TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/28 94/12/0237

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Veröffentlicht am 28.06.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §58 Abs1;
BDG 1979 §38 Abs1;
BDG 1979 §38 Abs4;
BDG 1979 §38 Abs5;
BDG 1979 §40 Abs2 Z2;
BDG 1979 §40 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Mag. H in G, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 29. Juli 1994, Zl. 403.055/4-2.2/94, betreffend Verwendungsänderung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberst des höheren militärfachlichen Dienstes im Bereich der Landesverteidigungsakademie in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Den Ausführungen im angefochtenen Bescheid zufolge war der Beschwerdeführer seit 21. Mai 1985 auf dem Arbeitsplatz "Hauptlehroffizier und Sprachmittler Serbo-Kroatisch und stellvertretender Leiter des Instituts für militärisches Fremdsprachenwesen" eingeteilt. Mit Akademietagesbefehl Nr. 21/85 vom 21. Mai 1985 wurde der Beschwerdeführer mit Wirkung vom 1. Mai 1985 als stellvertretender Leiter des Instituts für militärisches Fremdsprachenwesen eingeteilt.

Am 2. Oktober 1992 beantragte der Kommandant der Landesverteidigungsakademie die "Abversetzung" des Beschwerdeführers "zum ehestmöglichen Zeitpunkt unter Belassung seiner Planstelle" an der Landesverteidigungsakademie und begründete dies damit, daß der Beschwerdeführer seit den Achtzigerjahren hauptsächlich mit näher bezeichneten Ausbildungsaufgaben befaßt und zu diesem Zwecke "beinahe ständig nach Graz dienstzugeteilt" sei, jedoch in der Fremdsprachenabteilung der Landesverteidigungsakademie den Arbeitsplatz "des stellvertretenden Abteilungsleiters, Hauptreferatsleiters/slawische Sprachen und HLO & Sprachmittler /Serbokroatisch" binde. Der Beschwerdeführer nehme wegen seiner Abwesenheit von der Landesverteidigungsakademie "somit seit Jahren die auf seinem Arbeitsplatz festgelegten Aufgaben nicht wahr" (angeschlossen war eine Aufstellung der dienstlichen Verwendungen des Beschwerdeführers außerhalb der Landesverteidigungsakademie seit 1980).

Mit Schreiben vom 14. September 1993 teilte der Akademiekommandant dem Beschwerdeführer einerseits, und dem Dienststellenausschuß beim Kommando der Landesverteidigungsakademie andererseits mit, es sei beabsichtigt, den Beschwerdeführer "mit ehebaldigster Wirkung als stellvertretenden Leiter der Fremdensprachenabteilung auszuteilen und mit dieser Funktion" einen namentlich bezeichneten Offizier zu betrauen, dies mit der Begründung, daß der Beschwerdeführer seit mehr als einem Jahr in seiner Funktion nicht tätig und für die Aufgaben des Stellvertreters nicht heranziehbar sei. Eine Äußerung des Beschwerdeführers zu diesem Schreiben läßt sich den Verwaltungsakten nicht entnehmen.

Mit Akademietagesbefehl Nr. 22/93 vom 1. Oktober 1993 wurde unter anderem ein namentlich bezeichneter Offizier mit Wirkung von diesem Tag unbeschadet seiner sonstigen Einteilung mit der stellvertretenden Leitung der Fremdsprachenabteilung betraut; der Akademietagesbefehl Nr. 21/1985 trete damit außer kraft.

Aus den Verwaltungsakten ergibt sich weiters, daß eine vom Beschwerdeführer erhobene ordentliche Beschwerde gemäß § 13 ADV gegen diese Personalmaßnahme erfolglos blieb.

Mit Schreiben vom 2. März 1994 ersuchte der Beschwerdeführer "um bescheidmäßige Absprache im Zusammenhang mit der Änderung seiner Diensteinteilung an der Landesverteidigungsakademie" und brachte vor, er sei, ohne daß ihm dies vorher angekündigt worden sei, von seiner Funktion als stellvertretender Leiter der Fremdsprachenabteilung abgelöst worden. Den "gegenstandsbezogenen Akademietagesbefehl" habe er ebenfalls nicht erhalten. Die Tatsache seiner Ablöse sei ihm erst in der Generalstabsabteilung mitgeteilt worden, als er diese von der ihm gerüchteweise zu Ohren gekommenen Ablöse informiert und um Aufklärung gebeten habe. Seinem Vorschlag an die Generalstabsabteilung, die Sache "unter Einhaltung der Verfahrensvorschriften (Aufhebung des AkTagesBef und Einleitung eines ordentlichen Vorhalteverfahrens) zu reparieren" sei bisher nicht nähergetreten worden. Einer "gegenständlichen ordentlichen Beschwerde" sei nicht entsprochen worden.

In den Verwaltungsakten findet sich ein Hinweis, daß der Beschwerdeführer in einer fernmündlichen Rücksprache vom 4. März 1994 mit dem Organwalter, der in der Folge den angefochtenen Bescheid genehmigt hat, den Antrag dahingehend "präzisiert" habe, "daß er um bescheidmäßige Absprache hinsichtlich seiner derzeitigen Diensteinteilung und Funktion ersucht".

