TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/20 91/13/0063

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Veröffentlicht am 20.06.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
BAO §115 Abs1;
BAO §115 Abs2;
BAO §119 Abs1;
BAO §138 Abs1;
BAO §167 Abs2;
BAO §183 Abs4;
BAO §184 Abs1;
BAO §280;
BAO §97 Abs1 litb;
UStG 1972 §11;
UStG 1972 §12;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. Jänner 1991, Zl. 6/3-3240/90-04, betreffend Umsatz- Einkommen- und Gewerbesteuer 1986, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Umsatzsteuer 1986 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 13.010 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt in Wien einen Kunst- und Antiquitätenhandel. Im Zuge einer den Zeitraum 1984 bis 1986 umfassenden Buch- und Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest (Tz 7a des BP-Berichtes), der Beschwerdeführer habe nach seiner Darstellung im Jahr 1986 von der Ehegattin ein Darlehen in Höhe von 670.000 S erhalten. In der Folge habe er ihr zur Abdeckung des Darlehens am 16. Dezember 1986 diverse private Investitionen (Kücheneinrichtung, Gaszentralheizung, Einrichtungsgegenstände, etc.) verkauft. Nach den Angaben der Ehegattin stammten die Geldmittel für das Darlehen einerseits aus Ersparnissen (470.000 S) und andererseits aus dem Verkauf (200.000 S) von Schmuck (2 Ringe) und einem Pelzmantel. Trotz mehrfacher Aufforderung seien - abgesehen von Belegen über den Betrag von 10.000 S - dem Prüfer weder vom Abgabepflichtigen noch von dessen Gattin Unterlagen vorgelegt worden, die als Nachweis für die Existenz der Geldmittel dienen hätten können.

Der am 22. Mai 1989 beigebrachten Bestätigung des H. H. über den Ankauf eines Ringes und eines Pelzmantels um den Kaufpreis von 150.000 S komme keine Beweiskraft zu, und zwar insbesondere deshalb, weil nach fernmündlicher Auskunft unter der angeführten Adresse ein Gasthof aufscheine. Im Hinblick auf § 167 Abs. 2 BAO werde daher die Ansicht vertreten, daß der nicht nachgewiesene Betrag von 660.000 S aus dem Betrieb des Beschwerdeführers stamme und der Gewinn um diesen Betrag zu erhöhen sei. Unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Rohaufschlages von 100% seien die Umsätze des Jahres 1986 um 1,320.000 S zu erhöhen; in Anlehnung an die für 1985 und 1986 erklärten Umsätze würden 800.000 S dem Steuersatz von 10% und 520.000 S dem Steuersatz von 20% zu unterwerfen sein.

Gegen die aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Bescheide betreffend Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer 1986 legte der Beschwerdeführer Berufung ein, welcher eine Beilage über die "Gesamtherkunft der Mittel" beigegeben war. Aus dieser Beilage ergibt sich folgende Aufstellung:

