Entscheidungsdatum
09.10.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W182 2284478-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2023, Zl. 1326148001-22321271, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBI. I. Nr 33/2013 (VwGVG) idgF, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2023, Zl. 1326148001-22321271, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Paragraph 28, Absatz 2, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBI. römisch eins. Nr 33/2013 (VwGVG) idgF, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.A) Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (AsylG 2005) idgF, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG) idgF, nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, Bundes-Verfassungsgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 1 aus 1930, (B-VG) idgF, nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein syrischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am 26.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 27.09.2022 fand unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch die Erstbefragung des BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Dabei gab dieser zu seinen Fluchtgründen befragt an, wegen des Krieges sein Herkunftsland verlassen zu haben. Bei einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben und seine Familie.
Am 19.06.2023 erfolgte unter Beiziehung eines Übersetzers für die Sprache Arabisch die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt). Zu seinen Fluchtgründen führte der BF im Wesentlichen aus, dass er wegen des Krieges und der Verfolgung durch das syrische Regime aus Syrien geflüchtet sei. Nachdem er und seine Brüder, die ihre Tätigkeit für das syrische Regime beendet und desertiert seien, beschlossen haben, mit dem syrischen Regime nicht zu kooperieren, würden sie als Verräter betrachtet werden. Der BF wolle nicht als Reservist für das Regime kämpfen und auch sonst bei keiner Kriegspartei mitkämpfen, da er keine unschuldigen Menschen töten wolle. Er habe sich bis 2012 in Damaskus aufgehalten und sei, nachdem dort die Situation eskaliert sei, wieder an seinen Geburtsort in Nordsyrien zurückgekehrt. Der Bezirk sei jedoch laufend angegriffen und bombardiert worden. 2012 sei der BF dann dort von einem unbekannten Schützen angeschossen worden. 2013 sei er illegal in die Türkei ausgereist.
Der BF legte u.a. einen syrischen Personalausweis, medizinische Unterlagen aus der Türkei und einen Arztbrief vom 04.05.2023 vor.
2. Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 03.11.2023 wies das Bundesamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.). Dem BF wurde jedoch gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.), sowie unter einem eine darauf basierende befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 leg. cit. für die Dauer eines Jahres erteilt (Spruchpunkt III.). 2. Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 03.11.2023 wies das Bundesamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.). Dem BF wurde jedoch gemäß Paragraph 8, Absatz eins, leg. cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.), sowie unter einem eine darauf basierende befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß Paragraph 8, Absatz 4, leg. cit. für die Dauer eines Jahres erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Das Bundesamt ging davon aus, dass der BF Syrien aufgrund des Krieges und der Gefahr von Bombardements in Idlib verlassen habe, wobei er dort keiner persönlichen Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Im Falle einer Rückkehr wäre er keiner Bedrohung oder Verfolgung durch die syrischen Behörden oder einer Zwangsrekrutierung durch diese ausgesetzt, da sein Herkunftsort nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung stehe. Eine Zwangsrekrutierung durch oppositionelle Gruppierungen drohe ihm nicht. Sein Herkunftsort sei über einen der nicht von der syrischen Regierung kontrollierten Grenzübergänge über die Türkei oder dem (kurdischen) Irak (Dreiländereck Türkei/Irak/Syrien) grundsätzlich ohne Verfolgung erreichbar.
3. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheids erhob der BF Beschwerde über seine Rechtsvertretung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dabei wurde das Vorbringen des BF im Wesentlichen wiederholt und argumentiert, dass dieser entgegen der Ansicht des Bundeamtes zwar in Idlib geboren und aufgewachsen, aber von 2002 bis 2012 im Rif Damaskus sein Leben verbracht und dort eine Wohnung und ein Restaurant gehabt habe, weshalb nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes letzteres Gebiet, das unter der Kontrolle der Regierung stehe, als seine Herkunftsregion anzusehen sei. Unabhängig davon, sei ein Grenzübertritt aus der Türkei nach Idlib in das Gebiet der „Syrischen Heilsregierung“ und in das Gebiet der Syrischen Interimsregierung grundsätzlich nur stark eingeschränkt und nur für bestimmte, privilegierte Personengruppen möglich. Der BF falle nicht unter den privilegierten Personenkreis, wobei dazu auf das Themendossier der Staatendokumentation vom 25.10.2023 verwiesen wurde. Der BF könne daher nur über das Regierungsgebiet legal nach Syrien einreisen, wo ihm eine Zwangsrekrutierung bzw. asylrelevante Verfolgung drohe. Es wurde u.a. die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.3. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheids erhob der BF Beschwerde über seine Rechtsvertretung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dabei wurde das Vorbringen des BF im Wesentlichen wiederholt und argumentiert, dass dieser entgegen der Ansicht des Bundeamtes zwar in Idlib geboren und aufgewachsen, aber von 2002 bis 2012 im Rif Damaskus sein Leben verbracht und dort eine Wohnung und ein Restaurant gehabt habe, weshalb nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes letzteres Gebiet, das unter der Kontrolle der Regierung stehe, als seine Herkunftsregion anzusehen sei. Unabhängig davon, sei ein Grenzübertritt aus der Türkei nach Idlib in das Gebiet der „Syrischen Heilsregierung“ und in das Gebiet der Syrischen Interimsregierung grundsätzlich nur stark eingeschränkt und nur für bestimmte, privilegierte Personengruppen möglich. Der BF falle nicht unter den privilegierten Personenkreis, wobei dazu auf das Themendossier der Staatendokumentation vom 25.10.2023 verwiesen wurde. Der BF könne daher nur über das Regierungsgebiet legal nach Syrien einreisen, wo ihm eine Zwangsrekrutierung bzw. asylrelevante Verfolgung drohe. Es wurde u.a. die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.
4. Anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10.07.2024, an der ein Vertreter des Bundesamtes entschuldigt fernblieb, wurde Beweis aufgenommen durch Befragung des BF in Anwesenheit eines Dolmetschers für die arabische Sprache sowie seiner Rechtsvertretung.
Der BF brachte im Wesentlichen vor, dass er aufgrund des Krieges und aus Furcht vor einer Einziehung zum Reservedienst Syrien verlassen habe. Zudem sei er wegen Demonstrationsteilnahmen im Jahr 2011 ins Visier der syrischen Behörden geraten, wobei zwei Brüder des BF vom Polizeidienst und ein Bruder aus dem Geheimdienst desertiert seien. Letzterer habe in Österreich den Asylstatus erhalten, die anderen beiden seien in der Türkei. Der BF befürchte bei einer Rückkehr nach Syrien die Inhaftierung oder die Zwangsrekrutierung zum Reservedienst.
Dem BF bzw. seiner Rechtsvertretung wurden die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderberichte zu Kenntnis gebracht und die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme hierzu binnen drei Wochen eingeräumt.
5. In einer schriftlichen Stellungnahme und Beweismittelvorlage für den BF vom 29.07.2024 wurde im Wesentlichen wie bereits in der Beschwerde vorgebracht, dass als Herkunftsregion des BF sein Aufenthaltsort im Rif Damaskus anzusehen sei, bzw. sein Geburtsort legal nur über Regierungsgebiet erreichbar sei. Weiters wurde auf eine drohende Reflexverfolgung im Zusammenhang mit der Desertation seiner Brüder vom syrischen Geheimdienst und syrischen Polizeidienst hingewiesen. Dazu wurde auch in Kopie der Bescheid des in Österreich aufhältigen Bruders des BF vom 04.08.2023, Zl. 1423267804/222799665, des Bundesamtes, mit welchem diesem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde sowie das entsprechende Einvernahmeprotokoll vom 30.03.2023 in Kopie beigefügt. Aus letzterem geht hervor, dass der Bruder des BF laut eigener Angaben beim syrischen Geheimdienst tätig gewesen und 2012 desertiert sei, wobei er auch einen entsprechenden Dienstausweis vorlegen habe können.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und den Fluchtgründen des BF:
Der XXXX -jährige BF ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Identität steht fest.Der römisch 40 -jährige BF ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Identität steht fest.
Der BF wurde in XXXX im Gouvernement Idlib geboren. Er besuchte die Schule bis zur neunten Schulstufe. Etwa um das Jahr 2000 zog er nach XXXX im Rif Damaskus. Er erlernte dort den Beruf des Kochs und arbeitete in der Gastronomie. Im Zeitraum von 2007 bis 2009 absolvierte er seinen Grundwehrdienst bei der Syrisch-Arabischen Armee (SAA). Er hat dann von 2010 bis Ende 2011 in XXXX ein Restaurant betrieben und dort auch ein Grundstück erworben.Der BF wurde in römisch 40 im Gouvernement Idlib geboren. Er besuchte die Schule bis zur neunten Schulstufe. Etwa um das Jahr 2000 zog er nach römisch 40 im Rif Damaskus. Er erlernte dort den Beruf des Kochs und arbeitete in der Gastronomie. Im Zeitraum von 2007 bis 2009 absolvierte er seinen Grundwehrdienst bei der Syrisch-Arabischen Armee (SAA). Er hat dann von 2010 bis Ende 2011 in römisch 40 ein Restaurant betrieben und dort auch ein Grundstück erworben.
Der BF hat aufgrund der Bürgerkriegsereignisse und des brutalen Vorgehens der dortigen Sicherheitskräfte gegen Zivilisten seinen Aufenthaltsort im Rif Damaskus 2012 verlassen und ist an seinem Geburtsort zurückgekehrt. Der BF hat diesen bereits 2013, nachdem er 2012 bei der Feldarbeit von einem unbekannten Schützen angeschossen wurde, aufgrund der Kriegssituation und des Beschusses des Ortes wieder verlassen. Er ist illegal in die Türkei ausgereist. Dort lebte und arbeite der BF, ehe er die Türkei 2022 ebenfalls verließ und illegal nach Österreich eingereist ist.
In Syrien halten sich noch sein Vater, eine Schwester sowie Halbgeschwister in einem Flüchtlingscamp an der syrisch-türkischen Grenze auf. Zwei Brüder sowie die Gattin und Kinder des BF leben in der Türkei. Ein Bruder des BF kommt in Österreich seit 2023 der Status des Asylberechtigten zu.
Der Geburtsort des BF steht unter der Kontrolle von Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS – [vormals Jabat al-Nusra]) und der mit ihnen verbündeten Milizen, wobei die Ortschaft in einem Gebiet liegt, das unmittelbares Ziel von Bombardements der nahegelegenen Artillerie von Pro-Regierungskräften ist. Der Rif Damaskus steht unter der Kontrolle der Regierung. Dem BF ist es nicht möglich, über einen nicht vom syrischen Regime kontrollierten Grenzübergang seinen Geburtsort zu erreichen.
