TE Vwgh Erkenntnis 1995/7/27 95/19/0045

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Veröffentlicht am 27.07.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Oktober 1994, Zl. 4.329.042/2-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, reiste am 11. November 1991 in das Bundesgebiet ein und stellte am folgenden Tag den Antrag, ihm Asyl zu gewähren. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 9. Dezember 1991 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) sei.

Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 13. Oktober 1994 wurde die dagegen erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat anläßlich seiner durch die belangte Behörde veranlaßten niederschriftlichen Befragung vor dem Bundesasylamt am 10. August 1993 entscheidungswesentlich angegeben, mit seiner Familie im Norden seines Heimatstaates gewohnt zu haben. Dort habe es im Jahre 1990 eine "religiöse Krise" zwischen den Moslems und den Christen gegeben. Sein Vater sei Oberhaupt einer christlichen Gruppe gewesen, der auch er angehöre. Am 17. Oktober 1990 sei das Haus der Familie des Beschwerdeführers angezündet worden. Sein Vater sei davongelaufen, weil er gehofft habe, daß "man nur hinter ihm her" sein werde. Da jedoch "die Moslems" den Vater nicht hätten finden können, hätten sie die "restliche Familie" vernichten wollen; der Beschwerdeführer sei dabei als der älteste Sohn besonders gefährdet gewesen. Er habe sich jedoch zu dem Zeitpunkt des Brandanschlages bereits unter der Obhut eines Rechtsanwaltes befunden. Direkten Angriffen sei der Beschwerdeführer nicht ausgesetzt gewesen, weil er jeden Kontakt zu "den Moslems" vermieden habe und sich bei dem erwähnten Rechtsanwalt versteckt gehalten habe. Er habe seine Heimat verlassen müssen, da er sonst von "den Moslems" getötet worden wäre. Er habe am 17. Oktober 1990 Kaduna City verlassen und sei in anderen Teilen Nigerias insgesamt zwölf Wochen versteckt gewesen. Danach habe er sich noch in Lagos bis August 1991 im Haus eines Freundes des Rechtsanwaltes versteckt gehalten. Mit einem vom Anwalt besorgten Reisepaß habe er schließlich Nigeria verlassen und sei über Rumänien nach Österreich gekommen.

Die belangte Behörde vertrat in Anwendung des Asylgesetzes 1991 die Auffassung, das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe keine Anhaltspunkte für die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers ergeben. Die von ihm behaupteten Verfolgungshandlungen seien nicht seinem Heimatstaat zuzurechnen, weil sie nicht von staatlichen Stellen ausgegangen seien. Eine derartige Verfolgung sei asylrechtlich nur dann relevant, wenn der Heimatstaat des Asylwerbers nicht in der Lage und nicht gewillt sei, solche Verfolgungen hintanzuhalten. Der Beschwerdeführer habe offensichtlich gar nicht versucht, sich an die Behörden seines Heimatstaates zu wenden. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten (auch religiösen) Minderheit allein sei noch kein Grund für die Anerkennung als Flüchtling.

In seiner Beschwerde bringt der Beschwerdeführer dagegen vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit dem allgemein bekannten politischen Hintergrund auseinanderzusetzen; gerade bei der belangten Behörde müßten die politischen Ereignisse in Nigeria als amtsbekannt vorausgesetzt werden. Die Regierung in Nigeria unterstütze die im Norden lebenden Moslems gegen die im Süden lebenden Christen; Übergriffe gegen christliche Bewohner in Kaduna würden von der Regierung jedenfalls geduldet und durch gezielte politische Maßnahmen gefördert. So würden bis heute zu Parlamentswahlen christliche Parteien nicht zugelassen.

Soweit der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen in diesem Sinne nicht gegen § 41 Abs. 1 VwGG verstößt, ist ihm zu entgegnen, daß er damit einen relevanten Verfahrensmangel nicht aufzuzeigen vermag. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgründen grundsätzlich auf die konkrete Situation des jeweiligen Asylwerbers und erst in zweiter Linie auf die allgemeinen politischen Verhältnisse in seinem Heimatland an. Es genügt daher ein Hinweis auf die allgemeine Lage der Christen in Nigera nicht, sondern es müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und glaubhaft gemacht werden, aus denen die im § 1 Z. 1 AsylG 1991 geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl. hiezu etwa das Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zl. 94/19/0169 mwN). Daß aber der Beschwerdeführer selbst einer konkreten staatlichen Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre, hat er ebensowenig behauptet wie, daß ihm persönlich der staatliche Schutz entgegen seinem Verlangen vorenthalten worden wäre. Davon ausgehend hat die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht erkannt, daß der Beschwerdeführer eine asylrechtlich relevante Verfolgung nicht dargelegt hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. April 1994, Zl. 94/19/0159, sowie vom 19. Mai 1994, Zl. 94/19/0180).

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995190045.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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