TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/24 91/10/0201

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Veröffentlicht am 24.04.1995
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Index

L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;
L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L81518 Umweltanwalt Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art15 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §10;
LSchG Vlbg 1982 §3 Abs1 lita;
LSchG Vlbg 1982 §3 Abs1 litd;
LSchG Vlbg 1982 §3 Abs1 lite;
LSchG Vlbg 1982 §3 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §3 Abs3;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs4;
LSchG Vlbg 1982 §4;
LSchG Vlbg 1982 §5;
RPG Vlbg 1973 §19 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftsführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der XY-AG in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 18. Juli 1991, Zl. IVe-223/184, betreffend Bewilligung nach dem Vorarlberger Landschaftsschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingaben vom 12. Mai und 16. Juni 1989 ersuchte die beschwerdeführende Partei um die Erteilung der Bewilligung für den Bau einer Autobahntankstelle einschließlich Verkehrsbauten und Parkplätzen an der Rheintalautobahn A 14 in Hohenems bei km 23,4 bis km 23,8 nach dem Vorarlberger Landschaftsschutzgesetz, LGBl. Nr. 1/1982 (LSchG). Dabei sollten östlich der Rheintalautobahn auf zwei Grundstücken eine Tankstelle sowie die dazu erforderlichen Zufahrten von der Autobahn und Parkplätze im Ausmaß von 34.294 m2 und 4.646 m2 errichtet werden. Zusätzlich würden westlich der Autobahn für die Zufahrtsrampen 100 und 300 Flächen im Ausmaß von ca. 12.000 m2 benötigt. Bei den östlich der Autobahn gelegenen Flächen handle es sich teilweise um schwach gedüngtes Weideland; die westlich der Autobahn gelegenen Flächen seien teilweise als Auwald einzustufen, die noch vorhandene Grünfläche werde als Hutweide extensiv genutzt. Infolge der nur einseitigen Errichtung der Tankstelle an der Autobahn seien entsprechende straßenbauliche Maßnahmen notwendig, um die Tankstelle aus beiden Fahrtrichtungen von der Rheintalautobahn zu erreichen. Beim Parkplatz seien Stellplätze für 186 PKW, 12 LKW, 7 Busse und 9 Stellplätze für das Personal vorgesehen. Die Tankstelle weise eine verbaute Fläche von 27 m x 14,2 m auf, wobei die Überdachung (Flugdach) im Ausmaß von 44,7 m x 18,0 m laut Projekt um 3 m auf der Ostseite gegenüber dem Koblacher Kanal verkürzt werde. Das gesamte Vorhaben befinde sich im Sinne des § 4 Abs. 1 LSchG im Uferschutzbereich des Grundwassersees "Alter Rhein". Der gesamte Grundverbrauch werde ca. 5,1 ha betragen, wobei der bestehende Parkplatz bei km 23,7 aufgelassen werde; der Weiterbestand des westlichen Parkplatzes sei noch ungeklärt.

Die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (BH) führte am 2. August 1989 eine mündliche Verhandlung durch, in der unter anderem der Sachverständige für Raumplanung und Baugestaltung und der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz entsprechende Gutachten erstatteten.

Der forsttechnische Amtssachverständige erstattete ein Gutachten vom 14. August 1989, wonach es sich bei dem Gebiet westlich der Autobahn überwiegend um Wald im Sinne des Forstgesetzes handle.

Mit Schreiben vom 26. September 1989 legte die beschwerdeführende Partei abgeänderte Pläne vor, wonach der Platzbedarf der westseitigen Auffahrt zur Tankstelle durch eine Umplanung verringert wurde; ebenso wurde die Anzahl der Parkplätze etwas herabgesetzt. Die Zufahrtsstraße zur Tankstelle (Rampe 400) wurde um ca. 15 m vom Koblacher Kanal abgerückt, sodaß eine mehrzeilige Bepflanzung möglich wäre.

Mit Bescheid vom 5. Februar 1989 versagte die BH unter Berufung auf § 4 Abs. 1, 2 und 3 sowie § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 lit. a, d und e und § 5 LSchG die von der beschwerdeführenden Partei beantragte Bewilligung.