Der BF hat 2011 in Syrien an Demonstrationen gegen die syrische Regierung teilgenommen.
Zwei Brüder des BF sind zwischen 2011 und 2012 aus dem syrischen Polizeidienst desertiert. Ein weiterer Bruder des BF ist im März/April 2012 aus dem syrischen Geheimdienst desertiert und in die Türkei geflüchtet. Der Vater des BF wurde in diesem Zusammenhang von Regierungskräften vorübergehend inhaftiert.
Für den BF besteht bei einer Rückkehr ins Herkunftsland eine maßgebliche Gefahr, dass ihm seitens von Regierungskräften im Zusammenhang mit seiner aus dem syrischen Geheimdienst bzw. Polizeidienst desertierten Brüdern, seiner Demonstrationsteilnahmen im Jahr 2011 sowie seiner Herkunft aus einem oppositionell kontrollierten Gebiet eine oppositionelle Gesinnung unterstellt und er deswegen Verfolgungshandlungen ausgesetzt wird.
Im Übrigen wird der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang der Entscheidung zugrunde gelegt.Im Übrigen wird der unter Punkt römisch eins. wiedergegebene Verfahrensgang der Entscheidung zugrunde gelegt.
1.2. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Sicherheitslage
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).
Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach eine politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).
Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 70 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 29.3.2023). Die United Nations Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) veröffentlichte eine Karte mit Stand Dezember 2022, in welcher die wichtigsten militärischen Akteure und ihre Einflussgebiete verzeichnet sind. Es gibt Gebiete, in denen mehr als Akteur präsent ist (UNCOI 1.2023).
Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten
Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des UN-Generalsekretärs für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023).
Die CoI stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den Vereinten Nationen benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018). Mitte des Jahres 2016 hatte die syrische Regierung nur ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, inklusive der 'wichtigsten' Städte im Westen, in denen der Großteil der Syrer lebt, kontrolliert (Reuters 13.4.2016). Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben (AA 29.3.2023).
Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind während des Jahres im Land in den bewaffneten Konflikt involviert (USDOS 20.3.2023) [Anm.: zu israelischen und amerikanischen Militäraktionen siehe u.a. Unterkapitel Gouvernement Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet und Unterkapitel Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien]. Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroristische“ Kräfte bekämpft. Das Regime ist trotz begrenzter Kapazitäten grundsätzlich zu Luftangriffen im gesamten Land fähig, mit Ausnahme von Gebieten unter türkischer oder kurdischer Kontrolle sowie in der von den USA kontrollierten Zone rund um das Vertriebenenlager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze. Nichtsdestotrotz basiert seine militärische Durchsetzungsfähigkeit fast ausschließlich auf der massiven militärischen Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten Irans, bzw. durch seitens Irans unterstützte Milizen, einschließlich Hizbollah. Wenngleich offene Quellen seit August 2022 den Abzug militärischer Infrastruktur (insb. Luftabwehrsystem S-300) vermelden, lassen sich Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die russische Einsatzfähigkeit in Syrien bislang nicht substantiieren. Die Menschenrechtsorganisation Syrians for Truth and Justice (STJ) behauptet, dass Russland syrische Söldner u.a. aus den Streitkräften für den Kampfeinsatz in der Ukraine abwirbt. Unter Bezug auf syrische Militärangehörige sowie Familien der Söldner spricht STJ von 300 syrischen Kämpfern, die im Zeitraum Juni bis September 2022 nach Russland oder Ukraine verlegt worden seien. Mehrere von ihnen seien laut einer unbestätigten Mitteilung der rekrutierenden al-Sayyad Company for Guarding and Protection Services, welche der russischen Wagner-Gruppe zugeschrieben wird, gefallen (AA 29.3.2023). Russland hatte noch z.B. im Oktober 2022 seine Luftangriffe in der Provinz Idlib verstärkt (ICG 10.2022).
Auch wenn die militärische Rückeroberung des gesamten Staatsgebietes erklärtes Ziel des Regimes bleibt, zeichnet sich eine Rückeroberung weiterer Landesteile durch das Regime derzeit nicht ab. Im Nordwesten des Landes werden Teile der Gouvernements Lattakia, Idlib und Aleppo durch die von den Vereinten Nationen als Terrororganisation eingestufte Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) sowie Türkei-nahe bewaffnete Gruppierungen kontrolliert. Die Gebiete im Norden und Nordosten entlang der Grenze zur Türkei stehen in Teilen unter Kontrolle der Türkei und der ihr nahestehenden bewaffneten Gruppierungen und in Teilen unter Kontrolle der kurdisch dominierten Syrian Democratic Forces (SDF) und in einigen Fällen auch des syrischen Regimes (AA 29.11.2021).
Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der Syrischen Demokratischen Kräfte und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022).
Im Gouvernement Dara'a kam es 2022 weiterhin zu Gewalt zwischen Regimekräften und lokalen Aufständischen trotz eines nominellen Siegs der Regierung im Jahr 2018 und eines von Russland vermittelten 'Versöhnungsabkommens'. Eine allgemeine Verschlechterung von Recht und Ordnung trägt in der Provinz auch zu gewalttätiger Kriminalität bei (FH 9.3.2023).
