TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/27 91/17/0108

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Veröffentlicht am 27.04.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

PrG 1976 §14 Abs1;
PrG 1976 §14 Abs3;
VStG §22 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Salzburg 1.) vom 11. Dezember 1990, Zl. 5/03-12.505/10-1990, sowie 2.) vom 12. Dezember 1990, Zl. 5/03-12.506/3-1990, betreffend Übertretung des Preisgesetzes wegen Preistreiberei, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren an Stempelgebührenersatz wird abgewiesen.

Begründung

1.1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 11. Dezember 1990 (dem erstangefochtenen Bescheid) legte der Landeshauptmann von Salzburg dem Beschwerdeführer als gewerberechtlich verantwortlichem Geschäftsführer der A-GmbH (im folgenden: GmbH) zur Last, er habe, wie anläßlich einer Preiserhebung am 4. Juli 1989 in der Autobahnstation E-Süd festgestellt worden sei, für folgende Waren offenbar übermäßige Entgelte ersichtlich gemacht:

"Schokolade "Milka-Alpenmilch" 300g Tafel 47 S,

(ortsüblicher Preis 39 S, Preisüberschreitung 8 S oder rund 20,51 %),

Schokolade "Milka-Erdnuß" 300g Tafel 47 S, ortsüblicher Preis 39 S, Preisüberschreitung 8 S oder rund 20,51 %),

Schokolade "Milka-Trauben-Nuß" 300g Tafel 47 S, (ortsüblicher Preis 39 S, Preisüberschreitung 8 S oder rund 20,51 %),

Schokolade "Milka-Fein-Nuß" 300g Tafel 47 S, (ortsüblicher Preis 39 S, Preisüberschreitung 8 S oder rund 20,51 %),

Schokolade "Milka-Mandel" 300g Tafel 47 S, (ortsüblicher Preis 39 S, Preisüberschreitung 8 S oder rund 20,51 %),

Schokolade "Milka-Alpenmilch" 100g Tafel 16 S, (ortsüblicher Preis 15 S, Preisüberschreitung 1 S oder rund 6,66 %),

Schokolade "Milka-Mocca" 100g Tafel 16 S, (ortsüblicher Preis 15 S, Preisüberschreitung 1 S oder rund 6,66 %),

Schokolade "Milka-Nuß" 100g Tafel 16 S,

(ortsüblicher Preis 15 S, Preisüberschreitung 1 S oder rund 6,66 %),

Schokolade "Milka-Joghurt" 100g Tafel 16 S, (ortsüblicher Preis 15 S, Preisüberschreitung 1 S oder rund 6,66 %)."

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs. 1 des Preisgesetzes (im folgenden: PreisG 1976) in der geltenden Fassung in Verbindung mit § 14 Abs. 1 und 3 (dritte Rechtsregel) leg. cit. begangen. Gemäß § 15 Abs. 1 PreisG 1976 werde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 14.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 336 Stunden) verhängt.

Nach der Begründung dieses Bescheides betreibe der Beschwerdeführer als gewerberechtlich verantwortlicher Geschäftsführer der GmbH je eine Autobahnraststätte sowohl mit dem Standort E-Nord als auch mit dem Standort E-Süd in E. Die Gewerberechtigung laute auf ein Gastgewerbe in der Betriebsart "Autobahnraststätte" gemäß § 189 Abs. 1 Z. 2, 3 und 4 GewO 1973. Damit sei als erwiesen anzusehen, daß es sich jeweils um zwei voneinander getrennte Gewerbebetriebe handle, und zwar auch dann, wenn der Beschwerdeführer beide Betriebe aus betriebswirtschaftlicher Sicht als Einheit betrachte.

Die Preisforderung für Schokoladen in beiden Gewerbebetrieben sei Gegenstand je eines Verwaltungsstrafverfahrens. Während in dem einen Fall dem Beschwerdeführer die Ersichtlichmachung eines überhöhten Preises bei neun verschiedenen Schokoladen zum Vorwurf gemacht werde (Standort E-Süd), betreffe ein weiteres Strafverfahren die Ersichtlichmachung offenbar überhöhter Preise für fünf verschiedene Schokoladen (Standort E-Nord). Die Einwendungen des Beschwerdeführers sowie die Erwägungen der belangten Behörde seien im wesentlichen die gleichen.

