TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/27 94/11/0355

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Veröffentlicht am 27.04.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
44 Zivildienst;

Norm

AVG §33 Abs3;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwRallg;
ZDG 1986 §76a Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Oktober 1994, Zl. 196.300/2-IV/10/94, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Angelegenheit des Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 16. September 1994 auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der im § 76a Abs. 2 Z. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 in der Fassung der ZDG-Novelle 1994, BGBl. Nr. 187, normierten Frist zur Einbringung einer Zivildiensterklärung gemäß § 71 AVG abgewiesen.

Der Beschwerdeführer erhob Beschwerden an beide Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 28. November 1994, B 2115, 2120/94, die Behandlung der an ihn gerichteten

Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Diese Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 17. Jänner 1995, Zl. 94/11/0415, 0416, zurückgewiesen, weil der Beschwerdeführer sein Beschwerderecht gegen den angefochtenen Bescheid durch die von ihm unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde - die den Gegenstand dieser Entscheidung bildet - konsumiert hat.

In dieser Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde gemäß §§ 35 Abs. 3 und 36 Abs. 1 VwGG das Vorverfahren eingeleitet (Verfügung vom 28. November 1994). Weder innerhalb der in dieser Verfügung gesetzten Frist noch auf Grund der mit Verfügung vom 26. Jänner 1995 ausgesprochenen Erwartung, daß der Verfügung vom 28. November 1994 binnen zwei weiterer Wochen entsprochen wird, wurden von der belangten Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof ist daher gemäß § 38 Abs. 2 VwGG von den Beschwerdebehauptungen ausgegangen und hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß die vom Beschwerdeführer mit Antrag vom 5. Jänner 1995 begehrte Verbindung der vorliegenden Beschwerde mit der vom Verfassungsgerichtshof abgetretenen und vom Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesenen Beschwerde nicht in Betracht kam.

Der angefochtene Bescheid enthält in seiner Begründung zwei verschiedene Ausführungen, warum der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers nicht positiv zu erledigen sei: Zunächst wird auf die breite Diskussion in den Medien über die ZDG-Novelle 1994 sowie auf die von einem Wehrpflichtigen zu erwartenden und zumutbaren Bemühungen, sich über Rechtsänderungen zu informieren, verwiesen; eine unverschuldete Fristversäumung liege daher nicht vor. Nach Wiedergabe der Rechtslage wird sodann ausgeführt, daß es bei Versäumung der "materiell-rechtlichen Fallfrist des § 76a Abs. 2 Z. 1 ZDG" keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gebe.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 12. Oktober 1994, B 1659/94, ausgesprochen, daß die Frist zur Abgabe einer Zivildiensterklärung keine materiell-rechtliche, sondern eine verfahrensrechtliche sei (mit der Folge, daß die Tage des Postenlaufes nicht in sie einzurechnen seien). Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Daraus folgt, daß eine Wiedereinsetzung gegen ihre Versäumung in Betracht kommt.

Seinem Beschwerdevorbringen zufolge hatte der Beschwerdeführer seinen Wiedereinsetzungsantrag vom 16. September 1994 damit begründet, daß ihm anläßlich seiner Stellung im Jahre 1992 die Information zugekommen sei, er könne eine Zivildiensterklärung innerhalb von 14 Tagen vom Erhalt eines Einberufungsbefehles an abgeben; die Zivildienstgesetz-Novelle 1994 habe er nicht gekannt; es könne ihm nicht zugemutet werden, sich "laufend mit der Gesetzesänderung im Rahmen des Zivildienstes auseinderzusetzen".

Mit diesem Vorbringen in seinem Wiedereinsetzungsantrag hat er keinen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 71 Abs. 1 (Z. 1) AVG geltend gemacht. Mangelnde Rechtskenntnis oder Rechtsirrtum können nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gewertet werden (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl. S 633 unter Z. 73 und 75, zitierten Entscheidungen).

Dem Wiedereinsetzungsantrag wurde daher im Ergebnis zu Recht keine Folge gegeben. Die Beschwerde ist unbegründet und gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den - zur hg. Zl. AW 94/11/0096 protokollierten - Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994110355.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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