Das syrische Regime, und damit die militärische Führung, unterscheiden nicht zwischen Zivilbevölkerung und „rein militärischen Zielen“ (BMLV 12.10.2022). Human Rights Watch kategorisiert einige Angriffe des syrisch-russischen Bündnisses als Kriegsverbrechen, die auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen könnten. In Idlib mit seinen über drei Millionen Zivilbevölkerung kommt es trotz eines wackeligen Waffenstillstandes demnach weiterhin zu verbotenen Angriffen durch das Bündnis. Auch die von den USA angeführte Koalition gegen den Islamischen Staat (IS) verletzte internationales Recht durch unterschiedslose Luftschläge in Nordostsyrien, welche zivile Todesopfer und Zerstörung verursachten (HRW 13.1.2022).
Seit Beginn 2023 wurden mit Stand 1.5.2023 auch 258 ZivilistInnen durch andere Akteure (als dem Regime) getötet, somit 75 Prozent aller zivilen Toten in diesem Jahr. Viele von ihnen wurden beim Trüffelsuchen getötet, und dazu kommen auch Todesfälle durch Landminen. Außerdem bietet die Unsicherheit in vielen Gebieten ein passendes Umfeld für Schießereien durch nicht-identifzierte Akteure (SNHR 1.5.2023).
Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS)
Der IS kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghouz die letzte Bastion des IS von den oppositionellen SDF erobert (DZ 24.3.2019). Im Oktober 2019 wurde der Gründer und Anführer des IS, Abu Bakr Al-Baghdadi, bei einem US-Spezialkräfteeinsatz in Nordwest-Syrien getötet (AA 19.5.2020). Sein Nachfolger Abu Ibrahim al-Hashimi al-Quraishi beging im Februar 2022 beim Eintreffen einer US-Spezialeinheit im Gouvernement Idlib Selbstmord. Als sein Nachfolger wurde Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi ernannt (EUAA 9.2022; vgl. DS 10.3.2022). Am 30.11.2022 bestätigte die Dschihadistenmiliz den Tod von Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi (BAMF 6.12.2022; vgl. CNN 30.11.2022). Das Oberkommando der US-Streitkräfte in der Region bestätigte, dass al-Quraishi Mitte Oktober 2022 bei einer Operation von syrischen Rebellen in der südlichen syrischen Provinz Dara’a getötet wurde (BAMF 6.12.2022). Der IS ernannte Abu al-Husain al-Husaini al-Quraishi zu seinem Nachfolger (CNN 30.11.2022; vgl. BAMF 6.12.2022).Der IS kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghouz die letzte Bastion des IS von den oppositionellen SDF erobert (DZ 24.3.2019). Im Oktober 2019 wurde der Gründer und Anführer des IS, Abu Bakr Al-Baghdadi, bei einem US-Spezialkräfteeinsatz in Nordwest-Syrien getötet (AA 19.5.2020). Sein Nachfolger Abu Ibrahim al-Hashimi al-Quraishi beging im Februar 2022 beim Eintreffen einer US-Spezialeinheit im Gouvernement Idlib Selbstmord. Als sein Nachfolger wurde Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi ernannt (EUAA 9.2022; vergleiche DS 10.3.2022). Am 30.11.2022 bestätigte die Dschihadistenmiliz den Tod von Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi (BAMF 6.12.2022; vergleiche CNN 30.11.2022). Das Oberkommando der US-Streitkräfte in der Region bestätigte, dass al-Quraishi Mitte Oktober 2022 bei einer Operation von syrischen Rebellen in der südlichen syrischen Provinz Dara’a getötet wurde (BAMF 6.12.2022). Der IS ernannte Abu al-Husain al-Husaini al-Quraishi zu seinem Nachfolger (CNN 30.11.2022; vergleiche BAMF 6.12.2022).
Der UN-Sicherheitsrat schätzt die Stärke der Gruppe auf 6.000 bis 10.000 Kämpfer in ganz Syrien und im Irak, wobei die operativen Führer der Gruppe hauptsächlich in Syrien stationiert sind (EUAA 9.2022). Die Terrororganisation IS kann in Syrien selbst in ihren Rückzugsgebieten im syrisch-irakischen Grenzgebiet sowie in Zentralsyrien weiterhin keine territoriale Kontrolle mehr ausüben. Mit mehreren Tausend Kämpfern sowie deren Angehörigen, die sich in Gefängnissen und Lagern in Nordostsyrien in Gewahrsam der SDF befinden, sowie einer vermutlich dreistelligen Zahl von im Untergrund aktiven Kämpfern bleibt IS jedoch ein relevanter asymmetrischer Akteur (AA 29.3.2023). Nach dem Verlust der territorialen Kontrolle verlagerte der IS seine Strategie hin zu aufständischen Methoden, wie gezielte Angriffe, u.a. Autobomben, Überfälle und Attentate (DIS 29.6.2020). Der IS verübte immer wieder Angriffe und Anschläge, insbesondere auf Einheiten der SDF im Nordosten sowie auf Truppen des Regimes in Zentralsyrien, und zeigte bei zwei Anschlägen im Jahr 2022 seine anhaltende Fähigkeit zu komplexen Operationen (AA 29.3.2023).
