TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/26 94/07/0138

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Veröffentlicht am 26.04.1995
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Index

L66457 Landw Siedlungswesen Tirol;
L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Tirol;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/04 Erbrecht einschließlich Anerbenrecht;
80/06 Bodenreform;

Norm

ABGB §825;
FlVfGG §1;
FlVfGG §15;
FlVfGG §28;
FlVfLG Tir 1978 §1 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §1 Abs2 lita;
FlVfLG Tir 1978 §1;
FlVfLG Tir 1978 §33;
FlVfLG Tir 1978 §42 Abs4 litb;
HöfeG Tir §5 Abs1;
HöfeG Tir §5 Abs3;
LSGG §1;
LSLG Tir 1969 §1 Abs1;
LSLG Tir 1969 §2 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des R. O. in M, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Landeshöfekommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 8. April 1993, Zl. LHK-60/9-90, betreffend Abtrennung von Bestandteilen eines geschlossenen Hofes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das in der Gegenschrift des J. O. (vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in I) enthaltene Begehren auf Zuerkennung von Aufwandersatz, wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 15. Jänner 1990 versagte die Höfekommission der Gemeinde M (HK) der Abtrennung des Hälfteanteiles an dem realrechtlich mit dem geschlossenen Hof G. verbundenen Hälfteanteil an der EZl. 120 GB F, bestehend aus

Gpn. 511/1, 550/1, 551, 562/1 und 562/2, vom Liegenschaftsbesitz des geschlossenen Hofes "G." in EZl. 90042 GB M gemäß den §§ 2 und 5 des Tiroler Höfegesetzes, LGBl. Nr. 47/1900 (THG) ihre Zustimmung.

In der Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, der Verlust des Waldanteiles für den geschlossenen Hof G. widerspreche in erheblichem Maße dem landeskulturellen Interesse an der Erhaltung und Sicherung lebensfähiger Landwirtschaftsbetriebe. Desweiteren sei zu beachten, daß der Waldbesitz einem Nichtlandwirt übereignet würde, der über keine Hofställe verfüge. Angesichts der Multifunktionalität des Waldes komme der langfristigen Sicherung einer fachgerechten Bewirtschaftung des Waldes erhebliche landeskulturelle Bedeutung zu. Diese Voraussetzung werde zwar derzeit vom Legatar (d.i. der Beschwerdeführer) als Waldaufseher erfüllt, sei aber schon für die nächste Generation nicht mehr sichergestellt. Nur im Zusammenhang mit einem bäuerlichen Betrieb sei diese Voraussetzung am besten, nämlich über Generationen hinweg, sichergestellt. Auch daraus ergäben sich erhebliche landeskulturelle Bedenken an einer bestmöglichen und langfristigen Sicherung der Walderhaltung. Die Höfebehörde verkenne keineswegs den Respekt vor einer testamentarischen Verfügung. Sie sei aber der Meinung, daß diesfalls in der Interessenabwägung zwischen der testamentarischen Verfügung einerseits und dem öffentlichen Interesse an der Sicherung lebensfähiger Höfe andererseits dem öffentlichen Interesse der Vorrang einzuräumen sei.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit Bescheid vom 20. Februar 1991 behob die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die HK M.

In der Begründung heißt es, die Erstbehörde habe insbesondere zur Frage der weiteren Eignung des geschlossenen Hofes G. bezüglich der Erhaltung einer fünfköpfigen Familie sowie zur Frage des Vorliegens erheblicher wirtschaftlicher Bedenken überhaupt kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und es sei auch nicht im entferntesten nachvollziehbar, wie sie zu ihrer Entscheidung gelangt sei, daß der geschlossene Hof G. nach der erfolgten Substanzverminderung nicht mehr die weitere Eignung zur Erhaltung einer fünfköpfigen Familie aufweise. Mit allgemeinen Ausführungen wie der "Multifunktionalität des Waldes" könnten darüber hinaus auch nicht erhebliche landeskulturelle Bedenken begründet werden. Die Behörde könne rechtens keineswegs schon wegen der Kenntnis der örtlichen Verhältnisse bzw. wegen der Fachkenntnisse einzelner Mitglieder allein darauf verzichten, den ganzen rechtserheblichen Sachverhalt auf sachverständiger Grundlage darzulegen und unter Wahrung des Parteiengehörs sich mit den so gewonnenen Beweisergebnissen auseinanderzusetzen. Ein ganz entscheidender Mangel hafte dem erstinstanzlichen Bescheid darüber hinaus auch deshalb an, weil die Erstbehörde entgegen der zwingenden Vorschrift des § 12 Abs. 1 THG kein Gutachten des zuständigen Gemeindevertreters (Bürgermeisters) eingeholt habe.