Die beiden Autobahnraststätten von und in Richtung Kärnten seien durch beide Fahrbahnen der Tauernautobahn einschließlich der Leitschienen absolut räumlich voneinander getrennt. Beide Gewerbebetriebe seien in die Preiserhebung zur Ermittlung des ortsüblichen Preises miteinbezogen worden. Dies gehe aus der dem jeweiligen Verwaltungsstrafakt angeschlossenen Übersicht über ermittelte Vergleichsbetriebe (Preise) eindeutig hervor. Bei den in dieser Übersicht angeführten Autobahnstationen (Raststätten) handle es sich um gleichartige Betriebe, die entlang der Tauernautobahn A 10 von der Staatsgrenze mit der BRD entlang des Salzachtales bis in den Lungau sowie an der Autobahn A 1 im Salzburger Becken (in Richtung Mondsee) etabliert seien. Insgesamt seien außer den beiden Betrieben des Beschwerdeführers weitere zehn Vergleichsbetriebe zur Ermittlung des ortsüblichen Preises herangezogen worden. Der Verwaltungsgerichtshof erachte die Heranziehung von fünf, sechs bzw. acht Vergleichsbetrieben für eine objektiv richtige Ermittlung des ortsüblichen Preises als ausreichend (Hinweis auf das Erkenntnis vom 27. Jänner 1981, Zl. 11/0818/80).

Unbestritten sei ferner, daß es sich um den Verkauf von Waren im Sinne des § 191 Abs. 1 bis 8 GewO 1973 und nicht um die Erbringung von Bedarfsleistungen im Rahmen eines Gastgewerbebetriebes handle. Die Schokoladen würden am Ausgang des Gewerbebetriebes in unmittelbarer Nähe der Kasse zum Verkauf angeboten.

Die weiteren Ausführungen der Bescheidbegründung beschäftigen sich mit der Frage der Gleichartigkeit der herangezogenen Vergleichsbetriebe und des Umfanges des Vergleichsgebietes. Die belangte Behörde hat dazu folgende Ausführungen gemacht:

"Die Berufungsinstanz kann sich daher nicht der Rechtsansicht des Beschuldigten anschließen, der die Auffassung vertritt, im gegenständlichen Strafverfahren sei die Ausstattung des Gastgewerbebetriebes als solches, insbesondere über die in seinen Gastgewerbebetrieben angebotenen Sanitäreinrichtungen wie WC, Duschen und Babywickelräume für einen Preisvergleich besonders zu berücksichtigen, weil diese Einrichtungen kostenlos angeboten würden und nach Auffassung des Berufungswerbers einen Großteil jener Aufgaben erfüllen, die dem Autobahnerhalter zukämen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem Erkenntnis vom 10.7.1987, Zl. 86/17/0017 zwar festgestellt, daß es bei der Ermittlung des "ortsüblichen Preises" auf die Gleichartigkeit der Betriebe ankomme, wobei auch die Ausstattung und die Art der Aufmachung der gebotenen Bedarfsleistungen von Bedeutung sei. Soweit ein Gastgewerbetreibender nicht nur eine Handelstätigkeit ausübe, erbringe er, und zwar schon durch die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränke Leistungen, die je nach dem für die Güteklasse eines Gastgewerbebetriebes in Betracht kommenden Faktoren verschiedenartig seien. Solche Faktoren könnten insbesondere sein: die Betriebsart, innerhalb dieser weitere Einrichtungs-, Ausstattungs- und Betriebsführungsmerkmale, sowie die Lage des Betriebes, etwa in einem Fremdenverkehrsgebiet, einem städtischen oder ländlichen Bereich.

Von Bedeutung ist allerdings in diesem Zusammenhang die Rechtsauffassung des genannten Gerichtshofes, der feststellt, daß es sich in diesem Fall doch um Einrichtungen handeln müsse, die mit der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken in unmittelbarem Zusammenhang stehen. So seien etwa Zusatzeinrichtungen eines Hotelbetriebes wie Hallenbad, Fitneßräume und sonstige Sonderausstattungen außer acht zu lassen. Im übrigen aber kann der Berufungswerber mit seinem Hinweis auf die allgemeine Zugänglichkeit der Sanitäreinrichtungen seines Betriebes ohnehin nichts gewinnen, weil die Vergleichsbetriebe für das Reisepublikum in gleicher Weise diese Einrichtungen zur Verfügung halten.