Trotz der starken Präsenz syrischer und russischer Streitkräfte in Südsyrien sind mit dem IS verbundene Kämpfer in der Region aktiv und das syrische Regime ist derzeit nicht in der Lage, IS-Aktivisten in Gebieten zurückzudrängen, die vollständig unter der Kontrolle der Regierung stehen (VOA 24.10.2022). Der IS ist im Regimegebiet stärker, weil die syrische Armee weniger kompetent bei Anti-Terror-Operationen auftritt als die SDF (Zenith 11.2.2022). Nach Angaben der International Crisis Group verübten IS-Zellen Ende 2021 durchschnittlich zehn bis 15 Angriffe auf die Regierungsstreitkräfte pro Monat, die meisten davon im Osten von Homs und im ländlichen westlichen Deir Ez-Zour. Dieser Trend setzte sich auch im Jahr 2022 fort (EUAA 9.2022). Mitte 2020 gehörten zu den Zielpersonen des IS vor allem lokale Behörden und Personen, die mit den Behörden, Kräften und Gruppen, die gegen den IS kämpfen, zusammenarbeiten oder als mit ihnen kooperierend wahrgenommen werden (DIS 29.6.2020). Der IS profitierte auch von einem Sicherheitsvakuum, das dadurch entstand, dass die verschiedenen militärischen Kräfte ihre Aktivitäten aufgrund der COVID-19-Pandemie reduzierten (USDOS 30.3.2021).
Zivile Todesopfer landesweit
Die NGO Syrian Network for Human Rights (SNHR) versucht die Zahlen ziviler Todesopfer zu erfassen. Getötete Kämpfer werden in dem Bericht nicht berücksichtigt, außer in der Zahl der aufgrund von Folter getöteten Personen, welche sowohl Zivilisten als auch Kämpfer berücksichtigt. Betont wird außerdem, dass die Organisation in vielen Fällen Vorkommnisse nicht dokumentieren konnte, besonders im Fall von 'Massakern', bei denen Städte und Dörfer komplett abgeriegelt wurden. Die hohe Zahl solcher Berichte lässt darauf schließen, dass die eigentlichen Zahlen ziviler Opfer weit höher als die unten angegebenen sind. Zudem sind die Möglichkeiten zur Dokumentation von zivilen Opfern auch von der jeweiligen Konfliktpartei, die ein Gebiet kontrolliert, abhängig (SNHR 1.1.2020; vgl. SNHR 1.1.2021). Die folgende Grafik zeigt die von SNHR dokumentierte Zahl der zivilen Opfer, die von den Konfliktparteien in Syrien im Jahr 2021 getötet wurden, wobei SNHR insgesamt 1.271 getötete Zivilisten zählte, davon 299 Kinder und 134 Frauen (SNHR 1.1.2022). Die NGO Syrian Network for Human Rights (SNHR) versucht die Zahlen ziviler Todesopfer zu erfassen. Getötete Kämpfer werden in dem Bericht nicht berücksichtigt, außer in der Zahl der aufgrund von Folter getöteten Personen, welche sowohl Zivilisten als auch Kämpfer berücksichtigt. Betont wird außerdem, dass die Organisation in vielen Fällen Vorkommnisse nicht dokumentieren konnte, besonders im Fall von 'Massakern', bei denen Städte und Dörfer komplett abgeriegelt wurden. Die hohe Zahl solcher Berichte lässt darauf schließen, dass die eigentlichen Zahlen ziviler Opfer weit höher als die unten angegebenen sind. Zudem sind die Möglichkeiten zur Dokumentation von zivilen Opfern auch von der jeweiligen Konfliktpartei, die ein Gebiet kontrolliert, abhängig (SNHR 1.1.2020; vergleiche SNHR 1.1.2021). Die folgende Grafik zeigt die von SNHR dokumentierte Zahl der zivilen Opfer, die von den Konfliktparteien in Syrien im Jahr 2021 getötet wurden, wobei SNHR insgesamt 1.271 getötete Zivilisten zählte, davon 299 Kinder und 134 Frauen (SNHR 1.1.2022).
Das Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) dokumentierte im Zeitraum 1.1.2021 bis 30.6.2023 in den syrischen Gouvernements die folgende Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen mit mindestens einem Todesopfer sowie Todesopfern. Demnach kamen im Jahr 2022 5.949 Menschen ums Leben und im ersten Halbjahr 2023 2.796 Personen Im Monatsverlauf dokumentierte ACLED im Zeitraum 1.1.2020-30.6.2023 die folgende Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen mit mindestens einem Todesopfer (Darstellung der Staatendokumentation basierend auf Daten von ACLED):
Der Großteil der von ACLED gesammelten Daten basiert auf öffentlich zugänglichen Sekundärquellen. Die Daten können daher das Ausmaß an Vorfällen unterschätzen. Insbesondere Daten zur Anzahl an Todesopfern sind den Gefahren der Verzerrung und der ungenauen Berichterstattung ausgesetzt. ACLED gibt an, konservative Schätzungen zu verwenden (ACLED/ACCORD 25.3.2021).
Auch in Landesteilen, in denen Kampfhandlungen mittlerweile abgenommen haben, besteht nach Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts weiterhin ein hohes Risiko, Opfer von Gewalt und Übergriffen zu werden (AA 29.11.2021).
