TE Vfgh Beschluss 1993/3/22 G113/92

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Veröffentlicht am 22.03.1993
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
AuslBG §14d Abs1
AuslBG §26 Abs5
AuslBG §28 Abs1 Z3 und Z4 litc

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von bereits außer Kraft getretenen Bestimmungen des AuslBG betreffend Meldepflicht des Arbeitgebers mangels Legitimation; noch geltende oder mit unverändertem Wortlaut neu erlassene Strafbestimmungen kein selbständiger Anfechtungsgegenstand

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Die Antragstellerin gibt an, im Rahmen des von ihr betriebenen Güterbeförderungsgewerbes (Fuhrwerksunternehmens) mit dem Standort in Miesenbach (Niederösterreich) immer wieder Ausländer beschäftigen zu müssen, und beantragt die Aufhebung der §§14b Abs1, 26 Abs5, 28 Abs1 Z3 und Z4 litc Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. 218/1975 (AuslBG), und zwar die ersten beiden Gesetzesstellen und die zuletzt genannte in der Fassung der Novelle BGBl. 684/1991 (und §28 Abs1 Z3 in der Fassung der Novelle BGBl. 450/1990).

§14d Abs1 bestimmt unter der Rubrik "Beschäftigungsmeldung bei Arbeitserlaubnis" in der Fassung 1991:

"Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem örtlich zuständigen Arbeitsamt

1.

innerhalb von 24 Stunden nach Arbeitsaufnahme den Beginn der Beschäftigung anzuzeigen,

2.

die wesentlichen Lohn- und Arbeitsbedingungen mit Gegenzeichnung des Ausländers mitzuteilen und

3.

innerhalb von 24 Stunden die Beendigung der Beschäftigung zu melden."

Dem unter der Überschrift "Überwachung, Auskunfts- und Meldepflicht" stehenden §26 wurde mit der Novelle 1991 folgender Abs5 angefügt:

"Der Arbeitgeber ist verpflichtet,

1.

den tatsächlichen Antritt der Beschäftigung

eines Ausländers, für den eine Beschäftigungsbewilligung erteilt oder ein Befreiungsschein ausgestellt wurde, innerhalb von 24 Stunden und

2.

die Beendigung der Beschäftigung eines Ausländers, für den eine Beschäftigungsbewilligung erteilt oder ein Befreiungsschein ausgestellt wurde, innerhalb von 24 Stunden dem zuständigen Arbeitsamt zu melden."

Nach §28 Abs1 Z3 (idF der Novelle 450/1990) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

"wer die in §14d Abs1 vorgesehenen Meldungen nicht erstattet mit einer Geldstrafe von 5.000 S bis 30.000 S;"

während nach Z4 litc (idF der Novelle 1991), mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen ist, wer

"die im §26 Abs5 vorgesehenen Meldungen nicht erstattet".

Die Antragstellerin verweist darauf, daß sie sich bei Nichteinhaltung der Meldepflichten der Gefahr einer Bestrafung aussetze und ihr ein anderer Weg, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, nicht offenstehe. Die kurzen Fristen für die Meldung könnten in vielen und keineswegs atypischen Fällen nicht eingehalten werden, entbehrten jeder sachlichen Notwendigkeit und ließen nicht eindeutig erkennen, welches Verhalten strafbar sei. Die angegriffenen Vorschriften widersprächen daher dem Gleichheitssatz, der Unschuldsvermutung des Art6 EMRK, dem Gebot der Vorherbestimmung strafbaren Verhaltens nach Art7 EMRK und dem Rechtsstaatsprinzip.

Die Bundesregierung verteidigte im Vorverfahren die Verfassungsmäßigkeit der Regelung.

Gemäß §34 Abs4 AuslBG in der Fassung BGBl. 684/1991 sind §26 Abs5 und §28 Abs1 Z4 litc (in der Fassung dieser Novelle, in der sie auch im vorliegenden Antrag bekämpft werden) - nach Durchführung des Vorverfahrens - mit Ablauf des 31. Dezember 1992 außer Kraft getreten.

Am 12. Jänner 1993 wurde eine weitere Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz unter Nr. 19 im BGBl. kundgemacht, wonach §14d Abs1 mit folgendem Wortlaut neu erlassen wird:

"Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem örtlich zuständigen Arbeitsamt

1.

innerhalb von drei Tagen den Beginn der Beschäftigung anzuzeigen,

2.

die wesentlichen Lohn- und Arbeitsbedingungen mit Gegenzeichnung des Ausländers mitzuteilen und

3.

innerhalb von drei Tagen die Beendigung der Beschäftigung zu melden."

Ferner wurde §26 ein neuer Abs5 über die Verpflichtung zur Meldung des Beginnes und der Beendigung der Beschäftigung eines Ausländers, für den eine Beschäftigungsbewilligung erteilt oder ein Befreiungsschein ausgestellt wurde (innerhalb von drei Tagen) angefügt und §28 Abs1 Z4 litc im eben außer Kraft getretenen Wortlaut wieder hergestellt.

Die Neuregelung ist mit 1. Jänner 1993 in Kraft getreten (§34 Abs7 in der Fassung BGBl. 19/1993).

II. Der Antrag ist unzulässig.

Voraussetzung der Antragslegitimation nach Art140 Abs1 (wie nach Art139 Abs1) B-VG ist unter anderem, daß das bekämpfte Gesetz (die bekämpfte Verordnung) auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes für den Antragsteller wirksam ist (VfSlg. 9868/1983, 10819/1986, 11365/1987, 12182/1989, 12413/1990, V166/90 vom 26. Februar 1991, V5/91 vom 17. Juni 1991 und G320/90 vom 27. Februar 1992).

Nun sind aber - wie dargelegt - §14d, §26 Abs5 und §28 Abs1 Z4 litc in der bekämpften Fassung (rückblickend gesehen) mit 31. Dezember 1992 bereits außer Kraft getreten (§34 Abs4 idF BGBl. 684/1991 und §34 Abs7 idF BGBl. 19/1993). Von §28 Abs1 ist zwar Z3 noch in der bekämpften Fassung in Geltung und Z4 litc mit gleichem Wortlaut neu erlassen worden, doch handelt es sich dabei jeweils um unselbständige Teile von Regelungen (Strafbestimmungen), die ihren wesentlichen Inhalt (das Tatbild) aus den Vorschriften über die Meldepflicht (§§14d bis 26 Abs5) erhalten. Sie sind daher nach Antrag und Begründung auch kein selbständiger Anfechtungsgegenstand, sondern nur Teil der angegriffenen Gesamtregelung, deren Inhalt durch die Novelle BGBl. 19/1993 völlig verändert wurde.

Es ist nichts erkennbar, was annehmen ließe, daß die außer Kraft getretenen Bestimmungen (in Verbindung mit noch geltenden oder mit unverändertem Wortlaut neu erlassenen) für die Antragstellerin noch wirksam sind. Es fehlt ihr daher die Legitimation, die Festellung zu beantragen, daß diese Bestimmungen verfassungswidrig waren.

Der Antrag ist daher zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG).

Schlagworte

Arbeitsrecht, Ausländerbeschäftigung, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:G113.1992

Dokumentnummer

JFT_10069678_92G00113_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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