TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/16 94/08/0150

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Veröffentlicht am 16.05.1995
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §10 Abs2;
AlVG 1977 §9 Abs1;
ASVG §122 Abs2 Z2 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt, gegen den aufgrund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Salzburg vom 24. Mai 1994, Zl. IV-7022 B, VNr.: 1197 250453, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 23. März 1994 sprach das Arbeitsamt Salzburg aus, daß der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 in Verbindung mit § 10 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) für die Zeit vom 3. März 1994 bis 13. April 1994 verloren habe. Eine Nachsicht werde nicht erteilt. Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer die Schulungsmaßnahme zum Motivations- und Berufsorientierungskurs vereitelt.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Dabei brachte er im wesentlichen vor, keine Verständigung über den Beginn des Motivationskurses erhalten zu haben. Er habe inzwischen einen Kurs für Lüftungsanlagenbauer belegt. Die (neuerliche) Einladung des Arbeitsamtes zum Besuch des Motivationskurses ab 3. März 1994 scheine wegen der bereits verstrichenen Zeit nicht erfolgversprechend.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid des Arbeitsamtes bestätigt. Nach der Begründung stehe der Beschwerdeführer seit November 1986 nahezu ununterbrochen beim Arbeitsamt Salzburg im Bezug der Notstandshilfe. Trotz intensiver Vermittlungsbemühungen sei es dem Arbeitsamt nicht gelungen, den Beschwerdeführer zu vermitteln. Bei der Kontrollmeldung am 14. Dezember 1993 sei er darüber informiert worden, daß er für den "Motivations- und Berufsorientierungskurs für Arbeitslose" vorgesehen sei. Dieser in der Zeit vom 7. Februar 1994 bis 24. April 1994 veranstaltete Kurs hätte vornehmlich dazu gedient, Langzeitarbeitslosen den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu erleichtern. Im Rahmen der Berufsorientierung, des Bewerbungstrainings und einer intensiven Hilfestellung bei der Arbeitsplatzsuche solle ein Lösung des Beschäftigungsproblemes auf längere Zeit erreicht werden. Nach den bisherigen Erfahrungen seien 95 % der Absolventen dieses Kurses wieder in Beschäftigung getreten. Dem Beschwerdeführer sei eine schriftliche Einladung für den 7. Februar 1994 rechtzeitig zugesandt worden. Seine Behauptung, das Einladungsschreiben nicht bekommen zu haben, sei nicht glaubhaft, da sämtliche andere Kursteilnehmer die Einladung rechtzeitig erhalten hätten. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß ein zur Post gegebenes amtliches Schriftstück in Verstoß gerate. Dennoch sei der Beschwerdeführer neuerlich schriftlich zur Kursteilnahme am 3. März 1994 aufgefordert worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kurs zwar bereits angelaufen gewesen, dennoch hätte ein Quereinstieg den Erfolg dieser Maßnahme nicht vereitelt. Der Kurs sei so aufgebaut, daß ein Einstieg noch bis 8. März 1994 ohne wesentliche Versäumnisse möglich gewesen wäre. Dieser Einstieg sei jedoch vom Beschwerdeführer unter Hinweis auf den von ihm gebuchten, in der Zeit vom 18. Februar 1994 bis 16. April 1994 gleichzeitig stattfindenden "Vorbereitungskurs auf die Meisterprüfung für Lüftungsanlagenbauer" am WIFI-Salzburg abgelehnt worden. Da der Beschwerdeführer gelernter Kfz-Mechaniker und seit 1985 in keinem Beschäftigungsverhältnis mehr gestanden sei, und auch keine offenen Stellen für Lüftungsanlagenbauer gemeldet seien, könne mit Sicherheit davon ausgegangen werden, daß die Absolvierung dieses Lehrganges nicht zur Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses führe. Die Erfolgsaussichten wären wesentlich größer gewesen, wenn der Beschwerdeführer an der ihm vom Arbeitsamt angebotenen Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß teilgenommen hätte. Der Besuch des Meisterprüfungskurses könne daher nicht als wichtiger Grund für die Weigerung des Beschwerdeführers, an dem Motivations- und Berufsorientierungskurs teilzunehmen, anerkannt werden. Im übrigen liege auch während des Ausschlußzeitraumes die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit nicht vor, da der vom Beschwerdeführer besuchte Kurs ein geregelter Lehrgang im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG sei. Eine Ausnahmegenehmigung nach Abs. 4 der genannten Gesetzesstelle komme nur in Frage, sofern der Arbeitslose dem Studium oder der praktischen Ausbildung bereits während des Dienstverhältnisses, das der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorangegangen sei, für längere Zeit hindurch oblegen sei und die Beschäftigung nicht vom Arbeitslosen selbst zwecks Fortsetzung des Studiums oder der praktischen Ausbildung freiwillig gelöst worden sei. Die Voraussetzungen für eine solche Ausnahme lägen beim Beschwerdeführer jedoch nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 7 Abs. 1 AlVG hat unter anderem Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist.

Arbeitswillig ist gemäß § 9 Abs. 1 AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 502/1993, wer unter anderem bereit ist, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen.

Nach § 10 Abs. 1 AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 502/1993 verliert der Arbeitslose, wenn er ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden vier Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Liegt im Zeitraum eines Jahres vor dem Beginn eines Anspruchsverlustes bereits ein früherer Anspruchsverlust, so beträgt der genannte Zeitraum sechs Wochen.

Gemäß § 10 Abs. 2 AlVG ist der Ausschluß vom Bezug des Arbeitslosengeldes in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie bzw. Aufnahme einer anderen Beschäftigung, ganz oder teilweise nachzusehen.