Informationen zur Untersuchung von Chemiewaffeneinsätzen in Syrien
Seit der im November 2017 an russischen Vetos im VN-Sicherheitsrat gescheiterten Verlängerung des Mandats des „Joint Investigative Mechanism“ (JIM) fehlte ein Mechanismus, der die Urheberschaft von Chemiewaffeneinsätzen feststellt. Ein gegen heftigen Widerstand Russlands im Juni 2018 angenommener Beschluss erlaubt nun der Organisation für das Verbot von Chemischen Waffen (OPCW), die Verantwortlichen der Chemiewaffenangriffe in Syrien im Rahmen eines hierfür neu gebildeten „Investigation and Identification Team“ (IIT) zu ermitteln. Im April 2021 legte das IIT seinen zweiten Ermittlungsbericht vor, demzufolge hinreichende Belege vorliegen, dass der Chemiewaffeneinsatz in der Stadt Saraqib im Februar 2018 auf Kräfte des syrischen Regimes zurückzuführen ist. Die Untersuchung dreier Angriffe im März 2017 kam zu dem Ergebnis, dass hinreichende Belege vorliegen, dass die syrischen Luftstreitkräfte für den Einsatz von Sarin am 24. und 30.3.2017 sowie Chlorgas am 25.3.2017 in Latamenah verantwortlich sind. Die unabhängigen internationalen Experten der FFM gehen, davon unabhängig, weiter Meldungen zu mutmaßlichen Chemiewaffeneinsätzen nach. So kommt der FFM-Bericht vom 1.3.2019 zu dem Ergebnis, dass bei der massiven Bombardierung von Duma am 7.4.2018 erneut Chemiewaffen (Chlor) eingesetzt wurden („reasonable grounds“). Auch eine Untersuchungskommission des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen kam zu diesem Ergebnis. Pressemeldungen zufolge soll das Assad-Regime am 19.5.2019 wiederholt Chlorgas in Kabana/Jabal al-Akrad im Gouvernement Lattakia eingesetzt haben. Die US-Regierung hat hierzu erklärt, dass auch sie über entsprechende Hinweise verfüge, um den Chlorgaseinsatz entsprechend zuzuordnen. Untersuchungen durch FFM bzw. IIT stehen noch aus. Am 1.10.2020 veröffentlichte die FFM zwei weitere Untersuchungsberichte zu vermuteten Chemiewaffeneinsätzen in Saraqib (1.8.2016) und Aleppo (24.11.2018). In beiden Fällen konnte die OPCW angesichts der vorliegenden Informationslage nicht sicher feststellen, ob chemische Waffen zum Einsatz gekommen sind (AA 29.11.2021). Am 26.1.2022 veröffentlichte die Untersuchungskommission der OPCW einen Bericht, in dem sie zu dem Schluss kommt, dass es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass am 1.9.2015 in Marea, Syrien, ein chemischer Blisterstoff als Waffe eingesetzt wurde (OPCW 26.1.2022). In einem weiteren Bericht vom 1.2.2022 kommt die OPCW zu dem Schluss, dass es außerdem hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass am 1.10.2016 in Kafr Zeita eine industrielle Chlorflasche als chemische Waffe eingesetzt wurde (OPCW 1.2.2022).
Eine umfangreiche Analyse des Global Public Policy Institute (GPPi) von 2019 konnte auf Basis der analysierten Daten im Zeitraum 2012 bis 2018 mindestens 336 Einsätze von Chemiewaffen im Syrien-Konflikt bestätigen und geht bei 98 Prozent der Fälle von der Urheberschaft des syrischen Regimes aus (AA 29.11.2021).
Auch wenn es im Jahr 2022 kein Einsatz von chemischen Waffen berichtet wurde, so wird davon ausgegangen, dass das Regime weiterhin über ausreichende Vorräte von Sarin und Chlor verfügt, und über die Expertise zur Produktion und Anwendung von Chlor-hältiger Munition verfügt. Das Regime erfüllte nicht die Forderungen der Organization for the Prohibition of Chemical Weapons (OPCW) Conference of the States Parties, weshalb seine Rechte in der Organisation suspendiert bleiben (USDOS 20.3.2023).
Kontaminierung mit Minen und nicht-detonierten Sprengmitteln
Neben der Bedrohung durch aktive Kampfhandlungen besteht in weiten Teilen des Landes eine dauerhafte und anhaltende Bedrohung durch Kampfmittel. So zählt die CoI in ihrem jüngsten Bericht 12.350 Vorfälle mit Blindgängern oder Landminen im Zeitraum 2019 bis April 2022. Z.B. wurden im Juni 2022 bei der Explosion einer Landmine in Dara’a zehn Menschen getötet und 28 verletzt. Laut dem Humanitarian Needs Overview der VN für 2022 ist jede dritte Gemeinde in Syrien kontaminiert, besonders betroffen sind demnach die Gebiete in und um die Städte Aleppo, Idlib, Raqqa, Deir ez-Zor, Quneitra, Dara‘a und die ländliche Umgebung von Damaskus. Erhebliche Teile dieser Städte sind auch mittel- bis langfristig nicht bewohnbar. Bei einem Drittel der besonders betroffenen Gebiete handelt es sich um landwirtschaftliche Flächen. Dies hat auch gravierende Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion, die nicht nur die Nahrungs-, sondern auch die Lebensgrundlage für die in den ländlichen Teilen Syriens lebenden Menschen darstellt. Im Juli 2018 wurde ein Memorandum of Understanding zwischen der zuständigen United Nations Mine Action Service (UNMAS) und Syrien unterzeichnet. Dennoch behindert das Regime durch Restriktionen, Nicht-Erteilung notwendiger Visa und Vorgaben weiterhin die Arbeit von UNMAS sowie zahlreicher, auf Minenaufklärung und - Räumung spezialisierter internationaler NGOs in unter seiner Kontrolle befindlichen Gebieten (AA 29.3.2023).