Im fortgesetzten Verfahren holte die HK Gutachten ein. Weiters übermittelte sie dem Bürgermeister der Gemeinde M den Antrag des Beschwerdeführers und ersuchte ihn um Abgabe einer gutachtlichen Äußerung. Dies lehnte der Bürgermeister ab.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 1991 versagte die HK M der beantragten Abtrennung neuerlich ihre Zustimmung.

Sie begründete ihre Entscheidung damit, daß der geschlossene Hof G. nach der Abtrennung zur Erhaltung einer Familie von mindestens fünf Köpfen nicht mehr hinreiche und daß der beantragten Abtrennung erhebliche landeskulturelle Bedenken entgegenstünden. Zu den erheblichen landeskulturellen Bedenken führte die HK aus, der Waldanteil des geschlossenen Hofes G. (Hälfteanteil an der EZl. 120) würde zwei weichenden Bauernsöhnen - dem Beschwerdeführer und seinem Bruder - übereignet werden, wodurch allein schon eine Aufsplitterung in ideelle 1/4 Anteile erfolge. Keiner der beiden habe bereits einen Waldbesitz, sodaß auch dahingehend Waldbesitz in unwirtschaftliche Größenordnungen aufgesplittert werde. Sohin würde der Waldanteil sowohl im ideellen Anteilsrecht als auch hinsichtlich der Besitzer, also in zweifacher Weise, weiter zersplittert werden.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit Bescheid vom 8. April 1993 wies die belangte Behörde

die Berufung als unbegründet ab.