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid der BH bestätigt. In ihrer Begründung ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus:

Die Autobahntankstelle einschließlich der Verkehrsflächen und Parkplätze befinde sich im 500 m-Bereich des Alten Rheins. Dieser sei ein Grundwassersee, der sowohl eine bedeutende ökologische als auch eine Naherholungsfunktion ausübe. Daß mit dem geplanten Projekt die Interessen des Landschaftsschutzes verletzt würden, ergebe sich einerseits aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Raumplanung und Baugestaltung, welches ausführe, daß sich der Standort der Anlage in einem äußerst wertvollen und zugleich empfindlichen Landschaftsbereich befinde, der auch intensiv für Freizeit- und Erholungszwecke genutzt werde. Andererseits habe auch der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz in seinem Gutachten ausgeführt, daß eine grobe landschaftsbildliche Beeinträchtigung östlich der Autobahn insofern vorliege, als der Blick auf die dahinter liegenden Bergflanken des Rheintales beeinträchtigt werde. Der weitaus kritischere Bereich sei allerdings jener westlich der Autobahn, wo durch die geplante Bauweise sehr viel Landschaft verbraucht werde und immer ein technischer Störfaktor bestehen bleibe. Dazu komme noch, daß im beträchtlichen Ausmaß Auwald massiv verletzt werde. Es sei nicht möglich, dieses Feuchtgebiet durch Bepflanzungen zurückzugewinnen, was einem bleibenden Naturverlust gleichkomme. Auch der Landschaftsschutzanwalt habe den Eingriff der Rampen 100 und 300 in dichtes Auwaldgehölz als bleibenden landschaftsbildlichen Schaden beurteilt.

Aus den genannten Gutachten gehe nach Auffassung der belangten Behörde eindeutig hervor, daß Interessen des Landschaftsschutzes in mehrfacher Weise verletzt würden. Somit könne eine Ausnahmebewilligung nach § 4 Abs. 2 erster Satz LSchG nicht erteilt werden. Es sei daher zu prüfen, ob eine Ausnahmebewilligung aufgrund einer Interessenabwägung nach § 4 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. möglich sei. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sei zu prüfen, inwieweit für den Bau der Tankstelle ein öffentliches Interesse bestehe, welches in seiner Bedeutsamkeit die Interessen am Schutz der Landschaft überwiege. Ein solches öffentliches Interesse am Bau der Tankstelle liege insofern vor, als der Standort Hohenems als vertretbar erachtet worden sei, ein gewisser Bedarf für die durchreisenden Verkehrsteilnehmer nicht von der Hand gewiesen werden könne, sowie eine wirtschaftliche Bedeutung durch die Schaffung von Arbeitsplätzen bestehe. Bei der Interessenabwägung sei allerdings den Interessen des Landschaftsschutzes der Vorrang einzuräumen. Bereits die BH habe zu Recht auf den enormen Grundverbrauch von etwa 5,1 ha hingewiesen, wovon ca. 3 ha der landwirtschaftlichen Nutzung dienten. Gerade im Ballungsraum des Rheintales sei der noch bestehende Natur- und Kulturraum unbedingt zu erhalten. Weiters verhinderten bestehende Leitungsdienstbarkeiten teilweise die von den Sachverständigen geforderte hochwüchsige Bepflanzung, die zu einer optischen Abdeckung der Anlage führen würde. Somit sei auch die Vorschreibung von Auflagen bzw. Bedingungen, die die Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes in möglichst geringem Ausmaß halten sollten, in wichtigen Bereichen nicht bzw. nur teilweise möglich. Neben dem Uferschutz bestehe nach § 5 LSchG auch ein besonderer Schutz für den Auwald. Dieser würde durch die Zufahrtsrampen 100 und 300 schwer beeinträchtigt. In diesem Zusammenhang seien die Bestimmung des § 4 Abs. 2 leg. cit. sowie die Überlegungen zur Interessenabwägung analog anzuwenden. Demzufolge erübrige sich das Eingehen auf die Bewilligungstatbestände des § 3 Abs. 1 lit. a, d und e LSchG.