Sparbuchbetrag                            420.000 S

Abfertigung Hotel H.                       67.000 S

Verkauf Schmuck und Pelzmantel            200.000 S

Gesamt                                    687.000 S

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe in der Berufung angeführt, seine Gattin habe über den für die Darlehensgewährung erforderlichen Geldbetrag verfügt. Sie habe bis 1975 in Südafrika gelebt, dort gut verdient und sich einiges erspart. In der Folge sei sie (bis zum 31. Jänner 1987) in Wien im Hotel H. beschäftigt gewesen, wo sie ebenfalls überdurchschnittlich verdient habe. Da sie vor der Ende 1985 erfolgten Eheschließung bei den Eltern gelebt habe, seien ihre Lebenshaltungskosten gering gewesen, sodaß sie weitere Ersparnisse bilden hätte können. Es sei in der Vermögensteuererklärung zum 1.1.1986 zwar angeführt, daß der Beschwerdeführer und seine Gattin in dauernder Haushaltsgemeinschaft lebten, irgendwelche der Gattin zuzurechnende Vermögenswerte enthalte die Erklärung aber nicht. Die in der Erklärung angeführten Bausparguthaben und Wertpapiere seien ausschließlich dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Dem Betriebsprüfer sei bereits eine Aufstellung über die Herkunft der Mittel der Gattin übergeben worden (Sparbuchbetrag 420.000 S, Abfertigung Hotel H. 67.000 S und Verkauf Schmuck und Pelzmantel 200.000 S). Als Nachweis für die Existenz des Sparbuchbetrages seien insbesondere eine Bestätigung der Zentralsparkasse und ein Kontoauszug vorgelegt worden. Aus dieser Bestätigung ergebe sich lediglich, daß am 10. Jänner 1977 "das Sparbuch mit der Nummer X", lautend auf den Mädchennamen der Gattin des Beschwerdeführers, eröffnet worden sei und daß diese Sparbuchbezeichnung am 9. April 1987 auf den derzeitigen Namen der Gattin geändert worden sei. Die Bestätigung enthalte keine Aussagen über Sparbuchstände. Der dazugehörende Kontoauszug weise Einlagen und Abhebungen in relativ geringer Höhe aus, die mit Ausnahme eines Betrages von 10.000 S keine zeitliche Zuordnung zum Darlehen rechtfertigten. Für die Behauptung der Gattin des Beschwerdeführers, sie habe die Ersparnisse in mehreren Sparbüchern eingelegt gehabt, gebe es keinen Nachweis. Im Hinblick auf die Vermögensteuererklärung und die Vorgänge in Zusammenhang mit dem behaupteten Schmuckverkauf könne die Bestätigung des Vaters der Gattin, wonach seine Tochter mehrere Sparbücher gehabt habe, nicht als Nachweis eines Sparbuchbetrages von 420.000 S gewertet werden. Der Beschwerdeführer habe auch auf einen Bankauszug seiner Gattin verwiesen, aus dem eine Geldbewegung von 200.000 S hervorgehe, und behauptet, daß die Gattin diesen Betrag für den Betrieb des Beschwerdeführers abgehoben habe. Er übersehe dabei, daß die Tatsache eines Zuganges "Scheckerlag-Eingang vorbehalten/04.07" (1986) über 200.000 S weder zur Geldherkunft noch zur späteren Verwendung etwas aussage. Der Beschwerdeführer habe auch die Kopie einer Seite eines auf Überbringer lautenden Sparbuches vorgelegt, auf welcher ua eine Behebung von 246.706,11 S am 18. Juni 1985 aufscheine, und behauptet, dieses sei ein Indiz für das Vorhandensein von Geldmitteln, welche in der Folge anders veranlagt worden seien. Diese Kopie könne aber zu dem im Jahr 1986 hingegebenen Darlehen schon deshalb nichts beitragen, weil kein zeitlicher Zusammenhang bestehe und nicht ersichtlich sei, wem das Sparbuch zuzurechnen sei. Was die Abfertigung durch das Hotel H. betreffe, sei bei der Aufstellung der Mittel übersehen worden, daß - wie aus der Bestätigung des H. vom 28. Jänner 1987 hervorgehe - die Auszahlung erst Ende Jänner 1987 erfolgt sei und daher nicht zur Aufklärung der Darlehenshingabe des Jahres 1986 dienen könne. Zum Verkauf von Schmuck und Pelzmantel sei der Behörde am 22. Mai 1989 eine mit "H. H." überschriebene und unterfertigte Erklärung vorgelegt worden, in welcher der Ankauf eines Ringes und des Pelzmantes für Anfang 1986 um 150.000 S bestätigt werde. Mittlerweile angestellte Erhebungen hätten ergeben, daß H. H. diese Bestätigung nicht ausgestellt habe und ihm die Gattin des Beschwerdeführers unbekannt sei. Diese Angaben des H. H. seien durch einen Vergleich der Unterschrift auf der vorgelegten Bestätigung mit jener in seinem Reisepaß untermauert worden. Nach Vorhalt dieses Umstandes sei eine neue Sachverhaltsdarstellung vorgebracht worden. Der Verkauf solle demnach nicht an H. H., sondern an L. erfolgt sein. Dieser sei, nachdem die Gattin des Beschwerdeführers stundenlang in der Nacht und abends fast hilflos auf der Straße gestanden sei (und um die Ausstellung eines