Wenn also, wie im aufgezeichten Sachverhalt, selbst in jenen Fällen, wo ein Gastgewerbebetrieb Bedarfsleistungen anbietet, diese Zusatzeinrichtungen für sich allein nicht eine überhöhte Preisforderung rechtfertigen, so muß für den gegenständlichen Fall umso mehr gelten, daß für die Preisforderung von Schokoladen, die der Beschuldigte nach seinen Angaben am Ausgang seines Gewerbebetriebes in unmittelbarer Nähe der Kasse zum Verkauf anbietet, derartige Zusatzeinrichtungen wie von ihm beschrieben, nicht eine überhöhte Preisforderung rechtfertigen können.

Es kann daher in diesem Zusammenhang auf die vom Beschuldigten aufgezeigte Notwendigkeit einer durch diese Aufwendungen der Ausstattung notwendigen Kalkulation nicht Bedacht genommen werden.

Bei der Beurteilung einer allfälligen Preisüberschreitung ist nämlich nur auf den ortsüblichen Preis und nicht auf die Angemessenheit der vom Erbringer einer Bedarfsleistung oder eines Bedarfsgegenstandes vorgenommenen Kalkulation auszugehen. Dies allerdings immer unter der Voraussetzung, daß es sich bei den zur Ermittlung eines ortsüblichen Preises herangezogenen Gewerbebetrieben um "vergleichbare" Betriebe handelt. Dies ist bei den in der Vergleichsübersicht angeführten Gewerbebetrieben nach Auffassung der Berufungsinstanz der Fall.

Der genannte Verwaltungsgerichtshof hat sich schließlich auch mehrfach mit dem Begriff "Ort des Verkaufes" auseinandergesetzt. Der Begriff "Ort des Verkaufes" ebenso wie der Begriff "Ort der Erbringung der Bedarfsleistung" ist nicht topographisch zu verstehen und nicht mit dem Begriff "Gemeinde" gleichzusetzen, weshalb der ortsübliche Preis auf Grund der Ermittlungen, die über das Gebiet der Gemeinde hinausreichen und sich auf ein größeres Gebiet, allerdings mit gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen erstrecken, festgestellt werden kann (Verwaltungsgerichtshof 9.11.1982, Zl. 82/11/0144/8).

In einem weiteren diesbezüglichen Erkenntnis des genannten Gerichtshofes vom 26.5.1987, Zl. 86/17/0018/5 stellt der genannte Gerichtshof fest, daß sich wie weiter oben, der ortsübliche Preis auch auf Grund von Ermittlungen, die über das Gebiet einer Gemeinde hinausreichen und sich auf ein größeres Gebiet, jetzt aber mit der Feststellung "zumindest annähernd gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen" erstrecken, festgestellt werden kann.

Auf den gegenständlichen Sachverhalt bezogen bedeutet dies, daß erfahrungsgemäß im Bereich einer Autobahn, die an mehreren kleineren oder größeren Ortschaften vorbeiführt, nicht an jedem Ort auch mehrere Autobahnraststätten etabliert sind, die einen Preisvergleich untereinander ermöglichen. Es sind daher nach Auffassung der Berufungsinstanz alle in einem größeren Wirtschaftsraum gelegenen Autobahnraststätten für einen Preisvergleich heranzuziehen, wie dies im gegenständlichen Fall die erstinstanzliche Behörde zur Grundlage ihres Straferkenntnisses gemacht hat. Die Berufungsinstanz vertritt daher die Auffassung, daß im Sinne der weiter oben zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes der Begriff "Ort des Verkaufes" eine Ausdehnung der Preiserhebung auf alle im Bereich des Landes Salzburg an der Autobahn gelegenen Raststätten (Autobahnstationen) rechtfertigt. Dies schon deshalb, als der Beschuldigte selbst feststellt, daß sich der Kundenkreis einer Autobahnraststätte durch die größte in Österreich denkbare Mobilität auszeichne.

