TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/27 95/11/0053

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Veröffentlicht am 27.06.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
22/01 Jurisdiktionsnorm;
41/02 Melderecht;
41/02 Staatsbürgerschaft;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

HauptwohnsitzG 1994 Art1 Abs2;
HauptwohnsitzG 1994 Art8 Z1;
HauptwohnsitzG 1994 Art8 Z5;
JN §66 Abs1;
KFG 1967 §40 Abs1;
KFG 1967 §43 Abs4 litb;
MeldeG 1991 §1 Abs7 idF 1994/505;
StbG 1985 §5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 19. Dezember 1994, Zl. VI/2-V-209/6-1994, betreffend Aufhebung einer Zulassung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Zulassung eines der Type und dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges, das von der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf für den Beschwerdeführer zugelassen war, gemäß § 44 Abs. 2 lit. g in Verbindung mit § 43 Abs. 4 lit. b KFG 1967 aufgehoben. Gemäß § 44 Abs. 4 KFG 1967 wurde verfügt, daß der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln bei der Zulassungsbehörde unverzüglich abzuliefern seien.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 44 Abs. 2 lit. g KFG 1967 kann die Zulassung von der Behörde, die das Fahrzeug zugelassen hat, aufgehoben werden, wenn der Zulassungsbesitzer den Verpflichtungen gemäß § 43 Abs. 4 lit. a bis c nicht nachkommt. Gemäß § 43 Abs. 4 lit. b hat der Zulassungsbesitzer sein Fahrzeug abzumelden, wenn er den dauernden Standort des Fahrzeuges in den örtlichen Wirkungsbereich einer anderen Behörde verlegt hat. Gemäß § 40 Abs. 1 zweiter Satz KFG 1967 (in der vor dem 1. Jänner 1995 maßgeblichen Fassung - siehe unten) gilt als dauernder Standort eines Fahrzeuges der ordentliche Wohnsitz des Antragstellers, bei Fahrzeugen von Unternehmungen der Ort, von dem aus der Antragsteller über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt.

Gemäß Art. VIII Z. 1 und 5 des Hauptwohnsitzgesetzes, BGBl. Nr. 505/1994, wurde mit Wirkung vom 1. Jänner 1995 der Begriff "ordentlicher Wohnsitz" in Bundesgesetzen - somit auch im KFG 1967 - durch den Begriff "Hauptwohnsitz" ersetzt.

Vorauszuschicken ist, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Begriff des ordentlichen Wohnsitzes im KFG 1967 in derselben Bedeutung zu verstehen war, wie er in § 66 Abs. 1 JN oder in § 5 StbG 1985 verstanden wird (vgl. das Erkenntnis vom 4. Februar 1992, Zl. 91/11/0121).

Die belangte Behörde geht davon aus, daß der Beschwerdeführer zu einem nicht näher definierten Zeitpunkt seinen bis dahin bestandenen ordentlichen Wohnsitz in einer burgenländischen Gemeinde aufgegeben und diesen in W begründet habe. Sie stellte dazu fest, daß der Beschwerdeführer ein Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in W sei. Er sei Eigentümer eines Wohnhauses im Burgenland und halte sich dort gelegentlich an Wochenenden auf. Damit habe er den Standort seines Fahrzeuges im Burgenland "faktisch dauernd aufgegeben". Er habe sein Fahrzeug aber nicht abgemeldet, sodaß die Zulassung aufzuheben war.

Die Auffassung der belangten Behörde ist mit den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht in Einklang zu bringen. Auch wenn davon auszugehen ist, daß der Beschwerdeführer in W einen ordentlichen Wohnsitz begründet hat, so ergäbe sich daraus noch nicht, daß er den Wohnsitz in seinem Geburtsort im Burgenland auch aufgegeben hätte. Nur dann hätte er aber die Verpflichtung gehabt, das in Rede stehende Kraftfahrzeug bei der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf abzumelden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Mai 1982, Zl. 82/11/0038). Die Ermittlungsergebnisse sind für die Beurteilung der Sachlage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht aussagekräftig. Weder daß der Beschwerdeführer mehrmals nicht in seinem Wohnhaus im Burgenland angetroffen worden sei (wobei offengeblieben ist, ob dies an Wochenenden der Fall gewesen sei) noch daß er sich laut Angaben seiner Eltern nur an Wochenenden im Burgenland aufhalte bzw. laut Angaben von Nachbarn im Sommer häufiger als im Winter die Wochenenden im Burgenland verbringe, stellt schlüssige Hinweise dafür dar, daß er sein Haus im Burgenland nicht weiterhin neben seinem Wohnsitz in W als weiteren ordentlichen Wohnsitz habe. Dasselbe gilt für den Umstand, daß er trotz der Aufforderung der belangten Behörde keine Nachweise über den Wasser- und Stromverbrauch vorgelegt hat. Abgesehen davon, daß er angegeben hat, die entsprechenden Unterlagen nicht aufgehoben zu haben, wären die diesen zu entnehmenden Informationen ebenfalls von geringer Aussagekraft, kommt es doch im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf an, mit welcher Intensität er die betreffenden Ressourcen in seinem Haus genützt hat, sondern ob er sein Wohnhaus einen längeren Zeitraum hindurch überhaupt nicht mehr benützt (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 11. Mai 1982). Davon kann aber nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens keine Rede sein. Daß sich der Beschwerdeführer in seinem Schriftverkehr mit der belangten Behörde seiner Anschrift in W - und zwar offensichtlich der seiner jeweiligen Arbeitsplätze - bedient, ist unerheblich.

Der angefochtene Bescheid wurde zwar durch die am 4. Jänner 1995 erfolgte Zustellung an den Beschwerdeführer nach Inkrafttreten des Hauptwohnsitzgesetzes erlassen. Dieses Gesetz normiert im Zusammenhang mit dem KFG 1967 die Verpflichtung zur Abmeldung des Kraftfahrzeuges bei Verlegung eines Hauptwohnsitzes. Mangels Übergangsbestimmung kann dies aber nur auf Sachverhalte angewendet werden, die sich nach dem 1. Jänner 1995 ereignet haben. Dem Beschwerdeführer kann daher auch unter dem Gesichtspunkt des Hauptwohnsitzgesetzes schon deshalb keine Verletzung seiner Verpflichtungen im Sinne des § 44 Abs. 2 lit. g KFG 1967 zur Last gelegt werden.

Die belangte Behörde hat es in Ansehung der Frage, ob der Beschwerdeführer (vor dem 31. Dezember 1994) seinen ordentlichen Wohnsitz im Burgenland aufgegeben hat, unterlassen, aktuelle Ermittlungen anzustellen und die zur Beurteilung des Falles erforderlichen Feststellungen zu treffen. Sie hat damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Der Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des gestellten Begehrens.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995110053.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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