Beleges ersucht habe), mit einer von H. H. ausgestellten Bestätigung gekommen und habe gemeint, er stehe für diese Bestätigung "gerade", weil er die Gegenstände an H. H. weitergeleitet habe und dieser der eigentliche Käufer sei. Die Unglaubwürdigkeit dieser Sachverhaltsdarstellung ergebe sich daraus, daß sie im Widerspruch zur Niederschrift vom 12. Jänner 1989 stehe, in welcher die Gattin des Beschwerdeführers angegeben habe, sie werde dem Finanzamt die Käuferin bekanntgeben. Weder die ursprüngliche noch die zusätzliche Sachverhaltsdarstellung gehe aber von einem weiblichen Käufer aus. Hinsichtlich der Unterschrift von H. H. auf der vorgelegten Bestätigung habe der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung zwar auf die Einholung eines Gutachtens eines Schriftsachverständigen hingewiesen, einen entsprechenden Antrag aber nicht gestellt. Durch diesen Hinweis sei der Berufungssenat der belangte Behörde veranlaßt gewesen, selbst einen Vergleich der Unterschrift auf der Bestätigung einerseits und auf der Niederschrift vom 15. Juni 1989 - diese sei nach einem Vermerk des Finanzamtes mit jener im Reisepaß ident - vorzunehmen. Nach Ansicht der belangten Behörde wichen die Unterschriften sowohl hinsichtlich des Schriftzuges als auch hinsichtlich der einzelnen Buchstaben dermaßen stark voneinander ab, daß sie zu der Überzeugung gelangt sei, die Unterschriften stammten nicht von derselben Person. Bezeichnend sei für die belangte Behörde auch, daß die Bestätigung ohne jedes Bemerken vorgelegt worden sei, obwohl sie von einem der Gattin des Beschwerdeführers Unbekannten ausgestellt worden sei. Die belangte Behörde stelle nicht in Abrede, daß im Jahr 1986 die Gattin des Beschwerdeführers von ihrem Vater eine Anleihe über 50.000 S erhalten habe, durch den Verkauf eines Ringes 70.000 S und durch den Verkauf von Wertpapieren 35.000 S erzielt und an Karenzgeld 110.000 S erhalten habe und daß diese Mittel zur Deckung des Lebensunterhaltes für den Beschwerdeführer und seine Gattin zur Verfügung gestanden seien. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, durch diese Mittel könnten Darlehensgewährungen zur Finanzierung des Kunst- und Antiquitätenhandels nachgewiesen werden, folge die belangte Behörde nicht, weil dieses Vorbringen im Widerspruch zur ursprünglich abgegebenen Aufstellung über die Geldherkunft stehe und die widerlegten Angaben (betreffend Sparbücher, Abfertigung und Schmuck- und Pelzverkauf) nicht stets durch neu Vorgebrachtes ersetzt werden könnten. Die Berufung betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer sei daher als unbegründet abzuweisen. In der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid werde eventualiter beantragt, im Hinblick auf die Hinzuschätzung des Umsatzes auch entsprechende Vorsteuern anzuerkennen, weil, wenn die Zuschätzung zu Recht bestehe, dem Beschwerdeführer dem normalen Geschäftslauf entsprechend Vorsteuern in Rechnung gestellt worden wären. Dem Beschwerdeführer sei vorgehalten worden, daß er, wie im Kunst- und Antiquitätenhandel allgemein üblich, einen Teil (ca. 40%) seiner Wareneinkäufe bei Privatpersonen tätige. Dem sei der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten. Seine Behauptung, in allen anderen Geschäftsfällen seien Vorsteuern in Rechnung gestellt worden, dies entspreche dem normalen Geschäftsablauf, sei daher als Schutzbehauptung zu werten. Zudem werde darauf verwiesen, daß im Zuge der Betriebsprüfung festgestellt worden sei, daß Vorsteuern im Ausmaß von über 42.000 S wegen fehlender Rechnungsausstellung oder mangelnder Unternehmereigenschaft des Verkäufers nicht berücksichtigt werden hätten können. Die Berufung werde somit auch diesbezüglich abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die gemäß § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, welche Tatsachen als erwiesen anzunehmen sind, vom Verwaltungsgerichtshof insoweit zu überprüfen, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Denkvorgang bei der belangten Behörde zu einem den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung entsprechenden Ergebnis geführt hat und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Die Abgabenbehörde trägt zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend zu machen, doch befreit dies die Partei nicht von der Verpflichtung, ihrerseits zur Klärung des maßgebenden Sachverhaltes nach Möglichkeit beizutragen und die für den Bestand und Umfang der Abgabepflicht bedeutsamen Umstände vollständig und wahrheitsgemäß iSd § 119 Abs. 1 BAO offenzulegen (vgl. hg. Erkenntnis vom 10. März 1994, 92/15/0160).

