TE Vwgh Erkenntnis 1995/7/21 92/17/0269

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Veröffentlicht am 21.07.1995
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Index

L34007 Abgabenordnung Tirol;
L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82007 Bauordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

ABGB §354;
ABGB §6;
BAO §21 Abs1;
BAO §21 Abs2;
BauO Tir 1978 §17;
BauO Tir 1978 §19;
BauO Tir 1989 §12 Abs2;
BauO Tir 1989 §17;
BauO Tir 1989 §19 Abs1;
BauO Tir 1989 §19;
B-VG Art7 Abs1;
GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs1;
LAO Tir 1984 §19 Abs1;
LAO Tir 1984 §19;
StGG Art2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des P in I, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19. Dezember 1991, Zl. MD/Präs.Abt.II-9067/1991, betreffend Gehsteigabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innbruck vom 19. Dezember 1991 wurden dem Beschwerdeführer und A "für die Errichtung einer Reihenhausanlage im Anwesen S-Straße 32 l-n" eine Gehsteigabgabe auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes vom 25. November 1968 über die Erhebung einer Abgabe für die erstmalige Herstellung zeitgemäßer Gehsteige für die Landeshauptstadt Innsbruck, LGBl. Nr. 23/1969, (im folgenden: GehsteigabgabeG) in der Höhe von S 72.841,-- vorgeschrieben.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es (u.a.), daß die X-Gesellschaft m.b.H. mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 13. April 1989 die Bewilligung zur Errichtung einer Reihenhausanlage im Anwesen S-Straße 32 l-n erhalten habe. Die erteilte Baubewilligung gestatte es dem Bauwerber, auf der "Gp. 1334/15, KG H", eine Wohnanlage bestehend aus drei Reihenhäusern zu errichten. Dieser Baubescheid sei infolge Verzichtes eines Rechtsmittels am 31. Mai 1989 in Rechtskraft erwachsen. Am 31. Mai 1989 (Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides) sei gegenüber A und dem Beschwerdeführer - als grundbücherlichen Eigentümern "der Gpn. 1335/15, 16 und 17, alle KG H" - die Abgabepflicht zur Entrichtung einer einmaligen Gehsteigabgabe entstanden.

Nachdem das GehsteigabgabeG den Begriff des Eigentümers bzw. Eigentums im Sinne des bürgerlichen Rechts (Sachenrechts) definiere, sei ungeachtet der in der Tiroler Landesabgabenordnung (TLAO) grundsätzlich vorgesehenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise jeweils der Eigentümer zur Abgabe verpflichtet, der tatsächlich im Grundbuch eingetragen sei. Zum 31. Mai 1989 (Rechtskraft des Baubescheides) schienen als grundbücherliche Eigentümer die Berufungswerber (der Beschwerdeführer und A) auf, sodaß diesen zu Recht die Gehsteigabgabe vorzuschreiben gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung (u.a.) dieser Beschwerde mit Beschluß vom 28. September 1992, B 190/92-3 und Folgezahlen, ablehnte und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich der Beschwerdeführer - nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringes - in dem Recht verletzt, daß ihm gegenüber eine Gehsteigabgabe nicht vorgeschrieben werde. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 GehsteigabgabeG ermächtigt die Stadt Innsbruck gemäß § 8 Abs. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, zur teilweisen Deckung der Kosten der erstmaligen Herstellung von zeitgemäßen Gehsteigen (§ 68 der Bauordnung der Landeshauptstadt Innsbruck) eine Abgabe (§ 14 Abs. 1 Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 2) zu erheben.

