TE Vwgh Erkenntnis 1995/7/20 95/07/0007

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Veröffentlicht am 20.07.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §59 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §105 Abs1 lite;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der A-Aktiengesellschaft in I, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 16. November 1994, Zl. 513.244/02-I5/94, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 4. August 1993 erteilte der Landeshauptmann von Tirol (LH) der Beschwerdeführerin die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage, welche die im Bereiche einer von der Beschwerdeführerin errichteten Schnellstraße anfallenden Fahrbahnwässer und die Tunnelwaschwässer sammelt, sie einer Reinigungsanlage zuleitet, dort behandelt und anschließend in den M.-Bach einleitet. Zu Spruchpunkt VIII. 26. schrieb der LH der Beschwerdeführerin folgende Auflage vor:

"Zur Gewährleistung, daß bei einem Schadstoffunfall keine wassergefährdenden Stoffe in die Vorflut gelangen können, ist der Ablauf des Reinigungsbeckens zur Mineralölabscheideranlage mit einem Absperrorgan zu versehen, das folgende Funktionen zu erfüllen hat:

Durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, daß bei jedem Unfall mit Schadstoffen, auch wenn diese nur vermutet werden können, dieser Ablauf unverzüglich geschlossen wird. (Dies könnte erreicht werden durch z.B.: elektrisch betriebenen Schieber, der mittels Fernübertragung, z.B. Funk- oder Signalkabel, betätigt wird.)"

In der Begründung seines Bescheides führte der LH zu dieser von seinem Amtssachverständigen vorgeschlagenen und von der Beschwerdeführerin schon im erstinstanzlichen Verfahren abgelehnten Auflage aus, daß die Becken der projektierten Gewässerschutzanlage so angeordnet und konstruiert seien, daß neben den Betriebsfällen "Normalbetrieb" (Reinigung der Fahrbahnwässer) und "Tunnelwaschbetrieb" (Speicherung der Tunnelwaschwässer und nachfolgende chemisch-physikalische Reinigung) mit Einleitung der gereinigten Wässer in die Vorflut auch Unfälle mit Schadstoffen aufgefangen werden können. Die Auflage sei vorzuschreiben gewesen, weil nach dem eingereichten Projekt nur beim Normalbetriebsfall Schadstoffunfälle mit Substanzen, welche leichter als Wasser und nicht mit Wasser löslich sind, aufgefangen und gespeichert werden könnten. Bei Unfällen mit Stoffen, welche mit Wasser mischbar sind und beim Betriebsfall "Tunnelwaschbetrieb" könnten aber Schadstoffe nur dann zurückgehalten werden, wenn der Ablauf des Reinigungsbeckens mit einer funktionstüchtigen Absperrung versehen und diese von einem ständig erreichbaren Verantwortlichen sofort nach Bekanntwerden eines Schadensereignisses unverzüglich geschlossen werde; nur so könne nämlich verhindert werden, daß bei Unfällen mit wassergefährdenden Substanzen in der Vorflut irreparable Schäden an Fauna und Flora entstünden. Da nur durch eine solche Vorschreibung gewährleistet sei, daß bei Unfällen mit Stoffen, welche mit Wasser mischbar sind, keine Gewässerverunreinigung eintrete, habe von der von der Beschwerdeführerin abgelehnten Vorschreibung nicht abgesehen werden können.

Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde im hier allein interessierenden Umfang der Vorschreibung der genannten Auflage mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen. Gestützt auf die Ausführungen ihres Amtssachverständigen für Wasserbautechnik, welcher sich der im erstinstanzlichen Bescheid vertretenen Auffassung über die Erforderlichkeit von Einbau und entsprechender Bedienung des in der Auflage genannten Absperrorgans vollinhaltlich anschloß, begründete die belangte Behörde die Aufrechterhaltung der bekämpften Auflage damit, daß es erforderlich sei, irreparable Schäden an Fauna und Flora für den Fall eines Unfalles mit wassergefährdenden Substanzen zu verhindern. Welche Folgen das ungehinderte und unkontrollierte Auslaufen wassergefährdender Stoffe in ein Gewässer haben könne, sei leicht vorstellbar. Auf Grund welcher technischer oder organisatorischer Maßnahmen die Beschwerdeführerin die Bedienung des Absperrorganes sicherstellen werde, habe ihr anheim gestellt bleiben können. Dies durch einen elektrisch betriebenen und mittels Fernbedienung betätigten Schieber zu tun, sei ihr mit der bekämpften Auflage nicht zwingend vorgeschrieben worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung beantragt, durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht darauf verletzt zu sein, die durch eine Auflage gezogenen Grenzen ihres Verhaltens jederzeit zweifelsfrei erkennen zu können.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 105 Abs. 1 lit. e WRG 1959 kann im öffentlichen Interesse ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen oder nur unter entsprechenden Auflagen bewilligt werden, wenn die Beschaffenheit des Wassers nachteilig beeinflußt würde.