Auf das Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Partei, daß der verfahrensgegenständliche Auwald erst in den letzten 13 Jahren gewachsen sei, erwiderte die belangte Behörde, daß dies auf dessen Schutzwürdigkeit keinen Einfluß habe. Auch wenn nur eine Fläche von 1.500 m2 anstatt 3.500 m2 (wie ursprünglich geplant) beeinträchtigt würde, so liege nach Auffassung der belangten Behörde ein massiver Eingriff in den Auwaldbestand vor. Entgegen dem Berufungsvorbringen ließen sich auch die Hinderungsgründe an dem Projekt nicht durch Bedingungen, Auflagen oder Befristungen beseitigen, weil die Verletzungen von Interessen des Landschaftsschutzes mit der Verwirklichung dieses Projektes unweigerlich entstünden, und durch Bedingungen, Auflagen oder Befristungen allenfalls ein wenig minimiert werden könnten. Das Gesetz fordere jedoch für eine Bewilligung nach dieser Bestimmung ausdrücklich die Beseitigung der Hinderungsgründe. Was die Leitungsdienstbarkeiten anlange, so werde die geplante Anlage von zwei Hochspannungsleitungen der Vorarlberger I-AG und einer Hochspannungsleitung der Vorarlberger K-AG überspannt. Seitens der Vorarlberger I-AG sei bei der gewerberechtlichen Verhandlung am 9. Mai 1989 vorgebracht worden, daß durch entsprechende Dienstbarkeiten ein Bau- und Bestockungsverbot privatrechtlich gesichert sei. Dieses Verbot umfasse einen Bereich von 21 bzw. 30 m beiderseits der Leitungsachse. Der von den Sachverständigen für notwendig erachteten Verpflichtung zur hochwüchsigen Bepflanzung zur optischen Abdeckung könne somit nicht entsprochen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 LSchG ist die Vorarlberger Landschaft nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu schützen und zu pflegen.

Nach § 1 Abs. 2 lit. a LSchG ist Landschaftsschutz im Sinne dieses Gesetzes die Abwehr von Eingriffen, die geeignet sind, die Landschaft zu beeinträchtigen, zu verunstalten und zu schädigen oder den Naturgenuß zu stören.

Landschaftspflege ist gemäß § 1 Abs. 2 lit. b leg. cit. die Erhaltung und Gestaltung der Landschaft in ihrer Eigenart und die Sanierung landschaftlicher Schäden.

Einer Bewilligung der Behörde bedürfen gemäß § 3 Abs. 1 LSchG unter anderem die Errichtung und die im Hinblick auf die Interessen des Landschaftsschutzes wesentliche Änderung von bestimmten Bauwerken (lit. a), Parkplätzen mit einer Grundfläche von mehr als 800 m2 außerhalb des bebauten Gebietes (lit. d) und Tankstellen außerhalb des bebauten Gebietes (lit. e).

Der mit "Uferschutz" überschriebene § 4 LSchG lautet auszugsweise:

"(1) Im Bereich von Seen und eines daran anschließenden 500 m breiten Uferstreifens, gerechnet bei mittlerem Wasserstand, ist jegliche Veränderung in der Landschaft verboten. Als Veränderungen in der Landschaft gelten insbesondere die Errichtung oder Änderung von Bauwerken, Einfriedungen, Ankündigungen und Werbeanlagen sowie sonstige Anlagen, ...

(2) Die Behörde kann Ausnahmen von der Vorschrift des Abs. 1 bewilligen, wenn Gewähr besteht, daß durch solche Veränderungen Landschaftsschutzinteressen nicht verletzt und insbesondere die Sicht auf Seen nicht erschwert wird oder wenn es aus Gründen der öffentlichen Sicherheit geboten ist. Die Behörde kann ferner Ausnahmen von der Vorschrift des Abs. 1 bewilligen, wenn andere öffentliche Interessen die Interessen des Landschaftsschutzes überwiegen. In einem solchen Falle ist durch Bedingungen oder Auflagen die Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes in möglichst geringem Ausmaß zu halten.