Hierauf hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid wie folgt entschieden:

"Auf Ihren Antrag vom 2. März 1994, präzisiert im Rahmen einer telefonischen Rücksprache mit Personalabteilung B/ Bundesministerium für Landesverteidigung vom 4. März 1994 wird gemäß § 44 Abs. 1 und 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, festgestellt, daß Sie bei der Landesverteidigungsakademie auf dem Arbeitsplatz "Hauptreferatsleiter und Hauptlehroffizier und Sprachmittler" der Fremdsprachenabteilung, OrgPlanNr. B06. PosNr. 133, Wertigkeit H1/VII-1B, diensteingeteilt sind und die Funktion des stellvertretenden Leiters der Fremdsprachenabteilung NICHT wahrzunehmen haben."

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer besetze seit 21. Mai 1985 den Arbeitsplatz "Hauptlehroffizier und Sprachmittler Serbo-Kroatisch und stellvertretender Leiter des Instituts für militärisches Fremdsprachenwesen". Gemäß dem OrgPlan der Landesverteidigungsakademie "vom 7. Mai 1992, Nr. B06, PosNr. 133, bei im wesentlichen unverändertem Aufgabengebiet" heiße dieser Arbeitsplatz nunmehr "Hauptreferatsleiter und Hauptlehroffizier und Sprachmittler/Fremdsprachenabteilung". Der Beschwerdeführer sei mit Akademietagesbefehl vom 1. Oktober 1993, Nr. 22/93, von der Funktion des stellvertretenden Leiters der Fremdsprachenabteilung "ausgeteilt" worden. "Da es sich bei dieser Personalmaßnahme nicht um eine qualifizierte Verwendungsänderung gemäß § 40 Abs. 2 handelt, wurde diese Maßnahme rechtskonform verfügt. Entsprechend Ihren Angaben haben Sie jedoch nie von dieser Verfügung offiziell Kenntnis erhalten, bestreiten jedoch nicht, den genauen Inhalt tatsächlich zu kennen".

Nach Darstellung der Bestimmungen des § 44 Abs. 1 und 2 BDG 1979 führte die belangte Behörde weiters aus, zur Geltung und Befolgung einer Weisung sei es unerheblich, auf welchem Wege die Weisung zum Angewiesenen gelange. Für die Verpflichtung zur Befolgung einer Weisung sei ausschließlich maßgeblich, ob sie vom zuständigen Vorgesetzten erteilt worden sei "und ob ihre Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde". Da die Weisung der Abberufung von der Funktion des stellvertretenden Abteilungsleiters vom zuständigen Vorgesetzen erteilt worden sei und ihre Befolgung nicht gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoße, sei die spruchmäßige Feststellung zu treffen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 40 Abs. 2 BDG 1979 (in der Fassung vor dem Besoldungsreform-Gesetz, BGBl. Nr. 550/1994), ist die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung unter Zuweisung einer neuen Verwendung einer Versetzung gleichzuhalten, wenn

1.

durch die neue Verwendung in der Laufbahn des Beamten eine Verschlechterung zu erwarten ist,

2.

die neue Verwendung der bisherigen Verwendung des Beamten nicht mindestens gleichwertig ist oder

3.

die neue Verwendung des Beamten einer langdauernden und umfangreichen Einarbeitung bedarf.

Die Gleichhaltung dieser Verwendungsänderungen mit Versetzungen bedeutet in materieller Hinsicht, daß solche Verwendungsänderungen nur bei Vorliegen eines "wichtigen dienstlichen Interesses" zulässig sind, in formeller Hinsicht, daß solche qualifizierten Verwendungsänderungen nur nach Durchführung eines Verfahrens wie bei einer Versetzung (§ 38 Abs. 4 und 5 BDG 1979) zulässig sind (der Fall einer qualifzierten Verwendungsänderung für höchstens drei Monate - § 40 Abs. 4 erster Satz BDG 1979 - liegt im Beschwerdefall unbestritten nicht vor).