Dieses Argument gilt allerdings auch für den Bereich der Autobahnraststätten entlang der eingangs beschriebenen Route der Tauernautobahn, wo in der Regel die durchreisenden Gäste alle in der beiliegenden Übersicht angeführten Autobahnraststätten passieren und nach Bedarf in einer dieser Autobahnraststätten einkehren können. Gleichermaßen wäre dieses Argument aber auch für die Zulieferanten anzuwenden, die Autobahnstationen hinsichtlich der Bestellung als auch hinsichtlich der Lieferung solcher Waren gleichzeitig anfahren.

Der Unterschied in der Käuferschicht an Autobahnraststätten gegenüber etwa an der Autobahn gelegenen Orten (Gemeinden) besteht also nach Auffassung der Berufungsinstanz darin, daß Autobahnraststätten der genannten Art vorwiegend von Durchreisenden frequentiert werden, während etwa Gewerbebetriebe ähnlicher Art außerhalb des Bereiches einer Autobahn sowohl von der einheimischen Bevölkerung als auch, wie in besonderen Fremdenverkehrsgebieten, von den Gästen aufgesucht werden.

Verbunden mit den weiter oben gemachten Ausführungen hatte die erstinstanzliche Behörde logischerweise bei der Ermittlung von Vergleichspreisen in Anlehnung an die bereits weiter oben zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich des Begriffes "Ort des Verkaufes" richtigerweise alle an der genannten Autobahn etablierten Verkaufsstellen für Schokolade zum Preisvergleich heranzuziehen.

Da auch die Anzahl der Vergleichsbetriebe im Sinne der preisrechtlichen Bestimmungen und der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes als genügend anzusehen ist, hatte die Behörde erster Instanz keine Veranlassung, etwa auch die vom Beschuldigten in seiner Stellungnahme vom 5.9.1989 genannten elf Autobahnraststätten wie Strengberg, Haag, Pettnau, Grallau, Kaiserwald, Loipersdorf, Großram, Angarth, Ampaß, Ansfelden-Nord und St. Pölten mit in die Erhebung einzubeziehen, die teilweise mehrere hunderte Kilometer von beiden Betrieben des Beschuldigten und somit vom "Ort des Verkaufes" entfernt liegen. Es könne auch in diesem Zusammenhang nicht von einer willkürlichen Einengung bzw. Eingrenzung von Vergleichsbetrieben innerhalb des Bundeslandes Salzburg gesprochen werden.

Unter Berücksichtigung der aufgezeigten Umstände ist daher die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als zu Recht erkannt anzusehen."

Aufgrund der Aktenlage, so heißt es im erstangefochtenen Bescheid weiter, lägen sämtliche Kriterien für ein fortgesetztes Delikt vor. Mehrere Einzelhandlungen (die Überschreitung des ortsüblichen Preises bei verschiedenen Waren) träten vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform unter ähnlichen Begleitumständen an einem bestimmten Tag zusammen und bildeten die für das fortgesetzte Delikt charakteristische Deliktseinheit. Auch liege offenkundig der für das fortgesetzte Delikt charakteristische einheitliche Willensentschluß vor, infolge der zugrunde gelegten innerbetrieblichen Kalkulationen einen höheren Gewinn zu erzielen.

1.1.2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 12. Dezember 1990 (dem zweitangefochtenen Bescheid) legte der Landeshauptmann von Salzburg dem Beschwerdeführer als gewerberechtlich verantwortlichem Geschäftsführer der GmbH, zur Last, er habe, wie anläßlich einer Preiskontrolle vom 4. Juli 1989 in der Autobahnstation E-Nord festgestellt worden sei, für folgende Waren offenbar übermäßige Entgelte ersichtlich gemacht:

"Schokolade "Milka-Erdnuß" 300g Tafel 47 S,

(ortsüblicher Preis 39 S, Preisüberschreitung 8 S oder rund 20,51 %),

Schokolade "Milka-Fein-Nuß" 300g Tafel 47 S, (ortsüblicher Preis 39 S, Preisüberschreitung 8 S oder rund 20,51 %),

Schokolade "Milka-Mandel" 100g Tafel 16 S, (ortsüblicher Preis 15 S, Preisüberschreigung 1 S oder rund 6,66 %),

Schokolade "Milka-Mocca" 100g Tafel 16 S, (ortsüblicher Preis 15 S, Preisüberschreitung 1 S oder rund 6,66 %),

Schokolade "Milka-Joghurt" 100g Tafel 16 S, (ortsüblicher Preis 15 S, Preisüberschreitung 1 S oder rund 6,66 %)."

