TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/29 94/10/0175

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Veröffentlicht am 29.05.1995
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Index

80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §70 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 12. Oktober 1994, Zl. Agrar 11-459/4/94, betreffend Forststraße (mitbeteiligte Partei: Bringungsgenossenschaft S, vertreten durch den Obmann K in F), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Obmann der mitbeteiligten Partei (mP) beantragte namens der mP mit Eingabe vom 15. Dezember 1993 bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen (BH) die Erteilung der Errichtungsbewilligung für die Forststraße "S". Im Verzeichnis der beanspruchten Parzellen finden sich auch die im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstücke Nr. 538 und 539, KG St. Auch nach dem Lageplan führt die Forststraße über diese Parzellen.

Die BH beraumte für 9. Februar 1994 eine mündliche Verhandlung an. An dieser Verhandlung nahm in Vertretung des Beschwerdeführers dessen Mutter teil. Sie erklärte, der Beschwerdeführer werde seine Stellungnahme bei der BH abgeben.

Mit Erledigung vom 15. März 1994 erteilte die BH der Bringungsgenossenschaft S gemäß den §§ 62, 63 und 170 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) die Bewilligung zur Errichtung der Forststraße S entsprechend dem eingereichten Projekt. Punkt 17 der dieser Bewilligung beigefügten Nebenbestimmungen lautet:

"Mit den Baumaßnahmen darf erst nach Vorliegen der Zustimmungserklärungen (Beitrittserklärung einer Bringungsgenossenschaft) der betroffenen Grundeigentümer begonnen werden".

Der Beschwerdeführer berief und machte geltend, die Bringungsgenossenschaft S habe noch keine Rechtspersönlichkeit, da noch keine rechtskräftige Satzungsgenehmigung vorliege. Bei der Verhandlung am 9. Februar 1994 sei unterlassen worden, die Mutter des Beschwerdeführers darüber zu belehren, daß Einwendungen nur bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden könnten. Die Errichtung der Forststraße sei nicht notwendig.

Mit Bescheid vom 16. März 1994 genehmigte die BH die Satzung der durch freie Übereinkunft aller Beteiligten am 9. Februar 1994 gebildeten Bringungsgenossenschaft S. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit Bescheid vom 12. Oktober 1994 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.

In der Begründung wird ausgeführt, dem eingeholten forstfachlichen Gutachten sei schlüssig zu entnehmen, daß die unzureichende Erschließung des betreffenden Waldgebietes nur durch die gemeinsame Errichtung und Erhaltung der geplanten Forststraße S beseitigt werden könne. Durch diese Forststraße würden die zusammenhängenden Waldparzellen der beteiligten Grundstückseigentümer in einer optimalen Weise unterfangen und das Gelände im geringsten Ausmaß beansprucht. Des weiteren sei forstfachlich festgestellt worden, daß die Trasse größtenteils im vergleichsweise mäßig steilen Unterhangbereich liege, sodaß die bau- und erschließungstechnisch günstigen Stellen optimal genützt werden könnten. Sie führe somit zu keiner unnotwendigen Zerschneidung des Geländes und lasse auch keine größere Hangrutschgefahr erwarten. Es werde auf die Ausführungen in dem von der belangten Behörde eingeholten forstfachlichen Amtssachverständigengutachten verwiesen.

Die Satzung der Bringungsgenossenschaft S sei durch Bescheid der BH vom 16. März 1994 genehmigt worden. Der Beschwerdeführer sei nicht Mitglied dieser Bringungsgenossenschaft. Es sei zwar richtig, daß die Bringungsgenossenschaft zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch keine Rechtspersönlichkeit erlangt habe, doch sei zu diesem Zeitpunkt die Genossenschaft bereits gegründet und die Beitrittserklärungen sowie die Niederschrift unterfertigt gewesen. Um eine Beschleunigung des Verfahrens zu erreichen, habe offensichtlich die Forstbehörde erster Instanz die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 1994 durchgeführt und in weiterer Folge den Bescheid erlassen, nachdem sie festgestellt habe, daß gegen die Genehmigung der Satzung keine forstrechtlichen Bedenken bestünden. Im Punkt 17 der Vorschreibungen im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides sei ausdrücklich festgehalten, daß mit den Baumaßnahmen erst nach Vorliegen der Zustimmungserklärungen der betroffenen Grundeigentümer begonnen werden dürfe. Durch diese Vorschreibung sei sichergestellt, daß erst nach Vorliegen sämtlicher Zustimmungserklärungen bezüglich der Grundinanspruchnahme mit dem Bau der Forststraße begonnen werde. Die gemäß § 63 Abs. 2 ForstG Parteistellung genießenden Eigentümer betroffener Liegenschaften könnten nur jene Einwendungen vorbringen, die zum Schutz ihrer subjektiven Interessen notwendig seien. Bezüglich der Einwendung, daß andere Trassen, die besser für den Bau der Forststraße geeignet seien, vorhanden wären, werde auf die schlüssigen Ausführungen im forsttechnischen Gutachten verwiesen.