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, daß es sich bei der verfahrensgegenständlichen Personalmaßnahme, mit der er als Stellvertreter des Abteilungsleiters abberufen wurde, um eine qualifizierte Verwendungsänderung im Sinne des § 40 Abs. 2 BDG 1979 handelt. Die belangte Behörde hat dies mit dem angefochtenen Bescheid, allerdings ohne jegliche nähere Begründung verneint. In der Gegenschrift führt die belangte Behörde aus, keine der drei im § 40 Abs. 2 BDG 1979 genannten Voraussetzungen träfe im Beschwerdefall zu. Von den in Betracht kommenden drei Voraussetzungen könne im Anlaßfall überhaupt nur die Verschlechterung der Beförderungsaussichten des Beschwerdeführers in Betracht kommen. Die beiden übrigen Voraussetzungen würden durch die vorgenommene Personalmaßnahme nicht berührt, weil sich dessen Verwendung innerhalb der Abteilung als Hauptreferatsleiter nicht ändere und aus diesem Grunde naturgemäß auch keine Einarbeitung infolge dieser Personalmaßnahme notwendig werde. Aber auch die erstgenannte Voraussetzung komme im Anlaßfall deshalb nicht zum Tragen, weil gemäß dem Organisationsplan der Beschwerdeführer auch als stellvertretender Abteilungsleiter nicht auf eine Planstelle der Dienstklasse VIII hätte ernannt werden können. Im übrigen sei darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer "auch in den Jahren vor der Personalmaßnahme die Aufgaben der Vertretung des Instituts- bzw. Abteilungsleiters infolge seiner dienstzuteilungsbedingten nahezu ununterbrochenen Abwesenheit nicht wahrgenommen hat". Sofern sich der Beschwerdeführer nun unter Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darauf stützte, daß infolge Wegfalls einer höherwertigen Vertretungsfunktion einer der früheren Verwendung nicht mehr gleichwertige Verwendung gegeben sei, lägen diese Voraussetzungen hier nicht vor, habe doch der Beschwerdeführer "aufgrund seiner Beschäftigung außerhalb der Dienststelle (...) seine Vertretungstätigkeit praktisch nicht ausgeübt und zwar nicht bloß vorübergehend nicht, sondern er ist in den vergangenen Jahren für die Vertretung des Abteilungsleiters bei dessen Erkrankung bzw. während Urlauben infolge seiner langdauernden Abwesenheit nicht zur Verfügung gestanden. Diese mangelnde Verfügbarkeit ist letztlich auch die Grundlage für die Enthebung von der Funktion des Stellvertreters gewesen".

Dem ist folgendes zu entgegnen: Abgesehen davon, daß Ausführungen in der Gegenschrift an sich das Fehlen notwendiger Teile der Begründung nicht zu ersetzen vermögen, verweisen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens grundsätzlich zutreffend auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Enthebung eines Beamten von seiner bisherigen, nicht bloß vorläufigen (vorübergehen) Vertretungsfunktion unter Beibehaltung eines schon bisher ausgeübten Tätigkeitsbereiches (einer Restverwendung) als Abberufung von einer Verwendung und als qualifizierte Verwendungsänderung gemäß § 40 Abs. 2 Z. 2 BDG 1979 anzusehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch ausgesprochen, daß in diesem Zusammenhang entscheidend sei, ob der Beamte für ständig - und nicht nur fallweise - zur Vertretung bestellt worden sei oder nicht, dagegen der Frage, in welchem Umfang er in der Folge die Vertretungstätigkeit ausgeübt habe, keine maßgebliche Bedeutung zukomme (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Februar 1993, Zl. 92/12/0045, unter Hinweis auf Vorjudikatur, unter anderem auf das Erkenntnis vom 15. Februar 1988, Zl. 86/12/0001 = Slg. NF Nr. 12629/A). Würden nun diese Voraussetzungen auf den Beschwerdefall zutreffen, bedeutete dies, daß die Beurteilung der belangten Behörde, es läge keine qualifizierte Verwendungsänderung vor, unzutreffend wäre. Die Verfahrensergebnisse deuten zwar darauf hin, daß diese Voraussetzungen im Beschwerdefall vorliegen, dies kann aber deshalb nicht abschließend beurteilt werden, weil die belangte Behörde offensichtlich es aufgrund ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassung unterlassen hat, alle erforderlichen Feststellungen zu treffen.

Sie belastete dadurch den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodaß er schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß auf die weiteren Beschwerdeausführungen, aber auch auf die Frage der Zulässigkeit des zugrundeliegenden Antrages einzugehen wäre.

Diesbezüglich sei aus verfahrensökonomischen Gründen folgendes angefügt: Wurde eine Verwendungsänderung durch Weisung angeordnet und ist der betroffene Beamte der Auffassung, daß die Änderung einer Versetzung gleichzuhalten sei und daher mit Bescheid zu verfügen gewesen wäre, so hat er die Möglichkeit, bei der zuständigen Dienstbehörde die Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber zu beantragen, ob die Personalmaßnahme ohne Einhaltung des Formerfordernisses des § 38 Abs. 5 BDG 1979 zulässig war (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Februar 1988, Zl. 86/12/0001 = Slg. NF Nr. 12629/A mit weiteren Judikaturhinweisen). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß der Antrag des Beschwerdeführers in diesem Sinne, zumindest aber auch in diesem Sinne zu verstehen ist. Im Hinblick darauf, daß die Erlassung von Feststellungsbescheiden - unter anderem im Hinblick auf den subsidiären Charakter dieses Rechtsbehelfes - nicht ohne weiteres zulässig ist (siehe dazu beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Februar 1989, Zl. 87/12/0112 = Slg. NF Nr. 12856/A oder auch aus jüngerer Zeit vom 16. November 1994, Zl. 94/12/0197, jeweils unter Hinweis auf weitere Judikatur), wäre der genaue Umfang und Inhalt des Antrages klarzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Einhaltung der FormvorschriftenOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Dienstrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994120237.X00

Im RIS seit

07.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.07.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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