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs. 1 PreisG 1976 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 und 3 (dritte Rechtsregel) leg. cit. begangen. Gemäß § 15 Abs. 1 PreisG 1976 werde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 5.100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 270 Stunden) verhängt. Die Begründung dieses Bescheides ist inhaltsgleich mit jener des erstangefochtenen Bescheides.

1.2. Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß vom 11. Juni 1991, B 158, 159/91, lehnte dieser Gerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab. Antragsgemäß wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

1.3. In seiner Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, nicht entgegen den Bestimmungen des § 15 Abs. 1 und des § 14 Abs. 1 und 3 PreisG 1976 bestraft zu werden. Geltend gemacht werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde habe gegen den Beschwerdeführer zwei Bescheide mit der Begründung erlassen, daß es sich bei den Autobahnraststätten E-Süd und E-Nord um zwei getrennte Betriebe handle. Wenn zwei getrennte Betriebe vorlägen, "dann schaffen diese beiden Betriebe im Wechselspiel zueinander die Vergleichbarkeit und somit schaffen diese beiden Betriebe für einander den ortsüblichen Preis". Seien die beiden Betriebe E-Süd und E-Nord nicht Vergleichsbetriebe zueinander, sondern bildeten sie eine Betriebseinheit, dann liege eine Doppelbestrafung vor.

Die herangezogenen Vergleichsbetriebe seien mit den Betrieben des Beschwerdeführers nicht vergleichbar, weil der Betriebsumfang ganz erheblich von jenem der Betriebe des Beschwerdeführers abweiche. Die Einschränkung der Vergleichsbetriebe auf jenen Kreis, wie er den angefochtenen Bescheiden zugrundeliege, sei willkürlich und sachlich nicht gerechtfertigt. Auch der Kundenkreis der beiden Betriebe des Beschwerdeführers reiche extrem weit über den in den angefochtenen Bescheiden mit dem Salzburger Becken eingeschränkten Raum (Vergleichsbetriebe) hinaus. Zu Unrecht sei dem Antrag des Beschwerdeführers auf Preiserhebungen in weiteren Autobahnraststätten Österreichs nicht Rechnung getragen worden.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 14 des im Beschwerdefall noch anzuwendenden Preisgesetzes, BGBl. Nr. 260/1976 in der Fassung BGBl. Nr. 271/1978 und 288/1980 (PreisG 1976) lautet auszugsweise:

"(1) Einer Preistreiberei macht sich schuldig, wer für Sachgüter oder Leistungen, die unmittelbar oder mittelbar der Befriedigung lebenswichtiger Bedürfnisse dienen (im folgenden kurz Bedarfsgegenstand und Bedarfsleistung genannt), ein offenbar übermäßiges Entgelt ersichtlich macht, fordert, annimmt oder sich versprechen läßt. ...

(2) ...

(3) Als offenbar übermäßig ist ein Entgelt anzusehen, das ...; besteht ein solcher Preis im einzelnen Falle nicht, so

gilt als offenbar übermäßig ein Entgelt, das den für Bedarfsgegenstände oder Bedarfsleistungen der gleichen Art und Beschaffenheit am Orte des Verkaufes oder der Erbringung der Bedarfsleistung durch gleichartige Betriebe im ordentlichen Geschäftsverkehr jeweils üblichen Preis erheblich überschreitet."

2.2. Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof die Frage aufgeworfen, ob - unter der Annahme, die beiden Autobahnraststätten der GmbH wären unabhängig voneinander geführte Betriebe - bei der Beurteilung der Übermäßigkeit der ersichtlich gemachten Preise in dem einen Betrieb nicht der andere Betrieb als Vergleichsbetrieb bei der Feststellung des ortsüblichen Preises mitberücksichtigt werden müßte.