Quellen:
? AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.3.2023): Auswärtiges Amt, Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: März 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2089904/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_Lage_in_der_Arabischen_Republik_Syrien_%28Stand_M%C3%A4rz_2023%29%2C_29.03.2023.pdf, Zugriff 14.4.2023
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.11.2021): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: November 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2072999/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_Lage_in_der_Arabischen_Republik_Syrien%2C_%28Stand_November_2021%29%2C_29.11.2021.pdf, Zugriff 6.7.2023
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.5.2020): Fortschreibung des Berichts über die Lage in der Arabischen Republik Syrien vom November 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031629/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Fortschreibung_des_Berichts_%C3%Bcber_die_Lage_in_der_Arabischen_Republik_Syrien_vom_November_2019_%28Stand_Mai_2020%29%2C_19.05.2020.pdf, Zugriff 6.7.2023
? ACLED/ACCORD - Armed Conflict Location & Event Data Project, zusammengestellt von ACCORD (25.3.2021): Syrien, Jahr 2020: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), https://www.ecoi.net/en/file/local/2050734/2020ySyria_en.pdf, Zugriff 6.7.2023
? ACLED - Armed Conflict Location and Event Data (o.D.): ACLED Data https://acleddata.com/data-export-tool/, Zugriff 6.7.2023
? BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (6.12.2022): Briefing Notes KW 49, Gruppe 62 - Informationszentrum Asyl und Migration, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2022/briefingnotes-kw49-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=2, Zugriff 6.7.2023
? BMLV - Bundesministerium für Landesverteidigung [Österreich] (12.10.2022): Antwortschreiben Version 2 (Stand 16.9.2022)
? CC - The Carter Center (12.6.2023): Quarterly Review on Syrian Political and Military Dynamics January - March 2023, https://storymaps.arcgis.com/stories/6262e1711e94493690195b78e278d035, Zugriff 6.7.2023
? CNN - Cable News Network (30.11.2022): ISIS acknowledges the death of its leader, announces his successor, https://edition.cnn.com/2022/11/30/middleeast/isis-leader-dies-intl/index.html, Zugriff 6.7.2023
? DIS - Danish Immigration Service [Dänemark] (29.6.2020): Islamic State in Syria, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032499/COI_brief_report_Islamic_State_in_Syria_June_2020.pdf, Zugriff 6.7.2023
? DS - Der Standard (10.3.2022): IS-Terrormiliz ernennt Abu Hassan zum neuen Anführer, https://www.derstandard.at/story/2000134011407/is-miliz-ernennt-abu-hassanneuen-anfuehrer, Zugriff 6.7.2023
? DZ - Die Zeit (24.3.2019): Kurden warnen vor Wiederaufstieg des IS, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-03/syrien-islamischer-staat-terrormiliz-kalifat-wiederaufstieg, Zugriff 6.7.2023
? EUAA – European Union Agency for Asylum (9.2022): Syria: Security situation. Country of Origin Information Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2078716/2022_09_EUAA_COI_Report_Syria_Security_situation.pdf, Zugriff 6.7.2023
? FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (10.3.2019): Die letzte Schlacht gegen den „Islamischen Staat“ hat begonnen, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kurden-beginnen-angriff-auf-letzte-is-bastion-in-syrien-16082097.html, Zugriff 6.7.2023
? FH - Freedom House (9.3.2023): Freedom in the World 2023 - Syria, 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088564.html, Zugriff 10.7.2023
? France 24 (20.11.2022): Turkey's high-stakes campaigns in Syria, https://www.france24.com/en/live-news/20221120-turkey-s-high-stakes-campaigns-in-syria, Zugriff 6.7.2023
? HRW - Human Rights Watch (7.12.2022): Northeast Syria: Turkish Strikes Exacerbate Humanitarian Crisis, https://www.hrw.org/news/2022/12/07/northeast-syria-turkish-strikes-exacerbate-humanitarian-crisis, Zugriff 6.7.2023
? HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Syria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066477.html, Zugriff 6.7.2023
? ICG - International Crisis Group (10.2022): Crisis Watch - Global Overview October 2022, https://www.crisisgroup.org/crisiswatch/november-alerts-and-october-trends#syria, Zugriff 6.7.2023
? ICG - International Crisis Group (2.2022): Crisis Watch - Global Overview February 2022, https://www.crisisgroup.org/crisiswatch/march-alerts-and-february-trends-0#syria, Zugriff 6.7.2023
? ICG - International Crisis Group (o.D.): Syria, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/east-mediterranean-mena/syria, Zugriff 6.7.2023
? KAS - Konrad Adenauer Stiftung (Wörmer, Nils) (4.12.2018): Assads afghanische Söldner, https://www.kas.de/web/die-politische-meinung/artikel/detail/-/content/assads-afghanische-soldner,Zugriff 6.7.2023
? ÖB Damaskus - Österreichische Botschaft Damaskus [Österreich] (1.10.2021): Asylländerbericht Syrien 2021 (Stand Ende September 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066258/SYRI_%C3%96B-Bericht_2021_09.pdf, Zugriff 6.7.2023