In der Begründung wird ausgeführt, unabhängig von der Beurteilung der Frage, ob unter Zugrundelegung der gutachtlichen Ausführungen des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen der geschlossene Hof G. im Falle der Abtrennung von Grundstücken tatsächlich nicht mehr geeignet wäre, eine fünfköpfige Familie noch ortsüblich zu erhalten, müsse der Erstbehörde bereits beigepflichtet werden, wenn sie davon ausgehe, daß der beabsichtigten Abtrennung auf jeden Fall erhebliche landeskulturelle Bedenken entgegenstünden. Verstehe man nämlich unter landeskulturellen Bedenken solche, die sich mit ihren Ausstrahlungen in eine weitere Umgebung und einen größeren Kreis von Beteiligten im Hinblick auf eine stets erstrebenswerte Zusammenlegung, Flurbereinigung, Besitzbefestigung, Siedlungserweiterung, also raumordnungsgemäß oder vom Standpunkt der Landwirtschaft und Agrarpflege im allgemeinen ergeben (vgl. Webhofer in seinem Kommentar zum THG), so widerspreche die zur höfebehördlichen Genehmigung vorgelegte Abtrennung tatsächlich den nach dem THG zu wahrenden öffentlichen Interessen. Im § 1 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978 (TFLG 1978) bezeichne der Gesetzgeber ideell geteiltes Eigentum im Bereich der Landwirtschaft allgemein als agrarstrukturellen Mangel; zur Beseitigung dieser vom Standpunkt des öffentlichen Interesses unerwünschten Form der Bodenordnung würden auch erhebliche öffentliche Mittel nach § 7 lit. a des Tiroler Landwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 3/1975, bereitgestellt. Es müsse daher auch für den Bereich des Höferechts davon ausgegangen werden, daß die (Neu-)Begründung von Miteigentum als absolut unerwünschte Veränderung der bäuerlichen Besitzverhältnisse zu bezeichnen sei. Diese Rechtsanschauung werde auch durch die Bestimmung des Tiroler landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes 1969 (TSLG 1969) untermauert, in welchem als Gegenstand von Siedlungsverfahren die Bereinigung von ideell oder materiell geteiltem Eigentum angeführt werde. Ausgehend davon erscheine es insgesamt geradezu widersinnig, dem Höfegesetzgeber ein agrarpolitisches Ziel zu unterstellen bzw. davon auszugehen, daß ein auf eine gegenteilige Gestaltung der Eigentumsverhältnisse am bäuerlichen Kapital "Grund und Boden" hinauslaufender Rechtserwerb nicht ganz erheblich landeskulturellen Interessen entgegenstehen würde. Die belangte Behörde vertrete daher die Auffassung, daß der beabsichtigten weiteren Aufsplitterung des realrechtlich verbundenen Hälfteanteiles an der Liegenschaft in EZl. 120 GB F auf die beiden weichenden Söhne J. O. und R. O. (den Beschwerdeführer) ganz erhebliche landeskulturelle Bedenken entgegenstünden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 14. Juni 1994, B 1153/93, ihre Behandlung ab und trat sie mit Beschluß vom 6. September 1994, B 1153/93, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete der Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe die Bindungswirkung ihrer im Aufhebungsbescheid vom 20. Februar 1991 geäußerten Auffassung nicht beachtet. Die Aufhebung sei mit der Begründung erfolgt, die Erstbehörde habe zur Frage der weiteren Eignung des geschlossenen Hofes G. zur Erhaltung einer fünfköpfigen Familie kein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Selbstverständlich sei aber damals schon bekannt gewesen, daß die beantragte Abtrennung die nunmehr zur Begründung der Versagung der Zustimmung herangezogene Viertelteilung des Waldes herbeiführen würde. Wäre die belangte Behörde daher im ersten Rechtsgang schon der Ansicht gewesen, daß diese Viertelteilung allein schon bewirken würde, daß einer Bewilligung dieser Abtrennung ganz erhebliche landeskulturelle Bedenken entgegenstünden, wäre die Angelegenheit schon damals im Sinne einer Abweisung der Berufung spruchreif gewesen. Da die belangte Behörde aber im ersten Rechtsgang anders entschieden habe, habe sie auch implizit ausgesprochen, daß der Umstand, daß die Liegenschaft EZl. 120 statt bisher drei Miteigentümern (im Verhältnis 1/2 : 1/4 : 1/4) in Hinkunft vier Miteigentümern zu je 1/4 gehören würde, keine landeskulturellen Bedenken begründe, die erheblich genug wären, um die Versagung der Bewilligung zu rechtfertigen. An diese Rechtsansicht wäre die belangte Behörde im zweiten Rechtsgang gebunden gewesen.

Der von der belangten Behörde herangezogene § 1 Abs. 2 TFLG 1978 habe keineswegs den Zweck, die Frage verbindlich zu entscheiden, ob das Vorliegen einer Miteigentumsgemeinschaft immer einen agrarstrukturellen Nachteil darstelle. Vielmehr sollten lediglich die Aufgaben der Agrarbehörde im Zusammenlegungsverfahren in groben Zügen umrissen werden. Daß Miteigentum auch nach Auffassung des TFLG 1978 keineswegs immer nachteilig sei, ergebe sich aus § 42 Abs. 4 lit. b leg. cit., wonach eine Teilung nur zulässig sei, wenn die gänzliche oder teilweise Aufhebung der Gemeinschaft der Verbesserung der Agrarstruktur diene und nicht den Interessen der Landeskultur widerspreche. Wäre eine Mehrheit von Berechtigten aus der Sicht der Landeskultur immer nachteilig, so wäre die in der genannten Bestimmung angeordnete Prüfung überflüssig, weil dann eine Teilung regelmäßig einem Mangel der Agrarstruktur ein Ende setzen würde.