Der § 2 GehsteigabgabeG lautet auszugsweise:

"(1) Zur Entrichtung einer einmaligen Abgabe sind die Eigentümer der zu bebauenden Grundstücke (Bauplätze) verpflichtet. Unter Bauplätzen sind die nach den Bestimmungen der Innsbrucker Bauordnung bebaubaren, zuzüglich aller demselben Eigentümer gehörigen, daran unmittelbar angrenzenden, selbständig nicht bebaubaren Grundflächen zu verstehen. Die Abgabepflicht entsteht bei Eintritt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides. Die Abgabe ist binnen sechs Monaten nach Baubeginn vorzuschreiben und wird zwei Wochen nach Vorschreibung fällig. Bei Bauten vorübergehenden Bestandes im Sinne des § 15a der Innsbrucker Bauordnung oder bei Baumaßnahmen ohne Vergrößerung der Baumasse (§ 4) entsteht keine Abgabepflicht.

..."

Zu Unrecht beruft sich der Beschwerdeführer auf den Zurechnungstatbestand des "wirtschaftlichen Eigentums" (§ 22 Abs. 1 lit. d TLAO). Wie in dem, denselben Beschwerdeführer betreffenden hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 92/17/0268, näher dargelegt wird, geht nämlich bei einem tatbestandsmäßigen Anknüpfen an außersteuerrechtliche Regelungen und Begriffe der Grundsatz der rechtlichen Betrachtungsweise im Sinne des zweiten Absatzes des § 19 TLAO jener der wirtschaftlichen Betrachtungsweise vor. Für eine nicht rechtliche, sondern wirtschaftliche Betrachtungsweise des Begriffes "Eigentümer" nach § 2 Abs. 1 GehsteigabgabeG ist somit kein Raum.

Ebenso vermag der Beschwerdeführer mit seiner Argumentation, unter "Eigentümer der zu bebauenden Grundstücke (Bauplätze)" könne nur der "Bauführer" verstanden werden, nicht durchzudringen: Wird doch nach dem klaren Wortlaut zweifelsfrei auf den "Eigentümer" - und zwar im Sinne des Baurechts und damit des bürgerlichen Rechts (Sachenrechts), wie im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 29/17/0267, näher dargelegt - abgestellt.

Der Beschwerdeführer vermag auch keine Bedenken gegen die Sachlichkeit der Regelung des § 2 Abs. 1 GehsteigabgabeG hervorzurufen, wenn er darauf hinweist, es könne nicht sein, daß jenem, dem die Investitionen zugute kämen, nur den Nutzen daraus ziehe, einem "Formalbeteiligten", der mit den Investitionen überhaupt nichts zu tun habe, jedoch die Lasten auferlegt würden; umgekehrt habe nur der "Formalgrundstückseigentümer" Anspruch auf Gehsteigerrichtung und Erschließung des Grundstückes, nicht jedoch der tatsächliche Nutzungsberechtigte. Bei dieser Argumentation wird nämlich schon vom Ansatz her verkannt, daß bei Interessentenbeiträgen die Abgabepflicht nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den dem einzelnen erwachsenen Vorteilen stehen muß; die Aufteilung muß nur nach irgendwelchen sachlichen bzw. objektiven Kriterien gerechtfertigt sein (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1986, Slg. 10.947). Die Hinweise auf in "anderen österr.

Bauordnungen ... dargelegten Grundsätze" vermögen daran nichts zu ändern (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1971, Zl. 343/71).

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermag aber auch nicht die Beschwerderüge aufzuzeigen, die Behörde wäre verpflichtet gewesen, binnen sechs Monaten nach Baubeginn die Abgaben vorzuschreiben und es sei diese Frist nicht eingehalten worden. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu der im § 2 Abs. 1 des GehsteigabgabeG festgelegten Frist von sechs Monaten bereits in seinen Erkenntnissen je vom 9. Juli 1971, Zlen. 343/71 und 349/71, ausgesprochen hat, hätte eine so weitreichende Sanktion wie das Erlöschen des Bemessungsrechtes bei Überschreitung dieser Frist ausdrücklich im Gesetz festgelegt werden müssen (vgl. auch das zu § 6a Stmk. BauO 1968 ergangene hg. Erkenntnis vom 17. November 1993, Zl. 92/17/0001). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch im Lichte des vorliegenden Beschwerdefalles nicht veranlaßt.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992170269.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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