliche Erfordernisse des Studienplanes für die neue Studienrichtung Französisch (als Diplomstudium) in der ersten romanischen Sprache (Französisch) erfüllt seien. Sollte die belangte Behörde die Berufung zurückgewiesen haben, sei dies deshalb rechtswidrig, weil die Berufung hinreichend habe erkennen lassen, was sie angestrebt habe. Sollte jedoch eine Abweisung vorliegen, sei der Bescheid vollkommen unbegründet geblieben, beschränke sich doch die Aussage darauf, die Berufung erscheine "im Sinne des Studienplanes" nicht als begründet. Im übrigen gehe sie lediglich darauf ein, daß zwei Zeugnisse über französische Sprachübungen nicht berücksichtigt worden seien, sie unterlasse es aber darzustellen, wieso die von ihr in Französisch abgelegte Lehramtsprüfung nicht sämtliche Erfordernisse der Studienrichtung Französisch in der ersten romanischen Sprache abdecke. Dies sei in keiner Weise, insbesondere nicht in einer der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof ausreichenden Art nachvollziehbar.

Die Beschwerde ist berechtigt.

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß der Vorsitzende der zuständigen Studienkommission mit Bescheid vom 17. Juli 1990 seinen ersten Anrechnungsbescheid vom 20. Oktober 1989 aufgehoben und in der Sache neuerlich über die beantragte Anrechnung nach § 21 Abs. 5 AHStG ohne Einschränkung entschieden hat. Die Beschwerdeführerin hat lediglich die neuerliche Anrechnung (in eingeschränktem Umfang) bekämpft. Davon ausgehend hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob die Aufhebung des ersten Anrechnungsbescheides überhaupt zulässig war oder nicht.

Zutreffend hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, daß der Spruch des angefochtenen Bescheides unklar formuliert ist, da die Ablehnung der Berufung sowohl als negative Sachentscheidung als auch als Zurückweisung der Berufung gedeutet werden kann. Zwar ist in solchen Fällen die Begründung zur Ermittlung des Bescheidinhaltes heranzuziehen, doch führt auch dies im Beschwerdefall zu keinem eindeutigen Ergebnis:

Einerseits läßt nämlich die Begründung des angefochtenen Bescheides erkennen, die belangte Behörde sei von der Auffassung ausgegangen, es läge im Ergebnis mangels eines begründeten Berufungsantrages im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG keine zulässige Berufung vor, was zu deren Zurückweisung zu führen hätte; zum anderen ist jedenfalls ansatzweise (so der Hinweis, die Berufung sei nach der Studienordnung nicht begründet sowie die Ausführungen zur Nichtanrechenbarkeit zweier Zeugnisse über französische Sprachübungen aus den Lehramtsstudien der Beschwerdeführerin) eine Begründung vorhanden, die in Richtung einer negativen Sachentscheidung deutet. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides läßt sich auch nicht ableiten, daß nur einem und welchem dieser beiden Begründungselemente die tragende Bedeutung zuerkannt werden sollte. Da somit der Inhalt des angefochtenen Bescheides völlig unbestimmt geblieben ist und davon der Prozeßgegenstand im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof abhängt (im Fall der Zurückweisung ist ausschließlich die anhand von Verfahrensvorschriften zu lösende Frage zu entscheiden, ob die Zurückweisung der Berufung zu Recht erfolgte oder nicht; im Falle einer negativen Sachentscheidung ist hingegen zu prüfen, ob § 21 Abs. 5 AHStG zutreffend angewendet wurde oder nicht) hat die belangte Behörde schon deshalb ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich jedoch aus Gründen der Verfahrensökonomie veranlaßt, folgendes zu bemerken: Eine Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin wäre (selbst bei zutreffender Auffassung der belangten Behörde, die Berufung enthielte keinen begründeten Berufungsantrag im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG) schon deshalb verfehlt, weil mangels einer Angabe über das Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrages in der Rechtsmittelbelehrung nach § 61 Abs. 5 AVG im Bescheid der Behörde erster Instanz vom 17. Juli 1990 das Fehlen eines solchen nur als ein über Aufforderung der Behörde der Verbesserung zugängliches Formgebrechen (§ 13 Abs. 3 AVG) zu werten gewesen wäre. Unabhängig davon teilt der Verwaltungsgerichtshof jedoch die Auffassung, daß die Berufung der Beschwerdeführerin hinreichend (im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG) erkennen läßt, was sie anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertritt: Aus dem Inhalt der Berufung ergibt sich nämlich, daß sie der Auffassung ist, ihr bisheriges Studium (einschließlich der abgelegten Lehramtsprüfung) im alten Lehramtsstudium würde alle Prüfungen der Studienrichtung Französisch als Diplomstudium in der gewählten Sprache "Französisch" ersetzen, sodaß ihr für die Absolvierung dieses Studiums nur mehr die entsprechenden Prüfungen für die zweite romanische Sprache fehlten. Damit liegt aber im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG ein ausreichend begründeter Berufungsantrag vor. Ob diese Auffassung der Beschwerdeführerin zutrifft oder nicht, ist bereits Gegenstand einer inhaltlichen Prüfung und damit der Sachentscheidung.

Was die Sachentscheidung selbst betrifft, so hat eine Vergleichsprüfung zu ermitteln und im Bescheid auch darzulegen, welcher Stoff, in welchem Schwierigkeitsgrad und in welchem Umfang jeweils durch die zu vergleichenden Lehrveranstaltungen vermittelt werden (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 1987, Zl. 86/12/0125, sowie vom 18. November 1991, Zl. 90/12/0248). Der bloße Hinweis auf die Studienordnung allein ist keine ausreichende Begründung.

Aus den oben angeführten Gründen war der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 und 2 sowie 59 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1991120050.X00

Im RIS seit

26.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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