Zu Recht verweist der Beschwerdeführer darauf, daß insoweit keine Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bestehen kann, als er nicht in der Lage wäre, diese zu erfüllen. Unter diesem Gesichtspunkt konnte die belangte Behörde auch nicht feststellen, der Beschwerdeführer habe seine Mitwirkungspflicht im Hinblick auf die Frage nach den finanziellen Mitteln seiner Gattin verletzt. Dieser Umstand änderte aber nichts an der in § 115 Abs. 1 BAO normierten Verpflichtung der Behörde, die tatsächlichen Verhältnisse, die für die Abgabepflicht wesentlich sind, zu erheben.

Im gegenständlichen Fall lagen der belangten Behörde Aussagen des Beschwerdeführers und Aussagen seiner Gattin zur Darlehensgewährung und zu deren Finanzierung vor. Im Zusammenhang mit den weiteren Ergebnissen des Abgabenverfahrens hatte die belangte Behörde zu beurteilen, ob sie die Darlehensgewährung durch die Ehegattin als erwiesen annimmt oder nicht. Wenn sie insbesondere im Hinblick darauf, daß in der Vermögensteuererklärung zum 1.1.1986 die Haushaltsgemeinschaft mit der Gattin, nicht aber ein entsprechendes, ihr gehörendes Vermögen enthalten war, im Hinblick auf die Bestätigung über den Verkauf eines Ringes und eines Pelzmantels, welche einer Überprüfung nicht standhielt, und auch im Hinblick auf die Behauptung der Finanzierung mittels einer Abfertigungszahlung, die der Gattin tatsächlich aber erst später zugeflossen ist, davon ausgegangen ist, daß die Gattin des Beschwerdeführers über entsprechende Geldmittel nicht verfügt und damit die behauptete Darlehensgewährung nicht stattgefunden habe, kann diese Beweiswürdigung nicht als unschlüssig erkannt werden. Daran ändert auch das Vorbringen des Beschwerdeführers nichts, Überbringersparbücher könnten nach ihrer Auflösung nicht rekonstruiert werden, es wäre lebensfremd, daß diese Sparbücher nach ihrer Auflösung aufbewahrt oder ihre Nummern notiert würden. Zum einen konnte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf verweisen, daß die Gattin des Beschwerdeführers noch am 12. Jänner 1989 zugesagt hat, Kontoauszüge auch für die anderen Sparbücher vorzulegen, zum anderen spricht dieses Vorbringen nicht dafür, daß die Gattin des Beschwerdeführers über Sparbuchvermögen verfügt habe, das auch nur annähernd die in der Berufung dargestellte Höhe erreicht habe. Daß die belangte Behörde für das Vorliegen von Sparbuchvermögen in dieser Höhe aus der Bestätigung des Vaters der Gattin des Beschwerdeführers, sie habe nach seinem Wissensstand mehrere Sparbücher gehabt, nichts gewinnen konnte, steht der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung ebenfalls nicht entgegen.

Was die im Verfahren vorgelegte Kopie eines Kontoauszuges für ein auf die Gattin des Beschwerdeführers lautenden Girokonto betrifft, auf welchem mit Valuta 4. Juli 1986 ein "Scheckerlag - Eingang vorbehalten" von 200.000 S aufscheint, wurde im Verwaltungsverfahren nicht dargetan und konnte für die belangte Behörde auch nicht erkennbar sein, in welcher Weise dieser Vorgang mit der vom Beschwerdeführer und seiner Gattin behaupteten Finanzierung des Darlehens zusammenhänge.

Zu der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Kopie einer Seite eines Überbringersparbuches, aus welchem sich am 8. Juni 1985 eine Abhebung von 246.706,11 S ergibt, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, aus der Unterlage sei nicht ableitbar, wem dieses Sparkonto zuzurechnen sei. Da auch zeitlich kein Zusammenhang mit der behaupteten Darlehensgewährung bestand, verstieß die belangte Behörde nicht gegen die allgemeine Lebenserfahrung, wenn sie nicht aufgrund diese Kopie Vermögen der Gattin des Beschwerdeführers im Jahr 1986 annahm.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe sich nicht damit auseinandergesetzt, daß seine Gattin ihm mit den strittigen Beträgen anläßlich der Eheschließung finanziell unter die Arme gegriffen und in der Folge als Abgeltung ihres Darlehensanspruches die wertvolle Kücheneinrichtung "einschließlich Badezimmer" in ihr Eigentum übertragen erhalten habe. Nun trifft es zwar zu, daß die belangte Behörde in der Darstellung ihrer Beweiswürdigung auf diese - bereits im BP-Bericht aufgezeigten - Umstände nicht eingeht. Der Verwaltungsgerichtshof vermag allerdings nicht zu erkennen, in welcher Weise dieses Vorbringen für die Frage, ob der Gattin des Beschwerdeführers überhaupt die Mittel zur Darlehensgewährung zur Verfügung gestanden sind, relevant wäre.

