Index
20/05 Wohnrecht Mietrecht;Norm
MRG §30 Abs2 Z15 idF 1991/068;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Oktober 1994, Zl. MD-VfR-F 17 u. T 4/94, betreffend Interessenbescheid gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 des Mietrechtsgesetzes (mitbeteiligte Partei: Kolpingsfamilie Wien-Zentral, W), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über Antrag der mitbeteiligten Partei hat der Magistrat der Stadt Wien - MA 64, mit Bescheid vom 11. Mai 1994 gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 des Mietrechtsgesetzes ausgesprochen, daß der geplante Neubau eines Studentenheimes in Wien VI, S-Gasse 10, im öffentlichen Interesse liege.
Gegen diesen Bescheid haben der Beschwerdeführer und ein weiterer Mieter die Berufung eingebracht, der mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 24. Oktober 1994 keine Folge gegeben wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 30 Abs. 1 des Mietrechtsgesetzes 1981, BGBl. Nr. 520, in der Fassung des 2. Wohnrechtsänderungsgesetzes - 2. WÄG, BGBl. Nr. 68/1991, kann der Vermieter nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen. Gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 leg. cit. ist es als wichtiger Grund anzusehen, wenn ein Miethaus ganz oder in einem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Zubau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird.
Der Beschwerdeführer gesteht zu, daß in Wien, insbesondere auch im Bereich des 6. Wiener Gemeindebezirkes, ein erheblicher quantitativer Wohnungsbedarf und ein qualitativer Wohnfehlbestand besteht, er gesteht auch zu, daß ein Bedarf an Studentenunterkünften bestehe; es sei jedoch abzuwägen, welcher Mängelbeseitigung ein größeres öffentliches Interesse zukäme. Grundsätzlich sei die Beseitigung eines Wohnfehlbestandes als höherwertig anzusehen, da mit Wohnungen das allgemeine dringende Wohnbedürfnis befriedigt werde, hingegen Studentenunterkünfte, allein schon aufgrund ihrer Bezeichnung, nur als vorübergehende Unterkunftsmöglichkeit anzusehen seien.
Die belangte Behörde hat das öffentliche Interesse an der Errichtung des Neubaues nicht auf eine Beseitigung oder Milderung eines quantitativen Wohnungsbedarfes oder qualitativen Wohnfehlbestandes gestützt, sondern das öffentliche Interesse an der Errichtung des Studentenheimes aus den im Gesetz genannten anderen Gründen als jenen, die im § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG angeführt sind, als gegeben erachtet.
Auch der Beschwerdeführer geht - zu Recht - davon aus, daß grundsätzlich ein öffentliches Interesse an der Schaffung von Studentenunterkünften besteht.
Im bestehenden Altbau befinden sich 12 Wohnungen der Kategorie C auf 2 Geschoßen. Die Wohnnutzflächen bewegen sich zwischen ca. 15,2 m2 (Zimmer, Küche) und ca. 93 m2. Die Gesamtwohnnutzfläche beträgt 585,52 m2 in den 2 Obergeschoßen, im Erdgeschoß liegt ein Geschäftslokal mit Schau-, Lager- und Büroräumlichkeiten.
Im geplanten Neubau sind 74 Zweibett-Apartements auf 5 Stockwerken vorgesehen. Jedes Apartement besteht aus Wohnraum, Vorraum und Bad mit WC. Die Wohnnutzflächen der Apartements betragen 16 bis 26 m2. Der Begründung ihres Bescheides zufolge ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß es amtsbekannt sei und es keiner weitergehenden Ermittlungen bedürfe, daß in Wien aufgrund der hier eingerichteten Hochschulen ein großer Bedarf nach Unterkünften für Studierende bestehe.
Von der Offenkundigkeit dieses Mangels an geeigneten Studentenunterkünften durfte die belangte Behörde mit Recht ausgehen, für "notorische" Tatsachen bedarf es entgegen der Ansicht der Beschwerdeführers keines Beweises. Im übrigen ist das Ansuchen der mitbeteiligten Partei mit einer Bestätigung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung vom 6. Oktober 1992 belegt, wonach die Errichtung von Studentenheimen im allgemeinen und auf dem Areal in Wien VI, S-Gasse 10, im besonderen notwendig ist.
Im Hinblick darauf, daß im vorliegenden Fall ein Studentenheim mit 74 Wohneinheiten anstelle eines Althauses mit 12 Wohnungen (von denen zur Zeit der Antragstellung nur noch 3 vermietet waren) errichtet werden soll, ist die belangte Behörde zutreffend zu dem Schluß gelangt, daß das öffentliche Interesse an der Errichtung einer großen Zahl von Studentenwohnungen die Rücksichten, die gegen die Verwirklichung des Vorhabens sprechen, überwiegen. Auch die Schaffung einer großen Zahl von Unterkünften für Studierende entlastet den Wohnungsmarkt. Die nach § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG gebotene Schaffung von Ersatzwohnungen, für die von einer Kündigung betroffenen (3) Antragsgegner konnte die Entlastung des Wohnungsmarktes durch die Errichtung der großen Zahl von Unterkünften für Studierende nicht in Frage stellen; bei der Abwägung der öffentlichen Interessen, die für das Bauvorhaben mit jenen, die dagegen sprachen, konnte die belangte Behörde zutreffend zu dem Schluß gelangen, daß die Wohnungssituation durch die Errichtung des geplanten Neubaues wesentlich verbessert würde und damit das hier zu beurteilende öffentliche Interesse an der Errichtung des Neubaues gegeben ist.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Mit Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994060261.X00Im RIS seit
03.07.2001