2.2.1. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang zum Ausdruck bringt, damit stehe jedenfalls bereits der ortsübliche Preis fest, so übersieht er, daß eine solche Sicht des Ortes des Verkaufes zu kleinräumig wäre. Die Heranziehung von bloß zwei (hg. Erkenntnis vom 25. November 1980, Slg. NF Nr. 10.304/A) oder auch von drei Vergleichsbetrieben (hg. Erkenntnis vom 9. November 1982, Zl. 82/11/0144

= ZfVB 1983/5/2558) ist nicht ausreichend (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1989, Zl. 87/17/0187

= ZfVB 1990/4/1978). Wenn an einem Ort keine oder zuwenig geeignete Vergleichsbetriebe vorhanden sind, kann der ortsübliche Preis auch aufgrund von Ermittlungen, die über das Gebiet einer Gemeinde hinausreichen und sich auf ein größeres Gebiet (allerdings mit zumindest annähernd gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen) erstrecken, festgestellt werden. Der Begriff "Ort des Verkaufes" bzw. "Ort der Erbringung der Bedarfsleistung" ist nämlich nicht topographisch zu verstehen und kann nicht mit dem Begriff "Gemeinde" gleichgesetzt werden. Der Erhebungsbereich muß hiebei soweit reichen, daß die Preise mehrerer gleichartiger Betriebe verglichen werden können (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. Mai 1987, Zl. 86/17/0018 = ZfVB 1988/3/1200, vom 9. Juni 1989, Zl. 87/17/0393 = ZfVB 1990/4/1980, und vom 9. Juni 1989, Zl. 87/17/0187 = ZfVB 1990/4/1978).

Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den Erhebungsbereich über das Ortsgebiet der Gemeinde E hinaus erstreckte.

2.2.2. Abgesehen davon, daß der jeweils andere Betrieb der GmbH in E, deren gewerberechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt war, als Vergleichsbetrieb nicht ausreichen würde, stellt sich aber die Frage, ob dieser Betrieb überhaupt unter diesem Gesichtspunkt Berücksichtigung finden dürfte. Eine Berücksichtigung als Vergleichsbetrieb dürfte jedenfalls dann nicht erfolgen, wenn eine einheitliche Betriebsführung dieser beiderseitigen Autobahnraststätten vorläge. Der Verwaltungsgerichtshof erinnert in diesem Zusammenhang an seine Rechtsprechung, wonach bei Vorliegen verschiedener Annahmestellen eines Unternehmens alle diese Annahmestellen nur als EIN Vergleichsbetrieb gewertet werden können (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 8. Oktober 1968, Zl. 483/68, vom 15. März 1978, Zl. 2717/76, und vom 9. Juni 1989, Zl. 87/17/0411 = ZfVB 1990/4/1982). Dies muß umso mehr gelten, wenn der Betrieb, dessen Preise in Frage stehen, selbst ein solches einheitliches, wenn auch räumlich gegliedertes Unternehmen ist.

Daß in den beiden in Rede stehenden Zwillings-Autobahnraststätten der GmbH dieselben Preise für die in den angefochtenen Bescheiden bezeichneten Bedarfsgegenstände ersichtlich gemacht wurden, ist unbestritten. Darauf, daß für die beiden Gewerbebetriebe nach der Gewerbeordnung getrennte Gewerbeberechtigungen vorliegen, kommt es unter dem vorliegenden preisrechtlichen Gesichtspunkt (Preistreiberei) nicht an. Ebensowenig spielt es eine Rolle, daß keine räumliche Verbindung zwischen den Lokalen diesseits und jenseits der Autobahn besteht. Weitere Feststellungen zur gemeinsamen oder getrennten Betriebsführung enthalten die angefochtenen Bescheide jedoch nicht. Sie enthalten vielmehr nur den Hinweis, es handle sich um verschiedene Gewerbebetriebe, auch wenn der Beschwerdeführer beide Betriebe aus betriebswirtschaftlicher Sicht als Einheit betrachte. Feststellungen über die einzelnen Merkmale der Betriebsweise, insbesondere der Preiskalkulation fehlen (siehe den folgenden Punkt 2.2.3.).

2.2.3. Der Verwaltungsgerichtshof ist in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, daß mehrere selbständige Tathandlungen der Preistreiberei, auch wenn sie gleichzeitig gesetzt werden, als eine einzige Tat aufzufassen sind, wenn eine Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines zeitlichen Zusammenhanges gegeben ist und sie vom Vorliegen eines einheitlichen Willensentschlusses getragen sind. Dabei genügt bei Vermögensdelikten der allgemeine Bereicherungsgrundsatz zur Annahme eines Gesamtkonzeptes des Täters (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Juli 1987, Zl. 86/17/0017

= ZfVB 1988/3/1199).