? OPCW - Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons (1.2.2022): OPCW issues Fact-Finding Mission report on chemical weapons use allegation in Kafr Zeita, Syria, on 1 October 2016, https://www.opcw.org/media-centre/news/2022/02/opcw-issues-fact-finding-mission-report-chemical-weapons-use-allegation, Zugriff 6.7.2023
? OPCW - Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons (26.1.2022): OPCW issues Fact-Finding Mission report on chemical weapons use allegation in Marea, Syria, in September 2015, https://www.opcw.org/media-centre/news/2022/01/opcw-issues-fact-finding-mission-report-chemical-weapons-use-allegation, Zugriff 6.7.2023
? Reuters (13.4.2016): Assad holds parliamentary election as Syrian peace talks resume, https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-syria-idUSKCN0XA2C5, Zugriff 9.10.2020
? SNHR – Syrian Network for Human Rights (1.5.2023): 99 Civilians, Including Eight Children, and Seven Women Documented Killed in Syria, in April 2023, https://snhr.org/wp-content/uploads/2023/05/M230501E.pdf, Zugriff 15.5.2023
? SNHR - Syrian Network for Human Rights (1.12.2022): 64 Civilians, Including 14 Children, Two Women, and Six Victims Who Died due to Torture, Were Documented Killed in Syria, in November 2022, https://snhr.org/blog/2022/12/01/64-civilians-including-14-children-two-women-and-six-victims-who-died-due-to-torture-were-documented-killed-in-syria-in-november-2022/, Zugriff 6.7.2023
? SNHR - Syrian Network for Human Rights (1.1.2022): 1,271 Civilians, Including 299 Children, 134 Women, and 104 Victims of Torture, Killed in Syria in 2021, https://snhr.org/wp-content/pdf/english/1271_Civilians_Including_229_Children_134_Women_and_104_Victims_of_Torture_Killed_in_Syria_in_2021_en.pdf, Zugriff 6.7.2023
? SNHR - Syrian Network for Human Rights (1.1.2020): 3,364 Civilians Documented Killed in Syria in 2019, http://sn4hr.org/wp-content/pdf/english/3364_civilians_were_killed_in_Syria_in_2019_en.pdf, Zugriff 6.7.2023
? UNCOI - United Nations Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (1.2023): Syrian Arab Republic: timeline of approximate areas of influence as of December, https://www.ohchr.org/sites/default/files/2023-03/4620_14_202301_MapOfInfluence_Syria_2022Dec.jpg, Zugriff 16.3.2023
? UNHCHR - United Nations High Commissioner for Human Rights (28.6.2022): Civilian Deaths in the Syrian Arab Republic - Report of the United Nations High Commissioner for Human Rights, https://www.ohchr.org/en/documents/reports/ahrc5068-civilian-deaths-syrian-arab-republic-report-united-nations-high, Zugriff 18.3.2023
? UNHRC - United Nations Human Rights Council (14.9.2021): UN Syria Commission: Increasing violence and fighting add to Syria’s woes, making it unsafe for return, https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/Pages/NewsDetail.aspx?NewsID=27456&LangID=E, Zugriff 6.7.2023
? UNSC - United Nations Security Council (29.11.2022): Uptick in Violence Threatens Three Years of Relative Calm in Syria, Special Envoy Tells Security Council, Calling for De-Escalation, https://press.un.org/en/2022/sc15121.doc.htm, Zugriff 6.7.2023
? USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Syria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089061.html, Zugriff 21.6.2023
? USDOS - United States Department of State [USA] (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Syria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048105.html, Zugriff 6.7.2023
? USIP - United States Institute of Peace (Yacoubian, Mona) (14.3.2023): Syria’s Stalemate Has Only Benefitted Assad and His Backers, https://www.usip.org/publications/2023/03/syrias-stalemate-has-only-benefitted-assad-and-his-backers, Zugriff 13.4.2023
? VOA - Voice of America (24.10.2022): Islamic State Group Still Active in Southern Syria, Observers Say, https://www.voanews.com/a/islamic-state-group-still-active-in-southern-syria-observers-say-/6804095.html, Zugriff 6.7.2023
? Zenith (11.2.2022): »Der IS rekrutiert eine neue Generation von Kämpfern«, https://magazin.zenith.me/de/politik/interview-mit-syrien-experte-fabrice-balanche-%C3%BCber-den-die-kurden-und-syrien, Zugriff 6.7.2023
Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien
Mittlerweile hat das Assad-Regime, unterstützt von Russland und Iran, unterschiedlichen Quellen zu Folge zwischen 60 % (INSS 24.4.2022; vgl. GIS 23.5.2022) und 70 % des syrischen Territoriums wieder unter seine Kontrolle gebracht (USCIRF 11.2022; EUAA 9.2022). Im November 2022 kontrolliert die Regierung die meisten größeren Städte des Landes, darunter die Großstädte Damaskus, Aleppo, Homs und Hama (CRS 8.11.2022; vgl EUAA 9.2022). Ausländische Akteure und regierungstreue Milizen üben erheblichen Einfluss auf Teile des Gebiets aus, das nominell unter der Kontrolle der Regierung steht (AM 23.2.2021; vgl. SWP 3.2020, FP 15.3.2021, EUI 13.3.2020) (Anm.: siehe dazu auch das Überkapitel Sicherheitslage). Folgende Karte mit Stand 23.5.2023 veranschaulicht diese territoriale nominelle Dominanz der syrischen Regierung und ihrer Verbündeten und das komplexe Verhältnis zum selbsternannten