Dem Beschwerdeführer wurde im Verwaltungsverfahren vorgehalten, daß entgegen der vom Beschwerdeführer in der Berufung beigebrachten Zusammenstellung der Finanzierung des Darlehensbetrages die vom Hotel H. gezahlte Abfertigung von 67.000 S nicht zur Hingabe des Darlehensbetrages gedient haben könne, weil die Abfertigungszahlung erst am 31. Jänner 1987 geleistet worden sei. Der Beschwerdeführer hat dagegen im Verwaltungsverfahren nichts vorgebracht. Seine Ausführungen in der Beschwerde, es wäre "keineswegs der Schluß abwegig, daß mir

meine Gattin in Erwartung der Abfertigungssumme ... den Betrag

bereits früher zur Verfügung stellte", stehen im Widerspruch zum seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren, nach welchem die Abfertigung in der Aufstellung der Herkunft der Mittel enthalten ist.

Wenn der Beschwerdeführer zum Verkauf der Ringe und des Pelzmantels vorbringt, seine Gattin wäre nicht verpflichtet gewesen, den Namen des Käufers eines Gelegenheitskaufes bekanntzugeben, sei zunächst darauf verwiesen, daß die Gattin bei ihrer Einvernahme vom 12. Jänner 1989 im Sinne des § 171 iVm § 143 Abs. 3 BAO belehrt worden ist. In dieser Vernehmung hat sie mitgeteilt, sie werde dem Finanzamt hinsichtlich der Verkaufes eines wertvollen Ringes (150.000 S) die Käuferin bekanntgeben. In der Folge wurde die Bestätigung des H. H. vorgelegt. Nachdem dem Beschwerdeführer vorgehalten worden war, Ermittlungen bei H. H. hätten ergeben, daß dieser die Bestätigung nicht ausgestellt oder unterschrieben habe, die Gattin des Beschwerdeführers nicht kenne und von ihr auch weder Ring noch Pelzmantes gekauft habe, wurde mit der von der Gattin des Beschwerdeführers unterfertigten - und in der mündlichen Berufungsverhandlung vom Beschwerdeführer genehmigten - Eingabe die Sachverhaltsdarstellung vorgebracht, nach welcher das Kaufgeschäft mit L. abgewickelt worden sei. Wenn die belangte Behörde bei diesem Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Unterschriften auf der beigebrachten Bestätigung einerseits und auf der Niederschrift über die Vernehmung von H. H. andererseits offensichtlich unterschiedlich sind, den behaupteten Verkauf eines Ringes und eines Pelzmantels um 150.000 S nicht als erwiesen annahm, so hat sie mit dieser Beweiswürdigung nicht gegen Denkgesetze verstoßen. Das deutliche Abweichen in der Form der Unterschriften konnte die belangte Behörde dabei ohne Beiziehung eines Sachverständigen feststellen. Nicht einsichtig ist im übrigen das Vorbringen in der Beschwerde, wenn der Kaufgegenstand ein Damenring sei, sei es plausibel, den Kaufvertragspartner immer als "Käuferin" zu bezeichnen.

Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang die Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil die belangte Behörde seinen Beweisanträgen nicht nachgekommen sei. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Fall nach Durchführung der mündlichen Berufungsverhandlung, aber vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung der Berufungsentscheidung telegraphisch beantragt, daß "sämtliche Belegaussteller als Zeugen vernommen werden, ebenso Herr L. und sein Sohn". In diesem Telegramm wird weiters die Erstellung eines Schriftgutachtens beantragt. Hiezu ist zunächst auf die hg. Rechtsprechung zu § 280 BAO zu verweisen (vgl. hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1990, 98/15/0115), nach welcher neue Tatsachen, Beweise und Anträge relevant sind, solange sie vor Wirksamkeit der Berufungsentscheidung eingebracht werden. Im gegenständlichen Fall wurde die Berufungsentscheidung allerdings mündlich verkündet und ist damit wirksam geworden. Nach diesem Zeitpunkt eingebrachte Anträge sind für das Verfahren daher unbeachtlich (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, § 280 Tz 2).

