TE Vwgh Erkenntnis 1995/8/31 95/19/0164

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Veröffentlicht am 31.08.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs3;
AVG §33;
MRK Art8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. April 1995, Zl. 104.267/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung nach § 6 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes - AufG, BGBl. Nr. 466/1992, in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995, nicht stattgegeben. In der Begründung geht die belangte Behörde davon aus, daß dem Beschwerdeführer eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Gültigkeit bis zum 30. Juni 1994 erteilt worden sei. Da er den Verlängerungsantrag erst am 10. Juni 1994 eingebracht habe, sei die Frist des § 6 Abs. 3 AufG versäumt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Hinblick auf die nach den Beschwerdebehauptungen erfolgte Zustellung des angefochtenen Bescheides am 2. Mai 1995 hat die belangte Behörde zutreffend § 6 Abs. 3 AufG in der Fassung vor der AufG-Novelle 1995 angewendet. Gemäß § 6 Abs. 3 leg. cit. in der hier anzuwendenden Fassung sind Anträge auf Verlängerung einer Bewilligung so rechtzeitig zu stellen, daß darüber vor Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung entschieden werden kann; solche Anträge sind jedenfalls spätestens vier Wochen vor diesem Zeitpunkt zu stellen.

Unbestritten ist, daß die Geltungsdauer der dem Beschwerdeführer erteilten Bewilligung am 30. Juni 1994 abgelaufen ist und daß der Beschwerdeführer den Antrag auf Verlängerung der Bewilligung erst am 10. Juni 1994, somit nach dem gemäß § 6 Abs. 3 AufG maßgeblichen Zeitpunkt gestellt hat.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, § 6 Abs. 3 AufG in der hier anzuwendenden Fassung lasse die nötige Klarheit vermissen, weil er keine Sanktion für die Überschreitung der vom Gesetz normierten Frist ausspreche. Obwohl dunkel, lasse sich doch die Intention der Befristung erkennen, der Behörde eine Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung noch rechtzeitig vor deren Ablauf zu ermöglichen.

Insoweit das Vorbringen des Beschwerdeführers darauf abzielen soll, beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden Bestimmung unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebotes zu erwecken, ist ihm zu entgegnen, daß dieses nur dann verletzt sein kann, wenn sich auch durch Auslegung kein Sinngehalt der Norm ermitteln läßt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Bestimmung des § 6 Abs. 3 erster Satz, zweiter Halbsatz, ausgelegt und ist dabei in ständiger Rechtsprechung zu folgendem Ergebnis gelangt:

Der Verlängerungsantrag dient der Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Anspruches des Fremden, nämlich des Anspruches auf Verlängerung seines Aufenthaltsrechtes (vgl. das hg. Erk. v. 17. November 1994, Zl. 94/18/0748 u.a.). Der Verlängerungsantrag ist darüberhinaus auch unmittelbar auf die Herbeiführung materieller Rechtswirkungen gerichtet, zumal sich für den Fall der rechtzeitigen Antragstellung die Geltungsdauer der bestehenden Bewilligung - bei nicht rechtzeitiger Entscheidung über den Antrag vor ihrem Ablauf - bis zum Entscheidungszeitpunkt, längstens aber um sechs Wochen verlängert. Schon aus dieser - durch die rechtzeitige Antragstellung bewirkten - Gestaltung der materiellen Rechtslage erscheint die Annahme einer bloß prozessualen Frist, geschweige denn nur einer Ordnungsfrist, nicht gerechtfertigt. Um der Behörde einen ausreichenden Spielraum zur Erlassung ihrer Entscheidung einzuräumen, wäre die - tatsächlich ausschließlich eine Ordnungsvorschrift darstellende - Frist des § 6 Abs. 3, erster Satz, erster Halbsatz AufG in der hier anzuwendenden Fassung ausreichend.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer zunächst, er sei nicht über die Möglichkeit, einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen, hingewiesen oder belehrt worden. Diesem Vorbringen ist durch den oben dargelegten materiell-rechtlichen Charakter der in Rede stehenden Frist der Boden entzogen (vgl. das hg. Erk. v. 15. Dezember 1994, Zl. 94/18/0960).

Schließlich vermißt der Beschwerdeführer Feststellungen über seine persönlichen Verhältnisse. Er lebe seit "mehreren Jahren" mit seiner Gattin S in Österreich, deren gemeinsames Kind M sei in Österreich geboren worden.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Interessen des Fremden im Rahmen einer auf § 6 Abs. 3 AufG in der hier anzuwendenden Fassung gestützten Entscheidung nicht vorgesehen ist (vgl. das hg. Erk. v. 1. Februar 1995, Zl. 95/18/0087 u.a.).

Selbst auf dem Boden des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, Zl. B 1611-1614/94-24, ist bei einer auf § 6 Abs. 3 AufG gestützten Abweisung eines Antrages auf VERLÄNGERUNG der Aufenthaltsberechtigung keine Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geboten. Denn dem Fremden steht danach das Recht zu, einen NEUANTRAG i.S. des § 6 Abs. 2 zweiter Satz VOM INLAND aus zu stellen. Eine Beeinträchigung des Privat- und Familienlebens findet somit durch die Abweisung des Verlängerungsantrages wegen Versäumung der in § 6 Abs. 3 AufG genannten Frist in relevanter Weise nicht statt.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995190164.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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