Die genannten Bestimmungen sind gemäß § 38 AlVG auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß der "Motivations- und Berufsorientierungskurs für Arbeitslose" eine Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG darstellt. So soll im Rahmen der Berufsorientierung, des Bewerbungstrainings und einer intensiven Hilfestellung bei der Arbeitsplatzsuche eine Lösung des Beschäftigungsproblems erreicht werden.

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde wurde dem Beschwerdeführer bereits am 14. Dezember 1993 anläßlich einer Kontrollmeldung mitgeteilt, daß er für den Besuch des "Motivations- und Berufsorientierungskurs" vorgesehen sei. Da dem Beschwerdeführer somit seit 14. Dezember 1993 bekannt war, daß er einen "Motivations- und Berufsorientierungskurs" besuchen solle, kann ihm nicht gefolgt werden, wenn er die Auffassung vertritt, es sei für ihn nicht zumutbar gewesen, einen bereits bezahlten und teilkonsumierten Berufsfortbildungskurs (nämlich den Vorbereitungskurs auf die Meisterprüfung für Lüftungsanlagenbauer) zugunsten eines - seiner Ansicht nach - nicht erfolgversprechenden, da bereits fortgeschrittenen Motivationskurses abzubrechen. Bei der gegebenen Sachlage wäre es vielmehr am Beschwerdeführer gelegen, vor einem etwaigen Besuch des Vorbereitungskurses mit dem Arbeitsamt Rücksprache zu halten.

Es kann auch dahinstehen, ob der Beschwerdeführer (wie die belangte Behörde behauptet und wofür die Stellungnahme des Vermittlers in der in den Verwaltungsakten unter der OZl. 141 erliegenden Niederschrift vom 21. Februar 1994 zu sprechen scheint) bereits bei der Kontrollmeldung über den Kursbeginn am 7. Februar 1994 informiert worden ist. Ebenso kann dahinstehen, ob der Beschwerdeführer (was er in Abrede stellt) die schriftliche Einladung des Arbeitsamtes erhalten hat: Anläßlich seiner Vorladung zum Arbeitsamt am 21. Februar 1994 wurde dem Beschwerdeführer nämlich mitgeteilt, daß die Einstiegsphase des Motivationskurses noch nicht abgelaufen sei und der Beschwerdeführer noch am selben Tag im Kurs vorsprechen solle. Dies wurde vom Beschwerdeführer jedoch im Hinblick auf den von ihm besuchten Vorbereitungskurs auf die Meisterprüfung und nicht - wie in der Beschwerde behauptet wird - wegen der bereits verstrichenen Zeit seit Beginn des Motivationskurses abgelehnt (vgl. die bereits erwähnte Niederschrift vom 21. Februar 1994). Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert hat. Ob der Besuch des Vorbereitungskurses auch ein geregelter Lehrgang iS des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG ist, der das Vorliegen von Arbeitslosigkeit ausschließen würde, kann daher dahinstehen.

Der belangten Behörde kann auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie einen wichtigen Grund für die Weigerung des Beschwerdeführers an der Teilnahme einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt nicht angenommen hat. Sie hat schlüssig dargelegt, weshalb der Besuch des Motivationskurses die Vermittlungschancen des Beschwerdeführers am Arbeitsmarkt eher verbessert hätten als der Vorbereitungskurs auf die Meisterprüfung für Lüftungsanlagenbauer, zumal der Beschwerdeführer gelernter Kfz-Mechaniker und seit 1985 in keinem Beschäftigungsverhältnis mehr gestanden sei und auch keine offenen Stellen für Lüftungsanlagenbauer beim Arbeitsamt gemeldet seien. Auch zieht der Beschwerdeführer die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Annahme, daß er mit seinen - noch vorhandenen - beruflichen Kenntnissen nach einer Dauer der Arbeitslosigkeit von etwa acht Jahren nicht mehr vermittelbar war, nicht in Zweifel. Ebensowenig hat der Beschwerdeführer dem Arbeitsamt gegenüber das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Zuweisung zum Motivationskurs bestritten.

Es kann auch nicht als rechtswidrig erachtet werden, daß die belangte Behörde im Beschwerdefall einen "berücksichtigungswürdigen Fall" im Sinne des § 10 Abs. 2 AlVG nicht angenommen hat: Die Sorgepflichten des Beschwerdeführers für eine Ehefrau und ein 15-jähriges Kind treffen den Beschwerdeführer nicht härter als andere Arbeitslose, die ebenfalls für eine Familie zu sorgen haben. Zu Recht verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf, daß der Hinweis auf unterhaltsberechtigte einkommenslose Familienangehörige für sich allein bedeuten würde, daß sich jeder arbeitsunwillige Arbeitslose unter Hinweis auf seine Sorgepflicht einer Sanktion nach § 10 AlVG entziehen könnte. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer an Zuckerkrankheit leidet, ist schon im Hinblick auf § 122 Abs. 2 Z. 2 lit. c ASVG nicht geeignet, einen Nachsichtsgrund zu bilden. Danach ist bei der Verhängung von Ausschlußfristen, die über die dreiwöchige Nachwirkungsfrist der Krankenversicherung hinausgehen, ab dem 22. Tag der Ausschlußfrist der Krankenversicherungsschutz weiterhin gegeben.

Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist der angefochtene Bescheid der belangten Behörde. Die den Bescheid des Arbeitsamtes betreffenden Rechtsrügen des Beschwerdeführers gehen daher ins Leere. Inwiefern der Beschwerdeführer durch die - überaus knappe - Begründung des Bescheides des Arbeitsamtes in der Verfolgung seiner Rechte hätte behindert sein können, ist im übrigen nicht ersichtlich.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der - ohne jegliche nähere Begründung - beantragten mündlichen Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994080150.X00

Im RIS seit

18.10.2001

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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