(3) ...

(4) Die Landesregierung hat auf Antrag der betroffenen Gemeinden oder nach deren Anhörung durch Verordnung bestimmte Seen oder bestimmte fließende Gewässer von der Geltung des Abs. 1 bzw. des Abs. 3 auszunehmen oder die Uferschutzbereiche einzuschränken, soweit auf Grund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere der Bebauung in diesen Gebieten, eine Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes durch Veränderungen in der Landschaft nicht zu erwarten ist ... "

Der den "Schutz von Feuchtgebieten" regelnde § 5 LSchG hat folgenden Inhalt:

"Im Bereich von Auwäldern, Flachmooren mit Ausnahme der Riede, Hochmooren und Weihern sind Aufschüttungen, Entwässerungen, Grabungen und andere den Lebensraum von Tieren oder Pflanzen gefährdende Maßnahmen verboten. Die Bestimmung des § 4 Abs. 2 gilt sinngemäß."

Der mit "Bewilligung" überschriebene § 10 LSchG lautet auszugsweise:

"(1) Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn Gewähr besteht, daß Interessen des Landschaftsschutzes nicht verletzt werden.

(2) Die Bewilligung darf nicht versagt werden, wenn sich die Hinderungsgründe durch Bedingungen, Auflagen oder eine Befristung der Bewilligung, die im Falle des § 3 Abs. 1 lit. m mit höchstens zehn Jahren zu bemessen ist, beseitigen lassen. Eine Bewilligung darf trotz Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes dann erteilt werden, wenn andere öffentliche Interessen überwiegen. In einem solchen Falle ist durch Bedingungen oder Auflagen die Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes in möglichst geringem Ausmaß zu halten.

... "

Zunächst ist die beschwerdeführende Partei darauf hinzuweisen, daß die Widmung der beanspruchten Grundflächen als "Sondergebiet zur Errichtung einer Autobahnraststätte" die für das gegenständliche Projekt notwendigen Genehmigungen (im Beschwerdefall: Genehmigung nach dem Landschaftsschutzgesetz) nicht entbehrlich macht.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist auch kein Fall des § 3 Abs. 3 bzw. § 4 Abs. 4 LSchG gegeben: Danach hat die Landesregierung auf Antrag der betroffenen Gemeinden oder nach deren Anhörung durch Verordnung bestimmte Gebiete bzw. bestimmte Seen von der Geltung des § 3 Abs. 1 lit. a bzw. des § 4 Abs. 1 bzw. Abs. 3 auszunehmen oder die Uferschutzbereiche einzuschränken, wenn aufgrund bestimmter Gegebenheiten eine Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes nicht zu erwarten ist. Eine solche Verordnung der Landesregierung fehlt jedoch im Beschwerdefall, da die aufsichtsbehördliche Genehmigung des Flächenwidmungsplanes keine Verordnung iS der §§ 3 Abs. 3 bzw. 4 Abs. 4 LSchG darstellt.

Im Rahmen des Uferschutzes nach § 4 LSchG ist jegliche Veränderung in der Landschaft verboten. Als Veränderungen in der Landschaft gelten dabei z.B. die Errichtung von Bauwerken. Gemäß § 5 LSchG sind im Bereich von Auwäldern unter anderem Aufschüttungen und Grabungen verboten. Die Behörde kann gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. davon Ausnahmen bewilligen, wenn z.B. die Gewähr besteht, daß durch solche Veränderungen Landschaftsschutzinteressen nicht verletzt und insbesondere die Sicht auf Seen nicht erschwert wird.