Die Beschwerde vermag auch keine Zweifel an der Feststellung der belangten Behörde, die Geldzuflüsse des Jahres 1986 von 265.000 S (insbesondere Karenzgeld) seien für die laufenden Lebenshaltungskosten des Beschwerdeführers und seiner Familie verwendet worden, zu erwecken, zumal in keiner Weise Angaben über die Lebenshaltungskosten vorgebracht werden.

Ausgehend davon, daß die belangte Behörde in nicht rechtswidriger Weise festgestellt hat, die Mittel für die behauptete Darlehensfinanzierung seien nicht vorhanden gewesen und eine Darlehensgewährung sei somit nicht als erwiesen anzunehmen, ergibt sich für die Buchhaltung des Beschwerdeführers eine Finanzierungslücke.

Bei diesem Sachverhalt ergibt sich aber, daß der Beschwerdeführer über die Finanzierung seines Betriebes keine ausreichenden Angaben gegeben hat und damit die Schätzungsbefugnis gegeben war (§ 184 Abs. 2 und 3 BAO).

Gegen die konkrete Schätzung der Besteuerungsgrundlagen wendet der Beschwerdeführer ein, der von der belangten Behörde angenommene Rohaufschlag sei durch nichts begründet. Dem ist entgegenzuhalten, daß dieser Rohaufschlagssatz bereits der vom Betriebsprüfer vorgenommenen Schätzung zugrundelag, der Beschwerdeführer sich im Verwaltungsverfahren aber nicht gegen diesen gewandt hat. Der Beschwerdeführer vermag keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, wenn er - trotz ausreichend gewährtem Parteiengehör - erst im verwaltungsgerichtlichen Vorwürfe gegen bestimmte Schätzungsschritte erhebt (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 1946).

Was die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für Einkommen und Gewerbesteuer sowie die Schätzung des Umsatzes betrifft, wird der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid somit nicht in seinen Rechten verletzt.

Mit der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid begehrte der Beschwerdeführer für den Fall, daß die Umsatzzuschätzung nicht zurückgenommen werde, die Anerkennung von Vorsteuern im Ausmaß von 83.820 S, das sind 6,35% des zugeschätzten Umsatzes von 1,320.000 S. Der angegebene Prozentsatz errechnete sich dabei aus dem Verhältnis der dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid zugrundeliegenden Umsätze (ohne Zuschätzung) zu den mit diesem Bescheid berücksichtigen Vorsteuern. Der angefochtene Bescheid verweist auf einen Vorhalt, mit welchem dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden sei, daß er ca 40% seiner Wareneinkäufe bei Privatpersonen tätige. Auch habe der Betriebsprüfer vom Beschwerdeführer geltend gemachte Vorsteuern im Betrag von 42.000 S wegen fehlender Rechnungsausstellung oder mangels Unternehmereigenschaft des Ausstellers nicht anerkennen können. Ein Nachweis des Vorsteueranspruches sei damit nicht erbracht worden.

Mit der Schätzung sollen Besteuerungsgrundlagen ermittelt werden, die der Wirklichkeit möglichst nahe kommen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 1905). Im Schätzungswege sind auch Vorsteuern anzuerkennen, allerdings nur dann, wenn als erwiesen angenommen werden kann, daß dem Unternehmer auch Rechnungen iSd § 11 UStG ausgestellt worden sind, weil die Rechnungserteilung zu den materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzuges gehört (vgl. hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1977, 1347/77). Daß und aus welchem Grund dies im Beschwerdefall nicht als erwiesen angenommen werden konnte, begründet die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht. Soweit die belangte Behörde bei Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzsteuer Vorsteuern aus jenen Wareneingängen, die zu den zugeschätzten Umsätzen geführt haben, außer Ansatz läßt, erweist sich der Schätzungsvorgang somit als nicht schlüssig begründet. Insoweit ist daher der Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Der angefochtene Bescheid ist somit, soweit er Umsatzsteuer betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im übrigen ist die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1991130063.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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