Der Ausdruck "Landeskultur" sei keineswegs mit "Agrarstruktur" gleichzusetzen. Da es im vorliegenden Fall um Wald gehe, seien aus der Sicht der Landeskultur wohl vor allem forstwirtschaftliche Maßstäbe heranzuziehen. Es werde daher wohl auch von wesentlicher Bedeutung sein, daß die bisherigen Eigentümer des geschlossenen Hofes G. aufgrund der vielen Arbeit, die auf dem Hof offenbar sonst noch anfalle, seit ca. 150 Jahren nicht mehr die Zeit gefunden hätten, den gegenständlichen Wald zu schlägern. Es ergäben sich auch Anhaltspunkte dafür, daß der Eigentümer des Hofes G. an der mühsamen Bewirtschaftung des Waldes in Wirklichkeit nur ein geringes Interesse haben dürfte. Durch den Beschwerdeführer, der Waldaufseher sei, könne eine bessere Waldbewirtschaftung erfolgen.

Selbst wenn aber noch irgendwelche Bedenken verblieben, wären diese nicht so erheblich, daß es gerechtfertigt wäre, den Willen des Erblassers zu ignorieren.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 2 THG bedürfen alle Veränderungen an dem Bestande und Umfang der geschlossenen Höfe, die weder durch Enteignung noch durch eine im Sinne des Art. VI, Absatz 1, des Gesetzes vom 17. März 1897, RGBl. Nr. 77, zulässige Zwangsversteigerung bewirkt werden, der Bewilligung der Höfebehörde.

Nach § 5 Abs. 1 THG ist die Bewilligung zur Abtrennung von Bestandteilen eines geschlossenen Hofes zu erteilen, wenn der Hof nach der Abtrennung zur Erhaltung einer Familie von mindestens fünf Köpfen noch hinreicht und wenn der beantragten Abtrennung erhebliche wirtschaftliche oder landeskulturelle Bedenken nicht entgegenstehen. Das THG definiert den Begriff der landeskulturellen Interessen nicht. Der Begriff der Landeskultur umfaßt auch Aspekte der Bodenreform. Im Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst5 von

Mayrhofer-Pace, 1900, Band VI, sind bei der Darstellung der Landeskultur die Angelegenheiten der Bodenreform an erster Stelle genannt. Das THG stammt aus dem Jahr 1900; es ist daher davon auszugehen, daß es auf diesem Begriffsverständnis der Landeskultur aufbaut. Die belangte Behörde hat daher zu Recht Aspekte der Bodenreform in ihre Überlegungen einbezogen.

Nach Abs. 1 des mit "Ziele und Aufgaben der Zusammenlegung" überschriebenen § 1 TFLG 1978 können im Interesse der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft die Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse im ländlichen Lebens- und Wirtschaftsraum durch Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe nach zeitgemäßen volks- und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten im Wege eines Zusammenlegungsverfahrens verbessert oder neu gestaltet werden.

Nach § 1 Abs. 2 lit. a leg. cit. sind zur Erreichung dieser Ziele in erster Linie die Nachteile abzuwenden, zu mildern oder zu beheben, die verursacht werden durch Mängel der Agrarstruktur (wie z.B. zersplitterter Grundbesitz, ideell oder materiell geteiltes Eigentum, ganz oder teilweise eingeschlossene Grundstücke, ungünstige Grundstücksformen, unwirtschaftliche Betriebsgrößen, beengte Orts- und Hoflage, unzulängliche Verkehrserschließung, ungünstige Geländeformen, ungünstige Wasserverhältnisse).

Nach § 1 Abs. 1 des Tiroler landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes 1969 (TLSG 1969) können zum Zwecke der Verbesserung der Agrarstruktur landwirtschaftliche Siedlungsverfahren durchgeführt werden.

Nach § 2 Z. 7 leg. cit. ist Gegenstand von Siedlungsverfahren die Bereinigung ideell oder materiell geteilten Eigentums.

Aus den angeführten Bestimmungen des TFLG 1978 und des TLSG 1969 folgt, daß der Tiroler Landesgesetzgeber ideell oder materiell geteiltes Eigentum als Mangel der Agrarstruktur ansieht, den es zu beseitigen gilt. Nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides werden für die Beseitigung derartiger Mängel auch öffentliche Förderungsgelder aufgewendet. Durch die Abtrennung des mit dem geschlossenen Hof G. verbundenen Hälfteanteiles an der EZl. 120 und dessen Übertragung in das Miteigentum des Beschwerdeführers und seines Bruders würde eine Eigentumsstruktur geschaffen, die das TFLG 1978 wie auch das TLSG 1969 wegen der damit verbundenen Nachteile beseitigen wollen.

