TE Vfgh Beschluss 1993/3/19 B1679/92

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Veröffentlicht am 19.03.1993
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
ZPO §146

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags nach Versäumung der Beschwerdefrist; Unterlassen der Überprüfung des vom Steuerberater errechneten Zeitpunktes des Ablaufs der Beschwerdefrist durch den Rechtsanwalt kein Fall von leichter Fahrlässigkeit

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Der Verfassungsgerichtshof wies mit Beschluß vom 5. Oktober 1992, B833/92, die am 26. Juni 1992 zur Post gegebene Beschwerde des Antragstellers wegen Versäumung der Beschwerdefrist zurück; da der angefochtene Bescheid nach den Beschwerdeangaben am 11. Mai 1992 durch Hinterlegung zugestellt worden war, sei die Beschwerdefrist (bereits) am 22. Juni 1992 abgelaufen. Der Beschwerde war eine Kopie des bekämpften Bescheides mit dem handschriftlich angebrachten Vermerk "Hinterlegt am Mo, 11.5.1992 Fristende daher Mo, 29.6.1992" angeschlossen.

Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen dieser Fristversäumung und demgemäß die Aufhebung des vom Verfassungsgerichtshof gefaßten Beschlusses. Er und sein bevollmächtigter Rechtsanwalt hätten der vom Steuerberater auf dem Bescheid vermerkten Fristberechnung vertraut. Die unrichtige Berechnung des Fristendes sei ihnen nicht aufgefallen, weil sie sich auf die Sorgfalt und Genauigkeit des (ihnen als pflichtbewußten und genauen Menschen bekannten) Steuerberaters verlassen hätten.

II. Der - rechtzeitig gestellte (vgl. etwa VfSlg. 12372/1990) - Antrag ist nicht berechtigt.

Der Verfassungsgerichtshof verweist zunächst auf seine ständige Rechtsprechung (zB VfSlg. 12370/1990), derzufolge er im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren im Hinblick auf §§33 und 35 VerfGG (ua.) §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden hat. Nach dieser Vorschrift hindert (auch) ein Verschulden der Partei an der Versäumung die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Darunter ist nach der Judikatur (s. auch dazu die eben angeführte Entscheidung) leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Im Hinblick auf die Sachlage im gegebenen Fall kann aber bloß leichte Fahrlässigkeit nicht angenommen werden:

Der Verfassungsgerichtshof hat zwar mit seinem Beschluß VfSlg. 9817/1983 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist in einer Beschwerdesache bewilligt, in welcher der im Abgabenverfahren für die beschwerdeführende Partei eingeschrittene Steuerberater dem Beschwerdevertreter ein falsches Datum des Endes der Beschwerdefrist mitgeteilt hatte (was offenkundig zur Annahme eines nicht zutreffenden Zustelltages des angefochtenen Bescheides führte). Dieser Beschwerdefall ist bezüglich der Beurteilung des Fahrlässigkeitsgrades des einschreitenden Rechtsanwaltes dem vorliegenden jedoch nicht gleichzustellen. Während in der mit dem zitierten Beschluß entschiedenen Sache es Erhebungen außerhalb der Kanzlei des bevollmächtigten Rechtsanwaltes - etwa einer Einsichtnahme in die Verwaltungsakten - bedurft hätte, um das richtige Zustelldatum als Voraussetzung für die richtige Berechnung der Beschwerdefrist festzustellen, waren im vorliegenden Fall alle Beurteilungsgrundlagen in der Rechtsanwaltskanzlei vollständig gegeben, wurden aber nicht genutzt. Unterläßt es der bevollmächtigte Rechtsanwalt jedoch sowohl die Beschwerdefrist aufgrund des feststehenden Zustelldatums zu errechnen als auch eine schon vorgenommene, ihm schriftlich unterbreitete Berechnung dieser Frist zu überprüfen, so kann von einem gelegentlichen Fehler eines sorgfältig Handelnden und damit von bloß leichter Fahrlässigkeit nicht mehr die Rede sein.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war aus diesen Gründen - mit gemäß §33 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung gefaßtem Beschluß - abzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B1679.1992

Dokumentnummer

JFT_10069681_92B01679_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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