TE Vwgh Beschluss 1995/4/24 94/10/0120

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Veröffentlicht am 24.04.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §55 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, in der Beschwerdesache des Mag.pharm. B in N, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 6.670,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. September 1989 war der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Apothekenkonzession abgewiesen worden. Diesen Bescheid hatte der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zl. 90/10/0072, aufgehoben. Das Erkenntnis war der belangten Behörde am 9. Dezember 1993 zugestellt worden. Die belangte Behörde führte ergänzende Ermittlungen durch. Am 17. Februar 1994 forderte der Beschwerdeführer die Erlassung des Ersatzbescheides; am 9. Mai 1994 kündigte er die Erhebung einer Säumnisbeschwerde an. Mit Schreiben vom 3. Juni 1994 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, binnen vierzehn Tagen seine Verfügungsmacht über die künftige Betriebsstätte der geplanten öffentlichen Apotheke glaubhaft zu machen. Am 14. August 1994 erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes, den versäumten Bescheid binnen drei Monaten zu erlassen und dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, wurde der belangten Behörde am 19. September 1994 zugestellt. Die belangte Behörde holte den versäumten Bescheid nach; die Zustellung an den Beschwerdeführer erfolgte am 22. Dezember 1994.

Die belangte Behörde beantragt unter Vorlage des nachgeholten Bescheides die kostenpflichtige Abweisung der Säumnisbeschwerde. Sie begründet dies im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren nicht nachgekommen sei. Der Beschwerdeführer habe sich zum Vorhalt vom 3. Juni 1994 nicht innerhalb der gesetzten Frist, sondern erst gleichzeitig mit der Erhebung der Säumnisbeschwerde geäußert.

Die belangte Behörde hat den nachgeholten Bescheid erst nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist erlassen; ein Fall der Einstellung nach § 36 Abs. 2 VwGG liegt daher nicht vor. Vielmehr war die Säumnisbeschwerde gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. z.B. den Beschluß vom 28. Jänner 1992, Zl. 91/14/0237).

Für eine Abweisung der Säumnisbeschwerde wegen eines Verstoßes des Beschwerdeführers gegen seine Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren besteht keine gesetzliche Grundlage (vgl. z.B. den Beschluß vom 30. Mai 1985, Zl. 85/16/0011).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf § 55 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 zweiter Fall der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Ein Fall des § 55 Abs. 2 VwGG liegt nicht vor, weil die belangte Behörde nicht geltend macht, daß sie dem Beschwerdeführer Gründe im Sinne der soeben zitierten Vorschrift vorgehalten hätte.

Ebensowenig kann der vorgetragene Sachverhalt dem § 55 Abs. 3 VwGG unterstellt werden. Danach ist Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn die Verzögerung der behördlichen Entscheidung ausschließlich auf das Verschulden der Partei zurückzuführen war. Ein - von der soeben zitierten Vorschrift vorausgesetztes - AUSSCHLIEßLICHEN Verschulden des Beschwerdeführers an der Verzögerung kann im Beschwerdefall schon im Hinblick auf das Ende der sechsmonatigen Entscheidungsfrist am 9. Juni 1994 - und somit vor dem Ablauf der mit dem Vorhalt vom 3. Juni 1994 gesetzten Frist - nicht bejaht werden. Es ist daher nicht entscheidend, ob der Beschwerdeführer, der den Vorhalt nach der Aktenlage nicht innerhalb der gesetzten Frist, sondern erst gleichzeitig mit der Erhebung der Säumnisbeschwerde beantwortete, seiner Mitwirkungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen war. Ebensowenig ist zu bewerten, ob das behauptete Verhalten des Beschwerdeführers zweckmäßig und dem Interesse am Fortgang des Verfahrens dienlich war.

Schlagworte

Binnen 6 MonatenSachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtAnspruch auf Sachentscheidung Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994100120.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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