Daß dieses in der angeführten Bestimmung genannte öffentliche Interesse die Vorschreibung einer Auflage erforderlich macht, es für den von den Amtssachverständigen beider Instanzen aufgezeigten Gefahrenfall in geeigneter Weise zu schützen, bestreitet die Beschwerdeführerin nicht. Sie wendet sich dementsprechend auch nicht dagegen, daß ihr der Einbau eines Absperrorgans in den Ablauf des Reinigungsbeckens vorgeschrieben wurde, sondern sieht die bekämpfte Auflage nur deshalb als rechtswidrig an, weil ihr mit den Vorschreibungen über den Betrieb der Anlage in der in der Auflage genannten Weise die Verpflichtung zu einer Leistung auferlegt worden sei, der es an der Bestimmtheit fehle. Der Auftrag zur Ergreifung "geeigneter technischer und organisatorischer Maßnahmen" widerspreche dem für Auflagen geltenden Konkretisierungsgebot; die Behörde hätte die zur Erreichung des angestrebten Zweckes gebotenen Maßnahmen klar festlegen und eine technische Lösung vorschreiben müssen. Da es im angefochtenen Bescheid an jeglicher Feststellung darüber fehle, welche Maßnahmen zur Erreichung des angestrebten Zweckes in technischer und organisatorischer Hinsicht geeignet seien, könne auch nicht überprüft werden, welche von allenfalls mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten für die Beschwerdeführerin allenfalls weniger einschneidend wäre. Welche organisatorischen Maßnahmen die Beschwerdeführerin zu treffen habe, bleibe unerwähnt, der bloße Hinweis auf die Eignung technischer Maßnahmen determiniere das von der Beschwerdeführerin geforderte Verhalten ebensowenig ausreichend. Da der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige der vom LH anheimgestellten Lösung einer Fernbedienung eines elektrisch betriebenen Schiebers von einem von der Anlage entfernten Standort aus auch nicht vorbehaltslos zugestimmt habe, bleibe völlig offen, auf welche Art und Weise die Bedienung eines solchen vom LH angeregten elektrisch betriebenen Schiebers erfolgen solle.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die von der Beschwerdeführerin vorgetragene Auffassung nicht. Gegenstand der in der bekämpften Auflage normierten Verpflichtung ist die Gewährleistung des unverzüglichen Abschließens des Ablaufes des Reinigungsbeckens durch Betätigung des Absperrorganes im Falle eines Unfalles mit zu vermutenden Schadstoffen. Diese auf den Betrieb der Anlage gerichtete Auflage verpflichtet die Beschwerdeführerin dazu, bei Eintritt des in der Auflage genannten Gefahrenfalles den Ablauf des Reinigungsbeckens zur Mineralölabscheideanlage durch Betätigung des einzubauenden Absperrorganes zu schließen. Der Inhalt der die Beschwerdeführerin im Gefahrenfall treffenden Handlungspflicht ist eindeutig festgelegt und besteht in der Betätigung des Absperrorganes. Jene technischen und organisatorischen Maßnahmen, mit deren Einrichtung die Beschwerdeführerin ihrer Handlungspflicht im Gefahrenfall pflichtgemäß nachkommen kann, der Beschwerdeführerin selbst zu überlassen, war nicht rechtswidrig. Eröffnete dies der Beschwerdeführerin doch gerade die Möglichkeit, solche technische und organisatorische Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Handlungspflicht im Gefahrenfall zu wählen, die für sie am wenigsten einschneidend sind. Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Beispiele aus der zur Bestimmtheit von Auflagen ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stützen die von der Beschwerdeführerin vorgetragene Auffassung deswegen nicht, weil die den von der Beschwerdeführerin zitierten Erkenntnissen zugrunde gelegenen Fallkonstellationen dem Beschwerdefall nicht ausreichend vergleichbar sind. Anders als in den Fällen der von der Beschwerdeführerin zitierten Erkenntnisse legt die von ihr bekämpfte Auflage ihre Handlungspflicht im Gefahrenfall nämlich eindeutig fest, definiert den Gefahrenfall auch in einer von der Beschwerdeführerin selbst nicht als unbestimmt beurteilten Weise und determiniert das von der Beschwerdeführerin geforderte Verhalten in der Führung des bewilligten Betriebes ihrer Anlage durch die festgelegte Vorsorge für den Gefahrenfall in einer Weise, die ihren Pflichtenumfang in der Betriebsführung ausreichend klarstellt und sich auch einer jederzeitigen Überprüfung durch die Behörde nicht entzieht. Ob die Beschwerdeführerin beim hypothetischen Eintritt des in der Auflage genannten Gefahrenfalles nach den in Erfüllung der Auflage von ihr getroffenen Maßnahmen jederzeit in der Lage wäre, die unverzügliche Betätigung des Absperrorgans zur Schließung des Ablaufes des Reinigungsbeckens zu veranlassen, muß sachbezogen für die Beschwerdeführerin unschwer beurteilbar und der Behörde auf Verlangen auch nachweisbar sein. Daß dies nicht so wäre, zeigt auch das Beschwerdevorbringen nicht auf. Eine Möglichkeit zur technischen und organisatorischen Umsetzung der der Beschwerdeführerin in der bekämpften Auflage auferlegten Verpflichtung hat schon der LH ihr in seinem Bescheid vom 4. August 1993 aufgezeigt. Daß der Beschwerdeführerin die Wahl einer für sie allenfalls weniger einschneidenden Maßnahme zur Erfüllung der auferlegten Betriebsführungspflicht im angefochtenen Bescheid offen blieb, verletzte sie in ihren Rechten nicht.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995070007.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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