Eine solche Ausnahme wurde von der belangten Behörde zu Recht nicht angenommen, da aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten eine Verletzung von Landschaftsschutzinteressen anzunehmen war. Danach befindet sich der Standort der geplanten Anlage in einem äußerst wertvollen und zugleich empfindlichen Landschaftsbereich, der auch intensiv für Freizeit- und Erholungszwecke genutzt wird. Der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz wies in seinem Gutachten darauf hin, daß eine grobe landschaftsbildliche Beeinträchtigung östlich der Autobahn insofern vorliegt, als der Blick auf die dahinter liegenden Bergflanken des Rheintales beeinträchtigt wird. Der weitaus kritischere Bereich sei jener westlich der Autobahn, wo durch die geplante Bauweise sehr viel Landschaft verbraucht werde und immer ein technischer Störfaktor bestehen bleibe. Dazu komme noch, daß im beträchtlichen Ausmaß Auwald massiv verletzt werde. Dieses Feuchtgebiet durch Bepflanzungen zurückzugewinnen sei nicht möglich, was einem bleibenden Naturverlust gleichkomme. Auch der Landschaftsschutzanwalt bezeichnete den Eingriff der Rampen 100 und 300 in dichtes Auwaldgehölz als bleibenden landschaftsbildlichen Schaden.

Dem Umstand, daß der Auwald nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin erst in den letzten 13 Jahren entstanden ist, kommt nach § 5 LSchG keine entscheidungsrelevante Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang kann die vom Sachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz vertretene Auffassung, daß die vom Projekt der Beschwerdeführerin vernichteten Feuchtgebiete durch Bepflanzungsmaßnahmen (an anderer Stelle) nicht mehr zurückgewonnen werden könnten, nicht als unschlüssig erkannt werden.

Wenn die Beschwerdeführerin auf bereits bestehende "Störwirkungen" im östlichen Teil der Autobahn verweist (Hochspannungsfreileitungen, Kläranlage, Hundesportplatz, Radcrossgelände), so ist darauf zu erwidern, daß eine Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes auch dann vorliegt, wenn in einem bereits beeinträchtigten - nach den Sachverständigengutachten - "äußerst wertvollen und zugleich empfindlichen Landschaftsbereich" ein Eingriff vorgenommen werden soll.

Die belangte Behörde hatte daher nach § 4 Abs. 2 zweiter Satz LSchG zu beurteilen, ob andere öffentliche Interessen die Interessen des Landschaftsschutzes überwiegen. Bei Bejahung dieser Frage hätte sie gemäß § 4 Abs. 2 letzter Satz leg. cit. durch Bedingungen oder Auflagen die Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes in möglichst geringem Ausmaß zu halten.

Im Rahmen der Interessenabwägung hat die belangte Behörde die Auffassung vertreten, daß den Interessen des Landschaftsschutzes der Vorrang vor anderen öffentlichen Interessen (Bedarf für die durchreisenden Verkehrsteilnehmer sowie die Schaffung von Dauer- bzw. Teilzeitarbeitsplätzen) einzuräumen sei. Maßgeblich dafür war im wesentlichen der hohe Grundverbrauch für das beantragte Projekt (ca. 5 ha), obwohl gerade im Ballungsraum des Rheintales der noch bestehende Natur- und Kulturraum unbedingt zu erhalten sei. Daß das von der Beschwerdeführerin beantragte Projekt - auch bei einer etwas geringeren räumlichen Ausdehnung - geeignet ist, die Landschaft zu beeinträchtigen, ist auf der Grundlage der eingeholten Sachverständigengutachten evident. Wenn die belangte Behörde auch nicht ausdrücklich auf § 10 Abs. 2 LSchG bezug genommen hat, so ergibt sich doch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, daß sich die geplanten Eingriffe nicht durch Bedingungen bzw. Auflagen beseitigen lassen. Die bestehenden Leitungsdienstbarkeiten (gemeint: der Vorarlberger I-AG) verhindern nämlich teilweise die von den Sachverständigen geforderte hochwüchsige Bepflanzung, die zu einer optischen Abdeckung führen würde.

Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang den von der belangten Behörde angenommenen Grundverbrauch als unrichtig bezeichnet, so ist darauf zu erwidern, daß bereits im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen worden ist, daß nicht bloß auf die verbauten Flächen, Zufahrten und Parkplätze alleine ("versiegelte" Flächen) abgestellt werden dürfe, sondern die Gesamtfläche, welche beansprucht werde, zu berücksichtigen sei.

Wenn die belangte Behörde daher ein Überwiegen der Interessen des Landschaftsschutzes angenommen hat, so kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1991100201.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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