Legt man dem Beschwerdefall diesen, von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Maßstab für die Beurteilung der Einheitlichkeit oder Selbständigkeit mehrerer Tathandlungen im Sinne des § 22 Abs. 1 VStG zugrunde, dann ist nicht einzusehen, warum dies für die beiden Tatorte der behaupteterweise gemeinsam geführten Autobahnraststätten E-Süd und E-Nord nicht in gleicher Weise zum Tragen kommen könnte. Die belangte Behörde hat dazu allerdings keine ausreichenden Feststellungen im Bescheid getroffen, die dem Verwaltungsgerichtshof eine nachprüfende Beurteilung ermöglichen würden, ob die belangte Behörde zutreffend einen beide Standorte erfassenden deliktischen Gesamtvorsatz des Beschwerdeführers verneint hat, wenn sie die einzelnen Tathandlungen zwar je Standort, nicht aber auch diese Standorte übergreifend in einem Begehungszusammenhang zusammengefaßt hat.

2.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 14 Abs. 3 dritte Rechtsregel PreisG 1976 nimmt diese Bestimmung auf die im Bereich der Marktwirtschaft übliche freie Entwicklung der Preise nach Angebot und Nachfrage Bezug, die in der Praxis zwischen einer unteren und einer oberen Grenze schwanken. Diese Norm bezweckt lediglich eine regulierende Funktion insofern, als übermäßige Überschreitungen dieser Bandbreite unter Strafe gestellt sind. Aus den Worten "im ordentlichen Geschäftsverkehr üblich" ist erkennbar, daß weder im Handel geforderte Schleuderpreise noch auch Überpreise die Grundlage für die Ermittlung des ortsüblichen Preises bilden können. Strafbar ist nicht jede, sondern nur eine erhebliche, also übermäßige Preisüberschreitung. Nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" wird bei der Beurteilung der Erheblichkeit der Preisüberschreitung immer von der oberen Grenze der ermittelten ortsüblichen Preise auszugehen sein (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1967, Zl. 222/67, vom 15. März 1978, Zl. 2717/76, vom 28. Oktober 1980, Slg. NF Nr. 10.272/A, vom 27. Jänner 1981, Slg. NF Nr. 10.352/A, und vom 9. Juni 1989, Zl. 87/17/0411 = ZfVB 1990/4/1982).

Aus dem in den Verwaltungsakten erliegenden "Auszug aus den Preiserhebungen bei Autobahnstationen Shop"s am 4. Juli 1989", Beilage zum Anzeigebericht des Anzeigelegers (Preisüberwachungsorganes) vom 5. Juli 1989 - es handelt sich um die in den angefochtenen Bescheiden erwähnte Übersicht über die ermittelten Vergleichspreise - ergibt sich, daß Schokoladen, deren Preise mit 47 S in den beiden Autobahnrestaurants der GmbH ersichtlich gemacht waren, in der Shell-Tankstelle Walserberg - Autobahn Nord und in der Shell-Tankstelle Walserberg - Autobahn Süd jeweils zu 45 S angeboten wurden. Die angefochtenen Bescheide enthalten dazu keine Feststellungen; es wird nicht begründet, warum diese Preise aus dem Vergleich ausgeschieden wurden und ein ortsüblicher Preis von 39 S als erwiesen angenommen wurde. Die belangte Behörde hat die angefochtenen Bescheide daher auch unter diesem Gesichtspunkt mit einer wesentlichen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieser Verfahrensfehler zu einem anderen Bescheid gekommen wäre.

2.4. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat.

Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

2.5. Bei diesem Ergebnis konnte die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG unterbleiben.

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schriftsatzaufwand war nur im begehrten Ausmaß zuzusprechen; da der Pauschalsatz der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 nicht ausgeschöpft wurde, kam auch Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994 nicht zur Anwendung. An Stempelgebührenersatz waren S 360,-- für die Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof und S 120,-- für eine weitere Ausfertigung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde zuzusprechen. Das Mehrbegehren an Stempelgebührenersatz war abzuweisen.

2.7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1991170108.X00

Im RIS seit

11.09.2001

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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