Zur mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 1994 seien mittels Kundmachung vom 31. Jänner 1994 alle betroffenen Parteien und Beteiligten eingeladen und es sei in dieser Kundmachung ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden, daß Einwendungen gegen den Gegenstand der Verhandlung, die nicht spätestens am Tag vor der Verhandlung der Behörde bekanntgegeben oder während der Verhandlung vorgebracht würden, keine Berücksichtigung mehr fänden und angenommen werde, daß sie dem Gegenstand der Verhandlung zustimmten. Die Mutter des Beschwerdeführers, die in seiner Vertretung zur Verhandlung erschienen sei, habe erklärt, eine Stellungnahme in weiterer Folge an die BH abzugeben. Eine Stellungnahme sei bei der BH nicht eingelangt. Auf Grund dieser Sachlage sei davon auszugehen, daß alle Parteien und Beteiligten von der gegebenen Rechtslage sehr wohl Kenntnis gehabt hätten und es daher nicht notwendig gewesen sei, nachweislich diese Personen über die Rechtsfolgen einer Verschweigung aufzuklären.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, seine ihn bei der Verhandlung am 9. Februar 1994 vertretende Mutter hätte schon wegen ihrer Äußerungen und auch wegen ihres hohen Alters und ihrer Unerfahrenheit gemäß § 13 a AVG darüber belehrt werden müssen, daß Einwendungen nur bis spätestens zum Schluß der mündlichen Verhandlung erhoben werden könnten.

Die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer zur Stellungnahme zum Gutachten des Amtssachverständigen aufgefordert, in der Folge aber auf seine fristgerecht eingebrachte Stellungnahme keinerlei Bedacht genommen und ausgesprochen, daß mangels Vorbringen in der Verhandlung ohnehin die Einwendungen präkludiert seien. Dies stelle eine eklatante Verletzung von Verfahrensvorschriften dar.

Zu Unrecht habe die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgesprochen, daß die Bringungsgemeinschaft S zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides Rechtspersönlichkeit und damit Parteifähigkeit erlangt habe. Der erstinstanzliche Bescheid stamme vom 15. März 1994, die Satzung der Bringungsgenossenschaft sei jedoch erst mit Bescheid der BH vom 16. März 1994 genehmigt worden. Ob diese Genehmigung überhaupt in Rechtskraft erwachsen sei, habe die belangte Behörde nicht geprüft.

Die geplante Forststraße sei nicht notwendig. Es gebe dafür andere Varianten, die ohne Inanspruchnahme von Grundstücken des Beschwerdeführers verwirklicht werden könnten. Die geplante Forststraße bringe nicht nur eine erhebliche Gefährdung der Allgemeinheit, sondern auch eine Gefährdung und Beeinträchtigung des Eigentums des Beschwerdeführers, nämlich seiner Parzelle Nr. 538, mit sich. Der Beschwerdeführer müsse auch für die Errichtung und Erhaltung des Bringungsweges anteilig bezahlen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 68 Abs. 3 lit. a ForstG kann eine Genossenschaft durch freie Übereinkunft aller Beteiligten (freiwillige Genossenschaft) und Genehmigung der Satzung (§ 70 Abs. 4) gebildet werden.

Die Satzung hat nach § 70 Abs. 1 ForstG die Tätigkeit der Genossenschaft zu regeln. Sie ist von den Mitgliedern einer freiwilligen Genossenschaft zugleich mit der freien Übereinkunft zu beschließen.

Nach § 70 Abs. 4 ForstG ist die Satzung durch Bescheid von der Behörde zu genehmigen, wenn sie den Bestimmungen dieses Paragraphen oder den sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht widerspricht. Mit Eintritt der Rechtskraft des Bescheides erlangt die Genossenschaft Rechtspersönlichkeit.

Zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides war die Satzung der Bringungsgenossenschaft Steindorf noch nicht rechtskräftig genehmigt, die Bringungsgenossenschaft hatte daher noch keine Rechtspersönlichkeit und war auch nicht partei- und prozeßfähig. Die ihr erteilte Bewilligung zur Errichtung einer Forststraße ging daher - in Ermangelung eines bescheidfähigen Adressaten - ins Leere.

Die belangte Behörde hat die Berufung des Beschwerdeführers gegen die erstinstanzliche Erledigung abgewiesen. Dies wirft die Frage auf, ob nicht auch der Bescheid der belangten Behörde ins Leere gegangen ist, weil er eine als Bescheid nicht existent gewordene erstinstanzliche Erledigung "bestätigt" hat. Diese Frage ist aber zu verneinen.

Durch die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde eine Erledigung mit demselben sachlichen Inhalt getroffen wie die Forstbehörde erster Instanz; sie hat damit den Inhalt des Spruches des erstinstanzlichen "Bescheides" wiederholt. Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet demnach auf Erteilung der forstrechtlichen Bewilligung zur Errichtung der Forststraße S unter einer Reihe von Nebenbestimmungen.

Zwischen dem Ergehen der erstinstanzlichen Erledigung und der Erlassung des angefochtenen Bescheides hat sich aber in bezug auf die Rechtspersönlichkeit der Bringungsgenossenschaft S eine wesentliche Änderung ergeben. Mit Bescheid der BH vom 16. März 1994 wurde die Satzung der Bringungsgenossenschaft S genehmigt. Dieser Bescheid ist, wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, vor Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtskräftig geworden. Die Bringungsgenossenschaft S hat daher vor Erlassung des angefochtenen Bescheides Rechtspersönlichkeit erlangt. Der angefochtene Bescheid - der die Erteilung einer forstrechtlichen Bewilligung beinhaltete - ist daher gegenüber einer parteifähigen Körperschaft öffentlichen Rechts erlassen worden und somit nicht ins Leere gegangen.

Die geplante Forststraße S soll über Grundstücke des Beschwerdeführers angelegt werden. Punkt 17 der Nebenbestimmungen des angefochtenen Bescheides sieht vor, daß mit den Baumaßnahmen erst nach Vorliegen der Zustimmungserklärungen der betroffenen Grundeigentümer begonnen werden darf. Der Beschwerdeführer hat es dadurch in der Hand, durch Verweigerung der Zustimmung eine Inanspruchnahme seiner Grundstücke und damit den Bau der Forststraße zu verhindern. Durch Punkt 17 der Nebenbestimmungen des angefochtenen Bescheides ist damit sichergestellt, daß durch den angefochtenen Bescheid Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt werden.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994100175.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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