Daran vermag auch der Hinweis auf § 42 Abs. 4 lit. b TFLG 1978 nichts zu ändern. Nach dieser Bestimmung ist die Teilung agrargemeinschaftlicher Grundstücke nur zulässig, wenn die gänzliche oder teilweise Aufhebung der Gemeinschaft der Verbesserung der Agrarstruktur dient und nicht den Interessen der Landeskultur widerspricht. Bei agrargemeinschaftlichen Grundstücken handelt es sich um geschichtlich gewachsene Formen gemeinschaftlicher Grundstücksnutzung, die das TFLG 1978 nicht zerschlagen will. Es sieht vielmehr ein ausgefeiltes Instrumentarium zur Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an solchen agrargemeinschaftlichen Grundstücken vor (§§ 33 ff). Für sonstiges Miteigentum gibt es kein den §§ 33 ff TFLG 1978 vergleichbares Ordnungsinstrumentarium, welches ein ordnungsgemäßes Funktionieren der Miteigentümergemeinschaft gewährleisten würde. Miteigentum (im Sinne des ABGB) und agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des TFLG 1978 können daher im vorliegenden Zusammenhang nicht verglichen werden.

Die Schaffung neuer Miteigentumsverhältnisse steht daher grundsätzlich im Widerspruch zu den Zielen des TFLG 1978 und des TSLG 1969.

Zu Recht hat der Amtssachverständige für Landwirtschaft in seiner Stellungnahme vom 9. Juni 1992 darauf hingewiesen, daß es durch eine höhere Anzahl von Miteigentümern zu immer größeren Bewirtschaftungsproblemen sowohl bei der Schlägerung als auch bei der Waldpflege kommt und daß diese Diskrepanz durch die verschiedenen Interessen der Eigentümer (Bauern, Arbeiter, Fremdenverkehrsbetriebe) noch zusätzlich angeheizt wird.

Schließlich kommt auch dem von der Erstbehörde ins Treffen geführten Argument Berechtigung zu, daß durch die Abtrennung Waldbesitz aufgesplittert würde, weil weder der Beschwerdeführer noch sein Bruder bereits über Waldbesitz verfügen.

Welche Bedeutung der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Hinweis auf eine angeblich schon längere Zeit unterbliebene Nutzung des in Rede stehenden Waldes durch den Eigentümer des geschlossenen Hofes für die Frage der Nachteiligkeit der Schaffung von Miteigentum haben soll, ist nicht ersichtlich.

Auch die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei für die Waldbewirtschaftung besser geeignet als der Eigentümer des Hofes G., vermag an der Nachteiligkeit von Miteigentumsverhältnissen nichts zu ändern. Außerdem wird bei diesem Argument übersehen, daß die Begründung von Miteigentum sich nicht auf die Zeit der Bewirtschaftung durch den Beschwerdeführer beschränkt, sondern langfristig bestehende Strukturen schafft.

Die belangte Behörde hat in ihrem auf § 66 Abs. 2 AVG gestützten Bescheid vom 20. Februar 1991 die Begründung des Bescheides der HK vom 15. Jänner 1990 als unzureichend verworfen. Mit dem aus der Schaffung von Miteigentum resultierenden Nachteilen hat die HK in diesem Bescheid nicht argumentiert; aus dem aufhebenden Bescheid der belangten Behörde kann daher keinesfalls abgeleitet werden, eine solche Argumentation reiche nicht aus, um der beantragten Abtrennung die Zustimmung zu verweigeren. Eine Verletzung der Bindung der belangten Behörde an ihre eigene Auffassung liegt daher nicht vor.

Der Wille des Erblassers ist nach dem THG kein Kriterium, welches die einer Abtrennung entgegenstehenden erheblichen landeskulturellen Bedenken beseitigen könnte.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenersatzbegehren des J. O. war zurückzuweisen, da ihm im vorliegenden Fall nicht die Stellung einer mitbeteiligten Partei zukam (vgl. den hg. Beschluß vom 20. April 1993, Zl. 92/07/0205).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994070138.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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